• Keine Ergebnisse gefunden

Zum Schutz der Leber

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Zum Schutz der Leber"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

104

PRAXIS

DIE PTA IN DER APOTHEKE | November 2020 | www.diepta.de

B

ereits in der Antike emp- fahlen der griechische Arzt Dioskurides und der römische Gelehrte Plinius die Mariendistel (Sylibum maria- num, Syn. Carduus marianus) gegen Schlangenbisse beziehungsweise als Gallemittel. Später holten kräuter- kundige Mönche Silybum marianum als Heilpflanze in die Klostergärten.

Im frühen Mittelalters wurde sie gegen vielerlei Beschwerden einge- setzt (z. B. Blutsturz, Krämpfe, flie- gende Hitze, Zahnschmerzen), galt aber auch schon als ein Heilmittel bei entzündeter und verstopfter Leber.

Doch erkannte erst der Arzt Johann Gottfried Rademacher im 19. Jahr- hundert ihre Bedeutung als Leber- therapeutikum.

Purpurrote Quasten Die Marien- distel ist eine ein- oder zweijährige Pflanze aus der Familie der Korbblüt- ler (Asteraceae), die bis zu 1,5 Meter (m) hoch werden kann. Ursprüng- lich ist sie im Mittelmeerraum behei- matet, wurde dann in viele Länder eingeschleppt. Auch bei uns ist sie gelegentlich verwildert anzutref- fen, wobei sie sich vorzugsweise an sonnigen, warmen und gleichzeitig

kargen Standorten ansiedelt. Ihre großen, buchtig gelappten, mit Sta- chelspitzen versehenen Blätter ste- hen wechselständig am unteren Teil der Stängel. Sie sind entlang der Ner- vatur charakteristisch weißlich ge- fleckt und marmoriert. Der Legende nach verdanken die Blätter ihre wei- ßen Streifen der Milch der Jungfrau Maria, die heruntertropfte, als die Gottesmutter das Jesuskind stillte.

Auch der deutsche Name Mariendis- tel sowie der Artname marianum gehen auf Maria zurück (von lat.

marianus = Marien-). Der Gattungs- name leitet sich von griech. silibon = Quaste ab und nimmt damit auf die Blütenform Bezug, die einer Quaste ähnelt. Von Juni bis August stehen an den Spitzen der geraden Stängel ku- gelförmige, etwa sechs Zentimeter große Blütenköpfe, die nur aus pur- purroten Röhrenblüten bestehen.

Die Hüllblätter sind zu kräftigen, stechenden Dornen ausgebildet. Aus den Körbchenblüten entwickeln sich kleine (sechs bis acht Millimeter lange, drei Millimeter breite), harte, braun-fleckige Früchte (Achänen), die als Flugorgan an ihrer Spitze einen glänzend weißen Pappus tra- gen.

Wirksame Früchte Arzneilich werden die vom Pappus befreiten reifen Früchte verwendet (Silibi marianae fructus). Sie stammen aus- schließlich aus Kulturen, die sich teilweise in Norddeutschland befin- den, vorwiegend werden sie aber aus Argentinien, China, Rumänien und Ungarn importiert. Die Früchte ent-

BOTANICALS

Die Mariendistel hat eine lange Tradition bei der Behandlung von Leber­

erkrankungen. Noch heute sind ihre Früchte in Form standardisierter Präparate ein anerkanntes Lebertherapeutikum.

Zum Schutz der Leber

© Werner Meidinger / iStock / Getty Images

(2)

105

DIE PTA IN DER APOTHEKE | November 2020 | www.diepta.de

halten Silymarin (bis zu drei Pro- zent), Flavone, pentazyklische Tri- terpene, fettes Öl (bestehend aus Fettsäuren wie Linol- und Ölsäure) und viel Eiweiß (circa 25 Prozent).

Ihre Wirksamkeit bei der Behand- lung von Lebererkrankungen ver- danken die Früchte dem Silymarin, einem Wirkstoffkomplex aus Sili- binin, Silidianin und Silicristin, drei miteinander isomerer Verbindungen, die zur Klasse der Flavonolignane zählen. Silymarin beziehungsweise dessen Hauptwirkstoff Silibinin wirkt leberschützend, indem er die Zell- membran der Leberzellen stabili- siert, sodass giftige Stoffe nicht mehr so gut in die Zellen hineingelangen können. Zudem beschleunigt er die Proteinsynthese in der Leberzelle über eine Stimulation der Aktivität der RNA-Polymerase I im Zellkern.

Damit regt er sowohl die Regene- ration der Leberzellen nach einer Schädigung als auch die Neubildung von Hepatozyten an. Darüber hinaus reagiert Silymarin mit oxidierenden und reduzierenden Radikalen (Radi- kalfängerfunktion) und trägt damit zum antihepatotoxischen und hepa- toprotektiven Effekt bei.

Standardisierte Fertigpräparate Mariendistelfrüchte werden heute zur Prophylaxe von toxischen Leber- schäden (z. B. durch Alkohol) sowie zur unterstützenden Behandlung bei chronisch-entzündlichen Leberer- krankungen und Leberzirrhose (z. B.

aufgrund verschiedener Hepatitis- Virus-Infektionen) eingesetzt. Diese Indikationen werden auch in den Monographien der Kommission E und der ESCOP für Mariendistel-Zu- bereitungen (nicht für die Droge!) genannt und sind damit medizinisch anerkannt. Dabei sollten standardi- sierte Fertigpräparate mit einem de- finierten Trockenextrakt aus Marien- distelfrüchten gewählt werden. Nur diese können eine antihepatotoxi- sche Wirksamkeit entfalten. Qualita- tiv hochwertige Präparate deklarie- ren das Drogen-Extrakt-Verhältnis (DEV), also die Menge der verwen- deten Droge im Verhältnis zum Ex-

trakt (DEV von 25-40:1 bis 60-70:1), und das lipophile Extraktionsmittel (Aceton, Ethylacetat oder Ethanol 96% V/V). Beide Angaben müssen im Beipackzettel stehen. Ebenso muss der Silymarin-Gehalt pro Ein- zeldosis genannt sein. Dieser wird als Silibinin berechnet. Als wirksam gelten Präparate, deren Tagesdosis 200 bis 420 Milligramm Silymarin beinhalten.

Spezial-Auszug als Notfallmedi- kament Eine Besonderheit ist der Einsatz spezieller Mariendistel-Zu- bereitungen (Ampullen) auf Inten- sivstationen. In Form von Infusionen kommt das wasserlösliche Derivat von Silibinin, Silibinin-C-2’, 3-bis (hydrogensuccinat), Dinatriumsalz, als Antidot bei lebensbedrohlichen Vergiftungen durch den Knollen- blätterpilz zur Anwendung. Die Infu- sionen sollten so früh wie möglich beginnen. Da die Knollenblätter-

pilztoxine aufgrund des enterohe- patischen Kreislaufs erst nach län- gerer Latenzzeit in die Leberzellen gelangen, kann der Zellmembran- schutz des Silibinins schon vorher aufgebaut werden und die Aufnahme der Toxine in die Zelle verhindern.

Keine Tees Daneben eignet sich die Droge, also die Mariendistel- früchte, laut Anwendungsgebiete der Monographie der Kommission E zur Behandlung dyspeptischer Be- schwerden, das heißt bei Völle- und Druckgefühl im Oberbauch. Um ausreichende cholagoge und spas- molytische Effekte zu erzielen, soll- ten vornehmlich alkoholische Aus-

züge (Tinkturen) verwendet werden.

Tee-Darreichungen sind nicht emp- fehlenswert, da der Silymarin-Kom- plex wenig wasserlöslich ist und damit nur in Spuren in einen Teeauf- guss übergeht. Ist ein Tee ausdrück- lich gewünscht, müssen die Früchte vor der Herstellung eines Aufgusses zerkleinert werden.

Zudem ist die Herba-Droge im Han- del. Mariendistelkraut wurde aller- dings von der Kommission E auf- grund fehlender Wirksamkeitsnach- weise negativ monographiert. Eine therapeutische Verwendung ist daher nicht anzuraten.

Fazit Die Verwendung der Droge hat nicht die gleiche Wirksamkeit wie das aufkonzentrierte Silymarin- gemisch in Mariendistel-Zubereitun- gen. Ist ein Leberschutz gewünscht, sind also standardisierte Präparate mit einer wirksamen Silymarin-Ta- gesdosis von 200 bis 400 Milligramm

zu empfehlen. Dies kann mit zuge- lassenen Fertigarzneimitteln gewähr- leistet werden, die in unterschied- lichen Dosierungen zur Verfügung stehen. Entsprechende Dosieremp- fehlungen sind zu beachten. Bei der Wahl eines Nahrungsergänzungsmit- tels gilt es zu überprüfen, ob sie den Qualitätsansprüchen genügen und somit überhaupt wirksame Wirk- stoffdosen realisierbar sind.  n

Gode Chlond, Apothekerin

Bestachelte Pflanzen aus der Familie

der Korbblütler (Asteracea)

werden als Disteln bezeichnet.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bei den Auftaktverhandlungen zeigte sich, dass die AKP-Seite sich noch nicht auf eine inter- ne Organisationsstruktur für die Verhandlungen geeinigt und entsprechende Mandate verteilt

Dem anfänglichen Gefühl der Neu- gier und des Ausprobierenwollens, weicht Beklommenheit, Entsetzen und Sprachlosigkeit, dass es so weit kommen konnte… Besser kann man sich

Die Einweisung und das Verweilen im Krankenhaus etwa können nicht gerechtfertigt sein, wenn die medizinische Versor- gung des Patienten auch unter ambulanten Bedingungen zu

Immer wieder wird das Thema Teilleistungsstörungen, wie die der Legasthenie oder der Rechenschwäche, nicht nur in der Schule vorstellig gemacht, sondern auch bei

„einen besonderen Charakter, durch eine Art eigener Geistessphäre, sie wenden andere Metho - den an, sie verlangen jede andere Menschen, Menschen von anderem Interesse, Menschen

Dagegen bestehen keine Bedenken, sofern den Patienten dadurch evaluierte Therapieverfahren nicht vorenthalten werden.. Solange keine evaluierte Studie über die

[...] Nach 2027 wird es weniger Ausnahmemöglichkeiten geben, da Verlängerungen nach Artikel 4 Absatz 4 nur in Fällen genehmigt werden können, in denen zwar alle Maßnahmen

Zudem fordert der BN drei weitere Schwerpunkte: (1) Der Schutz der Biodiversität und der Biotopverbund müssen als eigene wichtige Gewässerbewirtschaftungsfrage aufgenommen und