Dietmar Hexel
Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands des Deutschen Gewerkschaftsbundes
Statement
anlässlich der Vorstellung des DGB-Positionspapiers
„Energieumstieg: Gut für Klima, Arbeitsplätze und Wohlstand.
Wege einer sozial-ökologischen Energiewende.“
Es gilt das gesprochene Wort!
Berlin, 24. Juli 2013
DGB-Bundesvorstand Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin
Tel.: +49 30 24060 – 0 Fax: +49 30 24060 – 324 Web: http://www.dgb.de
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Ausgangslage
Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften unterstützen die Energiewende vorbehaltlos. Sie muss im europäischen Kontext stattfinden und die Lebensqualität aller erhöhen. Wir wollen, dass die
Energiewende zum Treiber und Katalysator der sozialen und ökologischen Modernisierung der Gesellschaft wird.
Dazu ist eine noch fehlende Gesamtarchitektur notwendig, mit klaren Zielen und einem
Handlungsrahmen für alle Akteure bis 2030. Die Ziele sind klar: Klimaschutz, Versorgungssicherheit, gerechte Energiepreise und Gute Arbeit in der Energiewirtschaft.
Die Bundesregierung hat auch im Jahr zwei der Energiewende keine tragfähige Gesamtstrategie. Es fehlt an Steuerung und Koordination, Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Regierung und zwischen Bund und Ländern führen zu unnötigen Blockaden.
Engpässe
Wind, Sonne und Wasser sind die wesentlichsten Energielieferanten für die Energiewende. Wir identifizieren fünf wesentliche Engpässe für die Energiewende:
- die Entwicklung von Speichern
- den lokalen wie überregionalen Netzausbau - ein Mangel an Investitionen
- Fachkräftemangel
- Akzeptanzprobleme bei Arbeitnehmer/innen und Bürger/innen
Was zu tun ist
Im Wärme- und Verkehrsbereich liegen bei Haushalten die höchsten energiebedingten
Kostenbelastungen. Energieeffizienz ist das Thema Nr. 1 der Energiewende. Hier liegt die absolute Priorität. Damit gewinnen wir Zeit und sparen Geld, das für den Umbau der Energieversorgung dringend gebraucht wird. Der Energieeffizienzfonds muss auf ein Volumen von mindestens 500 Millionen Euro aufgestockt werden, um private und betriebliche Effizienzmaßnahmen zu fördern. Dazu gehört ein Investitionsprogramm für energiesparende Haushaltsgeräte und für stromsparende
Antriebssysteme in Industrie, Handwerk und Handel.
Wir wollen, dass die energetische Gebäudesanierung verlässlich finanziert wird. Wir fordern eine Ausweitung des Fördervolumens auf fünf Milliarden Euro jährlich.
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Der DGB unterstützt gleichzeitig das Ziel, bis 2020 insgesamt 25 Prozent des verbrauchten Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung zu erzeugen. Wir verweisen jedoch darauf, dass zur Zielerreichung
gegebenenfalls an Förderung und gesetzlichen Rahmenbedingungen nachjustiert werden muss.
Soziale Energiewende
Energie muss für jeden bezahlbar sein. Die Energiewende darf die massive Umverteilung von Vermögen von unten nach oben nicht noch zusätzlich verstärken.
Neben kostenlosen Energieberatungsangeboten brauchen wir ein Investitionsprogramm für
energieeffiziente Haushaltsgeräte. Damit sollen einkommensschwache Haushalte in die Lage versetzt werden, in moderne Geräte investieren zu können. Soweit es keinen sozial vertretbaren Basistarif für Heizung und Strom gibt, sind Sozialtransfers wie das Arbeitslosengeld II und das BAföG regelmäßig an die steigenden Energiekosten anzupassen.
Staatliche Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen der Erneuerbare Energien-Branche dürfen nur gewährt werden, wenn diese dem Leitbild Guter Arbeit entsprechen. Ohne Tarifverträge, gute
Arbeitsbedingungen und Betriebsräte sind Betriebe der Energiebranche nicht attraktiv.
Fachkräftemangel ist heute schon einer der Engpässe.
Über 300.000 neue Arbeitsplätze wurden durch die Energiewende geschaffen. Sie dürfen nicht gefährdet werden. „Green jobs“ sind allerdings nicht automatisch auch „good jobs“.
Der DGB fordert die Unternehmen in den von der Energiewende betroffenen Branchen auf,
Weiterbildungsmaßnahmen und Umschulungen in Tarifverträgen festzuschreiben und so einen Beitrag zur Qualifizierung und Fachkräftesicherung zu leisten.
Erneuerbare Energien
Die Erneuerbaren Energien, insbesondere Wind, Wasser und Sonne, sind die tragende Säule der künftigen Stromversorgung in Deutschland. Ihr Ausbau ist weiterhin mit dem erfolgreichen Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) voranzutreiben.
Das EEG muss beibehalten werden. Künftig müssen die Erneuerbaren ihren Teil der
Gesamtverantwortung, also für Systemstabilität, Netze und Speicher übernehmen. Neuanlagen müssen sich über eine fixen und einen börsenabhängigen Vergütungsbestandteil finanzieren.
Um die EEG-Umlage spürbar abzusenken und die Umbaukosten zeitlich zu strecken, müssen die Einnahmen des EEG-Systems von den Vergütungszahlungen entkoppelt werden. So könnten beispielsweise bei unveränderten Vergütungszahlungen, die in der Regel über 20 Jahre ausgezahlt werden, die Einnahmen über die EEG-Umlage über einen Zeitraum von 30 Jahren gestreckt werden.
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Dadurch würde die jährliche Belastung deutlich geringer ausfallen. Für die dann notwendige Zwischen- finanzierung könnte die KfW Förderbank sorgen, die sich günstig am Kapitalmarkt refinanzieren kann.
Wenn wir die einzelnen EE-Technologien betrachten, so hat die Offshore-Windenergie aufgrund ihrer hohen Volllaststunden unverzichtbare Vorteile. Sie bringt Innovationen in der ganzen
Wertschöpfungskette hervor und ermöglicht Deutschland einen Spitzenplatz auf dem Weltmarkt. Die beteiligten Firmen müssen jedoch die Pionierphase durchhalten können. Spezielle KfW-Kredite sind hier unabdingbar.
Bei der Photovoltaik muss ein Kern industrieller Produktion am Standort Deutschland gesichert bleiben.
Hierzu müssen neben die rückläufige Anwendungsförderung des EEG verstärkt industriepolitische Maßnahmen treten. Eine verstärkte Forschungsförderung sowie der durch zinsgünstige Darlehen gesicherte Zugang zu frischem Investitionskapital sind wesentliche Instrumente um die
Technologieführerschaft wider zu erlangen und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Erneuerbare Energien zur Krisenbewältigung in Europa
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien kann vor allem in den südlichen Ländern Europas ein wesentlicher Beitrag zur dauerhaften Krisenbewältigung sein, der viele regionale Arbeitsplätze und Wohlstand schafft. Der DGB hat hierzu in seinem „Marshallplan für Europa“ einen entsprechenden Finanzierungsvorschlag vorgelegt. Danach sollen über einen europäischen Zukunftsfonds jährlich 150 Milliarden Euro für eine europäische Energiewende bereitgestellt werden. In Deutschland wäre dieses Geld kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zur EEG-Umlage.
Link zum Positionspapier: http://www.dgb.de/-/sZx