Die Information:
Bericht und Meinung
BRIEFE AN DIE REDAKTION
TIERVERSUCHE Zu dem Leserbrief von Dr.
med. G. McGraw „Keine Ant- wort" in Heft 16/1982:
Kommissionen einrichten
... Die Erteilung der Ge- nehmigungen zu Tierversu- chen ist Landessache und obliegt den unteren Lan- desbehörden, meist den staatlichen Veterinäräm- tern. Diese Veterinärämter genehmigen Tierversuche, sobald die äußeren Rah- menbedingungen (entspre- chende wissenschaftliche Ausbildung des Tierexperi- mentators, artgerechte Un- terbringung der Tiere, ein- schlägige Ausbildung des Personals etc.) erfüllt sind.
Das Ziel der Forschung und der Ablauf der Tierver- suche unterliegen keinem Sachverständigenurteil.
Während die Hochschulen meist um Einzelgenehmi- gungen nachsuchen, erhält die Industrie „Pauschal- oder Giobaigenehmigun- gen" für „Produktpalet- ten". Die Firmen sind damit
„frei", ihre Tierversuchsan- stalten aufzubauen und zu betreiben. Infolge der Überlastung der Veterinär- ämter finden Kontrollen sehr selten (bestenfalls I- bis 2mal im Jahr) statt.
Manchmal steht der Amts- tierarzt vor verschlossenen Türen und kann keine Kon- trolle über die artgerechte Unterbringung vornehmen.
Würden sich die Ärzte für die Einrichtung von Ethik- kommissionen bei den Ge- nehmigungsbehörden ein- setzen, könnten sie dem immer stärker werdenden Vorwurf der Öffentlichkeit, hinter verschlossenen Tü- ren fänden unendliche Grausamkeiten statt, be- gegnen. Das Tierschutzge- setz läßt nach § 15 (Durch- führung des TSchG) diese Tierschutzkommissionen zu, und „die nach dem Or-
ganisationsrecht der Län- der zuständigen Behör- den ... könnten sich daher auch sonstiger Personen, welche die erforderliche Sachkunde besitzen, be- dienen". (Lorz/Kommentar des TSchG)
Eine weitere Möglichkeit der Einschränkung der Tierversuche wäre die strengere Siebung von Ver- öffentlichungen mit Tier- versuchen bei der Annah- me in den Fachzeitschrif- ten. Würden „keine Arbei- ten, die schon einmal durchgeführt wurden, oder solche, die keine Erweite- rung des Wissens erwarten lassen, nicht mehr zur Ver- öffentlichung" angenom- men . . ., so wäre die Versu-
KRANKENHÄUSER Der Verfasser ist der Ansicht, in den Krankenhäusern herr- sche zu große „Verschwen- dungssucht":
Ohne Rücksicht auf die Kosten
... Die Verschwendungs- sucht ohne Rücksicht auf Kosten haben wir in der ei- genen Familie erlebt. Mei- ne 94jährige Mutter fiel zum 18. Mal nachts aus ih- rem Bett (niedrig stellbare Betten gibt es weder auf den Pflegestationen der Al- tenheime noch sonstwo;
das übliche Gitter hatte man zwar nicht vergessen.
Meine Mutter kletterte aber darüber und fiel um so tie- fer). Folge: große Platz- wunde am Scheitel. Sofor- tige Einlieferung ins Kran- kenhaus und entsprechen- de Wundversorgung.
Am nächsten Tag begann die „Diagnostik". Ein gan- zer Stapel von Röntgenauf- nahmen wurde angefertigt:
x Aufnahmen vom Schä- del, von der HWS, vom Schultergelenk und den Ar- men. Eine normale Unter-
chung vieler Habilitanden via Tierversuche recht schnell zu der notwendi- gen Zahl der Veröffentli- chungen zu gelangen, er- heblich gedämpft.
Eine weitere Möglichkeit zur Einschränkung der in der Medizin verbrauchten Tierzahlen wäre die Durch- forstung der Laboruntersu- chungen, die z. Z. noch im- mer routinemäßig unnöti- gerweise an Tieren vorge- nommen werden. So ist zum Beispiel der Tbc-Test an Meerschweinchen nach Ansicht der Fachwelt ob- solet.
Dipl.-Phys. Ilse Hahn Schumannstraße 5 6200 Wiesbaden
suchung auf Frakturen zählt offenbar selbst bei ei- ner extrem abgemagerten 94jährigen nicht mehr. Ob- wohl das Haus wußte, daß wir drei Ärzte in der Familie sind und unsere Mutter am- bulant behandeln, erfolgte keine Rücksprache, ob die Ausgaben dieser vielen Röntgenaufnahmen unse- rerseits erwünscht wä- ren ... Trotz schneller Besserung des Allgemein- zustandes wurde drei Tage später der Internist bestellt, der nun den EKG-Mecha- nismus anstellte, obwohl wir vorher hatten verlauten lassen, an einem neuen EKG wären wir nicht inter- essiert, weil uns der Herz- und Kreislaufbefund be- kannt war und wir keinen Grund sahen, die laufende Digitalisierung zu ändern.
Hätten wir nicht auf die schnelle Entlassung ge- drängt, wer weiß, was bei der 94jährigen, niemals kranken Dame noch unter- sucht worden wäre, ohne Rücksicht auf die Ko- sten . . .
Dr. med. Gerd Höfling Beethovenstraße 5 5603 Wülfrath
HEILPRAKTIKER Zu der Glosse „,Beinleiden`
und Heilpraktiker" in Heft 50/
1982:
Widersprüchlich- keiten
... Man denke aber auch an die geradezu grandiose Überschätzung der Psy- chologie, die viel zu weit in die Medizin Eingang gefun- den hat. Dabei verhalten sich (nicht alle, aber doch) einige der „therapeuti- schen" Psychologen gera- dezu feindselig gegenüber der Medizin. Viel schlim- mer können Heilpraktiker dann auch nicht mehr sein.
Arg ist es allerdings, daß in Niedersachsen sich Heil- praktiker niederlassen dür- fen, die in Bremen von ei- ner bayrischen Heilprakti- kerschule ausgebildet wer- den. Daß sich unter den
„Ausbildern" auch Medi- zinstudenten, „aber nur höherer Semester"(!) be- finden, läßt tief blicken . Hier in Ostfriesland gibt es eine Sorte von Heilern, die in der Hierarchie noch un- ter den Heilpraktikern ste- hen: die Knochenbrecher (so eine Art empirische Chiropraktiker). Ausge- rechnet gegen diese haben sich dann führende Köpfe der Heilpraktiker im naiven Bewußtsein ihrer medizini- schen Überlegenheit ge- wandt. Hierbei soll dann womöglich der Amtsarzt den Heilpraktikern gegen die Knochenbrecher „hel- fen", wie erdja hin und wie- der den Ärzten gegen die Heilpraktiker „helfen" soll.
In einem Staat, wo trotz oder gerade wegen seiner Bürokratie neben den Ärz- ten noch die Berufsbilder von „Therapeuten" pau- senlos aufgebaut und auf- gebauscht werden, werden derartige lächerliche Wi- dersprüchlichkeiten ... ge- radezu gefördert.
Dr. med. A. Ochmann Fürbringerstraße 18 2970 Emden
12 Heft 9 vom 4. März 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A