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Welche Droge passt zu mir?

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Welche Droge passt zu mir?

Ein Theaterprojekt nicht nur für Schüler

Hanna, 32, Hausfrau, IQ 120, müsste eigentlich glücklich sein. Sie hat einen berufstätigen Ehemann, einen siebenjährigen Sohn mit musikali- scher Leidenschaft und ein altes Haus, das sie in ein paar Jahren ihr Eigen nennen kann, wenn die Schul- den bezahlt sind. Klingt perfekt.

Doch Hanna ist nicht zufrieden. Fra- gen nach ihrer tiefsten Sehnsucht und ihrer größten Angst umgeben sie. Bis Hanna einem jungen Mann in der Bahn eine kleine, durchsichtige Tüte mit Tabletten zurückgibt, die ihm aus der Hose gefallen war.

Von da an ist sie fixiert auf den wun- dersamen Inhalt. Und als wäre es Schicksal, begegnen sich beide in ihrem Haus wieder. Sie hat Handwer- ker bestellt und er ist der Lehrling.

Vier Tage lang beobachtet sie ihn genauestens bis sie sich Seneca, ihres philosophischen Beraters, ent- sinnt: „Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht. Sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“

Hanna sieht nun ihre Chance in die- sem Lehrling. Sie sieht die Chance auf Veränderung und ergreift diese.

Ihre Einstiegsdroge ist eine einfache Tablette mit „niedlichen“ Motiven

darauf wie Herz oder Kaktus. Sie fühlt sich gut, hat Spaß. Der Haus- halt geht so flott wie nie, sie liebt Sohn und Mann. Aber wehe, wenn die Wirkung nachlässt. Der Beginn eines Teufelskreises.

Hanna lernt jetzt viel. Chemische Prozesse im Körper, vor allem im Kopf, interessieren sie besonders.

Doch es bleibt nicht nur bei einfa- chen Tabletten. Nein, die wohlsitu- ierte Hanna probiert alles Mögliche aus und lässt das Publikum an den Wirkungen teilhaben. Speed, wenn man Abnehmen möchte, Ecstasy für Zärtlichkeiten, Kokain für die heroi- sche Seite und Crystal Meth gegen tiefe Müdigkeit. Hanna stellt nun

gerne mitten in der Nacht Möbel um oder tanzt mit einer Flasche Sekt auf dem Dach. Der Zuschauer konnte bis hierhin noch an eine Einführung in den Drogen gebrauch glauben.

Doch die Probleme beginnen, als der Lehrling nicht mehr auftaucht und somit der Drogendealer verschwin- det. Hannas omnipotentes Hochge- fühl ist schnell weg, als sie bemerkt, ohne Drogen kann sie den Alltag nicht überstehen. Ein neuer Dealer muss gefunden werden. Die Sucht treibt Hanna in dunkle Parks oder schaurig entlegene Wohnviertel, um sich ihre Mittel zu beschaffen.

Der Zuschauer merkt, die Situation von Hanna ist gar nicht so wohlsitu- iert, wie es den Anschein macht.

Ihren Sohn, der öfter weinend aus der Schule kommt, weil Mitschüler ihn prügelten, kann Hanna nur noch unter Drogeneinfluss ertragen. Nur mit geweiteten Pupillen schafft es die Mutter ihrem Sohn Liebe entge- gen zu bringen, wenn er wieder ein- mal mit der Blockflöte übt. Und auch die Bedürfnisse ihres Ehemannes, der sich von ihr ein zweites Kind wünscht, kann sie nur unter Drogen ertragen.

In diesem Theaterstück geht es so weit, dass Hanna ungewollt schwan- ger wird und mit der Einnahme der verschiedensten Mittel, wie Kokain, Crystal Meth, Speed, LSD etc., ver- sucht, den ungeborenen Fötus zu töten.

Spätestens jetzt ist auch der letzte der jungen Zuschauer still geworden.

Durch die Nähe im Theaterraum ist der Verfall einer Frau körperlich spürbar. Gereiztheit, Erschöpfung, Elend und absolute Verzweiflung.

Am Schluss hat das Publikum eine verstörte Frau mit zerzausten Haaren und einem ärmlichen Blick vor Augen, deren Fassade endgültig zer- brochen ist.

Hanna, eindrücklich gespielt von Karina Schiwietz vom Ensemble La Vie, ist aber noch nicht am Ende, denn nach den Vorstellungen steht sie zusammen mit dem Regisseur und einem Vertreter der Kommission

„Sucht und Drogen“ der Sächsischen Landesärztekammer für Fragen zur Verfügung. In den Gesprächen wird eines sehr deutlich: Die jungen Gäste des Theaterstückes wollen die Lega- lisierung von Cannabis, denn „es nehmen sowieso alle. Und wäre es legal, dann wäre der Reiz weg und der Staat könnte die Zusammenset- zung des Stoffes kontrollieren“.

Alle Publikumsgespräche sind durch ein hohes Interesse am Thema, die Bereitschaft zur offenen Auseinan- dersetzung mit dem Stück und eige- nen Erfahrungen gekennzeichnet.

Dr. med. Thomas Barth, Chemnitz:

„Die Schüler und andere Gäste stellen interessiert Fragen und diskutieren miteinander ihre Sicht auf die Dro- genproblematik. Es war insgesamt eine sehr wichtige Veranstaltung, da

448 Ärzteblatt Sachsen 10 / 2017

Hanna verliert sich auf der Suche nach Glück. © Josef Zschornack

Gesundheitspolitik

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sowohl die im Stück dargebotene spezifische Sichtweise auf das Thema

‚Drogen und Sucht‘ als auch die kon- krete Darstellung die Anwesenden sehr beeindruckte und zum Nach- denken anregte. Das Theater stellt eine effektivere Möglichkeit der Aus- einandersetzung mit der Problematik in der Gesellschaft dar, als ein Vor- trag dies könnte, weil eben nicht ausschließlich ‚dagegen‘ argumen- tiert wird, gleichzeitig aber durch die Publikumsgespräche auch ein Podium für fachlich unterstützte Auseinandersetzung gegeben war.

Derartige Veranstaltungen sollten sehr viel mehr unterstützt und ge nutzt werden, um sich gerade im Jugend- bereich dem Thema zu nähern.“

Dr. med. Frank Härtel, Vorsitzender der Kommission „Sucht und Dro- gen“: „Ein sehr gelungener Abend!

Es ergänzen sich vortrefflich die Leis-

tungen einer brillanten und wand- lungsfähigen Schauspielerin, gute Regie und Wissen um den Abwärts- sog und die Tatsachen im Verlauf von Suchterkrankungen. Dabei greift das Stück über das Suchtfeld hinaus auf allgemein menschliche Konflikte und bettet das Suchtgeschehen in einen größeren Rahmen ein. Die individuelle Darstellung macht in ihrer Deutlichkeit teilweise sehr betroffen. Das interessierte Publikum war sehr bewegt, manchmal atemlos und aufmerksam dabei. In der Dis- kussion mit den überwiegend er - wachsenen Besuchern war zu spü- ren, dass allen das Gewicht des Dro- genproblems evident ist.“

Dr. med. Theresa Glöckler, Oberärz- tin, Klinikum Dresden-Neustadt: „Die Schauspielerin Karina Schiwietz als selbstbewusst mitten im Leben ste- hende Hanna, weckt mit ihrer kon-

frontierenden Direktheit in faszinie- render Präsentation der ‚Vorzüge‘

diverser illegaler Drogen die Neugier eines jeden Zuschauers. Man fühlt sich fast aufgefordert ihren Anleitun- gen zu folgen. Der glanzvolle Auf- bruch zu Neuem endet in einem zer- störerischen Desaster der Abhängig- keit, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Dem anfänglichen Gefühl der Neu- gier und des Ausprobierenwollens, weicht Beklommenheit, Entsetzen und Sprachlosigkeit, dass es so weit kommen konnte… Besser kann man sich diesem Thema nicht nähern.“

„Welche Droge passt zu mir?“ richtet sich vor allem an Schüler höherer Klassenstufen und kann auf Anfrage auch in anderen Regionen Sachsens zur Aufführung gebracht werden.

Anna Josefine Ryssel Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Ärzteblatt Sachsen 10 / 2017 449

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