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Archiv "Gesundheitstelematik: Anreize und Sanktionen per Gesetz" (23.01.2015)

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Deutsches Ärzteblatt

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Heft 4

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23. Januar 2015 A 115 GESUNDHEITSTELEMATIK

Anreize und Sanktionen per Gesetz

Mit dem geplanten E-Health-Gesetz, das Anfang 2016 in Kraft treten soll, will die Bundesregierung die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorantreiben. Vorgesehen sind Belohnungen für Ärzte, die den elektronischen Datenaustausch unterstützen, und Strafen für Verweigerer.

V

ernetzung, Telemedizin, neue Therapien und Datenschutz – das ist die digitale Revolution im Gesundheitswesen. Wer sich die- sem Schritt aus Eigennutz verwei- gert, schadet dem Gemeinwohl. Da- rum enthält das ,E-Health-Gesetz‘, das wir jetzt auf den Weg bringen, einen einfachen Grundsatz: Wer blockiert, zahlt“, schrieb Bundesge- sundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) in einem Gastbeitrag für die FAZ (13. Januar). Der mit Span- nung erwartete Referentenentwurf für das sogenannte E-Health-Ge- setz (Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesund heitswesen) liegt seit letzter Woche vor und setzt nun um, was Gröhe angekündigt hat: Erst- mals sieht der Gesetzgeber nicht nur konkrete Fristen für Vernetzung und elektronische Anwendungen vor, sondern auch Sanktionen, wenn Zeitpläne nicht eingehalten werden. Erklärtes Ziel des Minis- ters ist es, bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens das Tempo zu beschleunigen und Blockaden zu erschweren.

Bereits bis zum 30. Juni 2016 soll danach die Telematikinfra- struktur (TI) für Arztpraxen, Kranken häuser und gesetzliche Krankenkassen so weit sein, dass der Versichertenstammdatendienst (VSDD) – die Onlineprüfung und -aktua lisierung der Stammdaten mittels elektronischer Gesundheits- karte (eGK) – bundesweit möglich ist. Hält die für die Umsetzung ver- antwortliche Betriebsgesellschaft Gematik diesen Termin nicht ein, wird ihren öffentlich-rechtlichen Gesellschaftern (GKV-Spitzenver- band und Kassenärztliche Bundes- vereinigungen) ab 2017 der Haus- halt auf das Niveau des Jahres 2014 eingefroren und zusätzlich um ein Prozent gekürzt.

Auch die Ärzte werden beim VSDD sanktionsbewehrt in die Pflicht genommen: Ärzten, die sich nicht vernetzen wollen und das Stammdatenmanagement in ihrer Praxis verweigern, droht nach einer Übergangsfrist ab dem 1. Juli 2018 eine pauschale Kürzung der Vergü- tung vertragsärztlicher Leistungen um ein Prozent.

Pauschale für Arztbriefe Gleichzeitig will die Bundesregie- rung Ärzte belohnen, die den elek- tronischen Datenaustausch unter- stützen. So sollen Ärzte und Kran- kenhäuser für den elektronischen Entlassbrief als Anschubfinanzie- rung für zwei Jahre – vom 1. Juli 2016 bis zum 30. Juni 2018 – eine gesetzlich festgelegte Vergütung er- halten. Diese beträgt ein Euro für

Kranken häuser je voll- und teilsta- tionärem Behandlungsfall und 50 Cent für an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte und Einrichtungen. Für die sichere Übermittlung elektronischer Arzt- briefe erhalten sie zudem für die Jahre 2016 und 2017 eine gesetz- lich festgelegte Pauschale von 55 Cent. Näheres zu Inhalt, Struktur und Abrechnung muss die Kassen- ärztliche Bundesvereinigung (KBV) in einer Richtlinie regeln. Von die- ser Regelung sind die Vertragszahn- ärzte ausgenommen.

Den Einstieg in das Thema Arz- neimitteltherapiesicherheit geht das Gesetz niedrigschwellig an: Versi- cherte, die mindestens fünf verord- nete Arzneimittel einnehmen, ha- ben ab dem 1. Oktober 2016 An- spruch auf einen Medikationsplan zunächst in Papierform durch den Hausarzt. Sobald die TI steht, soll der Medikationsplan auch elektro- nisch über die eGK verfügbar sein.

Für den mit der Erstellung und Pflege des Notfalldatensatzes ver- bundenen Dokumentationsaufwand erhält der Arzt zudem ab dem 1. Ja- nuar 2018 eine Vergütung. Hierfür muss der Bewertungsausschuss den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) anpassen. Hält die Gematik die erforderlichen Fristen für die Erprobung und Umsetzung des Notfalldatensatzes nicht ein, müs- sen die Gesellschafter ab 2018 mit der Kürzung ihres Verwaltungsetats wie schon beim VSDD rechnen.

Darüber hinaus sollen telemedizi- nische Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab ausgebaut und mit Zuschlägen gefördert werden können. So soll der Be wer tungs - ausschuss die Vergütung für teleme- dizinisch erbrachte konsiliarische Befundungen von Röntgenaufnah- men bis zum 1. April 2017 in den EBM aufnehmen.

Nach dem Versi- chertenstammda- tendienst per Ge- sundheitskarte soll die Telematik- infrastruktur viele weitere Anwendun- gen im Gesund- heitswesen ermög- lichen.

Foto: BKK Bundesverband

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23. Januar 2015 Bis Ende 2016 sollen KBV und

GKV-Spitzenverband außerdem prüfen, inwieweit sich in der ver- tragsärztlichen Versorgung papier- gebundene durch elektronische Ver- fahren ersetzen lassen.

Die elektronische Patientenakte und das elektronische Rezept wer- den im Gesetzentwurf nicht er- wähnt. Neu hinzugekommen sind dagegen die Förderung der Inter- operabilitität zwischen den verwen- deten IT-Systemen im Gesundheits- wesen sowie Regelungen zur Si- cherheit der TI (Kasten).

Wer blockiert eigentlich?

Der GKV-Spitzenverband begrüßte die Einführung verbindlicher Fristen:

„Es ist ein gutes Signal, dass die Po- litik den Aufbau einer einheitlichen Telematikinfrastruktur jetzt durch klare Vorgaben und Sanktionen be- fördern will, die sich an alle Akteure wenden“, meinte der Sprecher des Verbandes, Florian Lanz. Positiv zu bewerten sei auch die Klarstellung, dass für die medizinischen und admi- nistrativen Anwendungen künftig nur die von der Gematik geschaffene TI mit ihrem hohen und geprüften Sicherheitsniveau zulässig sei. „Un- sichere und kostenintensive Parallel- systeme soll es in Zukunft nicht mehr geben“, sagte Lanz.

„Klare Fristen und auch die Ein- führung von Sanktionen können diesem wichtigen Projekt einen

neuen Schub geben, um Blockade- haltungen insbesondere bei den Leistungser bringern zu unterbin- den“, meinte die Vorstandsvorsitzen- de des Verbandes der Ersatz kassen (vdek), Ulrike Elsner. „Problema- tisch sind aus Sicht des vdek jedoch die finanziellen Anreize, die das Ge- setz erneut für Ärzte vorsieht: Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb das Einlesen oder der Versand von elek- tronischen Arztbriefen – Tätigkeiten, die ansonsten aufwendig in Papier- form erfolgen müssen – nun extra vergütet werden sollen“, so Elsner.

„Nicht die Ärzte blockieren, son- dern die Krankenkassen“, monierte KBV-Sprecher Dr. Roland Stahl im Hinblick auf die angedrohten Sank- tionen auch für Ärzte. Positiv sei aber, dass mit konkreten Anwen- dungen Mehrwerte für die Anwen- der geschaffen würden. „Ob die Fristsetzungen realistisch sind, müssen wir noch genau analysie- ren“, betonte Stahl. Schließlich müsse die Technik auch akzeptiert werden. Ebenfalls positiv bewertet die KBV, dass das sichere Netz der KVen im Rahmen der Öffnung der TI eingesetzt werden könne.

„Die Öffnung der Telematik - infrastruktur über die gesetzlich genannten Anwendungen hinaus – also für die telemedizinische Patien- tenversorgung – ist vom Ansatz her positiv und war lange überfällig“, erklärte Dr. med. Franz-Joseph Bart-

mann, Vorsitzender des Ausschusses Telematik bei der Bundesärztekam- mer. „Auch der spürbare Wille des Gesetzgebers, nun schnell medizini- sche Anwendungen in der TI anzu- bieten, die die tägliche Arbeit unse- rer Kollegen verbessern können, ist richtig.“ Inwieweit die Anreiz- und Sanktionsmechanismen des Geset- zesentwurfs diesen begrüßenswer- ten Ansatz befördern oder konterka- rieren, sei allerdings noch genauer zu prüfen, meinte Bartmann.

Aus Apothekersicht ist vor allem die vorgesehene Einführung eines Medikationsplans erfreulich. „Ein konsequent geführter Medikations- plan ist eine entscheidende Vorausset- zung für ein systematisches Medika- tionsmanagement, bei dem gefährli- che Wechselwirkungen von Medika- menten verhindert werden können“, sagte Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.

Der Patient kommt nicht vor Deutliche Kritik kam hingegen vom Bundesverband Internetmedizin:

„Das E-Health-Gesetz ist von vor- gestern“. Es lasse den Patienten völ- lig außer Acht und blende die Errun- genschaften der Internetmedizin aus, so der Verband in einer Stellungnah- me. Ähnlich die Bewertung des Un- abhängigen Landeszentrums für Da- tenschutz Schleswig-Holstein: Der Gesetzentwurf adressiere einseitig die wirtschaftlichen Interessen von Ärzteschaft und Krankenhausbetrei- bern und verliere dabei die Patienten mit ihren Bedürfnissen nach Trans- parenz und Vertraulichkeit aus dem Blick.

Aus Sicht des IT-Industriever- bands Bitkom bleibt der Entwurf noch an zu vielen Stellen „hinter den Möglichkeiten zurück“, etwa beim Medikationsplan auf Papier, so der Hauptgeschäftsführer, Dr.

Bernhard Rohleder. Unklar sei, wie ein gemeinsames Gesundheitsnetz geschaffen werden solle, vor dem Hintergrund von Parallelstrukturen, die in der Vergangenheit von Ein- richtungen der Selbstverwaltung aufgebaut worden seien. „Wir brau- chen ein einheitliches Netz für das Gesundheitswesen“, betonte er.

Heike E. Krüger-Brand, Falk Osterloh Struktur und Aufgabenbereich der für den Aufbau

der Telematikinfrastruktur (TI) verantwort lichen Betriebsgesellschaft Gematik werden ausgebaut.

Die Gematik wird dazu verpflichtet, ein elektro- nisches Intero pera bili täts verzeichnis aufzubau- en, das über technische und semantische Stan- dards, Profile und Leitfäden für Gesundheits-IT Auskunft gibt. In einem Portal sollen Informatio- nen über Inhalt, Zweck und Finanzierung von elektronischen Anwendungen im Gesundheitswe- sen, insbesondere von teleme dizinischen Lösun- gen, gesammelt werden.

Die Integration offener Schnittstellen in IT- Systeme im Gesundheitswesen ist nicht als Rechtspflicht, sondern nur als Appell formuliert.

Die TI soll auch für weitere Anwendungen oh- ne Einsatz der Gesundheitskarte und für weitere

Leistungserbringer geöffnet und weiterentwi- ckelt werden. Das betrifft beispielsweise das si- chere Netz der KVen (SNK), das perspektivisch an die TI angebunden werden soll.

Die Gematik wird ermächtigt, zur Abwendung von Gefahren für die TI die erforderlichen Maß- nahmen zu erlassen. Dienstebetreiber müssen Störungen der Telematikinfrastruktur unverzüglich melden. Die Gematik wiederum ist verpflichtet, Gefahren und Störungen an das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu melden.

Die Gematik soll künftig im Auftrag des Bun- desgesundheitsministeriums Aufgaben auf eu- ropäischer Ebene wahrnehmen, etwa die Wah- rung deutscher Interessen in Standardisierungs- und Normungsgremien und bei grenzüberschrei- tenden elektronischen Gesundheitsdiensten.

WEITERE REGELUNGEN DES ENTWURFS

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Referenzen

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