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Archiv "Bundesregierung will die Primärprävention noch stärker betonen" (30.04.1982)

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Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

BKK: Krankenstand im Jahresdurchschnitt 1981 6,8 Prozent

Die Repräsentativstatistik der Be- triebskrankenkassen weist im Jah- resdurchschnitt 1981 einen Kran- kenstand von 6,8 Prozent auf. Dar- in eingeschlossen sind sämtliche, auch nicht ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeitsfälle im Be- reich der Betriebskrankenkassen.

Die Betriebskrankenkassen erfas- sen im Gegensatz zur amtlichen Statistik die arbeitsunfähigkeits- bedingten Absenzen nicht an ei- nem bestimmten Stichtag. Der Krankenstand ist vielmehr ein Mo- natsdurchschnittswert. Demge- genüber erhebt die amtliche Kran- kenstandsstatistik (geführt vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung) die krankheitsbe- dingte Arbeitsunfähigkeit jeweils zum Ersten eines Monats auf der Grundlage der Arbeitsunfähig- keitsbescheinigungen, die den Krankenkassen von den Ärzten oder Arbeitnehmern zugeleitet werden. Die Krankenkassen schließen die Auswertung der Ar-

beitsu nfäh ig keitsbeschein igu n- gen am achten Tag eines jeden Monats ab. Die Folge: Verspätet eingehende Arbeitsunfähigkeits- bescheinigungen werden dem- nach nicht berücksichtigt.

So lag der Krankenstand in der amtlichen Statistik 1981 bei 5,2 Prozent, mithin 1,6 Prozentpunkte unter dem von den Betriebskran- kenkassen ausgewiesenen Kran- kenstand.

Beide Statistiken erfassen nicht die Gruppe der arbeitsunfähig Er- krankten, die sich in einem Heil- verfahren befinden. Dabei handelt es sich um durchschnittlich 0,7 Prozent der Pflichtversicherten.

Diese Quote müßte dem „norma- len" Krankenstand noch hinzuge- rechnet werden, um sämtliche krankheitsbedingten Absenzen im betrieblichen Krankenstand zu er- fassen. iwd/DÄ

Ohne eigene Aktivitäten kein um- fassender Gesundheitsschutz:

„Der Staat hat weder alles zu ver- antworten, noch kann er alles hei- len, was die Gesundheit der ein- zelnen Bürger schädigt", schreibt die Bundesregierung in ihrer Ant- wort auf die Große Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Thema „Gesundheit und Ei- genverantwortung". Durch Aufklä- rung und Erziehung könne der Staat den Bürger jedoch vielfach motivieren, schädigende Einflüsse zu vermeiden.

Die notwendige Eigenvorsorge sei durch die Bemühungen um Ko- stendämpfung nicht behindert worden. Vielmehr könne ein ak- tiviertes Gesundheitsbewußtsein festgestellt werden. Noch unbe- friedigende Ergebnisse bei Früh- erkennungsmaßnahmen, bei der Aufklärung über falsche Ernäh- rungsgewohnheiten oder beim Mißbrauch von Alkohol, Nikotin und Drogen ständen dem nicht entgegen: „Es ist nicht zu erwar- ten, daß ein verbessertes Gesund- heitsbewußtsein schlagartig ein- gefahrene Verhaltensweisen und Voreingenommenheiten überwin- det." Dieses Fazit zog die Bundes- regierung. Der Vorsitzende der Ar- beitsgruppe Jugend, Familie und Gesundheit, CDU-MdB Hermann Kroll-Schlüter, gab sich damit nicht zufrieden: Die Antwort auf die Große Anfrage beschreibe überwiegend den Status quo prä- ventiver Gesundheitspolitik. We- sentliche Ansätze für die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet würden nicht aufgezeigt.

Nach Ansicht der Bundesregie- rung richtet sich bei der Vorsorge

die Aufmerksamkeit immer mehr auf die sogenannte Primärpräven- tion: Schon dem gesunden Men- schen sollen ungünstige Einflüsse und Entwicklungen erspart blei- ben. Dafür sei es notwendig, daß der Bürger verstärkt für eine gesundheitsbewußte Lebensweise motiviert werde. Zu diesem Zweck fördere die Bundesregierung meh- rere Modelle der Beratung und Be- treuung: Auf dem Gebiet des Miß- brauchverhaltens, der psychi- schen Störungen sowie der Nach- sorge. Durch Aufklärung ihrer Pa- tienten über gesundheitsfördern- de Lebensweisen können die Ärz- te viel zur Eigenvorsorge und Ei- genverantwortung beitragen. Eine sachgerechte Beratung setze je- doch fundierte Kenntnisse über die Entstehung und Verhütung von Krankheiten voraus. Deshalb sei es wichtig, noch stärker als bis- her bei der Ausbildung von Beru- fen im Bereich des Gesundheits- wesens die Prävention zu vermit- teln. Die Bundesregierung will zu diesem Zweck noch 1982 einen Entwurf für eine Änderungsver- ordnung zur Ärzteapprobations- ordnung erarbeiten.

Falsche Ernährungsgewohnheiten sowie der Mißbrauch von Alkohol, Nikotin, Drogen, Rausch- und Arz- neimitteln schädigen die Gesund- heit der Bürger in erheblichem Maße. Dennoch will die Bundesre- gierung eine gezielte Kostenbetei- ligung des Versicherten bei sol- chen subjektiv beeinflußbaren Krankheiten ablehnen. Der Grund:

Die Probleme der Abgrenzung und Ursachenermittlung seien bislang noch nicht gelöst. Auch eine Zweckbindung von Teilen der Ta- bak- und Branntweinsteuer für die

THEMEN DER ZEIT

Bundesregierung

will die Primärprävention noch stärker betonen

Antwort auf die Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zum Thema „Gesundheit und Eigenverantwortung"

Ausgabe A/B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 17 vom 30. April 1982 23

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Die Information:

Bericht und Meinung

Gesundheit und Eigenverantwortung

Finanzierung gesundheitsfördern- der Maßnahmen wird abgelehnt, aus volkswirtschaftlichen und fi- nanzwirtschaftlichen Gründen.

Die Bundesregierung glaubt viel- mehr, daß durch eine Verteuerung von Tabak und Branntwein über Steuererhöhungen der Konsum dieser Genußmittel eingeschränkt werden kann.

Die Situation bei illegalem Dro- genhandel und dem Mißbrauch von Drogen, Rausch- und Arznei- mitteln sei weiterhin ernst. Die Bundesregierung hält es für mög- lich, daß der Mißbrauch von Arz- neispezialitäten größer ist als der Mißbrauch illegaler Drogen.

„Schädling Nr. 1" bleibe jedoch weiterhin der Alkohol. Nach wie vor ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Maßnahmen er- forderlich sind, um „präventiv die Mißbrauchsbereitschaft als Folge bestimmter Lebenskonstellatio- nen erkennbar und damit korri- gierbar werden zu lassen". Dabei sei es wichtig, die „Griffnähe" des Angebots weiter zu beschränken:

etwa durch Rezeptpflicht für Arz- neimittel oder Abgabeverbot alko- holischer Getränke an Kinder.

Auch die Werbung soll weiter im Auge behalten werden. Eine Son- derstellung liege beim Mißbrauch nicht rezeptfrei erhältlicher Arz- neispezialitäten vor: Die freie Ver- fügbarkeit sei durch die Rezept- pflicht und die damit verbundene Abgabenrestriktion der Apotheken eingeschränkt. Auch eine Publi- kumswerbung gebe es nicht. „Es wäre jedoch zu einfach, etwa al- lein denen eine Schuld für das Problem und seine Entwicklung zuzumessen, die Arzneimittel ver- schreiben oder abgeben dürfen."

Hier sei die Angebotsseite sehr viel komplizierter: Hausapotheken mit alten Beständen, übermäßige Packungsgrößen sowie Doppel- verschreibungen wurden von der Bundesregierung als Beispiele für den heute „üblichen üppigen Arz- neimittelvorrat in den Haushalten"

genannt. Aber auch andere Dinge seien dafür von Bedeutung: Statt bitterer Pillen und unangenehm duftender Naturheilmittel gebe es

heute Dragees und Kapseln, statt kalter Brustwickel würden heute 'fiebersenkende Medikamente ver-

ordnet. „Der Griff zur Tablette ist nicht nur leichter, er ist auch selbstverständlicher geworden, und vor allem ist er durch die Art heutiger Krankenbehandlung ein- geschliffen." Dennoch sei die Bundesregierung bemüht, der Selbstmedikation einen „ange- messenen Platz" im Vorsorgesy- stem zu belassen.

Mehr als 17 Milliarden DM für ernährungsbedingte Krankheiten Auch bei der Ernährung gebe es Probleme: Zu viele Bürger würden zu viele Kilogramm auf die Waage bringen. Die Beseitigung von Übergewicht in der Bevölkerung aber würde die Lebenserwartung nachhaltig verbessern. Schon im Ernährungsbericht 1976 wurde darauf hingewiesen: Nach einer Schätzung entstanden damals in der Bundesrepublik durch ernäh- rungsbedingte Krankheiten pro Jahr Kosten in Höhe von fast zwei Prozent des Bruttosozialprodukts.

Das entsprach 1976 etwa 17 Mil- liarden DM. Heute dürfte dieser Betrag nach Schätzung der Bun- desregierung wesentlich höher liegen. Deshalb wurden zwei Wis- senschaftler beauftragt, eine neue Berechnung durchzuführen. Bis Ende des Jahres soll das Ergebnis vorliegen. Neue Untersuchungen über die Folgekosten von Schädi- gungen durch Tabak und Alkohol liegen nicht vor. Die Bundesregie- rung geht jedoch davon aus, daß die Kosten durch den Mißbrauch von Nikotin und Alkohol die Ein- nahmen des Bundes aus der Ta- baksteuer, der Branntwein- und der Sektsteuer bei weitem über- steigen.

Ein unverzichtbarer Teil der Vor- sorge seien Früherkennungsmaß- nahmen. Dennoch könne auch hier die Bilanz nicht zufriedenstel- len: Solange Ursachen und Ent- stehungsmechanismen von Krebs- erkrankungen weitgehend unbe- kannt seien, gebe es kaum Mög-

lichkeiten für die eigentliche Krebsvorsorge. Deshalb komme der frühen exakten Diagnose von Krebs eine zentrale Bedeutung zu.

Verschiedene Krebserkrankungen hätten nämlich heute bereits eine Heilungsquote von über 90 Pro- zent, wenn sie frühzeitig erkannt und konsequent behandelt wer- den würden. Die Früherkennung solle aus diesem Grund weiter ausgebaut werden. Doch noch im- mer nutzten zu wenig Bürger das Angebot: Die Beteiligungsquote bei den anspruchsberechtigten Frauen liege bei 35 Prozent, bei den berechtigten Männern sogar nur bei 15 Prozent. Durch die Ein- führung von Vorsorgeuntersu- chungen während der Schwanger- schaft konnte die Säuglingssterb- lichkeit in den letzten Jahren ge- senkt werden. Dennoch liegt die Quote noch immer höher als in vergleichbaren Nachbarländern.

Gerade Gruppen mit erhöhtem Ri- siko würden die Untersuchungen meiden: sehr junge und alleinste- hende Mütter, Frauen mit mehre- ren Kindern, aus unteren sozialen Schichten sowie ausländische Mütter.

Ein besonderes Problem sei die Spätsterblichkeit von Säuglingen.

Deshalb will die Bundesregierung jetzt neben den Ärzten auch die Hebammen stärker in die „Versor- gung" von Mutter und Kind einbe- ziehen. In Bremen und Bremerha- ven wird zur Zeit ein entsprechen- der Modellversuch durchgeführt.

Eine generelle Einführung von Vorsorgeprogrammen für das Herz-Kreislauf-System und rheu- matische Erkrankungen sei im Augenblick nicht durchführbar.

Zuverlässige Früherkennungsme- thoden ständen noch nicht zur Verfügung. Grundsätzlich sei die Bundesregierung allerdings be- reit, das Früherkennungsangebot um neue Untersuchungen zu er- weitern. Es müsse aber nachge- wiesen werden können, daß diese

Maßnahmen den Kriterien des Pa- ragraphen 181 der Reichsversi- cherungsordnung (RVO) entspre- chen. Reinhard Groven

24 Heft 17 vom 30. April 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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