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Archiv "Budgetierungpolitik: Anreize statt Sanktionen" (02.03.2001)

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ie Zeichen mehren sich: Ulla Schmidt (SPD) ist ernsthaft um ei- ne Annäherung der Standpunkte bemüht. Bereits beim Neujahrsemp- fang der Ärzteschaft Ende Januar in Berlin hatte die Bundesgesundheitsmi- nisterin ihre Bereitschaft signalisiert, über die Abschaffung der Budgets mit sich reden zu lassen. Warum die neue Ministerin den strengen Kurs ihrer Vor- gängerin Andrea Fischer für korrektur- bedürftig hält, erklärte sie jetzt im Deutschen Bundestag. Anlass war die Einbringung eines Gesetzentwurfs der CDU/CSU, der dasselbe Ziel verfolgt.

„Zielkonformes Handeln“, sagte Ul- la Schmidt, „lässt sich am ehesten durch positive Anreize statt durch Sanktionen erreichen.“ Schmidt bestätigt damit die Erfahrungen der letzten Jahre, die Andrea Fischer bis zuletzt ignoriert hatte: „Vor allem bei der Kollektivhaf- tung des Arzneimittelbudgets liegen die negativen Wirkungen auf der Hand. Ich kann lebhaft nachvollziehen, dass eine drohende Mithaftung von Ärztinnen und Ärzten, die selbst keine oder wirt- schaftliche Arzneimittel verordnen, kaum zu vermitteln ist. Ich habe Ver- ständnis für negative psychologische Wirkungen, bei denen sich eine Ärztin oder ein Arzt stets fremdbestimmt fühlt und sich fragt: Wieso muss ich eigent- lich für die Kolleginnen und Kollegen geradestehen, die nicht wirtschaftlich und sparsam verordnen?“

Mit dieser Einsicht dürfte das Ende der strikten Budgetierung eingeläutet sein. Allerdings kann es sich Schmidt kaum erlauben, die Ausgabenentwick- lung freizugeben. Stattdessen setzt die Ministerin auf die Bereitschaft der Ärz- te, Verantwortung auch für die „finanzi- elle Seite des Gesundheitssystems“ zu übernehmen. Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung (KBV) traf dieses An-

gebot keineswegs unvorbereitet. Sie hat ihr Konzept zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets in Form eines Eckpunktepapiers bereits vorgelegt.

Die KBV schlägt neu strukturierte Richtgrößenprüfungen vor, deren Aus- gangspunkt die medizinische Notwen- digkeit und damit die Orientierung am Versorgungsbedarf der Patienten ist.

Das deckt sich grundsätzlich mit den Vorstellungen der Bundesgesundheits- ministerin. Sie sagt: „Für mich ist das Wohl der Patientinnen und Patienten der Maßstab, an dem ich meine Ent- scheidungen ausrichten werde.“ Wenn Ulla Schmidt mit Blick auf die Ärzte

„positive Anreize statt Sanktionen“ for- dert, müsste dies mit dem Leitgedanken der KBV in Einklang zu bringen sein, der die Beratung vor den Regress setzt.

Auf diesem Prinzip basiert das mehrstu- fige Konzept zur Ablösung der Budgets.

Datenmanagement soll mehr Transparenz bringen

Am Anfang steht jedoch eine Verbesse- rung der Datenlage. Bislang ist es den Krankenkassen nicht gelungen, die re- levanten Verordnungsdaten zeitnah zu liefern. Die KBV fordert deshalb ein neues Datenmanagement, mit dessen Hilfe das Verordnungsgeschehen und die Versorgungssituation transparenter gemacht werden kann – bis hinein in die Arztpraxen.

Die daraus gewonnenen Erkenntnis- se sollen zu gemeinsamen Zielvereinba- rungen mit den Krankenkassen führen.

Das sind einerseits kollektive Verträge zur Weiterentwicklung der Arzneimit- telversorgung in den Kassenärztlichen Vereinigungen, andererseits individuelle Zielvereinbarungen für das Verord- nungsverhalten des einzelnen Arztes.

Die besondere Aufmerksamkeit gilt da- bei Vereinbarungen zur Behandlung chronischer Erkrankungen in der Regel- versorgung (beispielsweise Hochdruck) und schwerer Erkrankungen wie Aids.

Aus den bereits bestehenden Richt- größenvereinbarungen will die KBV mit den Krankenkassen ein morbiditäts- bezogenes Richtgrößenkonzept in zwei Stufen entwickeln. Zunächst sollen Li- sten erstellt werden, die unabweislich verordnungsfähige Wirkstoffe benen- nen und zudem die Indikationsgebiete aufführen, bei denen im Hinblick auf die Arzneimittelversorgung regelmäßig von Praxisbesonderheiten ausgegangen wer- den kann. Damit wäre der anerkannte medizinische Versorgungsbedarf defi- niert. Die zweite Stufe des Konzepts sieht die Entwicklung qualitativer ver- sorgungsorientierter Richtgrößen, eine leitliniengestützte Verordnung sowie Strukturverträge mit Therapiezielen vor.

Künftig soll die Fortschreibung des Versorgungsbedarfs Zahl und Alters- struktur der Versicherten ebenso berück- sichtigen wie eventuelle Veränderungen der Morbiditätsstruktur und die Ent- wicklung der Arzneimittelpreise. Ge- meinsam mit den Krankenkassen will die KBV festlegen, ab welchem Punkt eine Intervention (etwa intensivierte Richt- größenprüfungen) erfolgen soll. Das Konzept sieht auch regelmäßige Arzt- und Patienteninformationen zur wirt- schaftlichen Arzneimittelverordnung vor. Die Informationen müssten aller- dings auf einer rechtlich abgesicherten Basis erfolgen, was in der Vergangen- heit häufig nicht der Fall war. Ausbau- en möchte man zudem die Beratungs- leistungen – vom Qualitätszirkel bis hin zur Individualberatung bei Auffällig- keiten.

Sollten die Vereinbarungen zustande kommen, stehen die Chancen für eine P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 9½½½½2. März 2001 AA503

Budgetierungpolitik

Anreize statt Sanktionen

In die Diskussion um die Ablösung der Arzneimittelbudgets kommt Bewegung. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat

ein morbiditätsorientiertes Richtgrößenkonzept vorgelegt.

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qualitativ gute Arzneimittelversorgung nicht schlecht. Nach Überzeugung der KBV kann ein derartiges Richtgrößen- konzept weitgehend dafür sorgen, dass die Arzneimittelausgaben nicht aus dem Ruder laufen. Allerdings müsste die Bundesregierung dort unterstützend eingreifen, wo die Selbstverwaltung aus eigener Kraft nichts bewirken kann.

Die KBV regt an, die Festbetragsre- gelung durch Festzuschüsse zu erset- zen. Damit sollen künftig rechtliche Auseinandersetzungen vermieden wer- den. In dieselbe Richtung zielt die For- derung an die Bundesregierung, ein- deutige Rechtsgrundlagen für die Defi- nition der Leistungspflicht in den Arz- neimittel-Richtlinien zu schaffen. Die Mehrwertsteuer soll auf europäisches Niveau gesenkt werden; neue Medika- mente sollen nur noch dann zugelassen werden, wenn sie einen therapeuti- schen Zusatznutzen aufweisen können.

Härtefallregelung ufert aus

Zu den notwendigen Rahmenbedingun- gen zählt nach Auffassung der KBV fer- ner die Überprüfung der Distributions- kosten von Arzneimitteln. Die Preisbil- dung patentgeschützter Medikamente müsse den Finanzierungsmöglichkeiten der Krankenkassen angepasst werden.

Ein weiteres Problem sieht die KBV in der ausufernden Härtefallregelung.

Inzwischen sind mehr als 50 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten von der Zuzahlung zu Arzneimitteln befreit. Die Krankenkassen verzichten damit auf be- trächtliche Einnahmen zulasten des Arzneimittelbudgets.

Die Bundesgesundheitsministerin wird die Vorschläge prüfen. Sie hat be- reits Gespräche mit den Krankenkas- sen und Vertretern der pharmazeuti- schen Industrie angekündigt. Derweil ist der Gesetzentwurf der CDU/CSU zur Beratung an den Gesundheitsaus- schuss überwiesen worden. Bei der De- batte im Bundestag kritisierte Schmidt, dass sich dieser Unionsantrag „nur mit bestimmten Ausschnitten der Arznei- mittelversorgung und der Honorarsi- tuation der Ärztinnen und Ärzte“ be- schäftige. Dies könne aber das von ihr angestrebte Gesamtkonzept nicht er-

setzen. Josef Maus

P O L I T I K

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A504 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 9½½½½2. März 2001

Allgemeinmedizin

Das Ziel

rückt näher

Das Förderprogramm zur Weiterbildung künftiger Hausärzte ist bis 2003 vertraglich abgesichert.

B

ereits seit 1999 beteiligen sich Krankenkassen und Kassenärztli- che Vereinigungen an der finanzi- ellen Förderung allgemeinmedizini- scher Weiterbildungsstellen. „Ziel ist, dass ab dem Jahr 2006 der Facharzt für Allgemeinmedizin Träger der haus- ärztlichen Versorgung ist“, begründet Dr. med. Andreas Köhler, stellvertre- tender Hauptgeschäftsführer der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung, das Engagement. Um die Allgemeinmedi- zin aufzuwerten und den künftigen Hausarzt auf seine Rolle als Koordina- tor der Patienten vorzubereiten, hatte der 99. Deutsche Ärztetag 1996 die Verlängerung der Weiterbildungszeit von drei auf fünf Jahre beschlossen.

Mit dem Initiativprogramm zur Si- cherstellung der allgemeinmedizini- schen Versorgung wollte man gewähr- leisten, dass für die verlängerte Wei- terbildung genügend Stellen zur Verfü- gung stehen.

Das Programm war zunächst auf zwei Jahre befristet. Das Gesundheits- reformgesetz, das am 1. Januar letzten Jahres in Kraft trat, sah jedoch vor, dass die Krankenkassen sich über das Jahr 2000 hinaus an der Finanzierung allge- meinmedizinischer Weiterbildungsstel- len beteiligen. Inzwischen haben sich die Vertragspartner, die Spitzenver- bände der gesetzlichen Krankenkas- sen, die Kassenärztliche Bundesverei- nigung (KBV) und die Deutsche Kran- kenhausgesellschaft, auf eine An- schlussregelung geeinigt. Sie wurde zum 1. Januar wirksam und ist bis zum 31. Dezember 2003 befristet.

Die Krankenkassen haben mit der KBV erneut vereinbart, allgemein-

medizinische Weiterbildungsstellen je- weils paritätisch mit höchstens 2 000 DM monatlich zu fördern. In diesem Jahr sollen im ambulanten Bereich wiederum 3 000 Stellen gefördert wer- den. Die Förderkontingente für 2002 und 2003 stehen noch nicht fest. För- dermittel werden jeweils auf Antrag der zur Weiterbildung befugten Praxis- inhaber gewährt. Die Weiterbildungs- assistenten müssen sich ihrerseits ver- pflichten, den Weiterbildungsabschnitt als Teil ihrer Weiterbildung in Allge- meinmedizin zu nutzen. Auf diese Weise will man verhindern, dass För- dergelder zweckentfremdet eingesetzt werden.

Weiterbildungsabschnitte, die in- nerhalb der alten dreijährigen Wei- terbildung geleistet werden, sind nur förderungsfähig, wenn die Weiterbil- dung bis zum 31. Dezember dieses Jah- res abgeschlossen wird. Diese Rege- lung ist auf Kritik des Berufsverbandes der Allgemeinärzte Deutschlands ge- stoßen. Der Verband räumte zwar ein, dass es sinnvoll sei, die Fördergelder langfristig an Weiterbildungsassisten- ten zu vergeben, die die verlängerte Weiterbildung absolvieren. Es sei je- doch eine praktikable Übergangszeit notwendig, um auch diejenigen för- dern zu können, die ihre Weiterbil- dung vor In-Kraft-Treten der Novelle begonnen hätten.

Besserer Zuspruch in Praxen

Im ambulanten Bereich verläuft das Programm bislang erfolgversprechend.

Zwar liegen für das letzte Jahr noch keine exakten Zahlen vor. Die KBV schätzt aber, dass das Förderkontin- gent in fast allen KVen ausgeschöpft wurde. Ein anderes Bild bieten die Krankenhäuser. Dort wurde im letzten Jahr nur gut die Hälfte der Förderstel- len besetzt.

Dennoch sollen dem Anschlussver- trag zufolge bis 2003 jährlich weitere 3 000 Stellen gefördert werden. Mit 2 000 DM monatlich bezuschussen die Krankenkassen bestehende Stellen, die in Stellen für die Weiterbildung in Allgemeinmedizin umgewandelt wur-

den. Heike Korzilius

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