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ie Ärzteschaft hat sich anlässlich des Anhörungsverfahrens im Bundestagsausschuss für Gesund- heit und Soziale Sicherung am 9. April in Berlin dafür ausgesprochen, dass im Entwurf eines Änderungsgesetzes zum Fallpauschalengesetz noch Nachbesse- rungen erfolgen und die ärztlichen An- liegen stärker berücksichtigt werden.Prinzipiell erkennt die Ärzteschaft das Anliegen des Bundesgesetzgebers an, das im Jahr 2002 in Kraft getretene Fall- pauschalengesetz nach der Philosophie eines „lernenden Systems“ rasch zu re- vidieren und die noch zu kurz gekom- menen Tatbestände ausreichend zu berücksichtigen (Textkasten).
Unverändert kritisieren die Bundes- ärztekammer, der Marburger Bund, der Belegarzt-Bundesverband, der Chef- arztverband und die
Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fach- gesellschaften, dass der durch das Ge- setz vorgegebene Zeitraum zur Ein- führung des diagno- sebasierten Fallpau- schalensystems (Diagnosis Relat- ed Groups; DRGs) viel zu knapp be- messen sei und sich durch die Ersatz- vornahme des Bun- des der Trend zur staatlichen Regle-
mentierung verstärkt habe. Zudem sei durch das pauschalierende Entgeltsy- stem der Dokumentations- und Ver- waltungsaufwand enorm gewachsen, ohne dass eine ausreichende Re- oder Gegenfinanzierung durch die Kran- kenkassen gesetzlich garantiert werde.
Inzwischen sei das Gebot der Verhält- nismäßigkeit des Dokumentations- und Verwaltungsaufwandes längst überschrit- ten worden. Diese Zeit ginge der eigent- lichen ärztlichen Arbeit am Patienten verloren. Jedenfalls sei der Zusatzauf- wand wegen der angespannten Personal- situation und des immer größer werden- den Ärztemangels nicht zu bewältigen.
Die Bundesärztekammer vermisst, dass im Zuge der Einführung der Fall- pauschalen Bereitschaftsdiensteinsätze kostengerecht abgebildet und in den Sollkosten berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die bislang noch nicht in der Krankenhauspraxis er- folgte Bewertung und Bezahlung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Krankenhaus als reguläre Arbeitszeit (gemäß den Leitnormen des Urteils
des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000).
Darüber hinaus war bisher noch nicht der Aufwand der ärztlichen Wei- terbildung unter DRG-Bedingun- gen als Sonderfi- nanzierungstatbe- stand hinreichend berücksichtigt wor- den. Experten be- fürchten, dass in- folge des Festpreis- systems (admini- strierte, regionale Festpreise) und ei- nes quasi-wettbewerblichen Steue- rungssystems in der Krankenhauswirt- schaft die Weiterbildungsobliegenhei- ten vieler Krankenhäuser zum Erlie- gen kommen.
Als zu weitreichend und kaum mit dem Fallpauschalenentgeltsystem ver-
einbar hat die Bundesärztekammer die Mindestregelung gemäß § 137 Abs. 1, Satz 3, Nr. 3 SGB V bezeichnet. Min- destoperationsfrequenzen und Min- destleistungsvorschriften für Kranken- häuser seien in der Absolutheit und in der vollzogenen Verrechtlichung weder medizinisch noch gesundheitspolitisch begründbar.
Budgetneutrale Phase verlängern
Die Ärzteorganisationen schlagen fer- ner vor, die budgetneutrale Einfüh- rungsphase zu den für das Jahr 2003 geltenden Ausgleichsregelungen bis einschließlich des Jahres 2005 zu ver- längern. Auch die Ausgestaltung der Konvergenzphase und die Neujustie- rung der darin vorgesehenen Umver- teilung und Budgetbemessung müss- ten auf der Grundlage der Erfahrun- gen, die mit dem neuen Entgeltsystem bis Ende 2004 gesammelt werden, er- neut auf der Selbstverwaltungsebene diskutiert werden.
Die Ärzteschaft befürwortet im Übrigen die im Gesetzentwurf verfolg- ten Änderungen, insbesondere folgen- de Regulative:
> Flexibilisierung der Möglichkeiten zur besonderen Berücksichtigung von nicht DRG-gängigen Leistungen und Einrichtungen (gemäß § 17 b Abs. 1, Satz 15 und § 17 b Abs. 7, Satz 1, Nr. 4 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes);
> Erweiterungen um die Möglich- keiten der speziellen Berücksichtigung besonderer Einrichtungen sowie von Vereinbarungen von Zusatzentgelten;
>vollständige Entfristigung der Frist- verlängerung für Krankenhausentgelte gemäß § 6 Abs. 1 Krankenhausentgelt- gesetz. Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K
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A1234 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 199. Mai 2003
Krankenhäuser
Personalkosten komplett erfassen
Die Bundesärztekammer, der Belegarzt-Bundesverband, der Chefarztverband und die Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften verlangen Nachbesserungen beim Fallpauschalengesetz.
Diagnosebezogene Fallpauschalen
Einführungszeitplan
>In-Kraft-Treten Fallpauschalengesetz:
30. April 2002
>In-Kraft-Treten Krankenhausfallpauschalen- verordnung: 26. September 2002
>Fallpauschalen-Änderungsgesetz (geplant):
1. Juli 2003
>DRG-Einführung budgetneutral für Opti- onskrankenhäuser: 2003
>Obligatorische DRG-Einführung für alle Krankenhäuser (budgetneutral): 2004
>Konvergenzphase: 2005 und 2006
>Routinelauf des voll wirksam werdenden DRG-Systems: ab 1. Januar 2007