Geburtsarbeit anno 1807
In welchem Zeitraume der Ge- burtsarbeit muß man die Frau auf das Kreißbett legen?
Man muß die Gebärende nicht eher auf das Kreißbett bringen, als wenn die Wehen schnell auf- einander folgen, und heftig sind, es seye denn, daß sie größerer Bequemlichkeit halber, sich vor dieser Zeit auf dasselbe legen wollte. Weiber, welche sehr schwach sind; solche, welchen bedenkliche Zufälle, z. B. ein Blutfluß, ein Muttervorfall u.s.w., bevorstehen, müssen vom An- fange der Geburt bis zum Ende liegen.
Diejenigen, deren Gebärmutter eine schiefe Lage hat, müssen ebenfalls, bey Zeiten, auf das Kreißbett gebracht werden, und verschiedentlich darauf liegen, je nachdem die Gebärmutter nach dieser oder jener Seite schief liegt. Sie müssen sich auf den Rücken legen, wenn sich die Gebärmutter sehr schief vor- wärts gebeugt hat; auf die linke Seite hingegen, wenn dieses Eingeweide nach der rechten Seite zu schief liegt; und auf die rechte Seite, in allen Fällen, wo dasselbe sich linkerseits hinge-
„22... 23. . . 24. . . ausruhen!"
Als Ehrenmitglied der chilenischen Gesellschaft für Geburtshilfe und Gy- näkologie hat Professor Peter Stoll, Mannheim, in Santiago Hebammen fortgebildet und den intrauterinen We- henstreß einer unbekannten Zeichne- rin mitgebracht; dazu die Probe aus der von ihm exzerpierten „Geburtshül- fe" aus dem Jahre 1807
neigt hat. Im letzten Zeitraume der Geburtsarbeit müssen alle Weiber auf dem Rücken liegen, und die Hinterbacken etwas er- heben.
Des Sommers bedeckt man die Gebärende mit einem Leintuch, im Winter mit einem Deckbett, denn in allen Fällen muß man sie, Wohlstands halber, unent- blößt entbinden.
Wenn die Frau ihre Wehen verar- beiten will, so muß sie die Kniee dergestalt anziehen, daß die Schenkel und Unterschenkel halb gebogen und mäßig von- einander entfernt seyen. Ein oder zween Gehülfen müssen diese Theile festhalten, während daß die Frau sich, auf beiden Seiten, an der Matratze, mit den Händen, festhält. Uebrigens muß man ihr alles, was den Körper drücken könnte, z. B. Strumpf- oder Halsbänder, Rockschnüre ec., abnehmen.
Kann es zuträglich seyn, die Frau bis zum Ende der Geburts- arbeit stehen zu lassen, oder herumzuführen, so wie es in einigen Gegenden üblich ist?
Die Frau kann, nach Gutbefin- den, herumgehen, wenn sie an- ders, wegen besonderer Um- stände, nicht auf dem Kreißbette liegen bleiben muß; allein man würde eben so unmenschlich als unwissend handeln, wenn man sie zwingen wollte, bis zum En- de der Geburtsarbeit, herumzu- gehen, um die Wehen zu verstär- ken, und die Niederkunft zu be- schleunigen.
Aus: „Anfangsgründe der Geburtshül- fe, in Fragen und Antworten, von I. L.
Baudelocque, Professor bey der medi- cinischen Schule und dem großen Ge- bärhause zu Paris; Colmar, 1807"
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70 Heft 25 vom 24. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A