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Archiv "Harnwegsinfektionen: 2 Prostata-Diagnostik nicht vergessen" (19.11.1993)

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MEDIZIN DISKUSSION

Harnwegsinfektionen

1 Östrogensubstitution zur Infektsanierung

Der Autor hat zu Recht auf die Notwendigkeit einer exakten Harn- untersuchung als Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie hingewie- sen. Die Forderung nach einer mi- kroskopischen Sedimentuntersu- chung anstatt einer bloßen Beurtei- lung mittels Streifentest erscheint be- sonders wichtig.

Vermißt habe ich allerdings Hin- weise auf die — zumindest bei fragli- chem Befund des Mittelstrahlurins — notwendige Entnahme von Ka- theterurin beim weiblichen Ge- schlecht. In vielen Fällen lassen sich nur durch Gewinnung des Katheter- urins Harnkontaminationen von si- gnifikanten Harnkeim-Konzentratio- nen unterscheiden. Dies gilt insbe- sondere für das vom Autor erwähnte

„Urethralsyndrom", dem häufig eine durch pathogene Keime (oder aber Pilze, Chlamydien, Mykoplasmen, Trichomonaden) verursachte Fehl- besiedlung zugrunde liegt.

Eine primäre Abstrichuntersu- chung aus dem Vaginal- und Ure- thralbereich (vor Desinfektion!) und eine anschließende Entnahme von Katheterurin liefert beim Urethral- syndrom häufig den Nachweis einer vaginalen und urethralen Keimbe-

2 Prostata-Diagnostik nicht vergessen

Beim Lesen des vorzüglichen Artikels „Harnwegsinfektionen" ist mir eins aufgefallen: Bei der Erörte- rung des „Urethralsyndroms" wird ein Hinweis auf die Bedeutung der Prostatitis unterlassen.

Die Differentialdiagnose zwi- schen akuter Pyelonephritis und Pro- statitis findet in vielen Medizinischen Kliniken nicht statt, wie mir Interni- sten bestätigt haben. Die angege- benen Symptome der akuten Pyelonephritis können auch bei einer akuten Prostatitis auftreten: Rücken-

Zu dem Beitrag von

Prof. Dr. med. Arno E. Lison in Heft 44/1992

siedlung (bei gleichzeitig sterilem Katheterurin). Neben einer niedrig dosierten abendlichen Infektprophy- laxe als „Pille danach" ist dann eine gynäkologische Abklärung indiziert.

Häufig hat eine Veränderung des Vaginalepithels infolge Östrogen- mangel zur Veränderung der Schei- denflora geführt. Das Östrogenman- gelsyndrom betrifft dann gleichzeitig die Urethra (Urothelmetaplasien, Elastizitätsverlust der Urethralwand, distale Harnröhrenenge mit behin- dertem Auswaschmechanismus). Die vom Gynäkologen einzuleitende Östrogensubstitution ist bei diesem Mechanismus mit häufig rezidivieren- der Infektsymptomatik unverzichtba- rer Bestandteil einer Infektsanierung.

Prof. Dr. med. P. Carl Urologische Klinik Hauptkrankenhaus Perlasberger Straße 41 94469 Deggendorf

schmerzen, Fieber, Harndrang, Mik- tionsschmerzen, Leuko- und Bakteri- urie.

Diese fehlende Diagnostik hat mich in über 35jähriger Praxistätig- keit immer schon gestört. Jetzt im Ruhestand darf ich es sagen. Zum Glück ist die angegebene Therapie der akuten Pyelonephritis auch für eine akute Prostatitis geeignet, so daß es erst auffällt, wenn sich später eine chronische Prostatitis findet.

Andererseits: wenn hinter einer

„Urethritis" eine Prostatitis steckt, sind Tees und Ein-Tages-Behand- lung ohne größeren Erfolg, und die chronische Prostatitis ist vorpro-

grammiert. Daher ist Postata-Diag- nostik unerläßlich. In dieser Hinsicht waren die sonst so hervorragenden Ausführungen zu ergänzen.

Dr. Wolfgang Horn Urologe

Contrescarpe 65 28195 Bremen

3 Immunstimulation als Rezidivprophylaxe Mit großem Interesse haben wir den Aufsatz von Prof. Dr. Arno-E.

Lison über Harnwegsinfektionen ge- lesen. Das sehr sorgfältig und umfas- send geschriebene Referat enthält al- lerdings bedauerlicherweise in dem Abschnitt zur Rezidivprophylaxe kei- nen Hinweis auf die Möglichkeit ei- ner Immunstimulation, die bei rezidi- vierenden Harnwegsinfektionen oh- ne „präzipitierende" Faktoren zu ei- ner deutlichen Verminderung der In- fektrezidive, in vielen Fällen sogar zur Beschwerdefreiheit, führen kann

In einer ergänzenden Textpassa- ge im zugehörigen Editorial wird die orale Immunstimulation mit lysierten E.-coli-Fraktionen (Uro-Vaxom 9) in sehr engen Kontext zu einem ähnli- chen, jedoch parenteral zu verabrei- chenden Präparat gestellt. Hierzu möchten wir neben den bekannten Unterschieden bezüglich der Quali- tät und der Quantität potentieller Nebenwirkungen auf wesentliche Unterschiede in der Dokumentation zu beiden Präparaten hinweisen.

Für das parenteral zu verabrei- chende Immunstimulans gibt es tat- sächlich keine einzige publizierte Studie, die im Vergleich zu Plazebo und doppelblind durchgeführt wur- de. Nach unserem Kenntnisstand wurde nur über offene Studien be- richtet, bei denen zum Teil unbehan- delte Vergleichsgruppen als „Kon- trolle" dienten, wobei allerdings kei- ne randomisierte Gruppenzuteilung erfolgte.

Zu den in Uro-Vaxorne enthalte- nen lysierten Fraktionen ausgewähl- ter E.-coli-Stämme wurden dagegen bisher bereits die Ergebnisse von drei klinischen Prüfungen publiziert, die im Doppelblinddesign gegen Plazebo A1-3078 (56) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 46, 19. November 1993

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MEDIZIN

durchgeführt wurden, in einer Studie sogar mit einem intraindividuellen Wechsel zwischen Uro-Vaxom® und Plazebo, dem sogenannten Cross- over-Design.

Eine weitere plazebokontrollier- te Doppelblindstudie wurde kürzlich abgeschlossen und ausgewertet und zeigt, wie auch die vorangegangenen Prüfungen, eine Senkung der Rezi- divhäufigkeit von im Mittel rund 70 Prozent durch Uro-Vaxome mit einer signifikanten Überlegenheit gegen- über Plazebo. Diese Studie wird vor- aussichtlich noch in der ersten Hälfte des Jahres 1993 im „Journal of Uro- logy" veröffentlicht werden.

Daneben liegen zu Uro-Vaxom®

die Ergebnisse mehrerer offener kli- nischer Prüfungen vor, bei denen oh- ne Plazebokontrolle ein Vergleich des Status vor Therapie mit dem Sta- tus nach Therapie dokumentiert wur- de. Die Validität der Ergebnisse aus diesen Studien steigt dadurch deut- lich, daß die therapeutischen Erfolge sehr ähnlich ausfallen wie in den pla- zebokontrollierten Doppelblindstu- dien. Über die angesprochenen klini- schen Studien hinaus liegt eine Fülle von Veröffentlichungen zu experi- mentellen Untersuchungen vor, die zur Aufklärung der verschiedenen Angriffspunkte von Uro-Vaxom® in dem Immunsystem beitragen sollen und geeignet sind, den bisher noch nicht in allen Einzelheiten aufgeklär- ten Wirkmechanismus zu verstehen.

Auch wenn exakte Kenntnisse über den Wirkmechanismus mehr Si- cherheit in der Therapie vermitteln, so ist letztlich doch der klinische Nachweis der Wirksamkeit das maß- gebliche Kriterium für den Einsatz eines Präparates in der täglichen Pra- xis. Die Wirksamkeit von Uro-Va- xom® selbst ist, wie bereits oben er- wähnt, auf dem höchstmöglichen wis- senschaftlichen Niveau durch plaze- bokontrollierte Doppelblindstudien mit insgesamt 414 Patienten doku- mentiert. Die Ergebnisse der offenen klinischen Prüfungen umfassen ein Kollektiv von 718 Patienten.

Dr. H. Riederer Dr. G. Schreiber

Sanofi Winthrop GmbH Augustenstraße 10 80333 München

DISKUSSION

Schlußwort

In den vergangenen 20 Jahren haben wiederholte gründliche Analy- sen gezeigt, daß die Mittelstrahl- urin-Untersuchung praktisch in je- dem Falle ausreichend verläßliche Informationen über den Urin liefert (Voraussetzung: Auffangen in einem weithalsigen, keimarmen Einmalge- fäß; bei Frauen Spreizen der Scham- lippen, Auffangen des Mittelstrahl- urins wirklich aus dem laufenden Harnstrahl, ohne diesen zu unterbre- chen; beim Mann Zurückziehen des Praeputiums über die Glans-Penis).

Der diagnostische Blasenkatheter hat seinen Stellenwert völlig verlo- ren. In Abhängigkeit von dem Übungsgrad stellt er wegen der Ver- schleppung physiologischer Erreger in die Harnblase sogar ein Risiko für diese untersuchte Person dar. Herr Prof. Dr. U. Dubach aus Basel hat den in unberechtigter Weise noch weit verbreiteten Einsatz des Blasen- katheterismus zu diagnostischen Zwecken gerade beim weiblichen Geschlecht mit dem Begriff des „Se- xismus" zutreffend gekennzeichnet.

Bestehen Unklarheiten aus dem Er- gebnis des Mittelstrahlurins heraus, ist in jedem Falle die diagnostische suprapubische Harnentnahme (frü- her: „Blasenpunktion") zu empfeh- len. Beide Empfehlungen gelten ganz besonders für das von Herrn Carl er- wähnte Uretrahlsyndrom.

Die Bemerkung mit dem Hin- weis auf die Abstrichuntersuchung aus dem vaginalen und dem Ure- thralbereich möchte ich nachhaltig unterstreichen, jedoch dringend da- von abraten, gerade im weiblichen Genitalbereich mit „Desinfizienzien"

zu behandeln. Sie sind teuer, unnö- tig, den Betreffenden nur belästi- gend. Ein gleiches gilt auch für die in diesem Beitrag zu Unrecht empfohle- ne „Pille" danach. Unsere Empfeh- lung wäre, ehe man sich zu dieser wirklich letzten aller Möglichkeiten entscheidet, die vom Kollegen Carl empfohlenen diagnostischen Maß- nahmen unter allen Umständen vor- zuschalten. Insofern danke ich für diese Erinnerung!

Bei Herrn Kollegen Horn möch- te ich mich über den Hinweis auf die Prostatitis herzlich bedanken. Sie

stellt ja ein besonders schwieriges diagnostisches und therapeutisches Problem dar. Sie darf in einem sol- chen Beitrag nicht fehlen. Wegen der besonderen Problematik, besonders auch der chronischen Prostatitis, wä- re es wert, dieser Frage einen eige- nen Beitrag zu widmen.

Zum Problem der Wirksamkeit sogenannter Immunobiotherapeuti- ka wurde vom Hersteller ein ver- ständlicherweise einseitig ausgerich- teter Kommentar eingesandt. Zur Begründung der in dem Beitrag wie- dergebenen Thesen wurden drei Ar- beiten vorgelegt, die 1986 bezie- hungsweise 1990 veröffentlicht wur- den. In den wiedergegebenen Unter- suchungen wurde die Immunbiothe- rapie mit „aus Escherichia coli extra- hierten, immunstimulierenden Frak- tionen" gemeinsam mit einer intensi- ven antibakteriellen Therapie einge- setzt. Im Gegensatz zu den Interpre- tationen der Autoren ist bei kriti- scher Durchsicht der drei Publikatio- nen der Nachweis nicht geführt wor- den, daß für die unter Harnwegsin- fektionen leidenden Patienten wirk- lich eine Erleichterung erreicht wer- den konnte. So kommt auch in der 1990 publizierten sogenannten Cross-over-Studie der Autor selbst in seiner Diskussion zu der Meinung, daß in der zweiten Phase die Effekte der beiden Produkte (Verum/Plaze- bo) nicht leicht voneinander zu tren- nen sind. Zusätzlich ist zu beachten, daß für dieses in seiner Wirksamkeit wenig belegte Konzept (was muß man sich unter einem immunstimu- lierenden Extrakt aus Escherichia co- li, das man oral verabreichen kann, vorstellen?) Tagestherapie-Kosten von DM 2,29 zusätzlich entstehen.

Bei dieser Datenlage wird der kritische Leser nachvollziehen kön- nen, daß dieses in einer frühen Ent- wicklungsphase befindliche Konzept in einem Bericht über den aktuellen Kenntnisstand über Diagnose und Therapie von Harnwegsinfektionen nicht berücksichtigt werden konnte.

Prof. Dr. med. Arno-E. Lison Direktor der

Medizinischen Klinik III Klinikum für Innere Medizin Zentralkrankenhaus

St.-Jürgen-Straße 28205 Bremen

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 46, 19. November 1993 (57) A1-3079

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