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Archiv "Behinderung: Plädoyer für Infanticid" (23.09.1994)

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SPEK TRUM LESERBRIEFE

„Medizinverbrechen" schul- dig gemacht. Wir alle aber wissen, daß mehr als 300 bis 400 Ärzte in den damaligen Jahren Kriegsgefangenen und Menschen jüdischer Re- ligion geholfen, sie behandelt und beschützt haben, wann immer sie es konnten. In jüngster Zeit wurde ein An- gehöriger der SS wegen sei- ner damaligen Haltung ge- genüber Menschen jüdischer Konfession von der jüdischen Gemeinde in besonderer Weise geehrt.

Was die Euthanasie be- trifft, so wurde erst vor weni- gen Wochen in einem Nach- barstaat ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Was Versuche an Menschen be-

Behinderung

Zu der Buchbesprechung:

„Helga Kuhse und Peter Singer: Muß dieses Kind am

Leben

bleiben?" von Prof.

Dr.

Dr. Norbert Hoerster „Keine Euthanasie-Propaganda" in Heft 31-32/1994:

Plädoyer für Infanticid

Die Überschrift für Hoer- sters Artikel hätte statt:

„Keine Euthanasiepropagan- da" zutreffender: „Plädoyer für Infanticid" lauten müs- sen, denn Kuhse/Singer tre- ten in dem zweifellos gut ge- schriebenen Buch: „Muß die- ses Kind am Leben bleiben"

für die aktive Tötung von Kindern mit Mißbildungen und Down-Syndrom ein, und dies anhand von „suggestiv geschilderten realen Fall- beispielen", wie Hoerster schreibt. Wenn er der These eines der Autoren: uneinge- schränkte Abtreibungsrege- lung noch ohne Einschrän- kung zustimmt, dann steht er der These zwei: nur aktuell personalen Wesen steht ein Lebensrecht zu ablehnend gegenüber, weil dies rechtlich diskriminierend und — so meine ich — aus christlicher Sicht schlechthin inhuman ist. Oder sollte demnächst der Paragraph 2.2. unseres Grundgesetzes lauten: „Jede

trifft, so beschäftigten sie kürzlich die Presse Ameri- kas.

Diese Hinweise sollen in keiner Weise die von deutschen Ärzten begange- nen „Medizinverbrechen"

schmälern. Man schwieg da- mals und auch heute. Ich ha- be ganz bewußt die Veröf- fentlichungen des Deutschen Ärzteblatts vom 17. und 27.

Juni abgewartet. Meines Er- achtens schweigt man auch seitens unserer Kolleginnen und Kollegen, weil wir alle wissen, daß ein gegenseitiges Aufrechnen von Verbrechen während der Jahre 1939/1945 zu nichts führen wird . .

Dr. H. Schmidt, Planweg 40, 74743 Seckach

Person hat das Recht auf Le- ben und körperliche Unver- sehrtheit" und damit eine

„Personokratie" der Gesun- den und Starken begründen?

So ist Hoerster zuzustimmen, wenn er gegenüber Kuhse/

Singer im Interesse eines op- timalen Schutzes von Kin- dern, Geisteskranken und Schwerstbehinderten wenig- stens die Geburt als eindeuti- ge Grenze für das Recht des Menschen auf Leben fordert.

Die These drei: daß Ster- benlassen letztlich inhuman und aktives Töten schwer mißgebildeter Neugeborener die menschlichere Lösung sei, bejaht Hoerster wieder- um als Verfechter der Eu- thanasie, in Ablehnung eines

„Rekurses auf religiöse Dog- men" oder, wie Singer/Kuhse selbst schreiben: um „uns von den Mythen eines längst überholten, autoritären ethi- schen Kodex freizumachen".

Immerhin könnte man das Gebot: „Du sollst nicht tö- ten" als ethisch-philosophi- sches Postulat auffassen, wo- bei damit natürlich nicht nur uneingeschränkt das mensch- liche Leben, sondern auch der schonende Umgang mit tierischem und pflanzlichem Leben gemeint wäre, obwohl die Realität der Natur damit nicht völlig aus der Welt ge- schafft ist, daß Leben von an- derem Leben lebt. Die Son-

derstellung des menschlichen Tötungsverbotes kennzeich- nen Kuhse/Singer mit der schlimmen Analogie des

„Speziezismus", der dem Rassismus entspreche.

Wenn heute die Todes- strafe abgeschafft ist und auch das Töten in Notwehr nicht als Ziel abwehrender Reaktion gelten darf, dann sollte das Töten des Leiden- den nicht als Ausdruck des Mitleidens oder als Mittel der Leidvermeidung im Na- men einer „neuen Huma- nität" etabliert werden. Viel- mehr sollten die medizini- schen und sozialen Be- mühungen aktiviert werden, um Leidenden und Schwa- chen zu helfen — was übri- gens auch Kuhse/Singer aus- drücken, aber resignierend als unrealistisch angesichts der Situation in der Welt an- zusehen scheinen. Oder soll- ten wir demnächst unseren Ärzten in Ruanda nahele- gen, statt nur unzureichender Hilfe zur erlösenden Injekti- on bei Sterbenden überzuge- hen?

Wenn man sich Jahrzehn- te seines Berufslebens mit der Behandlung und Linde- rung des Leidens von Schwerstbehinderten, oft mit jahrelanger Beatmung, ab- gemüht hat, dann kommt es einem schwer an, sein Tun als inhuman bezeichnet zu fin- den, verbunden mit dem Vorschlag, man hätte besser zur lebensauslöschenden Spritze gegriffen. Der philo- sophische Versuch, die Un- terlassung weiterer Behand- lung im Sinne des Sterbenlas-

Widerspruch zum Grundgesetz

... Menschliches Leben sei nicht unter allen Umständen unantastbar: diese „These"

steht nicht nur im Wider- spruch zu abfällig erwähnten

„religiösen Glaubensannah- men", sondern auch im Wi- derspruch zu unserem Grundgesetz Artikel 1 und 2.

Die Gefährlichkeit der „The- se" zeigt sich auch in der anschließenden „Rechtferti-

sens sei dasselbe wie die Tö- tung durch einen intendier- ten Akt, verkennt, daß die Natur dem Menschen aufer- legt, geboren zu werden und sterben zu müssen. Dagegen zwingt sie uns nicht, Men- schen zu töten. Vielmehr for- dert sie von uns als Men- schen, helfend einander bei- zustehen, weil wir von Natur aus soziale Wesen sind, deren Leid zwar vermindert, aber auch nicht gewaltsam besei- tigt werden kann.

Im Leiden offenbart sich auch eine menschliche Seite, die man nicht einfach mit zy- nischer Ablehnung des viel- leicht zu leichtfertig benutz- ten „Sinns des Lebens" ab- tun kann. Schwer fällt es uns allen, ein Neugeborenes langsam sterben zu lassen.

Aber es wird nicht „liegenge- lassen", im Stich gelassen, wie dieser Ausdruck immer wieder nahelegen möchte, um dagegen den huma- nitären Akt der Tötung auf- zuwerten. Die oft langen Ta- ge des Sterbens, als Zeit ver- mehrter Zuwendung, guter Pflege und Anwendung schmerzstillender und beru- higender Möglichkeiten der Medizin verstanden, sind schwer durchzustehen, aber auch Anruf und Bekräfti- gung, daß der Mensch dem Menschen in weniger exi- stentiell bedrohten Situatio- nen beistehen soll. Einen sol- chen Aufruf höre ich nicht in der Aufforderung zum Infan- ticid.

Prof. Dr. G. Ruhrmann, Wohltorfer Straße 18, 21465 Reinbek

gung" über den Abtreibungs- modus, der in der Tat die Problematik der Grenzzie- hung beinhaltet. Es wird deutlich, daß „Dammbruch- gefahren" nicht nur drohen, sondern der Damm offenbar gebrochen ist.

Erfreulich, daß Professor Hoerster Neugeborene am Recht des Menschen auf Le- ben „partizipieren" lassen möchte.

Ich fürchte die Menschen, die über eine „genuine Ster- A-2454 (10) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 38, 23. September 1994

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LESERBRIEFE

behilfe im Interesse des Be- troffenen" entscheiden.

Ebenso fürchte ich Äußerun- gen über „Schicksale, die so hoffnungslos und leidgeprägt sind, daß ein Weiterleben für die betroffenen Kinder sinn- oder wertlos ist" und daß „in solchen Fällen" „ein schnel- ler Tod", also aktive Sterbe- hilfe, „häufig die humanere Lösung" sei.

Zum Schluß seiner Be- sprechung darf Hoerster die hochqualifizierten Einbecker

Umwelt

Zu dem Beitrag „Die Umwelt als Ursache von Erkrankungen" von Prof. Dr. med. Dr. h. c. Herbert Remmer in Heft 27/1994:

Mehr

Selbstbestimmung über Lebensumstände

Zunächst einmal möchte ich Ihnen dafür danken, daß Sie das Thema Umwelt als Ursache für Erkrankungen behandelt haben. Professor Remmer stellt eine interes- sante These für die Entste- hung der Multiple Chemical Sensitivity (MCS) vor: er be- schreibt sie als einen negati- ven, also für den Patienten schädlichen, Plazeboeffekt, ausgelöst durch die Behand- lung des Themas Umweltgif- te durch die Sensationspres- se und einige „gewissenlose Ärzte".

Dieser Plazeboeffekt wird verstärkt durch eine

„tief verwurzelte Daseins- angst", die ihre Ursachen im

„Verlust von ideellen Vor- stellungen und Wertmaßstä- ben" hat.

Dieser letzte Punkt ist von besonderem Interesse, weil sich aus ihm präventive Ansätze ergeben. Der Wer- teverfall unserer Gesell- schaft wird damit auch zu ei- nem gesundheitlichen Pro- blem, einem pathogeneti- schen Faktor. Wenn wir Ärz- te tatsächlich Gesundheit für unsere Patienten und uns

Empfehlungen über „Gren- zen ärztlicher Behandlungs- pflicht bei schwerstgeschä- digten Neugeborenen" her- abwürdigen.

Ich bin entsetzt über diese Buchbesprechung und dar- über, daß sie im Deutschen Ärzteblatt unkommentiert erscheinen durfte, ähnlich wie damals der Beitrag von Frau Kuhse.

Dr. med. Heidrun Falck, Ho- hensandweg 29, 40591 Düs- seldorf

selbst erreichen wollen, müs- sen wir auch die Verbesse- rung des gesellschaftlichen Umfeldes anstreben. „Ge- sundheitsförderung zielt auf einen Prozeß, allen Men- schen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Lebensumstände und Um- welt zu ermöglichen", hat die WHO in der Ottawa-Charta (1986) formuliert. Gesund- heit erhält hier eine politi- sche Dimension. Es wäre wünschenswert, wenn die Ärzteschaft in diesem Sinne einen unüberhörbaren Bei- trag in der gesellschaftlichen Diskussion leisten würde.

Geradezu ärgerlich sind in diesem Zusammenhang die Schlußbetrachtungen von Professor Remmer. Statt selbst klar und deutlich Posi- tion zu beziehen, möchte er der Sensationspresse einen Maulkorb verpassen. In sei- nem Schlußsatz betont er darüber hinaus die Notwen- digkeit des Einsatzes „che- mischer Stoffe" für „das Überleben der Menschheit".

Die chemische Industrie mag da begeistert zustimmen. Ich glaube allerdings, daß es nicht Aufgabe der Ärzte- schaft sein kann, für etwas anderes einzutreten als für Gesundheit. Gemäß der Ot- tawa-Charta bedeutet dies vor allem ein höheres Maß an Selbstbestimmung über die Lebensumstände. Bevor- mundung oder einseitige Parteinahme tragen dazu nicht bei.

Johannes Bayer, Herzberger Landstraße 22, 37085 Göt- tingen

A-2456 (12) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 38, 23. September

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