NOTAX aktuell
Geänderte Steuersätze bei der Umsatzsteuer
vom 01.07.2020 bis 31.12.2020
Konsequenzen und Tipps für die Praxis
Inhaltsverzeichnis 1
Änderung der USt-Sätze auf 16 % - 5 %
1. Steuersatzänderungen 3
2. Maßgebender Zeitpunkt 4
3. An- und Vorauszahlungen 5
4. Teilleistungen 8
5. Dauerleistungen 11
6. Änderungen der Bemessungsgrundlagen 13
7. Sonderfälle 15
8. Gestaltungsempfehlungen 16
Zu guter letzt …
1. Steuersatzänderungen
è Senkung der Umsatzsteuersätze vom 01.07.2020 bis 31.12.2020
n Regelsteuersatzes von 19 % auf 16 % n Ermäßigter Steuersatz von 7 % auf 5 %
n Andere Steuersätze bleiben unverändert, z.B. Durchschnittsteuersätze bei landwirtschaftlichen Betrieben von 10,7 %
n Gastronomie (mehrfache Änderung):
Speisen 01.07.2020 bis 31.12.2020: 5 %
Speisen 01.01.2021 bis 31.07.2021: 7 % (danach 19 %) Getränke von 19 % auf 16 % (01.07.2020 bis 31.12.2020)
è Änderungen gelten für alle Umsätze, auch für innergemeinschaft- lichen Erwerb, Einfuhrumsatzsteuer, Reverse Charge-Verfahren
è Vereinfachte Darstellung im Folgenden:
n Reduzierte Darstellung auf die Steuersätze 19 % und 16 %. Die Ausfüh- rungen gelten analog für die Steuersatzänderung von 7 % auf 5 %.
n Reduzierte Darstellung auf die Umstellung zum 01.07.2020. Die Ausfüh- rungen gelten analog für die Umstellung zum 01.01.2021.
2a. Maßgebender Zeitpunkt
è Maßgebend für den Umsatzsteuersatz ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung
n Lieferungen: Verschaffung der Verfügungsmacht bzw. Versenden der Ware
n (Dienst-)Leistungen: Beendigung der Leistung
è Unerheblich sind
n Zeitpunkt der vertragliche Vereinbarungen
n Zeitpunkt der Zahlung/Entgeltsvereinnahmung
n Zeitpunkt der Rechnungserteilung
2b. Maßgebender Zeitpunkt
Praxisbeispiele: Kauf eines PCs
è Kauf, Zahlung, Lieferung am 30.06.2020 Rechnungsstellung am 03.07.2020
n 19 % Umsatzsteuer
è Kauf und Rechnung am 30.06.2020, Zahlung und Lieferung am 03.07.2020 n 16 % Umsatzsteuer
è Kauf, Rechnung und Übergabe an Spediteur am 30.06.2020,
Übergabe Spediteur an den Kunden + Zahlung am 03.07.2020
n 19 % Umsatzsteuer
3a. An- und Vorauszahlungen
Rechnung vor 1.7.2020; Leistung danach
è Bei Anzahlungen entsteht die USt mit der Vereinnahmung
è Variante 1: Rechnung mit Steuersatz = 19 %
n Berichtigung nach Beendigung der Leistung mit Angabe 16 % USt (Angabe in der USt-VA des Berichtigungsmonats) oder n End-Schlussrechnung mit 16 % (Anzahlung davon absetzen)
è Variante 2: Rechnung mit Steuersatz = 16 % (5 %);
n 16 % Ausweis in der Rg vor dem 01.07.2020 ist zulässig, wenn
die Leistung sicher zwischen dem 1.7.2020 und dem 31.12.2020
erbracht wird.
3b. An- und Vorauszahlungen
Rechnung vor 1.7.2020; Leistung danach
è Tipp 1: Insbesondere bei Ist-Versteuerern: Alle bis 30.06.2020 erbrachten Leistungen mit Rechnungsdatum 30.06.2020
abrechnen. Ansonsten ist die Überprüfung der richtigen Steuersätze sehr aufwendig.
è Tipp 2: Steht bei einer Anzahlungsrechnung vor dem 1.7.2020 fest, dass die Leistung nicht vor dem 01.07.2020 erbracht
wird, sollte der Steuersatz von 16 % ausgewiesen werden.
Dann entfällt die Rechnungskorrektur.
è Die Berichtigung wirkt für den Leistenden und den
Leistungsempfänger für den Zeitraum der Berichtigung.
4a. Teilleistungen
1. Grundlagen
è Ein Gesamtwerk (z. B. die Lieferung eines schlüsselfertigen Gebäudes) kann über Teilleistungen abgerechnet werden.
è Teilleistungen sind z. B. Bauleistungen, Dauerschuld-
verhältnisse (Leasing/Miete), Sukzessiv-Lieferungsverträge è Voraussetzungen für die Anerkennung einer Teilleistung
n Wirtschaftlich abgrenzbarer Teil einer einheitlichen Leistung n Gesondert vereinbartes Entgelt
n Zwischen 1.7.-31.12.2020: Abnahme (Werkleistung) oder Vollendung (Werklieferung)
n Vereinbarung vor 30.06.2020, dass Teilentgelte zu zahlen sind;
Vertragsänderungen sind vor dem 30.06.2020 vollzogen
4b. Teilleistungen
2. Gestaltungspotenziale
è Hohe Gestaltungspotenziale bestehen insbesondere bei nicht zum Vorsteuer abzugsberechtigten Kunden, z. B.
n Privatpersonen n Öffentliche Hand
n Krankenhäuser/Ärzte n Kleinunternehmer
è Auswirkung bei Erbringung der Teilleistung vom 1.7.-31.12.2020 n Nettovereinbarungen: Niedrigerer Preis für den Kunden
n Bruttovereinbarung: Höherer Gewinn für den Leistenden
4c. Teilleistungen
3. Besonderheiten in der Baubranche
è Voraussetzungen für Teilleistungen in der Baubranche
n Die vereinbarte Gesamtleistung muss wirtschaftlich teilbar sein.
n Gesonderte Abnahme der Teilleistung
n Gesonderte vertragliche Vereinbarung (vor 01.07.2020) n Gesonderte Abrechnung der Teilleistung
è Tipp:
n Durch Verlagerung der Bauabnahme kann zulässig der Steuersatz beeinflusst werden
n Angabe bei Abschlagrechnungen: „Abschlagrechnung ohne Abnahme.“
è Prüfungsschwerpunkt, daher sorgfältige Kontrolle
n Daten der vertraglichen Vereinbarungen n Abnahmeprotokoll
5a. Dauerleistungen
è Dauerleistungen (Dauerschuldverhältnisse) werden für einen bestimmten Zeitraum vereinbart.
è Beispiele:
n Mieten und Pachten n Leasing
n Wartungsverträge n Winterdienst
è Handelt es sich bei der Dauerleistung um eine Dienstleistung, wird diese umsatzsteuerlich am Tag der Beendigung des
Zeitraums erbracht.
è Abrechnungszeiträume
n Bei kürzeren Abrechnungsperioden liegen i.d.R. Teilleistungen vor (z. B. Mietvertrag mit mtl. Abrechnung)
n Bei Jahresleistungen gilt für die gesamte Leistung der Steuersatz am 31.12., mithin für 2020 = 16 %
5b. Dauerleistungen
è Verträge über Dauerleistungen sind zwingend anzupassen:
n Anpassung Netto, Steuersatz, USt, Brutto n Angabe der St.-Nr.
n Fortlaufende Nr., sofern mehrere Objekte vermietet werden
n Riesiges Potenzial für Betriebsprüfungen!!! (Zinsen bei Änderungen) n Geänderte Verträge bitte mit der Buchhaltung bei NOTAX einreichen
è Folge bei unterlassener Anpassung der Verträge (§ 14c UStG)
n Leistender (z. B. Vermieter) schuldet 19 % USt
n Leistungsempfänger (z. B. Mieter) hat nur Vorsteuer von 16 %
è Tipp: Anpassung der Verträge in Teilleistungen
n Voraussetzung 1: Vertrag wird im Vornherein getroffen n Voraussetzung 2: Es werden 2 Rechnungen gestellt.
n Beispiel: Winterdienst 01.10.-31.12.2020 und 01.01.- 30.04.2021
6a. Änderungen der Bemessungsgrundlagen
è Skonto, Rabatt etc. für einen vor dem 1.7.2020 bewirkten Umsatz nach dem 30.06.2020 erhalten => Berichtigung mit 19 %
n Bei Rechnungen mit verschiedenen Steuersätzen sind grundsätzlich die „bewirkten“ Umsätze genau aufteilen
n Vereinfachung: Änderung nach dem Verhältnis zwischen den verschiedenen Steuersätzen sowie den steuerfreien bzw. nicht steuerbaren Umsätzen
n Beispiel: Pauschale Minderung von 3 Rechnungen von insgesamt
€ 6.000 um insgesamt € 500
€ 1.000 ohne Umsatzsteuer
€ 2.000 zzgl. 16 % Umsatzsteuer
€ 3.000 zzgl. 19 % Umsatzsteuer Lösung:
- 1/6 von € 500 mit 0 % USt - 2/6 von € 500 mit 16 % USt - 3/6 von € 500 mit 19 % USt
6b. Änderungen der Bemessungsgrundlagen è Jahresboni, Jahresrückvergütungen etc.
n Zeitraum 01.01. bis 31.12.2020: Aufteilung in 19 % bzw. 16-%-Anteile n Beleg erteilen, aus dem die Aufteilung hervorgeht.
n Vereinfachend reicht Aufteilung nach Umsatzanteilen 1./2. Hj. 2020
è Voranmeldungszeitraum
n Zeitraum der Änderung der Bemessungsgrundlage n i.d.R. VAZ der Erstattung/Rückzahlung
è Umtausch von Waren
n Keine Änderung der Bemessungsgrundlage, sondern neue Lieferung
n Steuersatz richtet sich nach dem neuen Lieferzeitpunkt
7. Sonderfälle
è Telefonrechnungen: Gesonderter Abrechnungszeitraum zum 31.12.2020 wird zugelassen
è Strom-, Gas- und Wärmelieferungen
(Sukzessivlieferverträge) n Maßgeblich ist das Ablesedatumn Gesonderte Rechnungstellung erforderlich n Tipp: Ableseservice für Ende 2020 terminieren
è Leasingsonderzahlungen
n Sie sind Anzahlungen auf alle Raten
n Dementsprechend unterliegt die anteilige Rate für das 2. Hj. 2020 dem Steuersatz von 16 %
n Folge: Berichtigung erforderlich; Teilrückzahlung der zu hohen USt
è Umsätze Silvester auf Neujahr
n Gastronomie: 16 % n Übernachtungen: 7 %