Günter Heiß (Hrsg.): Wie krank ist unser Gesundheitswesen?
Das Gesundheitswesen in Deutsch- land und Europa an der Schwelle zum 21. Jahrhundert.
Thomas Merz Verlag, Mainz, 2000, 1280 Seiten, gebunden, 49,90 DM
Wege zu einer echten Re- form? Bestandsaufnahme und Perspektiven für ein überlastetes Gesundheitssy- stem? Viele halten Buchtitel mit solchen vollmundigen Versprechungen für den im-
mer frustranen Versuch einer Quadratur des Kreises. Der Herausgeber versammelt ei- ne Schar teils prominenter Schreiber um sich: unter an- derem Tony Blair, Ursula En- gelen-Kefer, Rainer Eppel- mann, Karsten Vilmar und Franz Alt. Das Vorwort stammt von der Bundesjustiz- ministerin Herta Däubler- Gmelin.
In über 100 Beiträgen bei- nahe ebenso vieler Autoren findet der Leser Aspekte, die helfen, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen:
Vom Vergleich diverser Ge- sundheitssysteme und dem Einfluss der Politik wird man an die Thematik zeitgemä- ßer Medizinerausbildung und Verwaltungsstrukturen her- angeführt. Jeweils von meh- reren Autoren sind Fragen zur Zukunft des Kranken- hauswesens, der Bioethik, Umwelt, Kommunikation und psychosozialen Kompetenz abgedeckt. Sterbebegleitung,
Prävention und die im Um- bruch befindlichen Fachrich- tungen runden das thema- tische Potpourri ab. Auch wenn die Einzelbeiträge in Umfang und Inhalt erhebli- che Unterschiede zeigen, da- bei oft äußerst polarisierend Meinungen vertreten, ist dies Buch doch ein kleines Stein- chen im Bestreben nach mehr Transparenz und Aufklärung.
Vollständig kann es dabei nicht sein.
Die Breite macht es nicht nur für Mediziner, son- dern auch deren Patienten empfehlenswert. Bestehende Wissensdefizite abzubauen und Appetit nach tieferge- henden Informationen zu entwickeln, schafft das Buch, ohne einseitig zu wirken. Ei-
ne Hilfe für alle Interessier- ten, denn so manche öffent- liche Diskussion krankt wohl eher an mangelndem Wissen denn wirklicher Problem- sicht. Gerhard Schuster
Werberecht
Individuelle Lösungen
Gerhard Ring: Werberecht der Ärzte. Stand: November 1999, Schriftenreihe Recht und Praxis, Nomos Verlagsgesellschaft, Ba- den-Baden, 2000, 276 Seiten, kar- toniert, 88 DM
Der Autor beschreibt die Möglichkeiten für Ärzte, sich konform zu den bestehenden Restriktionen durch die poli- tisch-rechtlichen Rahmenbe- dingungen und durch das Be- rufsrecht den Patienten und damit der Öffentlichkeit zu
präsentieren. Eine Beschäfti- gung damit ist vor allem für freiberuflich tätige Ärzte wichtig, weil gerade Wettbe- werbs- und Werbeverhaltens- weisen der Ärzte trotz der Li- beralisierungstendenzen für andere Freie Berufe nach wie vor stark beschränkt sind.
Ausgehend von einer all- gemeinen Übersicht über das Berufsrecht der Humanmedi- ziner, das in den Kammer- und Heilberufsgesetzen der Länder und der Berufsord- nung geregelt ist, geht der Autor auf die verschiede- nen Rechtfertigungselemente des unmittelbaren ärztlichen Werbeverbots und die Verfas- sungsmäßigkeit dieses Verbo- tes ein.
Schwerpunkt der Darstel- lung sind die unterschied- lichen Werbemöglichkeiten und -beschränkungen, so- wohl in Bezug auf die Person des Arztes als auch auf Äußerlichkeiten wie Praxis- schild, Ankündigungen und Gestaltung von Briefbögen und Rezeptvordrucken. So- fern es sich um sachliche In- formation handelt, sind diese zulässig. Ausführlich behan- delt der Autor die Verwen- dung der Facharztbezeich- nungen und deren Voraus- setzungen, ebenso wie die verschiedenen Teilgebiets- und Schwerpunktbezeich- nungen und die weiteren möglichen Zusatzbezeich- nungen.
Sonstige werberelevante Verhaltensweisen von Ärz- ten, zum Beispiel bei Vorträ- gen, Fernsehbeiträgen, Zeit- schriften und im Internet, werden desgleichen wie die Form gemeinsamer Aus- übung der ärztlichen Tätig- keit dargestellt. Weiter schil- dert der Autor die gewandelte Rechtsprechung des BVerfG zur mittelbaren Arztwerbung und Möglichkeiten dieser Werbeform, insbesondere un- ter Berücksichtigung der Sa- natoriumswerbung.
Das Buch ist empfehlens- wert für alle Ärzte, die eine in- dividuelle Lösung der sich zu- spitzenden Probleme im ärztli- chen Alltag suchen.
Winfried Schorre
A
A3088 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 46½½½½17. November 2000
B Ü C H E R
Innere Medizin
Visuelles Lernen
Frank H. Netter: Netter’s Innere Medizin. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 2000, 1160 Seiten, 573 Farbtafeln, 99 DM Jeder kennt die Netter-Atlan- ten: die didaktisch hervorra- gend aufgearbeitete Anato- mie, Physiologie, Pathophy- siologie und Klinik. Das Ganze jetzt in Form eines Lehrbuchs mit vielen Bildern, die man auch in Diapositiv- form auf Fortbildungsveran- staltungen sieht. Dies alles jetzt in einem mehr als 1000 Seiten umfassenden Werk in Taschenbuchformat, ein in- formativer Text und auf jeder zweiten Seite eine ganzseitige Abbildung. Von der Kran- kenschwester bis zum Lehr- stuhlinhaber kommt keiner am Netter vorbei. Selbst für einen medizinisch interessier- ten Laien erscheint Netter’s Innere Medizin sinnvoller als alle medizinischen Lexika, die man sich im Laufe seines Lebens zulegt.
Auch wenn die Brillanz mancher Abbildung durch die Reduktion auf Taschen- buchformatgröße verloren
geht, ist es schwer, „Schwach- punkte“ zu finden. Vielleicht hätte man bei der Helico- bacter-pylori-Therapie die derzeit gängigen Antibiotika auflisten können, doch sind auch hier die Dinge im Fluss;
schließlich handelt es sich nicht um ein „Kochbuch zur
Therapie“ mit präzisen Do- sierungsangaben, doch ist selbst der Hinweis auf Anti- TNF-alpha als (in Erprobung befindliche) Therapie bei Morbus Crohn aufgeführt.
Wer die Vorteile des visuel- len Lernens schätzt, kommt um Netter’s Innere Medizin nicht herum. Wolfgang Rösch
Gesundheitswesen