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(1)

245

Eine Sindhi-Sprachprobe.

Von

Dr. E. T r a ni p p .

Sorathi.

Ein Sindhi-Gedicht aus dem grossen Divän des

Sayyid 'Abd-ul-Latif, bekannt unter dem Namen:

jJL«^ ^a. JtLi,, oder: Buch des Sah.

Schon Richard Burton, der vielgenannte Reisende, der seine

orientalischen Studien in Sindh angefangen, und das Resultat sei¬

ner feinen Beobachtungeu in einem Werke: „Sindh aud the Races,

that inhabit the valley of the Indus", niedergelegt hat, hat die

Bemerkung ausgesprochen, die damals vielen Widerspruch fand, dass

kein Land in Indien bei seiner Eroberung durch die Engländer

eine grössere Original-Literatur aufweiseu konnte, als Sindh. Diese

Bemerkung ist durch spätere Nachforschungen vollkommen gerecht¬

fertigt wordeil, die eine erstaunenswerthe Ausbeutung von Original¬

gedichten geliefert haben. Es ist dabei nur das zu bedauern,

dass wie im brahmanischeu Indien, so auch in Sindb aller und

jeder historische Sinn abhandeu gekommen zu sein scheint, und

1) Es gibt wol eiaige Chroniken von Sindh, von Sindbis selbst

verfasst, aber alle in persischer Sprache, die berühmtesten sind:

JlÄm ^J^Lj, von Muhammad Ma'süm 'Ali, von Bakhar, der wäh¬

rend der Regierung Akbar Sh'.h'a lebte. Dieses Mss. befindet sich in der Uibliothi^k der Royal Asiatic Society von London. S. Katalog der arab..

und pers. Manuscripte p. 72.

"1 " " " V " C

X«U ^ y oder das Caü-Buch, von Ali Muhammad, ist das be-

U(l. XVIl.^ ' 17

(2)

246 Trumpp, eine Sindhi - Sprachprobe.

die aufgefundenen zahlreichen poetischen Werke, geschriebene oder

mündlich überlieferte, sind für streng historische Studien von unter¬

geordnetem Werthe. Prosa scbeint dem SindhI so ungeniessbar

zu sein, wie dem Indier; niemand will sie lesen; das Volk hat

nur Sinn für klingende Reime und Wortspiele, unter denen oft

der logische Sinn geopfert wird. Es fehlt allerdings in Sindh

nicht an prosaischen Werken, und einige Prosaisten haben sich

sogar grossen Ruhm erworben, wie Ma)(^dam Häsim und Ma^dnm

/Abd-UUah, aber ihre prosaischen Compositionen sind nur trockene,

abgeschmackte Commentare über einz'elne Theile des QorBn, Le¬

genden der (in Sindh so zahlreichen) Heiligen etc., an denen uur

die Mullas einen Geschmack finden könuen; überdies sind solche

theologische Werke stylistisch von sehr geringem Werthe für den

Sprachforscher, da sie die Sprache nicht zu ihrem Vortheil zeigen

und von persisch-arabischen VVorten und Phrasen wimmeln.

Ganz anders dagegen verhalt es sich mit den Volksgedichten, Balladen, Liebesgeschichten, Abenteuern oder sonstigen Localsagen,

von deuen fast jeder Ort in Sindh die eine oder andere aufzu¬

weisen hat; sie sind für die grosse Masse berechnet und daher

in der allen verständlichen Vulgärsprache abgefasst, mit Vermei¬

dung von arabisch-persischen Worten, welche die Mullas obligater

Weise in ihre schwülstigen theologischen Compositionen mit ein¬

fliessen lassen , um ihre Gelehrsamkeit zu zeigen. Viele dieser

Volkssagen, besonders solche, welche Liebesgeschichten abhandeln,

wie die von Punhü und Sassul, Mnmaja und Ränö, 'Umar und

Märul, Söhini und der Mehäru (der Buflalo-Hirte) etc. sind durch

die Länge und Breite von Sindh bekannt; der einsame Kameel¬

treiber in den San^wüsten «nd der geplagte Bauer hinter seinem

krummen Aste, der einen Pflug vorstellen soll, wissen ganze Reihen

dieser pathetischen Strophen answendig, und singen sie zum Zeit¬

vertreib in ihrer einförmigen melancholischen Weise her. Der Sinn

für derartige heimische Poesie ist in Sindh seit undenklichen Zeiten

bis auf unsere Tage durch die zahlreichen Barden, welche das

Land durchziehen, unterhalten worden. Diese Barden, welche ge¬

kannteste in Sindh; es hat seinen Namen von dem Brahmanen

rait dem es die Geschichte Sindhs beginnt. Ich besitze selbst eine Hand- schriilt davon.

Dag 1*1^.^1 iQ-^ai , das mir übrigens in Sindh nicht zu Gesichte gekommen ist, obschon ich es oft habe nennen hören.

(3)

Sorathi. 247

wöhnlich selbst Dichter oder wenigstens Reimer sind, liaben einen

unerschöpflichen Vorrath von Gedichten aller Art in ihrem Ge¬

dächtnisse aufgehäuft; ich habe selbst einen solchen längere Zeit

bei mir gehabt und er hat mir eiuen ganzen Band von Sagen,

Abenteuern und Liebesgeschichten dictirt. Ihre Gegenwart ist

niiumgänglich nothwendig bei allen häuslichen oder öffentlichen

Festlichkeiten oder Belustigungen, als da sind: die Geburt eines

Sohnes (die einer Tochter wird als Hauskreuz betrachtet). Be¬

schneidungen, Hochzeiten, Gastmalen, Tänzen etc.; auch ziehen

sie auf den Melös (Jahrmärkten) herum, wo sie immer grosse

Volksinassen um sich her versammeln, und ihre poetischen Ex-

pectoralionen dem gaffenden Publicum, das oft dabei in Thränen

ausbricht, vortragen; manchmal fehlt es auch nicht an heissenden

Spottgedichten iiber gewisse Persönlichkeiten, die übrigens dem

Barden selbst oft sehr gefährlich werden. Sie begleiten ihre Ge¬

sänge oder vielmehr Recitationen mit einem einfachen Instrumente,

gewöhnlich der eine einfache Art vou Guitarre mit sieben

Saiten und Löchern in dem oberen Boden; eine plumpere Art

o >

davon ist die y*^> tumbö , eine ausgehöhlte grosse saure Gurke

oder Wassermelone, über welche Saiten gezogen werden; andere

»- begleiten ihre Declamationen mit einer kleinen Handtrommel,

und werden dann y^ii , langho oder Trommler genannt.

Der berühmteste Dichter Sindhs, der Haflz von Sindh, wie

ihn seine Landsleute stolz nennen, ist Sayyid 'Abd-ul-Lallf, etwa

um 1680 A. D. geboren; er lebte in Bhita, einem Dorfe

bei Matärö, etwa 15 engl. Meilen oberhalb Heideräbäd; er wird

deslialb in Sindh schlechtweg ^^L£^ jcLi geheissen; er soll im

Jahre der Hijra 1161 gestorben sein. Er war ein berühmter Sufi

und gefeiert wegen seiner v:y)Ljj (Büssungen), und erhob sich

iTi ' - i ^ -

endlich zu der Würde eines ^^Lmuo in Oj^vaj' oder Safismus.

Man sagt von ihm, dass er nie studirt habe und doch Meister in

allen Künsten und Wissenschaften gewesen sei*); er hatte viele

1) Sein ^Lwj jedoch bezeugt das Gegentheil ; es fehlt nicht an ara- 17*

(4)

248 Trumiip, eine Sindhi - Sjii tichitrube.

oder Schiiler, und manche sollen su sehr an ihm gehuugcii

habeu, dass sie, als er eudlich nacb Gottes Wilkn da.s Gefäng¬

niss seines Leibes verliess, vor Gram starben. Ueber sein Grab

in Bhita ist eine Kuppel (^-f->^) gebjiut, uud dasselbe ist für ilii;

Sufis eine viJjlj^ oder Wallfahrtsort; auch wird alljährlich »lort

ein Melö (Jahrmarkt) gehalten, wobei sich hauptsächlich Kauyaris ')

und herumziehende Musikanten einfinden.

Sayyid 'Abd-ul-Latlf berühmtestes Werk ist das sogenannte

^LLj y>- .JiLii, aus dem unsere Probe genoinuicn ist. Es ist

in meinem Manuscripte, wol das einzige, das bis jetzt nach Europa

gekommen ist, 1217 Seiten stark und daher ein voluminöser Band.

Es besteht aus 35 sogenannten Suren oder Häg (ci*!^)

die eigentlich Melodien sind, nach denen das betreffende Stück

abgesungen werden sollte. Den Stoff zu diesen Suren hat 'Abd-ul-

Lallf aus dem dem Volke wohlbekannten Sagenkreis enlnommen;

er hat es dabei sogar nicht verschmäht, ganze Strophen aus den

Volksliedern zu entlehnen und sie mit seineu eigenen poetischen

Ergüssen zu verweben. Eben darin besteht der eigenthümliche

Reiz, den seine Poesien auf den Sindhi ausüben; es ist überall

eine terra cognita für ihn da, die künstlich zum Unterbau für

sufische Speculationen und Raisonnements gewählt worden ist, und

nichts ist bequemer für den Dichter, als seinen Helden und Hel¬

dinnen gelegentlich Worte in den Muud zu legen, oder ihnen

solche Trost- und Macbtsprüche in ihren Nöthen zuzurufen, die,

äls abstracte Doctrin vorgebracht, alles und jeden Eindrucks ent-

behreu würden. Inwiefern 'Abd-ul-Latif darin das ricbtige getroffen

hat, ist eine andere Frage. Das Peinliche fiir deu nüchternen

Sinn des Europäers bleibt bei solchen Compositionen mit einem

double entendre immer das,~ dass er eigentlich nie recht weiss,

wo er daran ist, während diese Gedaukenspielereien umgekehrt

Für den krummen Sinn des Orientalen den grössten Reiz <larbieleu.

bischen Quotationen, aueh ein ganzes persisches Stück ist (Beräg; Hind; III.) eingeschaltet; daas er auch einige Kenntnisse des Hindi besass, hat er selbst auf komische Weise an den Tag gelegt

1) Die Kanyarl in Sindh iat eine professionelle Tänzerin, verbindet aber damit auch ein anderes berüchtigtes Gewerb»».

(5)

Sörathi. 249

ill denen er nach Belieben schyvelgen Icann. So habe ich oft mit

Verwunderung bemerkt, dass meine Munshis gewisse Stellen nicht

genug rühmen konnten, wahrend sie mir äusserst schwach und

abgedroschen vorkamen ; möglich dass die Schuld an meinem Ver¬

ständnisse lag. Bei derartigen Einwänden sind seine Landsleute

gleich bei der Hand, die Verse des Risälö zu citiren:

LjcjLi LöoL^j -» ouo

^jjoS ^ slj ^tUl« ,

"1 ' ■ "1

„Denket nicht, ihr Menschen, dass das (blosse) Verse sind, es

sind Zeichen,

Die euch zu eurem Freunde führen und mit Liebe (zu ihm)

beseelen."

Die Suru, Söru{hi betitelt, ist die vierzehnte im Risalö, und

da der Dichter alle näheren Umstände als bekannt voraussetzt

und sich in incdias res wirft, so ist zum Verständniss derselben

notbwendig, eiuige Erläuterungen voranzuscliicken.

Die Sage von Sörathi, oder wie dieselbe auch genannt' wird,

die Sage von ^^.'k ^^)' Sindh und Giijarät wohl bekannt.

Sie stammt ursprünglich aus dem letzteren Lande, wo sie in der

alten Bergfestung Girnär spielt. Musulmanische und Hindn-Barden

haben dieselbe bearbeitet; eine Hindtl-Relation derselhen habe

ich iu meinem Sindhi Reading Book abdrucken lassen, welche die

einzige grössere Hindo-Dichtung ist, die mir in Siudh in die

Hände gefallen ist; leider ist sie in schlechten Sanskrillettern. (ohne diacritische Zeichen) geschrieben , lückenhaft und an vielen Stellen

verdorben. Daneben besitze ich eine andere musulmanische Be¬

arbeitung dieser Sage, die mir von dem Barden Dösu Muhammad

ilictirt worden ist. Der Inhalt dieser Sage ist kurz folgender:

In Girnär herrschte ein Räjä (Sindhi f-l^ oder ßl)), Namens

Diäcu (f5^ir^)" hatte eine verbeirathete Schwester (an

wen? ist nicht gesagt), die kinderlos war. Sie ging zu einem

Fatjlr und erflehte von ihm einen Sohn. Der heilige Manu ant¬

wortete: „Dn sollst eiuen Sohn erhalten, aber er wird dem Räi

Diäcu den Kopf abschneiden." Die Schwester, bestürzt ilurch

eine solche Aussicht, wollte ihre Bitte um einen Sohu ziirück-

uehiiicn; alleiu es war zu spät, das Wort des Faqli's musste in

Erfüllung gehen. Sie gebar daher einen Sohn, den sie gleich nach

1 7

(6)

250 Trumpp, eine Sindhi - Sprachprobe.

der Geburt in ein-Kistchen legte und dasselbe den Wogen des

Flusses anvertraute, in der Hoffnung, die Krokodile würden ihu

fressen. Allein er sollte keine Beute der Krokodile werden; die

Wogen des Flusses trieben das Kistchen in das Gebiet des Räjä

Aneräi, wo es von einem Barden (|jj|pLi) und seiner Frau ge¬

sehen und ans I^^and gezogen wurde. Sie fanden einen Knaben

in dem Kistchen, den sie mit sich nahmen und auferzogen und

ihm den Namen ßljalii ("^V^f^) gaben. Die Sage erzählt nun

' • s9 -

verschiedene Wunder, die der hoffnungsvolle Bijalii schon in seiner

Jugend verrichtet haben soll, und wodurch er sich als den grossen

Tollkünstler signalisirte, der er später werden sollte; cr soll z. B.

, o >,

auf eine ausgehöhlte Wassermelone (j-J-o) Saiten gespannt und

durch sein Saitenspiel Antilopen, Hirsche, Vögel etc. so bezaubert ha¬

ben, dass sie ganz zahm zu ihm herankamen; der junge Tonküiistler, habgierige wie seine Kiinstgenossen , betrachtete die s" angelockten

Thiere als gute Beule und verspeiste sie in Gesellschaft seiner

Freunde, wodurch die Pflegeältern desselben (so recht orientalisch)

zu dem Ausrufe veranlasst wurden: ^G^O ^Jcj ^LJL^

yji> ^^.^ , „Der Fluss hat uns einen recht nutzbringenden

Sohn gegeben!" Als Bijalu gross geworden war, wnrde er an

eine Dardiu, die seiner würdig schien, mit grossem Pompe ver¬

heirathet.

Nun geht die Sage anf die Heldin des Stückes über, wobei

uns ebenfalls ein entsprechendes Bild orientalischen Familienglückes

vor Allgen gerückt wird. Im Hause des Räjä AiiEräi waren schou

sieben Töchter geboren worden, uud als nun wieder eine (achte)

Tochter das Licht der Welt erblickte, und der darüber consiiltirte

Pandit ihr das Horoscop stellte, dass ihretwegen viel Stahlgeklirr

stattfinden würde, wurde sie (mit eben so grosser Leichtigkeit,

als oben Bijalii) ') in ein Kistchen gesteckt und auf dem Flusse

ausgesetzt. Die Wogen trugen sie in das Gebiet des Räi Diäjii.

1) Der Kind-sniord bildet wol, liebst der Sati, einen der schwärzesten Punkte im indischen Leben. Die englische Regierung hat sich alle Mühe gegeben, denselhen auszurotten, eine Masaregel, welche die verfinsterten

Gemüther in Indien immer noch nicht recht begreifen wollen und sich

darüber als eine unbefugte Tyrannei von Seiten der „Barbaren" be¬

klagen.

(7)

Sorathi. 251

wo sie ein Hafner, Nameus RatnO, auffischte, gross zog und ihr

den Nameu Sörathi gab, die später durch den Zauber ihrer Schön¬

heit so viei Unglück verursachen sollte. Der Hafner Ratnö war

mit Räjä Aneräi befreundet und verweilte oft bei demselben. Er

beurlaubte sich einst von diesem seinem Freuude und Gönner für

zwei Monate, kehrte aber erst nach Verfluss von vier Monaten

zu demselben zurück. Aneräi, durch diese Unhöflichkeit des Haf¬

ners aufgebracht, befahl seinen Keulenträgern, den Hafner Ratnö

bei seiner Rückkehr sogleich todt zu schlagen, ohne ihn vor sich

kommen zu lassen. Es gelang jedoch dem Ratnö bei seiner Rück¬

kebr, sich durch die Keulenträger durchzuarbeiten und sicb Aneräi

zu nähern. Dieser wandte mürrisch von ihm das Gesiebt ab;

darüber bestürzt und den Grund von Aneräi's Griunn ahnend,

fing der Hafner damit seine unhöfliche Abwesenheit zu entschul¬

digen an, dass er seine mannbare Tochter habe verbeirathen

wolleu. Aneräi fragt in demselben Atbem, ob er sie au ihn nicht

verheiralhen wolle, wozu der Hafner ebenso schnell seine Ein¬

willigung gibt. Darauf schickte Aneräi sogleich eiuen Hochzeits¬

zug mit Fackeln und Trommeln nach dem Dorfe des Hafuers

Ratnö ab, das im Gebiet des Räi Diä&u lag. Als Räi Diätu den

Zug mit Fackeln und Trommeln von seiner Burg ans wahrnahm,

schickte er seine Diener aus, um sich über den Grund dieses Auf¬

zugs Gewissheit zu verschaffen. Sie hinterbrachten ihm, dass der

Hafner Ratnö seiue bildschöne Tochter an Räi Aueräi verheirathet

habe. Auf diese Nachricht hin liess Räi DiäSu den Hafner so¬

gleich rufen uud machte ihm Vorwürfe darüber, dass er seine

Tochter nicht an ibn verheirathet habe, und als derselbe mit echt

orientalischen Ausflüchten antwortete, dass seine Tochler des

grossen Räjä nicht würdig sei, erklärte ihm Räi Diäöu rundweg,-

dass Sörathi sein sei, und liess dieselbe sogleich auf sein festes

Schloss Girnär bringen. Natürlicherweise bekriegte nun Aneräi

den Räi DiäJu und belagerte ihn in seiner Bergfestung Girnär,

aber ohne allen und jeden Erfolg; das Schloss soll so hoch ge¬

legen gewesen sein, dass die Kanonen und Mörser nur den halben

Berg erreichen konnten. Aneräi hob daher die nutzlose Belage¬

rung auf und trachtete durch List zu erreichen, was er mit Ge¬

walt nicht konnte. Er schickte eine Sciavin mit einer Schiissel

voll Gold-Mohurs *) iu das Dorf der Barden, wo Bijalu wohnte,

1) Der Gold-Mphur war eine Müuze der Dehli-Kaiser uud etwa

11—12 Shillinge höher im P'eingehalt als der englische Sovereign. Man

(8)

252 Trumpp, ein» Sindhi - Sprachprobe.

nnd liess ausrufen , dass demjenigen , der des Rai DiaSu Kopf ab¬

schneide, diese Schüssel voll Gold-Mohurs zugestellt werden sollte.

Bijalu war gerade abwesend; aber die Augen seiner habsüchtigen

Ehehälfte wurden durch das Gold so geblendet, dass sie die

Schiissel mit der daran haftenden Bedingimg annahm. Als Bijalu

nach Hause zurückkehrte und die Schüssel mit den Gold-Mohurs

wahrnahm, errieth er gleich die Grösse seines Unglücks. Allein

CS liess sich an der Sache nichts mehr ändern; er musste gehen

und das Versprechen seiner Frau einlösen, sonst würde Rai Aneräi

das ganze Dorf der Barden mit Feuer und Schwert verwüstet

haben. Er nahm daher Stab und Leyer und machte sich auf den

Weg nach dem Schlosse des Rai DiäJii.

Hiermit beginnt die Scene in unserem Stück; den weiteren

Verlauf der Sache werden wir uns durch die Verse des 'Abd-ul-

LaJIf vor Augen führen lassen.

Wir wolleu hier nur noch den Schluss dieser Sage, wie er

uns in den anderweitigen poetischen Bearbeitungen derselben vor¬

liegt, beifügen, da ' Abd-ul-Lallf denselben, als seinen Zwecken

fremd , nur (lüchtig berührt hat.

Alle Sindhi-Legenden sehliessen tragisch; so auch die unsrige.

Nachdem Bijalu den Kopf des Räi Diäöu erhalten hatte, brachte

er ihn zu Aneräi. AnSräi aber, erstaunt über die grenzenlose

Kühnheit des Barden, befahl demselben sogleich sein Gebiet zu

räumen: »lenn er calciilirte nicht unrichtig, dass, wer das Haiipf

eines so munificenten Gebers verlangen konnte, auch fähig wäre,

irach seinem eigenen zu trachten. So von AnSräi kalt abgewiesen,

ging er mit seinem Weibe wieder in das Dorf des Räi Diüeii

zurück. Als sie dort ankamen, bestieg eben Sörathi und KhajQ ')

den Scheiterhaufen. Durch diesen Anblick wurde Bijalu so über¬

wälligt, dass auch er sofort den Scheiterhaufen bestieg. Seine

Gemahlin, die durch ihre Habsucht all dieses Uiigliick herbei¬

geführt hatte, durfte ihrem Manne an Geistesgegenwart nicht nach¬

stehen; daher auch sie sich in den Scheiterhaufen stürzte, iiiii

mit ihrem Manne vereinigt zu bleiben, wie Sorathi und Khätn.

Die Sage fügt noch bei, dass die Frau des Bijalu scliwangci-

gewesen sei, und durch die Schmerzen, welche ihr die FlMiiimeii

lindet sie noch häufig in Indien, sie wird aber meistens /.um Schmuck verwendet.

1) Die andere Königin; es geht daiau.s hervor, ilass Käi Diiru nur zwei Frauen hatte.

(9)

Sörathi. 253

verursaclitoii , einen Sohn geboren habe, welchen die Zuschauer

genommen und auferzogen und ihm den Namen Maiiiriö (von

j^^.;^, Feuer, eigentlich der Feurige, aus dem Feuer gezogene)

gegeben haben, von welchen die Maniriö-Barden abstammen.

Der Hindi-Barde schliesst mit folgenden Versen diese tragi¬

sche Scene:

^ ß^M % ^ ftr^ It: I^^T^

^Pf HtW^ % iff^ fwt ^TFSTTt

f|Wt ^ % ^ ^rfw^ ^ lfT%

^tt^ ift^ % ^ ft^ ti^ ^ TITlfr

TTWt ^^Kftr % ^ WT ifH

^i^TTT % ^ ^r^ f^rirt tttottt

xiift Tar f^*^ iw^r

^RfT f^TW f^i^i^ ^ #*Tr^

^ TT^ ^ ^ f^U :

„Ein Bravo dem Räi Diäiu, <ler seinen Kopf hergegeben hat!

Ein zweites Bravo seiner Mutter, die ihn uicht erniedrigt hat!*)

F.in drittes Bravo für Sörathi, ruhmvoll ist die Tugend der

Keuschen!

Ein viertes Bravo für Bijalu, der seiu Wort eingelöst hat!

Ein fünftes Bravo fiir die Bardin, die für ihren Mann das Leben

geopfert hat!

Fluch dem Aneräi, der aus der Art geschlagen hat!*)

Alle fünf sind in die Flammen gefallen mit Heldenmutb.

Alle sind glücklich geworden; sie haben eine ruhmreiche That

gethan.

Wer den Namen Räin's nimmt wird selig.'

Es ist kaum nöthig ein Wort über diese schwarze Seite des

indischen Lebens hinzuzufügen, das nur noch in der individuellen

Vernichtung einigen -Trost zu finden weiss.. Diese Localsagen

haben für uns die Bedeutung, dass wir daraus das indische Den¬

ken und Treiben kenneu lernen zu einer Zeit, von der uns sonst

1) i. e. : Die ihn nirht von seiner edlen That abgehalten hat.

2) Wörtlich : Der .seinen Fuss abseits gesetzt hat.

(10)

254 Trumpp, eine Sindhi - Sprachprobe.

fast gar keine historischen Berichte vorliegen. Die Umrisse, die

uns die Sage darreicht, sind allerdings melancholisch genug und

zeigen uns den Hinduismus in seiuer gänzlichen Zersetzung und

tiefsten sittlichen Erniedrigung; es ist nur ein Bild von Verbrechen

und gänzlicher moralischer Abstumpfung. Wie sehr auch der sonst

so streng monotheistische Deismus des Isläm durch die Berührung

mit dem Hindaism\is in Sindh (sowie im übrigen Indien) modifi¬

cirt und corrumpirt worden ist, können wir aus dieser musul¬

manischen Bearbeitung einer ursprünglichen Hinda-Sage deutlich

erkennen. Der Selbstmord z. B., der den Begriffen des Isläm so

7 I ' ^

widerstrebend ist, wird hier eine |*^> «'d^ erfreuliche Hand¬

lung, genannt (IV, Epilog). In seinem t5<^-*^ klagt'Abd-

ul-Latlf selbst (11, Epil.):

I>i^9 ^

» — a'l«' ' ' ? I'r 1 ° ' -

ji^y Lr>*r s?^' ^

„Der Scheich und der Brahman, o Freund, haben ihre Re¬

ligionen vergessen!

Dieser hat den Rosenkranz vergessen, jener den Gürtel."

Wir haben schon angedeutet, dass unter den Händen von

'Abd-ul-Latif diese ganze Sage einen sufischen Anstrich erhalten

hat, und demgemäss verstanden sein will. Der Saitenspieler, der

auf des Herzens Harfe spielt, ist der (X^t^, der das Herz so

sehr bezaubert'und mit Sehnsucht nach seinem Grundursprung

erfüllt, dass es, zwar nach manchen Widerständen und uuter har¬

tem Kampfe mit dem materiellen Leben, das es immer wieder

abwärts in die Sinnenwelt hineinzieht, alles freudig daran gibt;

endlich sogar das individuelle Leben, um von den Banden der

Materie erlöst, im unendlichen Nichts zu schwelgen. Die Sprache

ist reich an grotesken Bildern, dereu Sinn und Bedeutung den

Eingeborenen selbst mehr als zweifelhaft ist; andererseits fehlt es

1) ^5^-*^ ~ ^ rt\io -'»" der musulinänische Uoseukranz.

2) arabisch« Corruption aus dem griechischen Joivapiov, ein

(.'iirtel; auch fiir die brahmanische Schnur gebraucht.

(11)

Sörathi. 255

auch nicht, wie in allen sufischen Compositionen, an vielen leeren

Alliterationen; der Gedankengang ist manchmal weitläufig und ab¬

schweifend, und die geistige Armuth der neueren indischen Dich¬

tungen wird durch leeres VVortgeklingel überdeckt.

Ehe wir an den Text selbst gehen, haben wir noch einige

Bemerkungen über das Versmass voranzuschicken. Das Sindhi

hat sich seine eigene Metrik geschaffen und sich von den künst¬

lichen Versmassen der persischen Poesie und der alten indischen

Dichtungen völlig emancipirt; die Sindhi-Dichtung bewegt sich

daher ganz frei, und jeder Dichter schafft sich nach Belieben sein

eigenes Versmass, gerade wie im Deutschen. Der Gnmdcharakter

derselben ist, wie in unseren abendlichen Sprachen, der Reim,

der iu einer so vocalreichen Sprache, wie das Sindiii ist, sich

leicht handhaben lässt. Die Quantität der einzelnen Sylben kommt

dabei nicht in Betracht, und der Vers wird nur nach dem Accent

gemessen; der Ton zieht sich immer nach der gereimten Endsylbe

hin und die voranstehenden Worte werden nur leicht intonirt.

Da die Zahl der Sylben in einem einzelnen Verse ganz in der

Willkür des Dichters liegt, und jeder Vers wieder als ein ab¬

geschlossenes Ganzes betrachtet wird, so variiren die Verse immer

nach I^änge und Kürze der Sylben.

Es lassen sich jedoch im Sindhi drei grosse Hauptarten von

Versmassen unterscheiden :

>

I. Der besteht aus einer beliebigen Anzahl von Versen

von zwei und darüber, die alle am Ende reimen; die Sylbenzahl

muss innerhalb desselben Endreims die gleiche bleiben, kann aber

mit einem neuen Endreime wechseln. Diese dem Sindhi eigen¬

thümliche Versart wird besonders in Erzählungen, Balladen etc.

angewendet und könnte mit dem Hexameter der epischen Poesie

verclichen werden. (Siehe Majnö i Laile in meinem Sindbl Read-

\>

ing Book, das in ouO abgefasst ist.)

II. Der Döhö, entsprechend dem Hindi oder

, ist im Sindhi ein Versmass von verschiedener Sylbenzahl,

bestehend aus zwei oder mehreren Versen, die am Ende immer

reimen; der letzte Vers (und wenn das ganze nur ans zwei Ver¬

sen besteht, der zweite) enthält immer ein Hemistich mit einer

Cäsur, das mit der Endsylbe des voranstehenden Verses oder

Verse reimen muss, während die zweite Hälfte reimlos bleibt.

Diese Versart ist von ' Abd-ul-Lallf in seinem Risälö angewendet

(12)

256 Trumpp, eine Sindln - Sprachprobe.

worden. Hier und da jedocli enthält anch schon die erste Zeile

ein Hemistich mit einer Cäsur, wie z. B. IV, 2.

III. Die (^Ij ist ein eigenthümliches Versmass, von ver¬

schiedener Sylbenzahl, wpbei nach jedem einzelnen oder jedem

zweiten Verse ein gleichmässiger Refrain wiederholt wird. Im

Risälö finden wir die Väl (eigentlich Dialog, oder besser Epilog,

da in der Väl immer das Resultat der -voranstehenden Lij 3 zu¬

sammengefasst wird) immer am Ende eines Kapilels.

Was das arabisirte Alphabet anlangt , in dem unser Text ge¬

schrieben ist, so erlaube ich mir auf die Einleitung zu meinem

Sindhi Reading Book oder anf den im XV. Bde. dieser Zeitschrift

gedruckten Aufsatz über das .Sindhi-Lautsystem zu verweisen.

Zur Orientirung jeiloch haben wir einen Vers in l.itcinischen Let¬

tern, nach dem linguistischen Alphabete von l'inf. R. Lepsius,

II. Anflage, umschrieben.

-f^;>«

c^i/tt I

i

^j^L^ jlJjs '^-T 15^

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'o^^^. (S^ '/) "ij^

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Transcription in riimiscticn l^etteru.

Allälia jl äsa kare haliö liiäT

Cärana badhä tanga kliP jliQrä e jhäf

Doli räva Diäta jl dnrä ditl iif

Xenaliü väli'ida khe täln vera kiäl

T l sabiijliü säT II räii rljhäe räga .sä •:•

(13)

Sörathi. 257

Bemerkung. Der schwierigste Punct beim Gebrauche ara¬

bischer Lettern für das Sindhi ist, das so häufig vorkommende

Anuswara auszudrücken. Die Sindhi lassen es gewöhnlich selbst

ganz unbeachtet, was aber die grösste Verwirrung hervorbringt

für den, der die Sprache nicht mit seinen eigenen Ohren sprechen

hört. Das arabische Alphabet kennt nur ein rein dentales n,

und nasalisirte Vocale, wie sie so häufig in den indischen Spra¬

chen vorkommen, sind demselben völlig fremd; der Usus alleiu

kanu dabei der rechte Führer sein. Die arabischen Lettern passen

eben schlechterdings nicht zur Umschreibnng von Prakritsprachen,

im»l wenn solches aus religiösen Vorurthcilen geschieht oder ge¬

schehen inuss, wird die Präcision in maucher Hinsicht aufgeopfert.

Im linguistischen Alphabet von Prof Lepsins ist die Nasalisation

eines Vocales durch das Zeichen " ausgedrückt, als ä =

ä = etc. In unserem arabisirten Systeme mnss ;iber ^ ge¬

schrieben werden, um die Nasalisation des voranstehenden Vocales

anzudeuten, der darauf folgende Vocal jedoch wird durch Haiiiza

abgegrenzt. Das Gleiche gilt \om Hiiidnslänl und Panjabi etc.,

die mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Die Siudlil's

selbst haben versucht, eüien auslaufenden nasalisirten Vocal durch

das arabisclie Tanvin ausziulrücken , z. B. sie schreiben öLa^' —

f^5^ff'35j abgesehen davon, dass das arabische Taiivln keiue

Nasalisation im Sinne der Prakritsprachen ausdrückt, tritt dabei

auch noch tier Misstand ein, dass die kurzen oder langen na¬

salisirten Vocale gar nicht mehr in der Schreibweise auseinander

gehalten werden können. Wir haben daher diese Schreibweisen

als unrichtig nach zweierlei Hinsichten bei Seite setzen zu müssen

geglaubt. Allein die Form & = ? „und" haben wir beibehalten,

obschon sic an und für sich ein Monstrum ist, als eine bequeme

Abkürzung, wie etwa unser & statt et; eigentlich sollte es ^^jI

oder geschrieben werden. —

„Seine Hoffnung anf Allah setzend ging cr von dauiieu.

Der Barde band un seine Harfe Zotteln und Klingel.

Er sah »lie Doli des Bau DiäSii von ferne;

In derselben Zeit richtete er llelientliche Bitten au den Einen:

O barmherziger Herr! ergötze den Bau mit (meinem) Saiten¬

spiel !

(14)

258 Trumpp, eine Sindhi - Sprachprobe.

1) t5>3 ist das sogenannte verbindende Particip des Prae-

■ '

terituras: gemacht habend, von ^j'j^^ ttiun, machen.

2) ">•) Barde; Hindi es bezeichnet eigent¬

lich einen Hindn-Barden, der Loblieder auf die Götter singt.

3) ■^Äj»' , m., eine Harfe; auch eine Art von Guitarre.

9

4) g >, m., eine Zottel; die indischen Barden schmücken

gewöhnlich ihre Harfen mit allerlei Flitterwerk.

5) |^jj.AjLjÄ. ist hier des Reimes wegen gedehnt, statt ^^Ljä.,

jhäi; es bedeutet ursprünglich etwas, was rasselt, was wir hier

zu Lande ein „Kiepperle" heissen. Es widerspricht freilich un¬

serem musikalischen Geschmacke, aber die Orientalen haben ganz

andere Ideen von Musik als wir; was am meisten Lärm macht,

ist in ihren Augen das vortrefflichste.

6) i^j'^' Indien gewöhnlich Düll geheissen, ist eine

Art von Palanquin; es ist ein Tragsessel, in dem man aber liegt,

nicht sitzt.

7) y^AjLgj'ö, y^LSf' etc. sind Participia praeteriti, mit

dem Suffixe der dritten Person sing.: durch ihn ist gesehen wor-

den , durch ihn ist gemacht worden. Das Suffix selbst ist ^^.jo,

f, was mit oder mit (^1^, „dieser", zusammenhängt; im Hin-

"*

dastSnl etc. wird dafür us, gebraucht, was auf das Neu¬

persische hinweist.

8) t^l^ bedeutet ursprünglich: Melodie; dann: Gesang über¬

haupt, nnd eventuell: Tanz.

f

OL» jj| ^ ^jLjj

■•■ (5;^ (jy^ 7^. 't'' '<5"f*? ^'-^■'^

„Ans fremdem Lande reisend kam er hier an;

Der Barde sich dort niedersetzend schrie um den Kopf."

(15)

Söräthi. 259

1) ijLgjS^. der Ablativ von m., ein fremdes

Land; die Fremde.

2) IiXä-L»- bedeutet ursprünglich ebenfalls einen Hindtl-

».

Musiiianten, der die (kleme Uandtrommel) schlägt und bei

Hindi-Hochzeiten etc. figurirt; Hindi ^TX^RIj dem Sansk.

'3ff^|öf; (Opferpriester).

3) gAJ ist, wie i^^, das verbindende Particip des Prae-

■■''>.- '

teritums, von sich gesetzt habend.

4) ^j^jIcXÄL, Plur. von Ij-l (zzz arab. IjLo), welches den

Schrei eines unverschämten Bettlers bezeichnet, der laut die Vor¬

übergehenden (und manchmal sogar mit Namen) um Almosen

bittet.

i J kS^^ -«<>^ cJ^i'^T^

> - . — , j '

isf^ u' t?f 0-*^' u^' >^;'

•:• ^^Äx> ^ ^ ^y^y J^(XL1j ^^^äaS'

ins fremdem Lande reisend war er hergekommen;

„Hoch erhaben über die Himmel bist du, ich ein Wanderer auf

der Erde."

Mit was kann man dich zufrieden stellen? Dieser Bettler ver¬

langt einen Kopf.

1) Diese Strophe ist an Räu Diä&u gerichtet, wie das fol¬

gende beweist, indem die Frage: „Mit was kann man dich be¬

friedigen", offenbar nur von Räu Diä5u ausgehen kann. Das

letzte Hemistich: „Dieser Bettler verlangt einen (oder den) Kopf",

ist entweder die Antwort des Dichters Selbst, oder eines Be¬

gleiters von DiäCu.

2) ^ix, = Maiianö, Bettler, von 4^j*4y, bet¬

teln; es bezeichnet nicht einen Bettler schlechtweg, sondern viel¬

mehr einen Bettelmusikanten, der von Haus zu Haus spielt und

bettelt. Wir werden dieses Wort noch oft finden. Gleichbedentend

(16)

260 Trumpp eine Sindhi - Sprachprobe.

mit vi^Äi ist '^l^jjo, «IS'iU^K;! Sindhi-Stammbilduii-

XII. (prim. Tliemata) und XXII. (secund. Themata).

le

ijcU i57^-*<^ O^i-^T^

»5U ^«^^ i '/^.^^ ^'J^y

(5**? -fJi^ ur* ;? 'f^!;>^ ^}^y^

■•■ *>^' u^jj (j^-^ ^•-«^'^ >-

„ Aus fremdem Lande reisend bin ich auf Nachricht hieher ge¬

kommen.

Wenn bis morgen früh Verzug wird, so treibe mich lieber

gleich weg.

O schöner Gemahl der »orathi! nimm das Wort zu Herzen!

Zeichne den Bettler aus, der aus der Mitte (deiner) Feinde

gekommen!

1) -»Lx j^t5°l) auf Nachricht, d. h. deine hohe Würde und

Munificenz vernommen habend; vergl. den 6. Vers; ist

das pers. (5*lST (oder ^ij'l).

2) ^^L*j, s. f., bedeutet eigentlich: Tagesanbruch; nach

j^Lffj muss eine Postposition snpplirt werden; wie ^j.**« oder

^^jj, „bis", „zu". In der Poesie werden die Postpositioneu

und Declinations -Suffixe bäufig weggelassen, da der Formativ oder

oblique Casus schon hinreicht, den Bezug des Nomens anzudeuten;

das Sindhi besitzt darin eine eigenthümliche Fertigkeit, die allen

andern neu-indischen Dialecten fehlt.

3) i^y*^, eben jetzt, auf der Stelle; jaS^, Adj., jetzt, und

mit dem emphatischen (da, diese) eben, jetzt, oder sogleich.

4) Die zwei letzten Strophen enthalten eine Reflexion des

Dichters; orientalische Dichter nehmen sich oft diese Freiheit,

selbstredend mit einzugreifen.

(17)

Söratki. 261

1^ J:^ i£)^ **>^ o^^yi

l ■ •• I I y

j^AÄ. ^5^.«-« »X».Lä. ^Juo j JLio

■•• -j j*-« * -fSßLl ^^^43 .tfäj

Aus fremdem Lande reisend war er gekommen;

Der Bettler verlangt kein Geld; der Barde verlangt das Leben.

„Schneid' ab, sei schnell; ich warte keine Stunde."

1) ..^ÄcL«,, s. f. Stunde; arabisch vatcLl.; in arabischen

oder persischen Worten wird und tS oft aspirirt im Sindhi;

j —

siehe Sindhi-Lautsystem §. 6, 1. »"•> Geduld. Im Sindhi,

- ) > ^

sowie im Hindi wird y^uo oder Sindhi ^A^a mit einem entspre-

> > - ,

cheuden Zeitworte, wie oder (^j-^ (tragen), in der Be¬

deutung von „halten, anhalten"' gebraucht.

•i

' \ - 'T i ' ' ?' ' ° ' I ' •'• —

^U; ^J«J| ^^yS »J-ij ^jLgJü^

?^j(3lj 3^j-«*j ' owo ^5s4^■> ^iXLo

s?-;f '^Z' >^ ö'^ 'c;^;^^ /r-

Aus fremdem Lande reisend kam ich, deine Würde vernehmend;

Auf welche Weise soll ich einfältiger, unwissender betteln?

Gib mir solch ein Geschenk, das Habsucht ausschliesst.

. j

1) ^gi^, gehört habend, das verbindende Particip des Prae-

' '' .. ' ' . ' I

teritums, von (j^j*«, hören, Imperat. , deswegen j^Ju»» un<l

, >

nicht ) wie sonst die transitiven Zeitwörter im verbindenden

Particip des Praeteritums lanten.

' ' • _ 9 ^ .

2) y^^^LSö, diäriü, Imperativ von (j^Ljtä (causal. Zeitwort

' ^

von ;^t>, geben), geben lassen, mit dein Suffixe der 1. Pers.

Plural: ü, nns: lass nns geben.

I!(l. XVII.

(18)

262 Trumpp, eine Sindhi-Sprach prube.

3) Liio, s. f., Sindhi-Schreibweise statt ^-ioi Halisucht.

Gier; = d^'" persischen: jjt>^ SyJ-

V

' ' ' ' ' 9~ '

*JU 3?^Ä U:^!^ ^3 jj-

'^j - ^ ^ ^ ^ ^ '

L^^LJm J^y^ ^^^■'^

J'^'/;S^ (5TI <sf^

' '

•• ^^^1 JL^j ^

•• I ' •■''i

Zu deiner Thür bin ich gekommen, o Räjä, solche Nachricht

erhalten habend.

Gewähre, Mitleidsvoller! die Bitte des Schwachen!

Du bist auf dem Hofranm, wenn ein Sänger spielt;

O Gütiger, eine Gunst erzeigend, gib diesem Sicherheit!

' 'll '

1) Jl-Ä., Nachricht erhalten; vergleiche im vorher-

' 1 'T •'

gehenden Verse:

2) I ^S*^, ist ein erhöhter Hofraum vor oder um

das Haus. Der Sinn dieser Worte ist: Du kommst gleich aus den

Gemächern heraus, wenn ein Säuger vor deinem Palaste singt;

5 o,

cju bist, wie ich gehört habe, ein Gönner der Barden. Jy ist

arabisch und bedeutet in Indien einen Sänger, der auf dem Boden

sitzend, die Särangl spielt und dazu singt.

' 'T

3) ^j^', m., Sicherheit, Schutz, arab. Auf was sich diese

Jj^l erstrecken soll, erklärt er im 10. Verse: ^j^ü \m vor den

Weibern, deren Rache er guten Grund hatte zu fürchten.

^^^o ^5<>4^ )^ ^ u**^'

yyä^ r*^/* *15^ 3^ J^Ll

. ' J' > "

••• ^isi^ o[ j^'i ;^ 'ri

(19)

Sörathh 263

Zu deiner Thür bin ich gekommen, o Käjä! andern Thüren

den Rücken kehrend.

Der Bettler macht ein Zeichen: imnier bin ich in der Gegen¬

wart.

Er verlangt gar nichts anderes; gib diesem das Unschätzbare.

" . . '

1) jj, wie auch im voranstehenden Verse = ^ :

' ' . . .. ' '

pi> (5^5 der Locativ von^O, Thüre; ebenso yy>^^ in der

JJJ ''

Gegenwart (d. Ii. vor dir) von «n~> , die künighche Gegen¬

wart.

j .'. ^ j

,3) ^jtX-^s» ^jiJj weit weg aufgeben, weit wegwerfen;

i^Jl^£* ist wieder das verbindende Particip des Praeteritums.

' ' ' t'

4) ij-iJO ij«*«/, einen Wink schlagen, ein Zeichen machen;

eine sufische Anspielung.

5) Die letzte Strophe ist wieder eine Reflexion des Dichters.

1

<5*^ tf^J y**^'';'> >j'

^jaJ» ^jLäj jjLi »^Vfl-Ä ij^lä LI^*

■■■üff cJ*^ '^'^ 15^*^ ^*S^5 ^Sf^^l*^' ^'^

Zu deiner Thüre bin ich gekommen, o Räjä! Der Barde nimmt

»las Leben.

Von den Weibern, o Beschützer! errette diesen jetzt!

Dann wird dir Gott eine Wiese anweisen, wo die Gärten Edens

sind.

1) (^*J^ljt> ^'j, Gott gibt dir, oder lässt dir geben; es

ist zusammengesetzt aus ^^LjcS, er lässt geben, nnd dem Suffix

C oder I, dir; e oder I entspricht dem Sanskrit Genit. Pron.

in welchem ^ nach der allgemeinen Präkritregel elidirt wird.

4

2) , m., eine grüne Wiese; schöne Gärten sind der Sindhl-

phantasie fremd; wol aber weiss ein hulbnomadisches Volk grüne

18*

(20)

264 Trumpp, eine Sindhi-Sprachprube.

Wiesen zu schätzen, die ihnen und ihren Heerden Ueberdiis.-

bringen.

1 - •'•'"l^^l*»" 'P''

^^ajj Lu Llä-K (j**jf ^fc> jj'

^ •• I

" ^^ ,

crf^ : C^^^ >^

•:• K-^-»-* is^ P ^ iJ^ irt

Zu deiner Thüre bin ich gekommen, o Räjä! andere Thören

verschmäht habend.

Dats wofür ich mit dem Streichbogen arbeite , ist der Kopf des

Mitleidigen.

Die Bitte, die ich auf dem Herzen habe, ist dir wohlbekannt.

' ^ .*. - / ' 'N

1) {^i> ^jJ, wörtHch: In den Wald (^jj) geben; es be¬

deutet entweder, etwas verächtlich wegwerfen, oder etwas ver¬

fluchen, letzteres besonders, wenn das Zeitwort ausgelassen wird,

z. B.: i^uu In den Wald mit dem Knecht, i. e. zum Henker

'i ' "

mit dem Knecht.

' I

2) Streichbogen, verdorben aus dem pers.

iLSiüUf!V

3) ist hier Postposition, mit, bei, zu: (^^ä.LL*

yjS", jener Kopf (nm den ich arbeite) gehört dem Mitleidsvollen.

f*0.- 9 \ 0 ^

4) *-»JW statt *yX»x; man betont im Persischen und Hin¬

dastänl: mSlom, und nicht m^lum, daher auch die verkürzte

Schreibweise.

II

' ° ' T ^ ^ •• " I *

ir?"I ^•• I ^^ ^ <sii-'^ I W^

^■(5^ ^')^}^

, ' u , , , ' ,

■•■ >V^' /f? ^ij?;;*^

(21)

Sörathi. 265

Andere Thüren andern überlassend, bin ich zn deiner Thüre

gekommen;

O schöner GemabI der Sörathi! thue doch, was ich sage!

O Gütiger! fülle nur einmal die leere Schürze des Bettlers!

1) Fem. von yS', einer, irgendeiner; zu Ii' muss

gälhi, Wort, supplirt werden.

2) ^gj * ^^ , bhire ist der Locatif von j^ » (| i , Zeit, Mal, nnd wird so gewöhnlich adverbialiter gebraucht.

tf

'Jjt>^ i^y^ üXä* jjyeL^ il

M>i) -s^U L^lj yfßj^ ^^y^ ^ p

■•• tl>^^5 (5^^^ »^if

Komm herauf, o Bettler, steig in die Döll!

Dich hat der Bräutigam verlangt, der RajS im Palaste.

O BTjaln! Dir isl das Versprechen geworden, in der Frühe (ihn)

abzuschneiden.

> . ü ^

1) Die JySyJ^ ist eine Art Palanquin, 'gewöhnlich von vor¬

nehmeren Leuten gebraucbt und schöner ausgeschmückt als die

gewöhnliche ijjö.

2) ^y^ß , s. m., Bräutigam, ist ein von Siudhidichtern sehr

häufig gebrauchtes Epitheton ornans.

f ^

3) 'Jpy, ^'D buntbemaltes Zemmer; ein Staatszimmer.

Die Gemächer z. B. im Palaste von Heideräbäd sind alle mit

sciiTeieuden Farben überschmiert; je greller, desto schöner.

4) (^a- (J>*<5j ^Li^, das Versprechen ( Jjf j s. f.) des

Abschneidens, i. e. des Kopfes.

ir

^u^-i^ is^.)^ i*!>f >^ isf

'''"'s.'

^UxLw jjüuu», ^j-f^ • b

I s

(22)

266 Trumpp, eine Sindhi - Sprachprobe.

*^|joyo JoLLc Qxäx jj^L^Äjo il

vjLjy vj^* r*^ C5f- "-^^^ 4^ U^>>4^

■•■ iS^'-'^ oJO J> ^ (J^-^ 15?

Was immer, o Bijalu, dem Barden, der frühe da sitzt, ver¬

sprochen ist,

Das muss der Räjä im Palaste, der Sultän, gewähren.

Komm herauf, o Bettler, gegenüber der Ebene!

Lsikhs von Opfern opfere ich, sagt Latlf, für deinen Fusstritt;

Komm, o Gast, und nenne diesen Kopf, dass ich ihn dir dort

gebe!

1) j ^ ), s. f., Tagesanbruch; gewöhnlich: (^■■«^ i ;

die Postposition ,^>-*jc, „in, an", ist ausgelassen.

2) ^jL^, s. m., eiu Bettelmusikant.

3) ^Ljuuiu, zusammengezogen von i^LLuu, Gerundiv vou

^ ^ ^ y • •• I

i^Luu«, bewilligen.

"'»'o j''

4) jjljJuo» "»'i die Ebene = ^^jU der etwas erhöhte

Hofraum^

\f

j ^ [jS.*jo ' oJ-«a.*

^cT-^.

^j^s^ ^li^jjiLa. ^^LgXI^ (j-**e-

iJoUu ^^i:». i^xb.! j^LffijJ

^ ' •• I ■ ' ••

o "

•:• ^^.^^L^I^ÄA» ^^•^^^ ij^^'^ iX<lx ijSLaj

Ohne Berathung, o Bettler, kommen keine Vortheile!

Den Glanz des Lichtes sehen die Augen nur mit Licht.

In den Zellen des Fürsten blitzen Juwelen ,

Nur die Würdigen, sagt Lailf, sehen seine Geschenke.

Deswegen hat der Herr des Reiches dem Bettler willfahren.

(23)

Sörathi. 267

1) oJLajo, verkürzt von v:>,'«^.>tfi<i , f., Berathung, Ueber¬

legung.

' ' '

2) vaJ, arab. gewöhnlich jmS im SindhT geschrieben: Vor¬

theil, Nutzen.

3) 3-^5 '"•1 Glanz, Blitz, aus dem arabischen ab¬

geleitet; der Wechsel des Geschlechts ist ungewöhnlich. Der ganze

Vers ist sufischen Inhalts. Nur solche können den Blitz des

Lichtes sehen, die selbst erleuchtet sind; die uneingeweihte Masse

sieht nichts davon.

4) ^L^Xä^5', m., Fürst, Prinz. Das Wort ist zweifelhaften

Ursprungs.

. .» o. -

5) yjy^Ö'i'.Sf- , m., ein unschätzbarer Juwel.

J ^ ' O O

ij>}f_ J-^ (j-^ ^U^/i

i55'5 ^-l;

• *• •* ^ I ^

i5j'-s:?"^ e^n'^'-i^y

•:• ^l:^- Jcüd ^3^;^ J^\] 14t; .

Mit Blick und Flehen liess Bijalu die Saiten ertönen.

Der Räjä in den Gemächern begleitete den Gesang;

Er rief verlangend den Lantenschläger in das Schloss;

Der Räjä sang; beide wurden Eins.

Ü-o o

^ yi, Ablativ von ä>^. Blick.

' I ' ».. I -

2) liijjlj, auch -gJjü (I, 19) geschrieben, ein Musikant,

der ein Instrument spielt (gewöhnlich die ^^jjLw) und dazu

Verse singt oder recitirt; es ist wahrscheinlich von dem Sansk.

«irf^4 abgeleitet.

I* ^ o °' .

3) I cXüS ^30^, beide wurden Eins, i. e. im safi-

schen Sinne.

(24)

268 Trumpp, eine Sindhi - Smachprobe.

!•»

^ ^ ^, ^ ^ 'ü'

'^^t S?^'/? *^ )t

J^' (52Ljj' e^*^ ^jJ>j; Ul;

^ 5'; .ij^*^

JoL». ^^5** c?4*" tS?^ tXi^l (jl,

■•■ (5?3'^r* iAn ij-*^ cH^

I •• ^ '* I

Mit Blick und Flehen schlug Bijalu die Saite;

Der Räjä in den Gemächern hörte auf die unschätzbare.

Er machte Freundschaft mit dem Räjä in einer glücklichen

Stunde ;

Sprechend: „Ah'mad ist ohne Mim", machte der Bettler ein

Zeichen.

Einigen ist Macht zugefallen ; dann wurden sie beide Eins.

1) |«juc ^iU Jk.«^! diese arabische Quotation ist mir

^ unbekannt.

2) j^iff ist das Fem. von j^yff» Particip Perfect Pass, von

' • ' - t^'

(^^Jjc, schlagen; das Fem. bezieht sich auf ^^y-**", i-, Zeicheu.

3) J^, s. f., Macht; magische Kraft oder Kenntniss, um

auf andere einzuwirken; solche J^J^ schreiben die Sofis gewöhn-,

lieh ihren Pirs zu, von denen die meisten mit einem Nimbus von

Mirakeln umgeben sind; daher auch die grosse Macht und Des¬

potie, welche die heiligen Männer iiber ihre stupiden Murlds

ausüben.

«V

" " " ti> u ^

10 ^J^f^ J^^^

15^^ Vi^ ^' s?f 'y^) s?T

(25)

Sörathi. 269 t

15^'? 1^! <si)') ^^yi' '^'j ^Uj^l

V lXa» ^3^^ i5^LflJ ui;

Einigen, einigen Menschen ist eine gewisse Macht zugefallen;

Die, welche zum Wink gelangt sind, haben den Stein der

Weisen erlangt.

„Der Mensch ist meiu Geheimniss und ich sein Geheimniss",

diese Rede ergriff er.

Der Räjä sang; beide wurden Eins.

^ o —

1) ^jCj , s. f., Wink, Zeichen; mysteriöse Anspielung, durch

welche der Saft Gott in allem findet , und sich selbst wieder in

Gott.

2) ^^^Lj, s. f., der Stein der Weisen; sonst im Masc.

IJ*<jLj gebraucht; es ist aus dem Sansk. ^^|{f|y abgeleitet.

3) Es ist mir unbekannt, woher die arabische Quotation

genommen ist.

tA

^ ^^jjkXyyM (Js^U ^j-uo . * J.i'

^^y*^ I^ü ^ \Jm f^j-fMj g «tt ^^jjj\Ss^ Li

>, y ^

^ijjyol jjLgJji' 1^1 *jj^I^Ajl3^=l j ot».

f""^ ^7^' ^ui'>^^ ^^i*^'

KSyrr 7^ u';'-»'^ j 15^"*^ iJ*^ >*t

Der Räjä ist im Palaste, der Barde auf der Erde;

Die Laute, die er mit den Händen schlug, wurde oben gehört.

Wohin nicht die Palastdienerinnen kommen, dorthin wurde er

von dem Vertrauten gerufen.

„Gebet ihm ein schnelles arabisches Pferd, mit Juwelen belegtem

Sattel."

Aber er verlangt gar nichts, als den Kopf, sagt der Sayyid.

1) ) i^'s Ein Wort genommen bedeutet dasselbe

1 8 *

(26)

270 Trumpp, eiue Sindhi - Spruchprobe.

wie Jjj;, ein Staatszimmer, oder Empfangszimmer, bemalt und

zum Empfang von Gästen etc. hergerichtet.

2) i^^yMU'^yjiu, s. f., persisch: die Erde, der Boden.

3) ^.aJuj Fem. von Particip Perfect Pass, von 'A_L

iS-T^ > ^y>**« >

hören; das Fem. bezieht sich auf ^^^-xj, s. f., eine Art Guitarre

mit 7 oder 8 Stahlsaiten; Sansk. cf^TJJT-

4) ^^jol(S^I , s. f., eine Palastdienerin in dem den Frauen

angewiesenen Theile (^üüj); sie sind gewöhnlich mit einem Dolche

bewaffnet. Das Wort ist tatarischen Ursprungs. Hindnstänl:

, , > <^ ' ' _

iXxjlt>'if o<ler auch ^iXajIoJ) "rdabegnl oder urdabegni.

"i , "i ^

5) ^^y^\ , arab., ein Vertrauter; Agent oder Commissionär,

der gewöhnlich zu delicatcn Aufträgen verwendet wird.

6) (j5;^ > s. m. Ein arabisches Pferd, eigentlich Adjeetiv,

arabisch, aber in Indien gerade so gebraucht, wie bei \ms „ein

Araber".

7) gebet ihm; Imperat. II. Pers. Plur. jjö, gebet,

mit dera Suffix der III. Pers. Sing., u^— , das aber nnr für den

Dativ oder Accusativ gebraucht wird; wenn das Suffix der III. Pers.

Sing, im Instrumentalis steht, lantet es \, wie schon be¬

merkt worden ist.

M

^\S)^. 74f '4'';

2 I' ' »o, .,2ic^, >o>»o^

t£y^ >»'>^ y=f- ^J-^ UXix ^ ij-^' <Xo

i5;j'5 >f*5 ^«yUc cyjo

p ^15*^. i5;^>-^ 7^

Der Itäjä ist im Palaste; draussen schreit der Lautenschläger;

Durch deine Saite, o Bettler! ist inein Herz gefangen worden!

(27)

Sörathi. 271

Wiederhole schnell, sagt 'Inätu, den ersten Vers!

Diesen Kopf geschmückt hab.end lege ich, o Barde! in deine

Schürze!

1) ijj^l^Lj, V. n., schreien, brüllen; es bezeichnet wol blos

den heftigen erregten Gesang, der, nach Sindhl-Begriffen, aller¬

dings, wenn er für schön gelten sollte, laut genug sein mnsste.

. , > -Q f

2) i^S)" y^^y ^i^T? v;)"^^' wörtlich: mein Herz ist

••■f ■ ..^ ;

in einem Köder (j^U) gefangen worden, wie ein Fisch oder

Thier.

3) Der Sayyid quotirt hier ganz offen den ältern Dichter

der auch sonst in andern Dichtungen oft citirt wird; ich

habe über denselben jedoch nichts näheres in Erfahrung bringen

können. Wahrscheinlich ist er einer der zahllosen Barden ge¬

wesen, dessen Verse mündlich überliefert wurden; geschrieben

scheint er nichts zu haben.

4) «i., ein Bettelmusikant; gewöhnlich wird es yi^.i

pätru, geschrieben; es ist mit dem Hindi m^^, f., eine Tän¬

zerin, verwandt; im Sindhi jedoch wird es auch auf männliche

Individuen angewendet.

i-r.

5) (5*^^) Locativ von ^-L>, m.. Schürze.

155'?

12

^i5;U, t5f^" -4^;3'« ^yy

i5^^ (jrf^"»-8^;3-* '«^ ^^j*C ijsi^

*<5)'5 / ^iJ^r^ <jp

i- •• ' i-

8 I "f* ° ' ' ' I ' •■• 7 * I " " •■•

^5^1Aa^ yM ^gÄ. -Xil^ i^LwjfcUjO

" ) ' •• I \ir

'■^))^ isf^ -t^;>* is?* tS?*

I^^Le l^lXo yM ^yjS.juO jjf y>- ^^iC

.- ^ , ^

^gjjLgXjÖ L>5 "^jlli«3t>

(28)

272 Trumpp, cine Sindln - Sprachprobe.

14

Vili (Epilog).

Ach, ach! denkt Sörathi bei sich.

Dil hast (meinen) Freund (von mir) getrennt, denkt Sörathi.

Schlage die Saite regelrecht, spiele wieder das Instrument!

Ich werde dir, sagt Diäcu, diesen Kopf geschmückt geben.

Ach, ach! denkt Sörathi bei sich.

Der Bettler, der gekommen, schlägt den Starken.

Wenn er die Freunde von den Freunden getrennt hat zeigt er

Ach, ach! denkt Sörathi bei sich.

Halt im Gedächtuiss den Herrn, sitze nicht ihn vergessend!

Mein Hals ist abgeschnitten durch Liebe zn seiner rauschenden

Musik.

Ach, ach! denkt Sörathi bei sich.

1) f^'yy *3^> '^'öe, v<">e, Interjection: Ach, ach!

' 'I '

2) ^^Lw, V. a., bedeutet eigentlich: berechnen, in Anschlag

nehmen; dann bei sich denken oder sprechen.

' > '.6^ 1 - v_

3) 'iX^ s:'LiS j^Ui , jam Warne juda; wörtlich: durch

dich ist der (oder mein) Freund getrennt worden; 3?*; die

diese Deminutivpartikel y'j wird an «las Part. Perf. Pass, oft an¬

gehängt in derselben Bedeutung wie lu; siehe Sindhi-Stammbil¬

dung XII. (prim. Themata); © = e (oder e nach Umständen)

ist das Instrumental-Suffix: durch «lich (= ^).

Mitleid.

Deminutivform des Particip Perf. Pass.

4) Imperat. von Jji) schlagen.

-- ' 0 '

5) ;3Jj-io, s. f., Art oder Weise; L^y^ cnthäll

(29)

Sörathi. 273

aber zugleich auch eine safische Anspielung auf die (^_jJjio oder

^ v-

y^iJü^i , die erste Stufe im Süfismus , wo der junge Süfi noch

anf «lern äusserlichen Boden der Gotteserkenntniss steht.

6) jjj^ ^.^S' wiederum thun; ijj;!^ ist das verbindende

t j ^ f ' j ^

Fart. Praeteriti von (j;!^! >ü«.a*oder besser jji:^^^, ein mu¬

sikalisches Instrument überhaupt; siehe Sindhi-Stammbildimg V.

(prim. Themata).

". I -- " ••■ - ±

7) ^UmjJüJt> , diudösae, Ich werde dir geben; die ge-

9

wohnliche Form der 1. Pers. Masc. Sing. Futuri, jjmJuüÖ, ich

I - o .-. '

werde geben, wird von einem Suffixe: jjL»,jJcüt>, und mit dem

1 ' Suffixe der II. Pers. Sing. : ^^LwjtXÄJ.O.

8) tf^l^-*^ ist das verbindende Particip Praeteriti von:

, ^ , " I

^^IXäa-*: geschmückt habend.

9) 4i' in) , ein Bettler; es ist eigentlich eine Hindl-

V^WMBW» «^^MMV

form, Particip praesentis von: 4^4 | > mangnä, betteln; 4^4 |,

bettelnd; im Hindi und Sindhi auch substantivisch gebraucht: eiu

Bettler; die correspondirende Sindhlform ist TR^^^If'

10) tjÜOo, Plur. von j^L£ö, Adj., stark; dick, beleibt. Wohl¬

beleibtheit wird in Indien für eine Schönheit gehalten.

11) ^jLaa-wu^J, der Ablativ Plur. von m., Freund,

J o verkürzt aus o-wjO.

12) ^5jt 3^.;3 L>t>, er zeigt Mitleid, nachdem er die Freunde

••'i I

von den Freunden getrennt hat; dies spielt auf die Scene au,

wo Bijalu, von Rae Aneräe ausgewiesen, das Beispiel von Sörathi

nachahmt und sich in deh Scheiterhaufen stürzt.

13) ^^IsCO, s. m., Herr; hier auf Gott bezogen.

" . .

14) ^5)**, Instrumentalis von jy^i gewöhnlich j^ü im Sindhi

' -

geschrieben; arab. Syü , Geschrei, Lärm; hier auf die rauschende

(30)

274 Trumpp, eine Sindhi - Sprachprobe.

Musik oder Gesang bezogen, der obligater Weise ein tüchtiges

Geschrei sein muss.

I

C ^ ^ f- -

^L5" ^j^ ot; -pu

y^ / i vj-s^ ^'j^l

jjl^^'j^i' '^yy" ;Lm,' ^ tÜLi*i

•:• (jLaJoI j'^-«*' -j' ^^3f t)"*?^

Zweites Kapitel.

Der Barde sang die erste Nacht an der Seite des Schlosses;

Es entstand in Girnär ein Lärm: „Ein Virtuos ist gekommen".

Der Wanderer arbeitete etwas mit Instrument und Leier;

Bijalu rief aus: „Ich verlange einen Kopf".

»' *

1) jj». Ol; ^giy.^^, in der ersten Nacht. Der Genitiv mit

y>- wird im Sindhi idiomatisch gebraucht, um eine Zeit auszn-

o .*.

drücken, z. B. yyf;, bei Nacht; Tag etc.;

zu j:^ muss irgend ein Substantiv ergänzt werden, wie y^.y, Zeit.

2) (^LjI, Adj., Wunderbar; staunenerregend durch seine

Kenntnisse; unser „Virtuos''.

3) JÜLL) ""-i ein Wanderer; man darf dabei nicht über¬

sehen, dass i^jLl zugleich einen Snfl bezeichnet; die gleiche

Anspielung findet sich schon in der ersten Ode des Häfiz :

LgJyuO |V«<;j »I;; ^J-ä. tXJLl

Denn der Wanderer ist wohl nicht ohne Kenntniss des Weges und

des Gebrauches der Stationen. Alle diese Worte: iXJUm, sfj

und \-^yÄx sind safische Anspielungen.

(31)

Soratlii. 275

f

^'"j --^

ijUaL« jjlju, ij-yo ot^ ^ ^^4^'

I ' •• I >

J14j ^ c>t^' ^ >^ 15,^'

o*^' cr^ isf^ ^o^y^

j Ii" iLi« JL« öj

di^"'' ' ' i'*^"" ^

^10 'tX-^?-; Ui.AX) -ffj jJ

«^7 " ' i^" ' 6 S'l'" 1'

'■' SP "^^-^ *j-rt^

In der zweiten Nacht liess der Sultan den Bijalü rufen;

„So wie du, ist vorher noch keiner gekommen, o Barde!

Mein Leben ist von meiner Seele gewissermassen getrennt durch

den Schall deiner Laute.

Es ist bei mir durchaus kein Mangel an Geld und Gut;

Dir, o Bettler, gebe ich herzerfreuende Geschenke.

O lieber Freund, rühre die Harfe und singe etwas."

1) j * g } ist der Locativ von ^-a-JJ, Kleid, Anzug: wörflich:

in deinem Kleide, i. e. so wie du.

2) Ablativ von ^jLi, s. f., Seele, nicht

von (^jU , s.m., Freund. Wir würden sagen : das Leben ist

mir ans der Brust gerissen.

3) ^*^^ adverbiell gebraucht: gewissermassen.

. 0 > , >

4) \(Xjj^y '^y)' herzerfreuende Geschenke; über diese Zu¬

sammensetzung siehe Sindhi-Stammbildung §. 28. II, 1.

5) ist'der Voeativ sing, von ijy»;*, Freund; es wird

aber im Sindhi bloss noch im Voeativ gebraucht; über seine Bil¬

dung und Ableitung siehe das Sindhi-Lautsystem §. 19.

6) t5;3^ 'St verbindendes Particip Praeteriti: bewegt ha-

' I, J

bend, von ^i^py^ ■, bewegen.

(32)

276 Trumpi) , eine Sindln - Sprachprobe.

7) ^A*a>. , caeji Oller caeji, höfliche Form des Imperativs

% i""'

statt des gewöhnlichen yst- , von ^^^^i sagen, singen.

r

^LitVl^ js> of;

ljt3 ^yjj LaJ i^j^^ ^»Li»*Il*/ ^^^f 'j^^

" ^ t ^ I

. . ' ^ , ^

■•■ ^v:r^r^ r*' ^ü^*-^' e^* u^' 7^

In der dritten Nacht liess Bijalu den Käjä vernehmen :

Es gibt noch andere hunderte von Gebern in der Welt:

Aber in dein Haus bin ich auf des Herzens Antrieb wegeu

jenem gekommen.

*' .

1) ^^yjM , Locativ Plural von s. m., ein Hundert;

1 wörtlich: In Hunderten.

2) '^umJuSui Sindhi Schreib- und Sprechweise statt

die Welt.

9 ^ ^ ^ ^ ^

3) Ji>, s. m., Menge, Haufen. Ji> LjIj, Apposition statt

Unterordnung: Haufen von freigebigen Menschen.

4) .yjS>\ju3 } A.dj., aus jenem Grunde, i. e. des Kopfes

"l wegen.

5) ^j-»y^ yi, zu deinen Häusern, , Locat. Plur.

' * -T 'f r * • •• "1 '

^ C ^ 15^^ O)^

(5^ ej'^J^ V'^v >^ ü"*^'

i5*f^' 15^!) '^5 '^^ ^'^y*^ o'*^

••• y^yy*- >^ >4^' 45?^^ 7*^

(33)

Söraffli. 277

O Barde! auch heute in der vierten Nacht bist du willkommen!

Deinen Fusstritt wäge ich nicht mit Millionen anf, da du (mir)

alles bist.

Nimm Kübel voll herzerfreuender Geschenke und gib dich zu¬

frieden.

Für jetzt gebe ich diese, anderes, noch viel mehr, gebe ich

dir morgen.

' 'I *

1) i^jj^' (5*=*) Willkommen sein, ein idiomatischer Aus-

T . .

druck; ,^*Jl >st die zweite Pers. masc. des Praeteritums.

^ 'i j

2) i»«^. > s. m., zehn Billionen nach den Shästras; nach der

gewöhnlichen Calculation tausend Billionen; Sansk. ;

ist der Locativ, der im Sindhi auch bei Vergleichungen ge¬

braucht wird.

3) ^»r>. ^ * S jj^J , wörtlich : da du mir alles wirst,

i. e. da du mir mehr werth bist als alles, was ich habe.

4) L».jj3 ^jl3, wieder Coordination statt Subordination:

Geschenke, Kübel, statt Kübel voll Geschenke; s. V. 3: Jt>Lj|o.

^ > > ^ > >

5) ^A,«fl, supplire: ^^j-f^

1 r ' ' ' r

<^^t* H) 15*^. rk/?.

^J-^j j5^^ 4^ Jy ^oA'^ ori^^-

t?^'^. (5f^ (j'*^ ^ 0*4^5 "^'^^

V ^^fitgV y^y*' j * (jgö ^ yMi Juufit ja»- ^ j» < (j^t

In der fünften Nacht schüttete er Gold und Silber auf den Weg;

Betten, Matrazen, Pälkls, Millionen von Geld.

„O Geber, ich nehme kein Geschenk, geh', kehre die Ele¬

phanten um ;

Den Kopf, den ich, o Edler! genannt habe, den gib, dass du

angenehm werdest."

Bd. XVII 19

(34)

278 Trumpp, eine Sindhi - Sprachprobe.

1) JkAAAu, s. f., Weg; supplire: jjjy« oder j-i'.

••■ W"| 0|

2) Ein curioses Quodlibet von Geschenken, wie Betten, Ma¬

trazen und Pälkls, die jedoch für den Orientalen einen Haupt¬

comfort ausmachen.

I

3) Joj (jy» derUebersetzung durch: Mil¬

lionen von Geld wiedergegeben. Der Sindhi-Text jedoch gibt

genau: Nenn Lakhs Nil, i.e. Neunmal hunderttausend Zehn-Bil-

f

lionen; J^j» s. m., zehn Billionen; das Wort findet sich nicht

in den verwandten Dialecten und ist unbekannten Ursprungs,

jjü, s. m. , Baar Geld.

i ' , a

4) \^yy, väü, Imperativ von ^^y^y, varianu, gehen; ^^1^ »

ist das verbindende Particip des Praeteritums, umgekehrt habend

die Elephanten, die nämlich diese Last von Geschenken herbei¬

trugen. Die Hindos sind wol die schärfsten Rechner auf der

Welt, und kein Volk auf der andern Seite missbraucht Zahlen

m^hr als eben die Indier.

5) I».« (j^l , Particip Perfecti Pass, mit dem Instrumental-Suffix

1», dnrch mich; was durch mich gesagt oder genannt worden ist,

von ^^y^\ , sagen, erwähnen; das Masculinum bezieht sich auf

f yjM, Kopf.

6) (^ö, gib, Imperativ der zweiten Person singularis von

! ^-i ü '

^4>, geben.

H

i5;3j*« JOLl '^K-^ «y';

g-yo o^^^

9.^ I'"!" ^ ^99

y) y;^^ 3^ <5y^

a *^ " fi' * I ' I "2 * I '

"^^XXjLo jjä5 ^jUf yy^y*^ .is^^^

(35)

Sörathi. 279

In der fünften Nacht bezauberte der Wanderer, die Laute

rührend ;

Er sang in Girnar, moduUrend die Stimme mit Kenntniss.

Morgen, sagt der Sayyid, wird der Räjä mit dir Freundschaft

machen.

Morgen wird er, o Freund, den Bettler erhöhen.

1) ^jjl^-^a. , V. a., bezaubern, entzücken.

2) ^5-'^^'•**) Adv., Morgen; yi^ijue ist eigentlich ein

'■ ' ' o .-.

Adjeetiv,-zu dem «^j-sO, Tag, supplirt werden muss.

3) j-iAA>o müsste in Prosa nothwendig ,~-AJ ( das Casus-

. . " '

Affix des Dativs oder Accusativs) nach sich haben; die Dichter

aber gebrauchen oft diese Freiheit, dass sie im Accusativ den

Casus obliquus anwenden, die dazu aber erforderliche Postposition weglassen.

v

?ÜJCäx j li^S v£J ^^I4j

^ Ij^ ^ cT^^ ^?)^"

jjUtt Cyli K ^jy^J ^ ^ 'is^^

■:■ o'-i^' 3^ cT*^ ^u'^ P <sf^ ^

Willst du durchaus nicht viele Seidenstoffe von mir, o Bettler?

Arabische Pferde sind in den Ställen, viele Pferde im Haus.

„Soll ich wegen eines Elephanten nur eine Saite rühren?

Der Glanz, der auf dir ist, diesen Kopf begehre ich.'-

1) (^^jü, s. m., ein Elephant, der doch im Gegensatz zu

einem Pferde viel mehr werth ist. Der Sinn ist: Nicht einmal

wenn du mir einen Elephanten anbieten würdest, würde ich eine

Saite anrühren.

2) i£'iX*S6, Eins, muss auf ^^j'Ls bezogen werden,

••/i "i

3) i^üÜLo, manis, s. f., Glanz; auch Juwel. Der Glanz

19*

(36)

280 Trumpp, eilte Sindhi - Sprachprobe.

oder Juwel, der "auf dir ist, diesen Kopt etc. jm ist hier als

nähere Erklärung des ^^Lux beigefügt.

4) y'^H^iM , Ädj. 11. Subst., begehrenti oder Begehrer.

A

^SU. j ^ 15;^ 'y. ^ ^^Äi ^

^5;|^ j-jj' 15;^*^ *c)r^7^

-»LI y^tjo U (^'-'j yU

x' o .: ^ ^ •'"'2'H''

•:• jj.A*4*5 jjOjJb^Ä- ^ jJ ^>-f^ L?;'^

Um den Kopf bettelt er, den Kopf verlangt er, ohne den Ko[»i

kein Frieden;

Er geht von dem Armen nicht ab, er schlägt den Ober

Steuermann.

Sich bückend reisst er die Seele des Nabäbs heraus.

Der Schöpfer läsüt ihn des Abends und des Morgens nir¬

gends los.

* , .,

1) ^jyjJuLiyÄ, Abi. plur., von den Armen; der Plural wird

im Sindhi sehr häufig angewendet als Pluralis honorificiis, wie in

diesem Verse; so z. B, ^^ÜJ ist Sindhi und Arabischer Plu¬

ral zugleich.

2) ^3JU•, der Schöpfer; die ganze Quälerei des Bettel¬

musikanten wird, sowie auch im folgenden Verse, dem Schöpfer

zugeschrieben, mit einer safischen Anspielung. Der Sänger ist

ja nur der Repräsentant des (X^l^ oder (^Li, der ihn von

seiner individuellen Existenz erlösen will.

3) J hier im Sinne von j durchans nicht.

(37)

Sörathi. 281

^

^jj^SS ij>*^l -j ' Jüi ^L^iX-ui (5^3-*

^ - « *.*w '

^US'-jaäuo *jjS4jur ^ (^Igj'l

6 5""" j-"«..- ..-i ^

■■■ c^v ^"^^

Wollte Gott, du würdest nicht mehr kommen, o Bettler!

Tag und Nacht steckt die Hacke des Hohen in meiuem

Scheitel ;

Weil du dein ganzes Leben deu Schaum mit Peitschen ge¬

schlageu !

1) jLw, vom gemeinen Volke Ji g> ausgesprocheu: Wollte

Gott; aus dem arabischen iöJ\ »Li zusammengezogen.

..r »- -

2) ^gigjl, wörtlich: all die 8 Wachen; ^-j^, s. ist

eine Wache von 3 Stunden; die Sindhi theilen Tag und Nacht in

8 Wachen = 24 Stunden ein.

3) * hP , der Hohe, Erhabene; hier ein Attribut Gottes.

4) ^iSjS", s. m., Hacke, Fischhacke; Gott hält mich an

einer Hacke, die in meinem Scheitel steckt, wie einem Fisch, der

mit der Angel gefangen ist.

5) ^ ^ • s. m., der grüne Schaum, der sich auf stehen¬

dem Wasser ansammelt.

6) y^,, m., Ein Lederstreifen; eine Peitsche. Den grünen

Schaum des Wassers mit Peitschen schlagen, i. e. auf der Ober¬

fläche herumtappeu, ohne in das Innere oder Wesen einzudringen.

Im safischen Sinne: an der Aussenwelt oder der materiellen Er¬

scheinung der Dinge hängen bleibeu (^g^LIi?), ohne iu das In¬

nere (^^iJou) vorzudringen.

d^)^y^ f^f *srT "tr' ^

1 9

(38)

282 Truiltpp, eine Sindhi - Sprachprobe.

" T ••• .: '

(5^-%f u^^'^^i' <^''

* . *

•:• .»\s ^ ^ yjÄi äi

Mit 25 Köpfen wäge ich recht deine Saite auf!

Der Trieb geht immer dahin, wo Bijahi singt.

In seinem Kopi ist durchans kein günstiger Freuad.

1) ^y^?- 1^^. iJT^ '^'^ Worte sind des Metrums

wegen etwas verstellt-, sie sollten grammatisch folgendermassen

, ^

sehen: ^^j^ ij;^ S?? ^ ' '"""'^''t V'^'^t^l ent¬

haltend = 25. Der Sinn ist: wenn ich deine Saite recht wür¬

digen wollte, sollte ich 25 Köpfe darum geben, statt einen,

j

2) yi^M,, Adj., glückverheissend , günstig. Diese Strophe

ist eine Reflexion des Dichters; über oder in seinem Haupte

waltet kein glückverheissender Freun«!; es ist so gut wie schon

verfallen.

^ÜO J ^g( pii ^^j^Ij ij-fi^

> ? .' ^

•:- ^jlfj- .4^'^ ^5^5 i IXjt ^\ ^Jty^

" I " ■' •• 'Ä' I ••

DiSdn, der für sich Gegenüberlegung anstellte, gab (ihn) durch¬

aus nicht;

„Den Kopf her, o Mann! dass der Schmei-z weiche."

1) JCääuLj, s. m., ein Gegengewicht; etwas, das man in

eine der Wagschalen legt, um das Gleichgewicht herzustellen;

Gegenüberlegung.

2) , —ufü , Adv., Abseits; für sich.

' -

3) "lit dem emphatischen eben den Kopf.

Diese Strophe enthält offenbar eine Reflexion des Dichters.

(39)

Sörathi. 9«3

ir

J ^

*(5f'^ J^'-" j-jj" ^Ij^ i

■f"" 3 ' cl" 2'"'

■■■sfT^"*^ >4*^ ST^ ^ Sff"

Diäc» gab (ihn) durchaus nicht; der Bittsteller reizte:

Der Bettler verwirrte ihm wiederholt den Kopf.

1) V. caus., eigentlich: tantalisiren; immer und

immer wieder zusetzen.

^ o >

2) j-j' . ist schwer zu übersetzen; wörtlich: auf dem

"I

Gesicht oder im Gesicht; der Bettler machte ihm wiederholt den

Kopf schwindelig im Gesichte, i. e. so dass man es auf seinem

Gesichte ablesen konnte, dass er nicht wusste, was er denn

eigentlich thun sollte.

> O- ü ^

3) (jmoäJ* von yf^, Part. Perf. Pass, geschlagen, von

y^fjtS^; das Suffix (jm , ihm oder ihn (Dativ oder Accus.), muss

,^0^0^»^

auf j (^"^ zurückbezogen werden =: ^^i^Juo JjUJO ji» (jÄ«, sein

Kopf wurde verwirrt durch den Bettler. Die Pronominal-Suffixe

(mit Ausnahme der Instrumental-Suffixe) können sich an ein be¬

liebiges Wort im Sindhi anhängen; gerade wie im Neupersisc^n.

II" ■

* jJJ^ 15^4^ ji^Äx ^\ ^jjJ^

o - >^ 2 . ^ - *^ "' si ^ ^

jtU^ 1^ trf

jji^ i ^[,^14 (S^;

3*^ - p^.- o —o--> '' *

••• ^^i/^^ is^^^ i^*^y 3*^7*^ "j^^

In die Palläste kam der Bettler mit Instrument und Leier,

In seinem Gesang ist der Schrei um den Kopf, wild stierend

verlangt er (ihn).

Ohne den Kopf des Schönen weicht der Barde nicht.

Das alte Schloss wird in Trümmer fallen, Dunkelheit wird auf

dem Fenster lagern.

(40)

284 Trumpp, eine Sindhi-Sprachprobe.

• ^ f

1) yd^yuj, m., eine Art Violin oder Geige. Der Diciiler

>. -

wechselt oft den Nainen des Instruments; ^Lw ist überhaupt ein

musikalisches Instrument, und als solches ein häufiger Lücken¬

büsser.

' -' ^ .

2) 1,^^^ '> einen stieren Blick umherwerfen; ^^i© ist

das verbindende Particip des Praeteritums : einen stieren Blick

herumgeworfen habend verlangt er ihn, i. e. den Kopf.

>

3) Syy^s»-, s. m., ein kleines vergittertes Fenster, wie

man sie in Sindh hat, das nur wenig Helle zulässt, und mehr

znm Ventiliren der Zimmer als zu deren Erhellung dient.

\f

* 'Sj^ 15^4^ j-i^Äx) ^1 (^^.^is"

LL

^S/f -^''^ "^^^ cft lHt^ ^sf^ ®y ij^t^

t5/^ "^y^ (5f ^ ^r,LLLl ^j^' 3^^^

■•■ "^i/^ isi*-«^ (5?^- *s?jr^ -*jp*'-^^4='

Der Bettler hub sein Instrument auf und kam zu den Palästen.

Die Saite schlug auf der Guitarre, das Schloss fiel ein.

Auf allen Seiten entstund ein Lärm, schrill tönte das Klagen

des Bijalu;

Der Wackere hat von dem Sultau den Hals verlangt,

üas alte Schloss ist in Trümmer gefallen, und Dunkelheit auf

das Fenster.

1) {Syn (5^4^» beides sind verbindende Participien des

Praeteritums; man muss so construiren: das Instrument aufge-

gehoben habend (^^ jg^••' ^i-*) > sich forlbewegt habend (^5<-»*>

i^y) kam er ctc.

5 0^

2) Lo ^jjJ^iiJJi, Localiv plur. von JßtXÄ», Platz uud

, ' I

0°Lo, Ort; an allen Orten.

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