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Verordnung der Lipidsenker

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Verordnung der Lipidsenker

Erweiterung der Arzneimittel- richtlinie

S. Fischer, J. Schulze, S. Bornstein Am 1. 4. 2009 ist eine Neufassung der Arzneimittel-Richtlinie in Kraft getreten, die der gemeinsame Bun- desausschuss in seinen Sitzungen am 18. 12. 2008 und am 22. 1. 2009

beschlossen hat. Nach dieser Richtli- nie, die für Ärzte in Deutschland Gesetzeskraft besitzt, konnten Lipid- senker (Punkt 35 der Arzneimittel- richtlinie) nur noch dann verordnet werden, wenn eine vaskuläre Erkran- kung bei einem Patienten bestand (KHK, cerebrovaskuläre Manifesta- tion, pAVK) oder ein hohes kardio- vaskuläres Risiko (über 20 Prozent Ereignisrate/10 Jahre auf der Basis der zur Verfügung stehenden Riskio- kalkulatoren) vorlag. Damit bestan-

den Verordnungseinschränkungen lipidsenkender Medikamente, die bei vielen Hausärzten, Kardiologen und Diabetologen zu erheblicher Verunsi- cherung geführt haben. Es waren besonders Diabetiker betroffen, deren kardiovaskuläres Risiko nicht generell über 20 Prozent Ereignis- rate/10 Jahre liegt, die jedoch auf- grund vieler nationaler und internati- onaler Studien und Empfehlungen von Fachgesellschaften als Hochrisi- kopatienten einzustufen sind. Auch Originalie

Ärzteblatt Sachsen 2 / 2010 65

AM-RL ARZNEIMITTEL FRAGEN und ggf. BEISPIELE

Nr.35 Lipidsenker

– ausgenommen bei bestehender vaskulärer Erkrankung (KHK, cere- brovaskuläre Manifestation, pAVK) – ausgenommen bei hohem kardio- vaskulären Risiko (über 20 % Ereig- nisrate/10 Jahre auf der Basis der zur Verfügung stehenden Risiko- kalkulatoren)

1. Was fällt unter „cerebrovaskuläre Manifestation“?

Schlaganfall und „TIA“

2. Welche Risikokalkulatoren können angewendet werden?

Die AM-RL enthält hierzu keine Vorgaben. Häufig angewandte Risiko- kalkulatoren sind beispielsweise der

– Procam Risikokalkulator – Esc Risikokalkulator

– Framingham Risikokalkulator

3. Ist für die quantitative Berechnung des kardiovaskulären Risikos das Ergebnis des Risikokalkulators als abschließend zu sehen?

Nein

Entscheidend für die Verordnung ist, dass – im Sinne des zweiten Spiegelstrichs – ein hohes kardiovaskuläres Risiko (d. h. das Risiko, in 10 Jahren ein kardiovas- kuläres Ereignis zu erleiden, beträgt mehr als 20 %) vorliegen muss. Nur dann ist gemäß der Arzneimittel-Richtlinie die Verordnung eines Lipidsenkers zu Las- ten der GKV möglich. Für die quantitative Berechnung des Risikos stehen Risiko- kalkulatoren, denen epidemiologische Untersuchungen mit unterschiedlichen Populationen zugrunde liegen, zur Verfügung wie beispielsweise der Procam- Gesundheitstest, der unter

http://www.assmann-stiftung.de/stiftungsinstitut/procam-test/procam-gesund- heitstest/

oder http://www.americanheart.org/presenter.ihtml?identifier=3003499 abgerufen werden kann.

Da mit den verfügbaren Kalkulatoren nicht alle Risikokonstellationen abgebildet sind, sind sie als Hilfestellung bei der Bewertung des individuellen kardiovaskulä- ren Risikos des Patienten zu verstehen. Gegebenenfalls sind zusätzlich patien- tenindividuelle Faktoren zu berücksichtigen. Beispiele hierfür sind:

– Patienten mit primärer familiärer Hypercholesterinämie haben ein hohes kar- diovaskuläres Risiko. Die primäre familiäre Hypercholesterinämie wird jedoch in den Risikokalkulatoren nicht als eigenständiger Faktor berücksichtigt. Das tat- sächliche Risiko liegt in diesem Fall höher als das mittels Risikokalkulator berech- nete.

– Nicht bei jedem Risikokalkulator geht eine Diabeteserkrankung als eigener Faktor in die Berechnung des Risikos ein. Epidemiologische Daten haben jedoch gezeigt, dass eine Diabeteserkrankung zu einer Erhöhung des kardiovaskulären Risikos führt. Bei einem Diabetespatienten liegt das tatsächliche Risiko höher als das mittels Risikokalkulator berechnete.

Deshalb ist in jedem Fall zu prüfen, inwieweit bei einem Patienten weitere kar- diovaskuläre Risikofaktoren in die Risikobewertung einzubeziehen sind und wie sie in Hinblick auf das Risiko ggf. auch individuell zu gewichten sind.

Eine Dokumentation der Verordnungsbegründung ist zu empfehlen.

Modifizierte Arzneimittel-Richtlinie, Anlage III, Stand 21.8.2009

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Patienten mit einer primären hetero- zygoten Hypercholesterinämie, einer Erkrankung mit ausgeprägter geneti- scher Prägung, die zweifelsfrei durch ein hohes kardiovaskuläres Risiko charakterisiert sind, hätten im primär präventiven Ansatz nicht mehr mit Lipidsenkern behandelt werden kön- nen. Das wäre für das weitere Schick- sal dieser Patienten bedrohlich gewe- sen, da das hohe kardiovaskuläre Risiko gerade dieser Patienten seit Jahren bekannt und in vielen Studien zweifelsfrei nachgewiesen ist. Diese Entscheidung hätte auch Patienten mit einer primären Hypertriglyzeridä- mie mit und ohne durchgemachter Pankreatitis betroffen. Sie hätten zum Beispiel bei Zustand nach Hyper- triglyzeridämie-induzierter Pankreati- tis nicht mehr mit einem Lipidsenker behandelt werden können. Fatale Folgen wären zu erwarten gewesen.

Patienten mit einem erhöhten Lipoprotein(a)-Wert > 600 mg/l, die ebenfalls durch ein massiv erhöhtes kardiovaskuläres Risiko gekennzeich- net sind, können aufgrund eines Beschlusses des Gemeinsamen Bun- desausschusses seit 01.01.2009 bei progredienten Gefäßerkrankungen

mit der LDL-Apherese behandelt werden, hätten aber im Vorfeld kei- nen Lipidsenker erhalten dürfen, um zum Beispiel den LDL-Cholesterin- Wert auf < 2,6 mmol/l zu senken.

Weiterhin wäre die Weiterverord- nung bei Patienten, die über Jahre mit Lipidsenkern aufgrund nationaler und internationaler Empfehlungen therapiert wurden, in Zukunft un - klar.

Deshalb haben sich im Juli 2009 die Fachkommission Diabetes Sachsen unter Federführung von Herrn Prof.

Dr. med. Schulze, Präsident der Säch- sischen Landesärztekammer, Herrn Prof. Dr. med. Müller-Wieland für die Deutsche Diabetesgesellschaft, die Deutsche Lipidliga und eine Gruppe deutscher Lipidologen, zum Beispiel Herr Prof. Dr. med. Windler (Ham- burg), Frau Prof. Dr. med. Steinha- gen-Thiessen (Berlin), Herr Prof. Dr.

med. Steinmetz (Andernach) und Herr Prof. Dr. med. Parhofer (Mün- chen) an den gemeinsamen Bundes- ausschuss gewandt, mit der Bitte um eine Überarbeitung der Arzneimittel- Richtlinie, die Lipidsenker betreffend.

Erfreulicherweise ist aufgrund dieser

Interventionen mit der Darstellung der hohen Gefährdungslage der Pati- enten mit erhöhten Lipidwerten im August 2009 eine Änderung dieser Verordnungsrichtline für Lipidsenker erfolgt (s. Tabelle S. 65). Es konnte eine wesentliche Verbesserung für unsere Patienten und auch für uns als behandelnde Ärzte erreicht wer- den, auch wenn vielleicht nicht alle unsere Wünsche komplett aufge- nommen wurden. Wir denken aber, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzestext, der verbindlich für alle Ärzte in Deutschland ist, arbeiten können. Wir freuen uns über diesen gemeinsamen Erfolg und bedanken uns noch einmal bei allen, die hier aktiv tätig waren und diese Ände- rung durch ihre Initiative ermöglicht haben.

Anschrift der Verfasser:

PD Dr. med. Sabine Fischer Bereich Diabetes und Stoffwechsel, Medizinische Klinik und Poliklinik III

Universitätsklinikum Dresden Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze Präsident der Sächsischen Landesärztekammer Prof. Dr. med. habil. Stefan Bornstein Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III, Universitätsklinikum Dresden

Originalie

66 Ärzteblatt Sachsen 2 / 2010

Buchrezension

„Verstehen und Helfen – Erkennt- nisse aus dem Krankheitserlebnis Diabetes mellitus“

von Dr. Hermann Raabe Verlag: Shaker Media GmbH ISBN: 978-3-86858-117-1 272 Seiten, Preis: 25,50 EUR

„Verstehen und Helfen“ – der Titel des Buches von Hermann Raabe sei eine Formel für die Bemühungen all derer, die chronisch kranken Men- schen in ihrem Leben mit der Krank- heit zur Seite stehen möchten. Es wendet sich an Familienangehörige und Freunde, Menschen aus dem sozialen Umfeld der Kranken ebenso wie an Mediziner und medizinisches Fachpersonal. Es will sagen: Wer hel- fen will, muss die Ängste und Nöte des Kranken verstehen, muss die Sig- nale erkennen, die er in seiner beson-

deren, sich immer wieder neu dar- stellenden psychischen Situation ver- mittelt. Das richtige Verstehen und Bewerten dieser Signale öffnet Tore zu einer förderlichen Kommunikation und zur Wegfindung. Die Fähigkeit dieses Verstehens und Kommunizie- rens ist eine wesentliche Vorausset- zung für das Entstehen einer dauer- haften Partnerschaftlichkeit zwischen Helfer und Hilfebedürftigen. Entsteht eine solche Partnerschaftlichkeit zwi- schen dem Arzt und seinem Patien- ten, so ist der Weg zu einer erfolgrei- chen Behandlung geebnet.

Dr. Raabe legt uns kein Buch vor, das aus theoretischen Überlegungen ent- stand. Seine Erkenntnisse und Aussa- gen sind vielmehr Ergebnis einer selbst gelebten Krankheitsbewälti- gung einerseits und eines erfolgreich praktizierten Arztlebens andererseits.

In seiner Person vereinen sich diese beiden Perspektiven auf das Leben

mit einer chronischen Erkrankung.

Daraus erwächst der besondere Wert des Buches.

Obwohl allgemeinverständlich ge - schrieben, ist das Buch doch wissen- schaftlich aufgebaut. Systematisch gegliedert und mit einer Vielzahl von Zitaten einschlägiger Literatur ist es wertvoll für jeden, der den aktuellen Stand der Medizin und der Psycholo- gie erfahren und für sich nutzbar machen möchte.

Der Untertitel des Buches verrät uns, dass das Leben mit Diabetes im Mittelpunkt steht. Das Geschriebene gilt aber nicht nur für diese, sondern ebenso für alle chronischen Krank- heiten. Auch aus diesem Grunde ist es jedem interessierten Leser sehr zu empfehlen.

Dr. rer. nat. habil. Rainer König, Machern

Buchbesprechung

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