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Archiv "Anwendungsbeobachtungen: Jede neue Nebenwirkung ist Erkenntnis" (15.11.2002)

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P O L I T I K

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A3072 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4615. November 2002

W

issenschaftliches Arbeitsmittel oder Marketinginstrument – die- se Frage wird in Verbindung mit Anwendungsbeobachtungen (AWB) oft gestellt. Denn obwohl das Bundesin- stitut für Arzneimittel und Medizinpro- dukte (BfArM) bereits 1998 Empfeh- lungen zur Planung, Durchführung und Auswertung der Beobachtungsstudien, die neue Erkenntnisse über die Anwen- dung zugelassener Arzneimittel liefern sollen, festgelegt hat*, wird die Einhal- tung dieser Empfehlungen bisher nicht überprüft. Noch gibt es kein offizielles Organ, das Ärzte bei der Dokumentati- on und Analyse ihrer Erfahrungen mit neuen Medikamenten kontrolliert. So bleibt es meistens unbekannt, ob die methodische und wissenschaftliche Qualität der AWB ausreicht und der Arzt seinen Leistungen entsprechend honoriert wird oder zuviel Geld von der Pharmaindustrie erhält. Paragraph 67 Absatz 6 Arzneimittelgesetz verpflich- tet die Pharmafirmen lediglich, die AWB bei den Kassenärztlichen Vereini- gungen sowie der zuständigen Bundes- behörde anzuzeigen.

Welche Bedeutung AWB für die Me- dizin haben, war Thema einer Presse- konferenz, die die Deutsche Gesell- schaft für Innere Medizin (DGIM) mit ihren korporativen Mitgliedern** an- lässlich ihrer Herbsttagung Ende Okto- ber in Wiesbaden veranstaltet hat. „An- wendungsbeobachtungen spielen eine bedeutsame Rolle“, betonte Dr. med.

Dieter Götte, Leiter der Medizinischen Abteilung von Aventis Pharma in Frankfurt und stellvertretender Spre- cher der korporativen Mitglieder der DGIM. Durch das Sammeln von Infor- mationen könnten Ärzte auf einfachem Weg Daten über die reguläre An- wendung von Arzneimitteln gewinnen.

Götte räumte allerdings ein, dass man einen Missbrauch nie generell aus- schließen könne. „Die meisten Ärzte nehmen die BfArM-Empfehlungen

aber sehr ernst.“ Für den Einsatz von AWB sprach sich auch Dr. med.Thomas Weihrauch aus, Sprecher der korporati- ven Mitglieder der DGIM und Direktor des Pharma Forschungszentrums der Bayer AG in Wuppertal. „Jede neue Ne- benwirkung, die ein Arzt im Rahmen ei- ner AWB feststellen kann, ist Erkennt- nisgewinn“, so Weihrauch. Allerdings müsse das Verhältnis zwischen Risiken und Nutzen des Einsatzes eines Medi- kaments immer stimmen.

Wesentlich kritischer äußerte sich die Leiterin des Referats Arznei-, Heil- und Hilfsmittel der Kassenärztlichen

Bundesvereinigung (KBV), Dr. rer. nat.

Eva Susanne Dietrich. Ergebnisse eines Workshops in diesem Sommer, bei dem 400 AWB untersucht wurden, lassen nach Ansicht von Dietrich Zweifel an deren Wissenschaftlichkeit aufkom- men: „80 Prozent der Bögen wiesen er- hebliche Mängel auf“, so die KBV-Ex- pertin. Entweder seien die Bögen viel zu knapp bemessen worden, oder die Dauer der AWB sei zu kurz gewesen.

Auch seien Präparate verwendet wor- den, die sich längst auf dem Markt eta- bliert hätten. Dietrich kritisierte außer- dem, dass die Ergebnisse der Studien in den seltensten Fällen publiziert wur- den. Eine Publikation liege jedoch im öffentlichen Interesse, weil die Gesetz- liche Krankenversicherung die im Rah- men von AWB verordneten Medika- mente bezahle. „Zur Verbesserung die- ser Situation muss endlich eine flächen- deckende Umsetzung der BfArM-Kri- terien erreicht werden“, forderte Diet- rich. Ein Weg zu mehr Transparenz und Qualität könne die Berufung eines offi- ziellen Kontrollorgans sein, das beim BfArM angesiedelt sein könnte. Zwei- fel an der Seriosität vieler AWB äußer- te auch Dr. med. Gerd Guido Hoff- mann. Zwar hält der Präsident des Be- rufsverbands Deutscher Internisten diese Art des Nebenverdienstes für Ärzte bei einem wirklichen Erkenntnis- gewinn für gerechtfertigt, dies sei „aber nicht häufig der Fall“.

Wonach sich die Vergütung für den Arzt richten soll, blieb umstritten. Nach den BfArM-Kriterien sollte der durch die AWB entstehende Aufwand in An- lehnung an die amtliche Gebührenord- nung für Ärzte (GOÄ) honoriert wer- den. Dabei habe sich das Honorar am Zeitaufwand für zusätzliche Dokumen- tations- und andere Maßnahmen zu ori- entieren. „Meist bekommt der Arzt zwi- schen 25 und 75 Euro pro Patient pro Datensatz“, erklärte Götte. Für eine marktgerechtere Honorierung plädier- te dagegen Claus Burghardt, Rechtsan- walt der Kanzlei Sträter in Bonn. Er verwies zwar zunächst auf berufsrecht- liche Schranken für Ärzte, die sich aus

§§ 32 bis 34 der (Muster-)Berufsord- nung ergäben. Allerdings habe sich die Honorierung einer AWB „nach Ange- bot und Nachfrage“ zu richten und nicht nach der GOÄ. Martina Merten

Anwendungsbeobachtungen

Jede neue Nebenwirkung ist Erkenntnis

Eine Methode, um mehr Wissen über ein auf dem Markt ver- fügbares Arzneimittel zu gewinnen, ist die Anwendungsbeob- achtung. Ihre Bedeutung für die Medizin ist jedoch umstritten.

* nachzulesen in: Bundesanzeiger vom 4. Dezember 1998, Seite 16884

** Korporative Mitglieder der DGIM können forschende Arzneimittelfirmen, Geräte und Diätetika herstellende Firmen sowie medizinische Fachverlage werden, die die Ziele der DGIM unterstützen.

BfArM: Der Mehraufwand des Arztes sollte in Anlehnung an die GOÄ honoriert werden.

Foto:Peter Wirtz

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