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Archiv "Die Umstellung auf SI-Einheiten: Konsequenzen in der Medizin: Stellungnahme I" (08.12.1977)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

AUSSPRACHE

1.

1. Die Ausführungen von Dr. Drath über „den" Normalwert des Blut- drucks bezeugen gänzliche Un- kenntnis der medizinischen Proble- matik. Der unrunde Umrechnungs- faktor bedingt, daß Ärzte, Pflegeper- sonal und Patienten alles, was sie quantitativ über den Blutdruck (und weitere Drücke) wissen, seine Norm- bereiche, seine Variation und die Beurteilung pathologischer Werte, zur Gänze neu lernen müssen.

2. Obwohl offen ist, ob kPa oder mbar die künftige Druckeinheit sein soll, wird geändert. Jede nationale Vorentscheidung, durch wen auch immer, wäre verfehlt, denn bei einer anderslautenden internationalen Empfehlung müßte ein weiteres Mal umgestellt werden.

3. Die Kostenfrage wird ignoriert. Al- lein im Klinikum Essen müßten meh- rere tausend Druckmeßeinrichtun- gen, zum größten Teil fest eingebaut in Geräte, neue Skalen erhalten.

Weitere Kosten fallen langfristig an.

4. Das Einheitengesetz betrifft nur den geschäftlichen und amtlichen Verkehr, nicht aber die Wissenschaft (und Lehre) und daher auch nicht die Medizin (allenfalls punktuell durch das deutsche Eichgesetz). Ob ärztliche oder wissenschaftliche Tä- tigkeit dadurch, daß sie ein Amtsarzt oder Gerichtsgutachter ausübt, zum

„amtlichen Verkehr" wird (und nicht erst der daraus resultierende Ver- waltungs- oder Rechtsakt), bedarf gegebenenfalls kompetenter juristi- scher Klärung.

Im übrigen verweise ich auf frühere Stellungnahmen (Dt. Ärzteblatt 73 [1976], 657 und 2214, Selecta 37

[1976] 3310) sowie auf Bericht und Empfehlung des Freiburger Instand- Symposiums vom 28. Juni 1976.

Professor Dr. med. K. D. Bock Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik (GHS)

Hufelandstraße 55 4300 Essen II.

In einer früheren Stellungnahme F. Gross: Deutsch. Med. Wschr. 101 (1976) 344-345, wurde bereits ein- deutig zum Ausdruck gebracht, daß eine Umstellung der Meßeinheit für den Blutdruck von mm Hg auf kilo- pascal (kPa) oder millibar (mbar) nicht nur sinnlos ist, sondern Ver- wirrung stiftet und für Ärzte und Pa- tienten eine unnötige Belastung dar- stellt. Die Umstellung ist sinnlos, weil durch sie die Genauigkeit der Messung nicht verbessert wird, denn das Prinzip der Blutdruckmes- sung bleibt gleich. Die Verwirrung ergibt sich daraus, daß die in SI Ein- heiten angegebenen Normalwerte von 160 mbar oder 16,0 kPa für den systolischen Blutdruck Zahlen dar- stellen, die pathologisch sind, wenn der Druck in mm Hg angegeben wird.

Herr Dr. P. Drath bagatellisiert diese Schwierigkeiten durch die Feststel- lung, daß es bei den meisten Mes- sungen darum geht, einen am Pa- tienten gemessenen Wert mit dem Normalwert zu vergleichen. Die Um- stellung für den Arzt und den Patien- ten, der sich den Blutdruck selbst mißt, „besteht nur darin, sich den neuen Normalwert zu merken. Dafür wird keine längere Übergangszeit benötigt." Ärztliche Diagnostik ist offenbar etwas sehr Einfaches. Daß es zumindest zwei Blutdruckwerte

gibt, ist dem Verfasser anscheinend nicht bekannt; ebenso verschweigt er, daß sich auch das Verhältnis der Werte verändert durch die Verlänge- rung der Skala bei Übergang von mm Hg auf mbar (1 mm Hg = 1,33 mbar). Daß auch unter den SI Anhängern in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht alle Fragen geklärt sind, zeigt die Tatsache, daß noch nicht feststeht, ob der Blut- druck in millibar oder in kilopascal angegeben werden soll. Letzteres hätte den Nachteil, daß dann Korn- mastellen eingeführt werden müß- ten, wenn man Unterschiede von weniger als 1 kPa angeben wollte.

Ein Blutdruck von 140/90 mm Hg entspricht 18,6/12,0 kPa oder 186/

120 mbar. In Frankreich wurde es als Fortschritt angesehen, als man von den früher verwendeten Einheiten in cm Hg auf mm Hg umstellte, da die Dezimalzahlen unbequem waren.

Jetzt kommt man mit der Einheit kPa wieder darauf zurück.

Die World Health Organization beur- teilt die Schwierigkeiten der Umstel- lung realistischer als Herr Dr. Drath und hat anläßlich ihrer 33. Ver- sammlung am 18. Mai 1977 empfoh- len, daß die Einheiten mm Hg und cm H 2 O vorläufig beibehalten wer- den sollen für Skalen an Geräten für die Messung von Druck in Körper- flüssigkeiten, bis der Gebrauch der Einheit pascal sich in anderen Ge- bieten durchgesetzt hat. Die Einheit mbar taucht in der Stellungnahme der WHO zur Annahme der SI Ein- heiten überhaupt nicht auf.

Nachdem nun in der Bundesrepu- blik Deutschland für die Umstellung eine Übergangsfrist bis 1985 einge- räumt wurde, ist nur zu hoffen, daß sich bis zu diesem Zeitpunkt erge- ben hat, daß die Einführung von SI Einheiten zur Druckmessung im me- dizinischen Bereich niemandem nützt, aber vielen schadet.

Professor Dr. med. F. Gross Vorsitzender der Deutschen Liga zur Bekämpfung

des hohen Blutdruckes Im Neuenheimer Feld 366 6900 Heidelberg

Die Umstellung auf SI-Einheiten:

Konsequenzen in der Medizin

Zum Beitrag von Dr. Peter Drath in Heft 32/1977, Seite 1991 ff.

2908 Heft 49 vom 8. Dezember 1977

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