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Archiv "Geriatrische Rehabilitation: Bruchhausen-Vilsen:Ein Modell mit Zukunft" (29.10.1993)

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Bruchhausen-Vilsen: Geriatrische Rehabilitation wohnortnah in freundlicher Atmosphäre Foto: Maus

THEMEN DER ZEIT KURZBERICHTE

Geriatrische Bruchhausen-Vilsen:

Rehabilitation

Ein Modell mit Zukunft

Während in Bonn unvermindert heftig über die Ausgestaltung und Finanzie- rung der Pflegeversicherung gestritten wird, hat eine kleine niedersächsische Gemeinde die Herausforderung Pflege längst auf ihre Weise angenommen.

In Bruchhausen-Vilsen, einem Luftkurort zwischen Bremen und Hannover, läuft seit einiger Zeit ein Modellprojekt, das bundesweit Schule machen könnte: die geriatrische Rehabilitation an der Schnittstelle zwischen statio- närer und ambulanter Versorgung. Das erklärte Ziel der Einrichtung ist es, Pflegebedürftigkeit zu vermindern, wenn möglich sogar zu verhindern.

D

aß die geriatrische Rehabili- tation aus ärztlicher Sicht ge- rade im überwiegend länd- lich strukturierten Nieder- sachsen an Bedeutung gewinnt, ist kein Zufall. Vielmehr gab ein Gut- achten im Auftrag des Landkreises Diepholz den Anstoß, nach neuen, zukunftsweisenden Wegen zu su- chen. Die zunehmende Alterung der Gesellschaft, stellt das Gutachten fest, ist im ländlichen Bereich beson- ders stark ausgeprägt. Mehr und mehr junge Menschen zieht es — zu- meist aus beruflichen Gründen — in die Ballungsgebiete. Zurück bleiben die Alten, deren Betreuung sowohl die Ärzte als auch andere therapeu- tisch wirksame Berufsgruppen vor große Herausforderungen stellt.

Gesucht werden demnach huma- ne und gemeindenahe Versorgungs- modelle, die an den speziellen Merk- malen der geriatrischen Rehabilitati- on ausgerichtet sind. In Bruchhausen- Vilsen ist unter diesem Blickwinkel ein Pilotprojekt begonnen worden, bei dem die Frage im Vordergund steht: Können auch niedergelassene Ärzte diese Aufgabe bewältigen?

Dr. med. Thomas Stamm, einer der Initiatoren des Projekts, ist inzwi-

schen davon überzeugt. Gemeinsam mit den drei ortsansässigen Allge- meinärzten und einem Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie betreut der Neurologe und Psychia- ter aus Nienburg die rund 90 Bewoh- ner und Patienten des Kur-Cen- trums. Während Dr. Stamm und sein internistischer Kollege aufgrund ei- ner Sondergenehmigung der Kassen- ärztlichen Vereinigung in dem Haus selbst eine Zweigpraxis betreiben, stellen die im Ort niedergelassenen Allgemeinärzte die ärztliche Versor- gung durch regelmäßige Hausbesu- che und tägliche Sprechstunden si- cher.

Das Modell Bruchhausen-Vilsen setzt jedoch nicht nur auf eine fach-

übergreifende Kooperation der nie- dergelassenen Ärzte untereinander, sondern auch auf Vernetzung der verschiedensten Angebote. Was zu- nehmend in der Gesundheitspolitik gefordert wird, nämlich eine mög- lichst große Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Versorgungsberei- chen, ist in der niedersächsischen Einrichtung bereits weitgehend ver- wirklicht. Die betroffenen älteren Menschen aus dem Einzugsbereich können schon jetzt zwischen sinnvoll abgestuften Betreuungsangeboten wählen. Hießen bis dahin die Alter- nativen Krankenhausaufenthalt oder häusliche Pflege innerhalb der Fami- lie, so ist das Versorgungsspektrum nunmehr wesentlich breiter und so- mit auch individueller angelegt.

Im Endausbau strebt das Kur- Centrum Bruchhausen-Vilsen ein na- hezu lückenloses Netz von stationä- ren, teilstationären und ambulanten Angeboten an, das den verschiede- nen Schweregraden der Betreuungs- bedürftigkeit gerecht werden soll.

Die erste Stufe wird die soge- nannte Tagespflege sein, eine Ver- sorgungsform, die in der Region bis- lang noch nicht praktiziert worden ist. Die im Aufbau begriffene Abtei- lung soll zwölf Plätze vorhalten und folgendes Leistungsspektrum umfas- sen: Hol- und Bringdienste in einem Einzugsbereich von maximal 30 Mi- nuten Fahrzeit pro Fahrt, Mahlzei- ten, pflegerische Versorgung, Be- schäftigungsangebote sowie thera- peutische und rehabilitative Leistun- gen.

Ar2842 (34) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 43, 29. Oktober 1993

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Kooperation und Vernetzung: Ergotherapie ist ein Baustein unter vielen

Behandlung am Schlingentisch Fotos (2): Kur-Centrum

THEMEN DER ZEIT

Für die Tagespflege kommen äl- tere Menschen in Frage, die nicht bettlägerig sind und entweder allein oder mit pflegenden Angehörigen le- ben. Bei einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes soll die Tages- pflege einerseits helfen, eine statio- näre Unterbringung zu vermeiden.

Andererseits setzt diese Versor- gungsform auch nach einem Kran- kenhausaufenthalt an — etwa mit pflegerischen und rehabilitativen Maßnahmen bei einer frühzeitigen Entlassung.

Die nächste Stufe ist die Kurz- zeitpflege. Sie ist auf höchstens sechs Monate befristet und kommt für Pa- tienten in Frage, die vorübergehend mehr Pflege benötigen, als sie zuhau- se von Angehörigen und ambulanten Diensten erhalten können. Dies kann beispielsweise durch eine akute Ver- schlechterung des Gesundheitszu- standes wie auch durch den kurzfri- stigen Ausfall der Hauptflegeperson verursacht sein. In Bruchhausen-Vil- sen wird zur Zeit ein entsprechendes Gästehaus mit insgesamt 37 Plätzen errichtet. Daneben bestehen bereits Stationen für die Schwerstpflege und Langzeitpflege.

Bei all dem kommt der engen Zusammenarbeit zwischen den nie- dergelassenen Ärzten und den Ange- hörigen anderer therapeutisch täti- ger Berufsgruppen eine herausragen- de Bedeutung zu. Durch die Koope- ration der betreuenden Ärzte mit den im Haus angesiedelten Fachpra- xen für Logopädie, Ergotherapie, Krankengymnastik und Physiothera- pie kann Bruchhausen-Vilsen auf ei- ne ganzheitliche Betreuung der be-

KURZBERICHTE

troffenen Men- schen verweisen.

Das übergeordnete Ziel aller Maßnah- men ist die weitge- hende Erhaltung der Selbständigkeit älterer Menschen, die ohne die ent- sprechenden Hil- fen ihr angestamm- tes Umfeld sehr viel früher auf Dauer verlassen müßten.

So vertritt Dr.

Thomas Stamm die

Auffassung, daß die Rehabilitation für den älteren Patienten nur in sei- nem sozialen Umfeld gelingen kann.

Er sagt: „Niedergelassene Haus- -und Gebietsärzte erleben das strukturelle Defizit an der Nahtstelle zwischen medizinischer Akutbehandlung älte- rer Menschen in geriatrischen Klini- ken sowie der Zuordnung zur dau- ernden häuslichen oder stationären Pflege als besonders schmerzend."

Zugleich wehrt sich der Neurologe gegen die in weiten Teilen der Öf- fentlichkeit vorherrschende Mei- nung, daß Krankheit und Behinde- rung im Alter mehr oder weniger re- signativ hingenommen werden müß- ten. Leben in den eigenen vier Wän- den wäre für weitaus mehr alte Men- schen länger möglich, wenn in Kri- sensituationen wirkungsvolle Hilfen wohnortnah zur Verfügung stünden.

Bruchhausen-Vilsen ist ein der- artiges Hilfsangebot, das zudem noch kostengünstiger wirkt als die meisten herkömmlichen Versorgungsstruktu-

ren. So liegt der Pflegesatz bei 144 DM gegenüber rund 350 DM im Krankenhaus. Für die Krankenkas- sen, die das Vorha- ben zunächst skep- tisch beobachtet hatten, es nun aber mit wachsender Zustimmung be- gleiten, ist dies ein durchaus interes- santer Aspekt. In- zwischen arbeiten alle Primärkassen

und auch die DAK mit der Einrich- tung vertraglich zusammen. Weitere Kassen haben Interesse bekundet.

Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen sieht darin wohl zu Recht eine Bestätigung ihres Enga- gements für die modellhafte Einrich- tung. Von Anfang an haben sowohl die KV- und Kammerführung als auch die Vorsitzenden der regiona- len Ärztevereine das Projekt nach Kräften unterstützt, um in der Öf- fentlichkeit zu verdeutlichen, „daß auch in einer nur vom Sparwillen ge- prägten Gesundheitspolitik durch Offenheit für neue Versorgungs- strukturen erhebliche Fortschritte in der dringend verbesserungsbedürfti- gen Versorgung älterer Patienten be- wirkt werden können".

Daß man in dieser Hinsicht in Bruchhausen-Vilsen auf dem richti- gen Weg ist, attestiert unter anderem Professor Dr. med. Füsgen, Inhaber eines Lehrstuhls für Geriatrie an der Universität Witten-Herdecke, nach einem Besuch: „Endlich gibt es eine vorzeigbare Einrichtung. Der statio- näre Bereich allein wird das Problem Geriatrie nicht lösen können, sie muß ortsnah in den ambulanten Sek- tor. Bruchhausen-Vilsen ist dafür ein gutes Beispiel." Josef Maus

Nähere Informationen zu dem Mo- dellprojekt Geriatrische Rehabili- tation in Bruchhausen-Vilsen bei:

Dr. med. Thomas Stamm Facharzt für Neurologie und Psychiatrie

Hafenstraße 2, 31582 Nienburg Fax 0 50 21/6 30 64

Al -2844 (36) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 43, 29. Oktober 1993

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