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Archiv "Ein Treffen von 500 Transplantierten: Einmütiges Votum für die Widerspruchslösung" (05.02.1993)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

KURZBERICHT

mit einer medikamentösen Schwan- gerschaftsabbruchmethode verant- wortlich umgehen können. Ebenso wie man in weiterer Zukunft nicht umhinkönnen wird, ihre „Autonomie zu respektieren", wenn sie sich eines für sie verfügbaren Medikamentes zur Regulierung ihrer Fruchtbarkeit bedienen können und werden. Die Schadensvermeidung betrifft die Verantwortung von Ärzten/Ärztin- nen und Forschern/Forscherinnen, durch breite klinische Studien eine Einschätzung von Risiken und Ne- benwirkungen zu ermöglichen.

Wenn die Möglichkeit besteht, daß durch eine medikamentöse Schwan- gerschaftsabbruchmethode der „le- gale" Abbruch mit geringerer Bela- stung, geringeren Nebenwirkungen als durch ein instrumentelles Ver-

Jeder wußte von jedem, daß er mindestens ein Organ eines anderen Menschen in sich trägt, der ihm un- bekannt bleibt und von dem er nicht weiß, ob er das Organ noch zu Leb- zeiten gespendet hat oder ob es ihm erst nach seinem Tod entnommen wurde.

Fast alle Familien hatten das Warten auf die Operation, den Ein- griff selbst und seine Ergebnisse aus nächster Nähe miterlebt, aber sie hielten sich eindrucksvoll zurück, wenn die Transplantierten miteinan- der über ihre gewesene dunkle und

fahren durchgeführt werden kann, so ist es ethisch begründet, daß diese Methode zur Verfügung gestellt wird.

Es wäre nicht gerecht, wenn Frauen in Deutschland und natürlich auch in anderen Staaten RU 486 vor- enthalten wird mit den Argumenten, die aus einer grundsätzlich ideologi- schen Diskussion genommen werden

— und bei einem legalen Abort auf die einzelne Patientin überhaupt nicht zutreffen.

Anschrift der Verfasserin:

Dr. med. Ingeborg Retzlaff Ärztekammer

Schleswig-Holstein Bismarckallee 8-12 W-2360 Bad Segeberg

ihre neue helle Welt sprachen. In den familiären Schicksalsgemein- schaften wurden zwei Gruppen er- kennbar: die der unmittelbar Erlei- denden und die mittelbar Mitleiden- den.

Am deutlichsten zeigte sich der Unterschied zwischen diesen Grup- pen, wenn die Frage anklang, ob das Wissen um ein fremdes Organ im ei- genen Körper die Lebensführung be- einflusse. Angehörige meinten nahe- zu pauschal, sie glaubten das nicht, denn der Patient beziehungsweise die Patientin lebe wieder „wie frü-

her". Betroffene differenzierten schärfer. Auch wenn der eigene Or- ganismus das Transplantat ohne Schwierigkeiten angenommen habe, komme es zeitweilig zu einem mehr oder weniger starken Gefühl von Fremdheit gegenüber den erneuer- ten Organfunktionen. Darauf beru- hende Verunsicherungen ließen sich aber meistens dadurch kompensie- ren, daß man sich das Jetzt und das Vorher mit aller Kraft vor Augen führe.

Auf die ins Politische umfunk- tionierte Weihnachtsfeier wirkten sich solche Nuancen nicht aus. Viel- mehr entwickelte sich in ihrem Rah- men eine entschiedene, durch Ein- mütigkeit beeindruckende Demon- stration für den baldigen Abschluß eines Transplantationsgesetzes, und zwar auf der Basis der Wider- spruchslösung. Der Beifall, mit dem die Transplantierten jedes Plädoyer für diese Lösungsform quittierten, ließ keinen Zweifel daran, daß die Betroffenen von anderen denkbaren Lösungen nichts wissen wollen.

Um Gleichgewicht bemüht, grenzte Professor Land schon in sei- ner Eröffnungsrede die Ansprüche ab, die an ein Transplantationsgesetz gestellt werden: die Patientenver- bände erwarteten in erster Linie eine Zunahme der Spenderorgane, den Medizinern gehe es vornehmlich um eine gesetzliche Regelung des ge- samten Umfeldes ihres Tätigkeitsbe- reichs. Doch die Transplantierten sa- hen darin keine ernsthafte Alternati- ve. Allein Lands Hinweise darauf, daß das mittlerweile etablierte Be- handlungsverfahren Organtrans- plantation wegen eklatanten Organ- mangels nur wenigen Kranken ange- boten werden könne, daß die Warte- zeiten länger und länger werden und daß es sich um ein internationales, nirgendwo in der Welt zufriedenstel- lend gelöstes Problem handle, be- stärkte sie in der Überzeugung, daß die Widerspruchslösung allen ande- ren Modellen vorzuziehen sei.

Dementsprechend fielen die Be- kundungen von Zustimmung und Mißfallen aus, als das Podium ver- suchte, das Thema unter verschie- densten Aspekten auszuleuchten.

Daß die bayerische Staatsregierung dabei ungewöhnlich schlecht ab-

Ein Treffen von 500 Transplantierten

Einmütiges Votum

für die Widerspruchslösung

Wie jedes Jahr hatte der Chef des Transplantationszentrums im Münchner Universitätsklinikum Großhadern, Professor Dr. Walter Land, zu einer Weihnachtsfeier eingeladen. Es kamen auch mehr als 500 seiner Schutzbefohlenen nach Planegg bei München, wo sie ei- nen der größten Säle füllten. Doch dieser „Feier" fehlte jedes Attribut von Weihnachtlichkeit: kein Christbaum, kein Kerzenschimmer, kein Nikolaus oder Weihnachtsmann, keine kleinen Geschenke. Stattdes- sen an der Stirnseite ein langer Tisch mit enggestellten Stühlen hinter Namensschildern von Diskussionsteilnehmern — ganz wie bei wis- senschaftlichen Symposien oder politischen Meetings. Trotzdem ent- sprach das urfestliche, nüchterne Szenario exakt dem Zweck dieser Veranstaltung. Denn es ging um das künftige Transplantationsgesetz.

A1-256 (36) Dt. Ärztebl. 90, Heft 5, 5. Februar 1993

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Tumornachsorge: Psychosoziales Versorgungsangebot „kommt an"

schnitt, hatte sie sich selbst zuzu- schreiben. Ihr Abgesandter, ein ho- her Beamter aus dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, mußte sich anhören, daß Bayern sich in der Runde der Länderminister bezüglich der zweckdienlichsten Methode über alle Beschlüsse der Landeslegislative hinweggesetzt habe. Er mußte sich auch vorhalten lassen, es sei sicher sinnvoller, die anderen Bundeslän- der von der Richtigkeit der Münch- ner parlamentarischen Beschlüsse zu überzeugen, statt widerstandslos An- passung zu praktizieren.

Schließlich beruhe die Entschei- dung von Landtag und Senat, zur bundeseinheitlichen Lösung von Or- ganspenden und Organtransplanta- tion „auf der Grundlage der Wider- spruchslösung beizutragen", auf Er- fahrung und Praxis der betroffenen Kranken, deren Urteil gewiß sicherer sei als das nicht betroffener Theore- tiker. Ein Sprecher der sozialdemo- kratischen Landtagsopposition er- klärte dazu, er habe wegen der Miß- achtung demokratischer Grundre- geln „eine Mordswut im Bauch", und fragte, ob die Situation der Organ- transplantation in anderen Bundes- ländern wirklich so anders sein kön- ne, daß die Widerspruchslösung als Grundlage einer gesetzlichen Rege- lung keine Chance hat.

Mit der Mutmaßung, die soge- nannte Informationslösung könnte, wie das Beispiel Frankreichs zeige, vielleicht doch eine „verkappte Wi- derspruchslösung" sein, mit der man dann durchaus arbeiten könne, heiz- te Prof. Land die Diskussion noch an. Am Votum der Transplantierten für die Widerspruchslösung konnte er damit zwar nichts ändern, aber er fand immerhin Zustimmung zu sei- nem Appell, vorhandene Bereit- schaft zur Organspende zu nutzen, sie aber nicht zu beeinflussen, um Bedenken und Mißtrauen abzu- bauen.

Unbestritten blieben am Ende des Treffens zwei von der aktuellen Situation unabhängige Gesichts- punkte: daß die Organspende letzt- lich ein Akt der christlichen Näch- stenliebe sei und daß die Transplan- tation nicht Siechtum verlängern, sondern neues Leben schaffen solle.

Kurt Gelsner

Mehr als die Hälfte aller in ei- nem Modellversuch befragten Tu- morpatienten halten ärztlich angelei- tete psychosoziale Betreuungsange- bote nach Abschluß der Erstbehand- lung für „wichtig". Dabei stehen aus der Sicht der onkologischen Patien- ten im wesentlichen die allgemeine körperliche und psychische Kräfti- gung und Erholung im Vordergrund, zumindest weit vor speziellen Ziel- vorstellungen wie etwa der Wieder- herstellung der beruflichen Lei- stungsfähigkeit zur Reintegration in das Arbeits- und Berufsleben.

Allerdings scheint es schwierig zu sein, die therapeutische Effektivi- tät und Effizienz der angebotenen psychosozialen Maßnahmen exakt zu beurteilen. In der Regel unterschei- den sich die Versorgung und Nach- sorge von Krebspatienten deutlich von Rehabilitationsmaßnahmen nach anderen Erkrankungen. Des- halb wird die stationäre onkologi- sche Rehabilitation bislang nur un- zureichend und oftmals unzutref- fend unter dem Begriff „Kur" subsu- miert. Zu diesen Feststellungen ge- langt Prof. Dr. med. Rudolf Schröck, Ärztlicher Direktor der Paracelsus- Klinik, Scheidegg/Allgäu, im Rah- men der Evaluation eines von ihm geleiteten Modellversuchs und einer repräsentativen Befragung von Pa- tienten mit Krebserkrankungen. Sei- ne Ergebnisse sind jetzt unter dem Titel „Psychosoziale Maßnahmen während stationärer onkologischer Rehabilitation: Indikationsstellung, Inanspruchnahme, Wirkungen" zu- sammengefaßt worden.

Eine Bewertung nach einem vor- gegebenen Fragenraster, bei dem 12 persönliche Nachsorgeziele seitens der Patienten ausgewählt werden, konnten, kommt zu folgenden Er- gebnissen:

Sich körperlich und seelisch zu erholen, ist für mehr als 97 Prozent der Patienten „relativ bis sehr wich- tig". Spezifische Nachsorgeziele — Aufklärung und Information über die Erkrankung, Hilfen zur Lebens- veränderung, Auseinandersetzung

mit der Krankheit, Wiederherstel- lung der beruflichen Leistungsfähig- keit — sind für mindestens 83 Pro- zent der Patienten/Patientinnen „re- lativ bis sehr wichtig".

Gymnastische Ubungen, Massa- gen, Bäder und die ärztliche Betreu- ung werden als die wichtigsten Ele- mente des Behandlungsprogramms der Reha-Klinik erachtet (über 95 Prozent). Sportliche Freizeitangebo- te, Informationsvorträge und Unter- haltungsmöglichkeiten sind für rund 80 Prozent der Patienten/Patientin- nen „relativ bis sehr wichtig". Offene Gruppengespräche zu krankheitsbe- zogenen Themen mit dem Abtei- lungsarzt halten 77 Prozent für wich- tig. Spezifische Elemente des psy- chosozialen Behandlungsprogramms

— autogenes Training, Streßbewälti- gung, sozialpädagogische Beratung, psychologische Einzelgespräche u.a.

— sind für zumindest gut die Hälfte der Patienten/Patientinnen „relativ bis sehr wichtig".

Häufigste Belastung:

Angstgefühle

Nicht zu verdrängende und zu bewältigende Angstgefühle stellen für die Patienten und Patientinnen die häufigsten Belastungen dar: Die Angst, daß Krebs wieder auftreten könnte, und damit zusammenhän- gend die Befürchtung, Krebsanzei- chen zu entdecken; die Angst, durch die Krankheit hilflos zu werden, nicht für die Familie da sein zu kön- nen oder zu früh zu sterben.

Belastend für die Erkrankten ist auch, geringere Ausdauer und redu- zierte Leistungsfähigkeit zu erleben.

Im Rahmen der Modellstudie wurde festgestellt, daß 38 Prozent der Krebserkrankten nach ärztlicher Einschätzung psychologisch behand- lungsbedürftig sind.

75 Prozent der Patienten/Patien- tinnen, für die eine sozialpädagogi- sche Beratung indiziert ist, nehmen diese in Anspruch. Ebenso hoch liegt die Inanspruchnahme des autogenen Trainings. Psychologische Einzelge- Dt. Ärztebl. 90, Heft 5, 5. Februar 1993 (39) A1-259

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