A2354 Deutsches Ärzteblatt⏐Jg. 105⏐Heft 45⏐7. November 2008
A K T U E L L
Mitte Oktober wurde die Datenbank
„Arzneimitteltherapiesicherheit in Schwangerschaft und Stillzeit“ frei- geschaltet. In dem frei zugängli- chen, unabhängigen Online-Infor- mationsangebot können sich Ärzte, Pharmazeuten, aber auch Laien über den wissenschaftlichen Erkenntnis- stand zur Wirkung und zu Risiken einer Arzneimitteltherapie in der Schwangerschaft und Stillzeit in- formieren. Zurzeit sind unter der Adresse www.arzneimittel-in-der- Schwangerschaft.de Angaben über 240 Substanzen verfügbar.
„Der Bedarf an Beratung ist er- heblich“, sagte Dr. med. Christof Schaefer vom Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryo-
naltoxikologie, das inhaltlich für das Angebot verantwortlich ist. Das Problem sei es, dass die Angaben zu Schwangerschaft und Stillzeit auf den Beipackzetteln und in der Roten Liste vielfach zu kurz und zu unge- nau seien. Dadurch werde das Medi- kamentenrisiko häufig überschätzt.
Die Folge: Notwendige Medikamen- te werden nicht verschrieben oder eingenommen, Schwangerschaften nach einer Medikamenteneinnahme abgebrochen, oder es wird unnötige invasive Diagnostik betrieben. Ein Informationsmangel könne aber auch dazu führen, dass Medikamente mit
einem hohen Risiko für das Un- geborene verordnet würden, betonte Schaefer. Hier soll die Datenbank Abhilfe schaffen.
Den Aufbau der Datenbank hat das Bundesgesundheitsministerium finanziell gefördert. Das Projekt ist Teil des Aktionsplans zur Verbesse- rung der Arzneimitteltherapiesicher- heit 2008/2009. „Mit dem Aktions- plan lenken wir bewusst den Fokus auf bestimmte Patientengruppen“, sagte der parlamentarische Staatsse- kretär im Bundesgesundheitsminis- terium, Rolf Schwanitz. Im nächsten Jahr sollen deshalb die Belange alter und meist multimorbider Patienten in Altenheimen und in der Pflege im Vordergrund stehen. HK
NEUE GENERATION VON PARKINSON-HIRNSCHRITTMACHERN
An der Universitätsklinik zu Köln ist erstmals ein Hirnschrittmacher implantiert worden, der zu einer neuen Generation von Geräten gehört:
Anstatt einer Elektrode werden zwei einge- pflanzt, die unabhängig voneinander auf die optimale Impulsqualität eingestellt werden kön- nen. „Wir hoffen, durch die Stimulation in zwei Zielgebieten effektiver als bisher die Bandbrei- te der Hauptsymptome, also Rigor, Tremor und Hypokinesien, verringern zu können“, sagte der Neurologe Prof. Dr. med. Lars Timmermann ge- genüber dem Deutschen Ärzteblatt. Bei der Sti- mulation in einer Hirnregion – oft im Thalamus, Nucleus subthalamicus oder Pallidum – bes- sern sich meist nur ein oder zwei Hauptsymto- me in der Körperhälfte, die der operierten Hirn- hälfte gegenüberliegt.
Der erste Patient, dem der Neurochirurg Priv.-Doz. Dr. med. Mohammad Maaruf aus
dem Team um Prof. Dr. med. Volker Sturm das Gerät der Firma Medtronic implantiert hat, ist 49 Jahre alt. Die erwünschten Wirkungen der Antiparkinsonmittel hatten nachgelassen, er hatte einen ausgeprägten Tremor, Muskelstei- figkeit und eine Hypokinesie mit Gangstörun- gen, aber keine Hyperkinesie.
Funktionsprüfung bei der Operation Zielgebiet der Stimulation waren der Nucleus subthalamicus und der Thalamus. Während des Eingriffs erfolgte die Feinjustierung der Elektroden durch Funktionsprüfungen beim Patienten: Die Implantation eines Kontakts im N. subthalamicus hatte gute Effekte auf Rigor und Hypokinese. Einen zweiten Kontakt plat- zierten die Ärzte im ventrolateralen Thalamus (im Nucleus ventrooralis posterior, V.o.p.) etwa 6,5 Millimeter vom ersten entfernt. Die Stimu-
lation über diese Elektrode milderte deutlich die Tremorsymptome, berichtete Timmermann.
Die Feineinstellung soll in circa drei Monaten abgeschlossen sein. Dann wird sich zeigen, ob sich die Symptomatik längerfristig so ver- bessert, wie sich Ärzte und Patient dies wün- schen.
Ein Vorteil beim Impulsgeber des neuen Geräts: Er wird nicht mehr batteriebetrieben, sondern hat einen wiederaufladbaren Akku, sodass er neun Jahre halten soll. Die Batterien der bisherigen Geräten halten, je nach Strom- verbrauch, drei bis fünf Jahre. Dann muss der Impulsgeber ausgetauscht werden, was bei jedem fünften Patienten zu Komplikationen führt, wie Stürzen oder Pneumonien infolge von Immobilität. Die Zeitspanne bis zum Aus- tausch des Geräts soll jetzt deutlich länger werden. Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze Mit einem Tag der offenen Tür am 11.
Oktober in allen Screening-Einheiten der Hauptstadt und einer neuen In- formationskampagne „Ich bin dabei“
sollen Berlinerinnen über das Mam- mografie-Screening-Programm infor- miert und zur Teilnahme motiviert werden. Derzeit nutzt erst jede zwei- te Hauptstädterin zwischen 50 und 69 Jahren das Angebot. Diese Teil-
nehmerquote reiche nicht aus, sagte der Vorsitzende der örtlichen Arbeits- gemeinschaft Mammografie-Scree- ning, Axel Wald, auf einer Pressekon- ferenz. Eine Beteiligung von min- destens 70 Prozent sei das Ziel. Bis zum Frühjahr werden voraussichtlich alle circa 435 000 anspruchsberech- tigte Frauen eine Einladung zum Screening erhalten haben. Rie MAMMOGRAFIE-SCREENING
„Ich bin dabei“, sagen noch zu wenige
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ARZNEIMITTEL BEI SCHWANGEREN
Informationen aus der Onlinedatenbank
Häufig unter- schätztwird das Medikamentenrisiko in der Schwanger- schaft und Stillzeit.