Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen BLICK ÜBER DIE GRENZEN
ITALIEN
Auf dem Weg
zur „Sanitätseinheit"
Die Automatik des Ablaufs der Re- form des italienischen Gesund- heitswesens, die mit dem Ende 1978 verabschiedeten Gesetz in Gang gebracht worden ist, läuft mit unterschiedlicher Intensität in den einzelnen Regionen weiter — diese Verwaltungsebene ist durch das Gesetz für die Ausführung der
„Sanitätsreform - zuständig ge- worden. Hier ein Beispiel, und zwar das der Region Lombardei.
die die Stadt Mailand mit umfaßt und die als die „preußischste" der italienischen Regionen gilt: Zwar sollen theoretisch im Laufe des Jahres die „Unitä sanitarie locali", die lokalen Gesundheitseinheiten, eingerichtet werden, die die ge- samte Verwaltung der ambulanten und stationären Versorgung über- nehmen. In der Lombardei hat man jedoch mit Wirkung vom 1.
April eine Zwischenstufe einge- baut: Die Region ist in 129 „ein- heitliche Basis-Verwaltungsstruk- turen" unterteilt worden, nach der italienischen Bezeichnung abge- kürzt als „Saub". Jede Saub um- faßt im Durchschnitt 69 000 Ein- wohner, und sie dient zunächst einmal nur dazu, die allgemeinme- dizinische ambulante Versorgung von den Krankenkassen zu über- nehmen. Den Saubs stehen zur Zeit 7180 Ärzte zur Verfügung, die mit der Region einen Vertrag ab- geschlossen haben. 85 von ihnen sind Kinderärzte, die anderen All- gemeinmediziner. 5446 von ihnen hatten bereits Verträge mit den Krankenkassen, die übrigen sind neu dazugekommen.
Man hofft nun, daß sich dadurch eine gleichmäßigere Verteilung der Patienten auf die Ärzte ergibt.
Theoretisch entfallen 1241 Ein- wohner auf einen Vertragsarzt, und die gesetzlichen Bestimmun- gen sehen vor; daß nach Möglich- keit nicht mehr als 1500 Patienten bei einem Arzt eingeschrieben sein sollten. Wegen der unter-
schiedlichen Verträge mit den ver- schiedenen Krankenkassen gab es jedoch bisher auch Vertragsärzte, die 3000 und mehr Patienten hat- ten. Die Region hält es deshalb für das wichtigste Ergebnis der Re- form, daß nunmehr die freie Arzt- wahl allgemein geworden ist; bis- her waren die Patienten einiger Kassen in der Wahl der Ärzte da- durch beschränkt, daß nur eine geringe Zahl von Ärzten Verträge mit diesen Kassen hatten. Aller- dings bleibt die freie Wahl des Arz- tes auf den Bereich der Saub be- schränkt, das heißt also im Durch- schnitt auf 56 Ärzte.
Probleme bringt die bisherige Ver- schiedenheit der Abrechnungs- weise. Von den 51 in der Region tätigen Krankenkassen arbeiteten 37 mit dem Sachleistungssystem, das in Zukunft einheitlich gelten soll; die übrigen 14 Kassen prakti- zierten das Kostenerstattungssy- stem. Vorerst bleibt es den Mitglie- dern dieser Krankenkassen freige- stellt, ob sie beim bisherigen Sy- stem bleiben wollen — dann wer- den sie ihre Rechnungen nach wie vor bei der alten Krankenkasse einreichen. Sie können aber auch das Sachleistungssystem wählen;
das geschieht dann dadurch, daß sie sich bei der Saub melden und sich den Arzt ihrer Wahl aussu- chen. Die Kassen arbeiten ohne- hin vorerst weiter, weil die fach- ärztlich-ambulante Versorgung noch nicht neu organisiert worden ist.
Man rechnet damit, daß eine ge- wisse Anzahl von Versicherten der Kostenerstattungskassen den Weg zur Saub deswegen finden wer- den, weil — und dies ist nach An- sicht der Region ein weiterer Vor- teil der Reform — erst jetzt die Möglichkeit gegeben ist, daß die Mitglieder einer Familie alle zum gleichen Arzt gehen — dies war in den Fällen bisher nicht möglich, wo verschiedene Familienmitglie- der verschiedenen Kassen mit ver- schiedenen Arztverträgen ange- hörten (ein Teil der Krankenkas- sen sind berufsständische oder Betriebskrankenkassen).
Die Region strebt an, eine durch- schnittliche Allgemeinarztdichte (Kinderärzte eingeschlossen) von einem Arzt auf 1000 Einwohner zu erreichen. Dazu müßten noch 1700 weitere Ärzte gewonnen werden.
Die jetzt unter Vertrag befindli- chen 7180 Ärzte machen 36 Pro- zent der Gesamtzahl der Ärzte in der Region aus.
Das neue System der Region soll bis Ende des Jahres laufen; An- fang 1980 hofft man, die Unitä sa- nitarie locali in Betrieb nehmen zu können. bt
FRANKREICH
Air France
vermittelt Nierenspenden
Die französische Fluggesellschaft Air France hat überschüssige Computer-Kapazität für die Orga- nisation von Nierentransplantatio- nen in Frankreich zur Verfügung gestellt. Auf einem Computer der Air France sind die persönlichen und medizinischen Daten sowie die betreuenden Ärzte aller derje- nigen Nierenpatienten in Frank- reich gespeichert, für die eine Nierentransplantation in Frage kommt. Der Computer ist mit 26 Bildschirmterminals in Frankreich, in der Schweiz, in Holland und in Spanien verbunden. Wenn an ei- ner dieser Stellen ein Nierenspen- der zur Verfügung steht, werden von dort aus die medizinischen und immunologischen Daten in das System eingegeben, und der Computer gibt dann in Sekunden- schnelle die für die jeweilige Spenderniere in Frage kommen- den Empfänger an. Die Patienten- liste wird täglich auf den neuesten Stand gebracht. In Frankreich werden zur Zeit etwa 500 Nieren- transplantationen jährlich durch- geführt, von denen die meisten durch dieses System mit der Be- zeichnung „France-Transplant"
vermittelt werden. Täglich gehen etwa zwei bis vier Anfragen bei der Rechenzentrale der Air France in Valbonne in Südfrankreich ein. uc
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 16 vom 19. April 1979 1107