Zoom auf: Fachkräfte
Zoom
Ausgabe 2, Juni 2017 Seite 01
Die Förderung von Kindern ist eine anspruchsvolle Tätigkeit. Die pädagogischen Fachkräfte im Kita Alltag benötigen hierfür zahlreiche Kompetenzen. Qualifizierte Fachkräfte sind eine wichtige Voraussetzung für gute Qualität in der Kindertagesbetreuung. Gleichzeitig steigen die Anforderungen.
Diese Ausgabe von „Kindertagesbetreuung: Zoom“ beleuchtet die aktuelle Situation der Fachkräfte.
Interview mit Prof. Dr. Bernhard Kalicki, Leiter der Abteilung Kinder und Kinderbetreuung des Deutschen Jugendinstituts
„Wer Kinder fördern und Familien unterstützen will, muss die Fachkräfte in
unseren Kitas stärken.“
Was sind aktuell die größten Herausforderungen für die Arbeit von pädagogischen Fachkräften?
Für viele Teams ist der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur für die Ein- und Zweijährigen eine Herausfor- derung, denn die Kitas müssen ihre pädagogische Konzeption und die Ausstattung an die Betreuung der Jüngsten anpassen. Dabei ist dieser Ausbau keineswegs abgeschlossen, da die elterlichen Betreuungs- bedarfe weiter steigen.
Eine grundsätzliche Herausforderung ist der fachliche Anspruch: Kinder profitieren enorm von einem intensiven Austausch, einer Spiel- und Lernbegleitung durch die erwachsene Bezugsperson. Dies im Kita Alltag umzusetzen, erfordert Ehrgeiz und Energie. Wer also Kinder in ihrer Entwicklung fördern und Familien unterstützen will, muss die Fachkräfte in unseren Kitas stärken.
Welche Rahmenbedingungen können dazu beitragen, dass die Fachkräfte gut mit diesen Herausforderungen umgehen können?
Eine Grundvoraussetzung für gute pädagogische Prozessqualität ist ein vernünftiges Verhältnis von Fachkraft und Anzahl der betreuten Kinder. Eine ungünstige Fachkraft-Kind-Relation bedeutet für die Fachkräfte eine immense berufliche Belastung und für die Kinder eine schlechtere pädagogische Qualität.
Während wir in den vergangenen fünfzehn Jahren die Erwartungen an die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung kontinuierlich hochgeschraubt haben, ist es nun an der Zeit, die nötigen personellen Ressourcen bereitzustellen.
Eine gute Ausbildung, Weiterbildungsmöglichkeiten, berufliche Entwicklungsperspektiven und eine angemessene Vergütung sind weitere Rahmenbedingungen, die die Tätigkeit in der Kindertagesbetreuung attraktiv machen. Wichtig vor Ort ist schließlich ein gutes Betriebsklima, das durch eine kompetente Leitung und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Familien gestützt wird.
Wer arbeitet in Kitas?
Alter der pädagogischen Fachkräfte1
2016 waren
570.663
Personenals pädagogische Fachkräfte in Kitas beschäftigt, 2006 waren es noch
352.277
Personen.¹Mindestens
13 %
derFachkräfte haben einen Migrationshintergrund.²
1 Diese Zahlen umfassen jeweils das gesamte pädagogische Personal in Kindertageseinrichtungen und schließen alle Berufsabschlüsse ein.
Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe. Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege 2006 und 2016; Berechnungen der Dortmunder Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik.
2 Ein Migrationshintergrund liegt vor, wenn die Person selbst oder mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde.
55 Jahre und älter Jünger als 25 Jahre 25 bis unter 45 Jahre 45 bis unter 55 Jahre 12 %
24 % 47 %
17 %
Geschlecht der Fachkräfte1
der Fachkräfte sind weiblich
Im Mittel sind pädagogische Fachkräfte lange im Beruf tätig, es ist jedoch eine deutliche Veränderung in den Berufsbiografien festzustellen. Pädagogische Fachkraft ist kein „Lebensberuf“ mehr.
Ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben oft über Jahrzehnte dem Berufsfeld und nicht selten einer Kindertageseinrichtung treu.
Hingegen scheint die Tätigkeit als pädagogische Fachkraft für die Jüngeren heute häufiger eine von mehreren Stationen im Berufsleben zu sein. Fluktuation und personelle Veränderungen sind zwar mit neuen Anregungen und Impulsen für die Kita-Teams verbunden. Die geringere personelle Stabilität bringt jedoch auch Herausforderungen für Kitas und Träger mit sich.
Katja Grenner, Pädagogische Geschäftsleiterin
Kindergärten City, Eigenbetrieb von Berlin
Im Durchschnitt arbeiten die pädagogischen Fachkräfte
seit 14 Jahren
im Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung.
95 %
Welche Qualifikation haben Fachkräfte?
FAZIT
Die Zahl der pädagogischen Fachkräfte ist in den letzten zehn Jahren stark angestiegen.
Der Großteil der Fachkräfte hat einen Fachschulabschluss. Viele von ihnen verfügen zudem über eine Zusatzqualifikation im Bereich Sprachbildung oder -förderung.
Die pädagogischen Fachkräfte sind im Mittel schon lange in der Kindertagesbetreuung tätig.
In
75 %
der Kitas arbeiten Fachkräfte mit speziellen Zusatzqualifikationen.
Diese Zusatzqualifikationen haben Fachkräfte am häufigsten
36 % 31 % 27 %
Fachkraft mit spezifischer Qualifikation für alltagsintegrierte sprachliche Bildung
Fachkraft mit spezifischer Qualifikation für die Integration von Kindern mit (drohender) Behinderung
Fachkraft mit spezifischer Qualifikation für die Durchführung zusätzlicher spezifischer Sprachfördermaßnahmen
Diese Ausbildung haben Fachkräfte1
Sonstiges
(Einschlägiger) Hochschulabschluss (Einschlägiger) Fachschulabschluss (Einschlägiger) Berufsfachschulabschluss 5
%
70 % 13 %
12 %
In
3
unterschiedlichen Kitas waren die pädagogischen Fachkräfte im Durchschnittbereits beschäftigt.
Fortbildung
Die fünf häufigsten Themen, zu denen Fachkräfte in den letzten zwölf Monaten Fortbildungen besucht haben
FAZIT
Fort- und Weiterbildungen sind in der Mehrheit der Einrichtungen verpflichtend, über ein Drittel der Träger stellt den Fachkräften in ihren Kitas dafür eine feste Anzahl von Tagen zur Verfügung.
Zu den Themen „Sprache“, „Zusammenarbeit mit Eltern“ und „Dokumentation“ haben viele Fachkräfte bereits Fortbildungen besucht. Darüber hinaus haben die Fachkräfte aber auch noch weiteren Fortbildungsbedarf, v. a. zum Thema Sprache.
Eine feste Anzahl von bezahlten Tagen für Fort- und
Weiterbildung stellen
44 %
der Träger den Fachkräften in ihren Kitas zurVerfügung. Durchschnittlich sind das
4
Tage pro Jahr.77 %
der Träger gabenan, dass in ihren Kitas regelmäßige Fortbildungen
für die pädagogischen Fachkräfte verpflichtend sind.
58 %
der Kita-Leitungenwünschen sich von der Fachberatung Unterstützung bei der Information, Planung
und Durchführung von Fort- und Weiterbildungen.
34 % 28 % 24 %
Beobachtung und Dokumentation
Sprachentwicklung und Sprachentwicklungsstörungen/
Sprachentwicklungsverzögerungen
Zusammenarbeit mit Eltern
Alltagsintegrierte sprachliche Bildung
Kollegiale Fallberatung und Supervision
22 % 20 %
Die fünf häufigsten Themen, zu denen Fachkräfte gerne eine Fortbildung besuchen möchten
Sprachentwicklung und Sprach-
entwicklungsstörungen/-verzögerungen 89 %
Umgang mit Mehrsprachigkeit
im Kita Alltag 74 %
Alltagsintegrierte sprachliche Bildung Spezifische Sprachförderung von Kindern
mit besonderem Sprachförderbedarf
85 %
82 %
Beobachtung und Dokumentation 78 %
Mediennutzung
So nutzen Fachkräfte Medien für die pädagogische Arbeit
FAZIT
Die Mehrheit der Fachkräfte ist daran interessiert, digitale Medien in ihrer
pädagogischen Arbeit einzusetzen. Allerdings schätzen relativ wenige Fachkräfte die eigenen Kompetenzen als hoch ein.
In der direkten pädagogischen Arbeit kommen bislang vor allem Digitalkameras für Fotos und Videoaufnahmen zum Einsatz.
53 %
der Fachkräfte sind daran interessiert, digitale Medien
in ihrer pädagogischen Arbeit einzusetzen.
43 %
der Fachkräfte schätzen ihre Erfahrungen und Kenntnisse im Einsatz digitaler Medien in ihrer
pädagogischen Tätigkeit als (eher) hoch ein.
50 %
fühlen sich beim Einsatz digitaler Medien in der
pädagogischen Arbeit sicher.
Direkte Arbeit
mit Kindern Beobachtung und
Dokumentation Elternarbeit Teambesprechungen
Digitalkamera (Fotos) Digitalkamera (Videos)
Digitaler Bilderrahmen Digitale Audiorecorder
PC Tablet-PCs 91
37
27 25 20
5
In Prozent
87
41
18 3
72
8
70
31 36
4 74
7
36 23
5 3 81
10
Eva Schüler, Leiterin Kindergarten
Ackerstraße 60, Eigenbetrieb von Berlin
Wenn wir davon sprechen, dass Kitas Bildungseinrichtungen sind, dann sollten auch Medien nicht außen vor bleiben. Projekte beschreiben und visualisieren, Ziele und Methoden präsentieren, Beobachtungen dokumentieren, das alles sind wichtige Bestandteile unserer pädagogischen Arbeit. Wenn wir das professionell darstellen möchten, müssen wir wegkommen von der handgeschriebenen Dokumentation, von den vielen kleinen Zetteln. Bei den vielen unterschiedlichen Sprachen, die in den Kitas gesprochen werden, ist der Einsatz von digitalen Medien eine wichtige Form der Dokumentation. Hier bestätigt sich die Aussage: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“
Zufriedenheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf
FAZIT
Vor allem durch flexible Regelungen bei der Arbeitszeit und der Urlaubsplanung unterstützen Träger die Vereinbarkeit von Familie und Beruf der pädagogischen Fachkräfte.
An ihrer Tätigkeit schätzen die Fachkräfte insbesondere, dass sie eigene Ideen einbringen können und das Arbeitsverhältnis sicher ist. Körperliche Belastung und ein zu geringes Einkommen führen hingegen zu Unzufriedenheit.
Diese Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bieten Träger den Fachkräften an
Möglichkeit, Kinder kurzfristig mit in die eigene Einrichtung zu bringen
Vorrang von Eltern bei der Urlaubsplanung
Flexible Arbeitszeitregelungen
69 % 67 % 63 %
In diesen Bereichen sind Fachkräfte zufrieden
95 % 90 % 90 %
Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen
Sicherheit des Arbeitsverhältnisses
Betriebsklima
In diesen Bereichen sind Fachkräfte weniger zufrieden
64 % 63 % 57 %
Körperliche Belastung Höhe des Einkommens
Anerkennung der Tätigkeit in der Gesellschaft
Fachkräftegewinnung
FAZIT
Die Suche nach pädagogischen Fachkräften gestaltet sich für die Mehrheit der Träger eher schwierig. Als Hauptgrund nennen sie den Mangel an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern.
Gründe, warum Träger keine passenden pädagogischen Fachkräfte finden
Insgesamt gibt es zu wenige/keine Bewerber/-innen. 85 %
51 % 30 %
28 % 20 %
Das Wissen und die Handlungskompetenzen der Bewerber/-innen genügten unseren Ansprüchen nicht.
Die Bewerber/-innen weisen nicht die von uns gesuchten Ausbildungsschwerpunkte oder besonderen Zusatz-
qualifikationen etc. auf.
Die Bewerber/-innen haben nur wenig praktische Erfahrung.
Unsere Arbeitsbedingungen entsprachen nicht den Vorstellungen des/der Bewerber/-in.
Wie gestaltet sich die Suche nach pädagogischen Fachkräften für die Träger?
47% 10%
20% 23%
Wir hatten Schwierigkeiten, geeignete pädagogische Fachkräfte zu finden, und suchen weiterhin.
Wir haben in den vergangenen Monaten keine pädagogischen Fachkräfte gesucht.
Wir hatten keine Schwierigkeiten, geeignete pädagogische Fachkräfte zu finden.
Wir hatten Schwierigkeiten, geeignete pädagogische Fachkräfte zu finden, wurden aber fündig.
Katja Grenner, Pädagogische Geschäftsleiterin Kindergärten City, Eigenbetrieb von Berlin
Gute Kitas brauchen gute Fachkräfte. Qualifizierte Fachkräfte zu finden ist eine der dringendsten Herausforderungen im System der Kindertageseinrichtungen. Alle Prognosen und Schätzungen machen deutlich, dass sich die Lage – u. a. durch den weiteren Ausbaubedarf – noch verschärfen wird. Diese Herausforderung kann nur in einer Verantwortungsgemeinschaft aller Akteure gemeistert werden.
Dabei können vielfältigere und schnellere Wege in den Beruf der pädagogischen Fachkraft helfen. Der Quereinstieg aus verwandten Berufen und der Ausbau berufsbegleitender Ausbildungsmodelle sind wichtige Initiativen, die Wirkung zeigen. Gleichzeitig müssen sich alle Verantwortlichen darüber im Klaren sein, dass Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung, die mit einer Absenkung des Qualifikationsniveaus verbunden sind, ein Risiko für die pädagogische Qualität darstellen können.
Herausgeber:
Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Referat Öffentlichkeitsarbeit 11018 Berlin
www.bmfsfj.de
Redaktion & Gestaltung:
Ramboll Management Consulting Stand: Juni 2017
Informationen zur Datengrundlage
Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend führte Ramboll Management Consulting 2016 eine Befragung unter Leitungskräften und pädagogischen Fachkräften durch. Es beteiligten sich 1.379 Leitungskräfte und 2.090 pädagogische Fachkräfte an der Befragung. Befragt wurden außerdem 707 Träger von Kindertageseinrichtungen.