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Klientenzentrierte Beratung als Handlungsmöglichkeit bei Generalisierter Angststörung

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Academic year: 2021

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Bachelorarbeit

Thema:

Klientenzentrierte Beratung als Handlungsmöglichkeit bei

Generalisierter Angststörung

Vorgelegt von:

Rico Draehmpaehl

Studiengang: Soziale Arbeit

Sommersemester 2016

Erstprüfer: Prof. Gabriele Taube- Riegas Zweitprüfer: Prof. Dr. Dr. Andreas Franke

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INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG 1

1. ENTSTEHUNG UND ERFORSCHUNG DER ANGST 3

1.1 PSYCHOANALYTISCHE THEORIE DER ANGSTENTSTEHUNG NACH FREUD 3

1.2LERNTHEORIEN 4

1.2.1LERN-THEORIE NACH EYSENCK 4

1.2.2MODELL-LERNEN NACH BANDURA 4

2. BEGRIFFE DER ANGST 5

2.1 NATÜRLICHE ANGST,FURCHT 5

2.2 PATHOLOGISCHE ANGST (ANGSTSTÖRUNG) 5

2.2.1PANIKSTÖRUNG 7

2.2.2PHOBIEN 8

3. GENERALISIERTE ANGSTSTÖRUNG (GAS) 9

3.1SYMPTOME DER GAS NACH DSM UND ICD 9

3.1.1SORGEN 10 3.1.2SORGENKETTEN 11 3.1.3METASORGEN 11 3.1.4EMOTIONEN 11 3.2DIAGNOSTIK 12 3.3KOMORBIDITÄT 12 3.4THERAPIE 13 4. KOGNITIVE VERHALTENSTHERAPIE (KVT) 14 4.1KLASSISCHE KONDITIONIERUNG 14 4.2OPERANTE KONDITIONIERUNG 15 4.3EXPOSITION (KONFRONTATIONSVERFAHREN) 15 4.4 MÖGLICHER THERAPIEVERLAUF 16 4.4.1 KOGNITIVE NEUGESTALTUNG 16 4.4.2SELBSTINSTRUKTION 17

4.4.3TRAINING DER BEWÄLTIGUNGSFERTIGKEITEN 18

4.4.4PROBLEMLÖSUNG 18

4.4.5FEHLATTRIBUTION 19

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5. KLIENTENZENTRIERTE BERATUNG/ GESPRÄCHSTHERAPIE NACH ROGERS 21 5.1ANFORDERUNG AN DEN KLIENTEN 22 5.2ANFORDERUNGEN AN DEN THERAPEUTEN 23

5.2.1KONGRUENZ 24

5.2.2 UNBEDINGTE WERTSCHÄTZUNG 24

5.2.3 EINFÜHLENDES VERSTEHEN 25

5.3MÖGLICHKEITEN BEIM KLIENTEN 25 5.4PROZESS DER KLIENTENZENTRIERTEN GESPRÄCHSTHERAPIE 26

6. DIE GAS IM KLIENTENZENTRIERTEN BERATUNGSGESPRÄCH (KZB)/ GESPRÄCHSTHERAPIE (GT) 29 6.1ERKENNEN DER GAS DURCH KZB/GT 30 6.2HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IN DER SOZIALEN ARBEIT 30

6.3KONTROVERSEN 33 7. ZUSAMMENFASSUNG 34 8. FAZIT 36 NACHWORT 39 LITERATURVERZEICHNIS 40 EIDESSTATTLICHE VERSICHERUNG 42

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1

Einleitung

Angst ist ein faszinierendes Thema, weil es jeden Menschen in irgendeiner Weise betrifft. Da sich bei mir vor allem vor der Bachelorarbeit selbst eine gewisse Angst zeigte, wollte ich es wagen, das Thema Angst einmal genauer und vor allem auf wissenschaftlicher Basis zu betrachten. Hierbei kam die Generalisierte Angststörung in meinen Fokus, welche mit der kognitiven Verhaltenstherapie scheinbar erfolgreich behandelt werden kann. Diesen Sachverhalt wollte ich näher untersuchen und erforschen inwieweit auch die klientenzentrierte Beratung auf eine Generalisierte Angststörung anwendbar ist, da ich im Verlauf meines Studiums ein großes Interesse für den personenzentrierten Ansatz nach Carl Rogers entwickelt hatte. Da ich mich mit dieser Sicht gut identifizieren kann, festigte sich bei mir zunehmend das Bedürfnis seine Theorien weiter zu ergründen. So entstand das Thema meiner Bachelorarbeit: Klientenzentrierte Beratung als Handlungsmöglichkeit bei Generalisierter Angststörung.

Die Angst ist einer der „ureigenen“ emotionalen Reaktionen der Menschen, auf gefahrvolle Situationen und existiert schon so lang es den Menschen auf der Erde gibt. Von den frühen Philosophen bis heute, beschäftigen sich die Menschen mit diesem urexistenziellen „Gefühl“ und entwickelten seither unterschiedliche Theorien zur Entstehung und mögliche Definitionen.

Ich gebe einen kurzen Einblick über die Erforschung der Angst und gehe anschließend auf drei Entstehungstheorien von Freud (psychoanalytische Theorie), Eysenck (Lerntheorie) und dem Modelllernen (Bandura) ein, um später die Begrifflichkeiten der Angst, Furcht, Panik und Phobie differenzieren zu können. Letztendlich gehe ich im nächsten Abschnitt auf die Generalisierte Angststörung (GAS) mit ihren Symptomen, Komorbiditäten und Therapieformen, detailliert ein.

Anschließend gehe ich auf die kognitive Verhaltenstherapie, als eine gängige Therapieform der GAS, genauer ein. Um auch ein Verständnis dafür zu zeigen, warum diese Therapieform besonders gut für die Generalisierte Angststörung geeignet ist, beleuchte ich hierbei auch die klassische und die operante Konditionierung, im Kontext der Therapie. Weiterhin gebe ich die Funktion und den Ablauf des Konfrontationsverfahrens wieder und stelle im Anschluß einen möglichen Therapieablauf dar.

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2 Danach beschreibe ich die Grundlagen nach Rogers Theorie, die klientenzentrierte Beratung und die Gesprächstherapie detaillierter mit ihrer wertschätzenden, empathischen und kongruenten Grundhaltung, um anschließend das Thema meiner Bachelorarbeit „Klientenzentrierte Beratung als Handlungsmöglichkeit bei Generalisierter

Angststörung“ zu bearbeiten. Hierbei gehe ich auf die Probleme der

Rahmen-bedingungen in Therapie und Beratung ein und zeige auch Grenzen der Beratung im Kontext der Sozialen Arbeit auf.

Abschließend stelle ich in meinem Fazit dar, welche Möglichkeiten und Visionen ich für die Zukunft in der Sozialen Arbeit sehe. Ich gebe einen groben Überblick über zwei Methoden/ Therapien und stelle diese kritisch im Kontext der Generalisierten Angststörung und im Rahmen der Sozialen Arbeit dar. Weiterhin zeige ich Möglichkeiten auf, wie die umfangreiche philosophische Weltsicht von Rogers letztendlich dabei helfen könnte, die Entstehung von psychischen Störungen von vornherein zu vermeiden.

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3

1. Entstehung und Erforschung der Angst

Viele Forschungen und Theorien zur Entstehung der Angst spiegeln wieder, dass diese starke Emotion schon immer ein wichtiger Bestandteil der Menschheit war. Es finden sich bereits Erklärungsansätze in der altgriechischen Philosophie woraus sich auch die Wortherkunft des Wortes Phobie ableitet (Phobos= Furcht).

Die Angst wird in verschiedenen Erklärungsansätzen beschrieben und begründet. Hierbei spielen neurobiologische, kognitive /gedankliche, erlernte und psychologische Faktoren eine Rolle.

Angststörungen sind ein Merkmal unserer Zeit, in welcher viel Unklarheit bezüglich der individuellen Zukunft besteht und viele soziale Situationen nach einem angelernten Bewertungssystem der Leistungsgesellschaft geprägt sind. Angst ist somit nicht unbedingt den unterschiedlichen Situationen angemessen. Sie manifestiert sich auf drei Ebenen: die neurobiologische Ebene, die subjektiven Empfindungen und das Verhalten. Hierbei steht die Kraft der Gedanken im Mittelpunkt, die in der Lage ist, biologische Prozesse in Gang zu setzten, sodass der Betroffene reale Angstsymptome aufweist, die sich zu einer Störung entwickeln können. 1

1.1 psychoanalytische Theorie der Angstentstehung nach Freud

Freud beschrieb als erster die Symptomatik der Angstneurose die bis heute sehr ähnlich im ICD-10 als Generalisierte Angststörung zu finden ist. Weiterhin beschrieb er auch eine gewisse Erwartungsangst, die allen Angststörungen zugrunde liegt.2

Unterschieden wird hierbei zwischen Objektangst und neurotischer Angst. Objektangst ist in diesem Falle die „natürliche“ Angst, wobei die neurotische Angst eine fehlgeleitete „frei flottierende“ Angst sei, die aus der Erwartung einer Gefahr heraus entsteht. Freud geht davon aus, dass Angst im direkten Zusammenhang mit, ins Unterbewusste verdrängten, sexuellen Trieben steht. Auch unterscheidet er erstmals zwischen Furcht und Angst, wobei er die Angst als eine innere, aus einem Triebwunsch resultierende Bedrohung beschreibt , wohingegen er die Furcht als natüliche Angst beschreibt (siehe 2.1).3

1 vgl. (Morschitzky, et al., 2010 S. 17f) 2 vgl. (Morschitzky, 2009 S. 22-24) 3 vgl. (Rachmann, 2000 S. 79-83) (Huber, 1992 S. 70f)

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1.2 Lerntheorien

Die Theorie der Lernprozesse geht auf Konditionierungsprozesse nach Pawlow zurück und wurde u.a. von Beck aufgegriffen und verfeinert. „Im Kern besagt der lerntheoretische Ansatz, dass Ängste durch Konditionierung und Lernprozesse erworben werden und dass diese erworbenen Ängste ihrerseits Flucht- und/oder Vermeidungsverhalten generieren.“ 4

1.2.1 Lern- Theorie nach Eysenck

Eysenck 5 geht in diesem Modell davon aus, dass Ängste konditioniert und somit erlernt werden können. Nach dieser Theorie ist die Entstehung der Angst darauf zurückzuführen, dass ein traumatisches Ereignis oder mehrere subtraumatische Ereignisse stattgefunden haben. Ausschlaggebend hierbei ist, dass ein neutraler Reiz mit einem angstmachenden Reiz (Trauma) verknüpft wird, was dazu führt, dass dieser neutrale Reiz immer wieder eine Angstreaktion hervorruft.

1.2.2 Modell-Lernen nach Bandura

Albert Bandura geht davon aus, dass vorgelebte Modelle (Verhalten) erlernt und angeeignet werden.6 Es wird von einem kognitiven Lernprozess ausgegangen, wobei

Beobachtungen verinnerlicht werden. So kann auch eine Angststörung z.B. erlernt werden, wenn wichtige Bezugspersonen diese aufzeigen. Der therapeutische Ansatz geht somit davon aus, dass der Therapeut oder Mitpatienten in der Gruppe Verhalten zeigen, das vom beeinträchtigten Patienten erlernt werden kann. Im Optimalfall wird dieses neu erlernte positive Verhalten durch positives Feedback des direkten sozialen Umfeldes verstärkt.

4 vgl. (Rachmann, 2000 S. 71) 5 vgl. (Rachmann, 2000 S. 71-74) 6 vgl. (Radkovsky, et al., 2012 S. 33f)

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2. Begriffe der Angst

In den folgenden Abschnitten gebe ich zuerst einen kleinen Überblick über verschiedene Begrifflichkeiten der Angst und der Angststörungen, die zur weiteren Definition der Generalisierten Angststörung und zur Abgrenzung letzterer von anderen Störungen wichtig sind.

Die beiden Begriffe Angst und Furcht finden im alltäglichen Sprachgebrauch meistens für den gleichen Zustand Verwendung, sind allerdings im psychologischen Sinne voneinander zu trennen.

2.1 natürliche Angst, Furcht

Furcht als emotionaler menschlicher Gefühlszustand, ist überlebenswichtig und tritt in lebensbedrohlichen Situationen auf, wobei sie sich immer auf ein klar identifizierbares Objekt oder eine Situation bezieht. Auf die Zukunft ausgerichtet, wirkt sie instinktiv oder mental zum Schutz vor Gefahren. Werden diese als bedrohlich wahrgenommenen, kommt es entweder zur Vermeidung oder zu Überwindungshandlungen. Dieser Urinstinkt des Überlebens ist ein biologisches Warnsignal, was den Körper aktiv in Alarmbereitschaft versetzt und die Aufmerksamkeit erhöht, wobei diese Reaktion auf die bestimmte Situation zeitlich und auf den Reiz beschränkt ist. Daraus resultieren drei affektive Möglichkeiten der Handlung: Angriff, Flucht oder Erstarrung. Um diese Handlungsmöglichkeiten schnell durchführen zu können, reagiert der Körper mit erhöhter Herzfrequenz und beschleunigter Atmung, sowie Schweißabsonderung zur Kühlung des Körpers. Weiterhin werden die Muskeln angespannt, die Pupillen erweitert und „überflüssige“ Funktionen wie der Magen-Darm-Trakt heruntergefahren.7

2.2 pathologische Angst (Angststörung)

Ist der angstauslösende Stimulus innerhalb der Gedanken, Phantasien und Gefühle objektiv als unbedrohlich identifizierbar und löst dennoch die in Punkt 2.1 beschriebenen Reaktionen aus, so ist die Angst pathologisch, denn sie stellt eine unangemessene Antwort auf die tatsächliche Situation dar. Da es keine konkrete Bedrohung gibt, ist es nicht möglich, eine konkrete Bewältigungsstrategie auszulösen, so wie es bei der Furcht der Fall

7

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6 ist. Die im Gegensatz zur Furcht anhaltenden körperlichen Reaktionen, können bei der pathologischen Angst plötzlich und ohne Objekt bzw. Situation auftreten. Eine erhöhte Wachsamkeit (Vigilanz) für mögliche neue gefahrvolle Situationen besteht.8 Diese Vigilanz, fokussiert den Betroffenen somit noch mehr auf die angstauslösende Situation und eröffnet einen Kreislauf der Angst. Eine Angst nach Morschitzky (2009) ist pathologisch, wenn die Lebenseinschränkungen ein erhöhtes Maß annehmen und einige Kriterien erfüllen. 9 Zum Beispiel:

x zu langes Andauern

x nach Beseitigung der Bedrohung andauernd x ohne reale Bedrohung auftretend

x keine vorhandenen Bewältigungsstrategien

Die Symptome bei Angststörungen sind sehr vielfältig, weshalb hier nur ein Überblick über die groben Einschränkungen der einzelnen Funktionen nach Flöttmann (2000) 10 und Morschitzky (2010) 11 gegeben wird.

x Veränderung der Körperfunktion

Die Auswirkungen auf den Körper sind sehr umfangreich und führen sogar dazu, die Angst an sich nochmals zu verstärken. Das können zum Beispiel Schwindel, Unruhe, Brechreiz, Muskelverspannung, Schweißausbrüche, Harndrang und viele weitere mehr sein.

x Veränderung der Verstandesfunktion

Der erhöhte Erregungszustand und das „Nicht-Verdrängen“, schränken das Wahrnehmungsspektrum stark ein und führen unter anderem dazu, dass die Konzentration und die intellektuelle Fähigkeit (Blackout) sinken.

Das Verhältnis von innerlich erlebter, angsterfüllter Wahrnehmung kann kaum noch von der realen Außenwelt unterschieden werden. Gedankliche und emotionale Prozesse schränken die rationale Urteilsfähigkeit der des Betroffenen ein, sodass sich daraus eine erhöhte Erwartungsangst ergibt.

8 vgl. (Rachmann, 2000 S. 12) 9 vgl. (Morschitzky, 2009 S. 21) 10 vgl. (Flöttmann, 2000 S. 26-31) 11 vgl. (Morschitzky, et al., 2010 S. 17f)

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7 x Veränderung des Verhaltens

Bei der pathologischen Angst zeigen sich einige Mechanismen der natürlichen Angst in abgewandelter Form, zum Beispiel die Bewältigungsstrategie der Vermeidung (Flucht). Die Vermeidung führt dazu, dass angstauslösende Situationen umgangen werden und somit die Angst immer latent bestehen bleibt. Panik, Erstarrung oder auch Regungslosigkeit sind weitere Verhalten die auftreten können.

2.2.1 Panikstörung

Der Begriff Panik kommt aus dem griechischen, vom Gott Pan, der mit seinem Geschrei Tiere und Menschen zu Tode erschreckte, welche dann in Panik verfielen.12

Panikanfällen gehen meist Stressoren voraus, durch die sie das erste Mal ausgelöst werden. Stressfaktorenkönnen körperlichen, familiären, sozialen, sozioökonomischen, ökologischen und psychischen Ursprungs sein, wie z.B. Verlustereignisse, Lebensereignisse, starke Emotionen, Zukunftsängste, hormonelle Störungen etc…13

Die Panikstörung ist eine Periode intensiver Angst (die nach ca. 10 Minuten ihren Höhepunkt erreicht) oder Unbehagen (Attacke), die durch stark ausgeprägte körperliche Symptome begleitet wird. Hierbei kann auch noch zwischen situationsbegünstigter und spontan unerwarteter Panik unterschieden werden.14 Diese Attacke wird meist von Herzklopfen, Schwindel oder auch Engegefühl in der Brust begleitet und hat keinen direkten Auslöser, was zu einer gewissen Erwartungsangst führt. Diese Angst ist „frei flottierend“ 15 und stimuliert weiterhin die oben genannten Symptome. Durch die intensive Selbstwahrnehmung der eigenen Körperfunktionen- oder Reaktionen während der Panikattacke, wodurch eine ständige Aufmerksamkeit für die nächste Attacke vorherrscht, geraten die Betroffenen immer wieder in einen „Abwärtsstrudel“. 16

Bei der Panickattacke sind auch kognitive Muster wie Angst zu Sterben, Angst, verrückt zu werden oder auch die Angst, die Kontrolle zu verlieren vorhanden.

12 vgl. (Morschitzky, 2009 S. 43) 13 ebd. S. 57 14 ebd. S. 44 15 vgl. (Rachmann, 2000 S. 32f) 16 vgl. (Margraf, et al., 2000 S. 4-5)

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8

2.2.2 Phobien

Phobien sind sehr spezifische Ängste, die sich auf Gegenstände, Tiere oder ganz bestimmte Situationen beziehen. Die Angst tritt nur im Zusammenhang mit dem entsprechenden Gegenstand, bzw in der entsprechenden Situation auf und ist an diese gebunden. Resultat daraus ist, dass der Phobiker diese angstauslösende Situation meidet.17 Es kann zwischen zwei Arten von Phobien unterschieden werden:

x zum einen gibt es die monosymptomatischen spezifischen Phobien wie z.B.

Spinnenphobie

x zum anderen die multiplen Situationsphobien wie die Agoraphobie oder die Klaustrophobie

Einigen Phobien begegnen die Betroffenen mit zwanghaften Kontrollversuchen, wie z.B. permanentes Händewaschen (bei einer Phobie vor Ansteckung mit Keimen), was eine Komorbidität mit Zwangsstörungen verursachen kann. Zu Panickattacken kommt es, wenn z.B. der Reiz von dem Objekt oder der Situation zu hoch wird. Dies ist beispielsweise oft in Komorbidität mit der Agoraphobie der Fall, wenn zu der Phobie eine Panikstörung dazukommt. Den Betroffenen ist diese Phobie zwar bewusst, aber die damit gekoppelte irrationale Vermeidungsstrategie kann nicht von ihnen kontrolliert werden.18

17

vgl. (Flöttmann, 2000 S. 22f) 18

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3. Generalisierte Angststörung (GAS)

Die GAS ist gekennzeichnet durch eine latent vorhandene Angst über mehrere Monate, die meist ohne äußere Auslöser hervorgerufen wird. Allgemeine Lebensumstände führen u.a. zu einer Grübelneigung, vegetativer Übererregtheit und motorischer Spannung. Betroffene machen sich Sorgen über alle möglichen Ereignisse und beziehen sich dabei auf Gesundheit, Angehörige, existenzielle Bedürfnisse, Beziehungen und vieles mehr.19

Freud sprach als Erster von einer allgemeinen Reizbarkeit und ängstlicher Erwartung, diese Angst ist „frei flottierend“, was eine sich ständig neu aufbauende Erwartungsangst erzeugt. Diese bezeichnet er als Angstneurose.

Diese Beschreibung der Angstneurose bildet unter dem Namen GAS nach der Differenzierung zur Panikstörung und anderen Angsterkrankungen eine Art „Restkategorie im ICD-10“. Da die GAS bisher wenig erforscht ist und die Diagnostizierung manchmal aufgrund der Verwechselbarkeit mit anderen psychischen Störungen fehlläuft, war die Rate der Erkrankungen relativ gering. Als Restkategorie nimmt die GAS, wenn alle anderen Angststörungen ausgeschlossen werden können, an Bedeutung in der Diagnostik zu.20 Zur Entstehung können folgende Punkte eine wichtige Rolle spielen, zum einen wird von sogenannten Vulnerabilitätsfaktoren (Anfälligkeit) gesprochen, wobei bezüglich der Vulnerabilität noch nicht erforscht ist, ob sie vererbt werden kann. Zum anderen sind auch auslösende Faktoren möglich. Diese können z.B. Lernerfahrungen in der Kindheit sein, bei denen von Bezugspersonen Modelle zur Angstbewältigung und deren Umgang mit Konfliktsituationen übernommen werden.

3.1 Symptome der GAS nach DSM und ICD

Es gibt zwei „Kataloge“ zur Diagnostik:

x das DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) welches sich in den USA durchgesetzt hat

x das ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health

Problems) als internationales System.21

19 vgl. (Huber, 1992 S. 85f)

20 vgl. (Morschitzky, 2009 S. 68-71) (Margraf, et al., 2009b S. 88) 21 vgl. (Margraf, et al., 2009b S. 189f)

(13)

10 Laut DSM-IV neigen Klienten die unter einer GAS leiden unter einem erhöhten Angstlevel, was zu einem ständigen Anspannungsniveau mit Ruhelosigkeit, Kontrollverlust, schneller Ermüdbarkeit, Reizbarkeit, Muskelanspannung, Konzentrationsstörungen und Schlaf-störungen führt. Diese Anspannung steigert sich zu sogenannten Sorgenketten, wobei die Sorgen nicht zu Ende gedacht werden. Außerdem ist im DSM-IV von exzessiver Angst und Sorge die Rede wobei drei von diesen o.g. sechs Symptomen gegeben sein müssen, was ein Unterschied zum ICD-10 ist.

Im ICD-10 gibt es 22 mögliche Symptome22, in den Bereichen vegetativ, Thorax und Abdomen, psychisch, allgemeine, Anspannung und unspezifische Symptome, von denen mindesten vier insgesamt und eins im ersten Bereich der vegetativen Symptome vorhanden sein muss. Des Weiteren ist zur Diagnostik einer GAS wichtig, dass genannte Symptome mindestens seit sechs Monaten aufgetreten sein müssen. Um die GAS klar abgrenzen zu können, müssen organische und andere psychische Krankheiten ausgeschlossen werden.23

Angestrebt wird auch, dass im nächsten ICD die Eigenschaft der GAS um den Punkt der „Unkontrollierbarkeit“ zu erweitern. Bei der GAS zeichnet sich außerdem ein Hang zum

Katastrophisieren und ein Vermeidungsverhalten ab, wenn z.B. belastende

Lebens-ereignisse eintreten.

3.1.1 Sorgen

Die permanenten Sorgen um alle möglichen „bedrohlichen“, zukünftigen Lebensereignisse, können auf der einen Seite physiologische Erregung beschränken, führen jedoch durch die abstrakte Beschäftigung mit den selbigen, auf der anderen Seite zu einer Verstärkung. In diesem Zusammenhang ist die „selbst fokussierte Aufmerksamkeit“ zu nennen, welche bei Personen mit Angststörungen sehr hoch ist.24

Durch die Adaption der Sorgen ins Leben, ist den Betroffenen oft gar nicht klar, dass es sich um eine Angststörung handelt, weil sie nur von ihren äußeren Erscheinungen wie Schlaflosigkeit und Anspannung berichten und diese meist vordergründig wahrnehmen.

22 vgl. (Becker, et al., 2005 S. 4-6) 23 vgl. (Morschitzky, 2009 S. 70) 24 vgl. (Rachmann, 2000 S. 52)

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11

3.1.2 Sorgenketten

Im Allgemeinen springen Betroffene schnell von einem Thema zum anderen, um von ihren „Sorgen“ abzulenken, welche manchmal nicht so leicht von Alltagsherausforderungen unterscheidbar sind. Dies führt dazu, dass die GAS meist erst spät erkannt wird. Gerade Patienten mit GAS verstricken sich in ihren selbst erschaffenen Sorgenketten und finden keinen Ausweg. Diese Sorgenketten werden besonders schnell geknüpft und erzeugen bildhafte Situationen, die lediglich von den eigenen Emotionen ablenken, was wiederum dazu führt, dass keine Habituation erfolgen kann. Diese Sorgenketten führen soweit, dass die eigenen belastenden Emotionen nicht verarbeitet werden können und dabei immer wieder Gedanken bewusst werden, für die es nur vermeintliche Kontrollstrategien gibt. Durch diese Strategien, wie Gedankenunterdrückung, Rückversicherung, Vermeidung uvm., werden Sorgen noch stärker manifestiert.

3.1.3 Metasorgen

Desweiteren kommt es oft noch zusätzlich zu sogenannten Metasorgen - die Sorge um die Sorge. Wobei Gedanken wie „Ich werde noch krank durch meine Sorgen“ und Ähnliches auftauchen können. Diese Sorgen können, bzw. sollen als erstes mit der kognitiven Verhaltenstherapie aufgearbeitet werde.

3.1.4 Emotionen

Wenn auf der einen Seite von den störungsspezifischen Ansätzen ausgegangen wird, ist auf der anderen Seite ein Ansatz in der Forschung zu erkennen, der auf eine Gesamtbehandlung der störungsspezifischen Diskrepanzen einer GAS eingehen soll. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Emotionsregulierung 25eine Hauptursache bei der GAS darstellt. Hierbei werden bestimmte Emotionen vermieden oder auch über,- bzw unterbewertet.

Sorgen werden als Möglichkeit gesehen, die Emotionen zu unterdrücken oder zu eliminieren, wobei Emotionen rein auf der Verstandesebene bearbeitet werden. Dies führt dazu, dass Emotionen nicht intensiv erlebt werden können. Diese rein kognitive Bearbeitung unterdrückt die wichtige Funktion der Emotionen, nämlich Handlungen und Entscheidungen besser treffen zu können. Weiter noch verhindert sie intensive Emotionen

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12 anzunehmen und zu durchleben. Der Umgang mit diesen intensiven Emotionen fällt den GAS-Betroffenen sehr schwer und wird von ihnen höchstwahrscheinlich anders wahrgenommen als bei Nicht-Betroffenen. Diese Emotionsregulation, die Verschiebung der Aufmerksamkeit, kognitives Verhalten und Kontrollversuche, sind Strategien und Handlungsweisen, die zur Beständigkeit der GAS beitragen.26

3.2 Diagnostik

Die Problematik der Diagnose besteht darin, dass Menschen die unter einer GAS leiden meist von Ärzten fehldiagnostiziert werden, weil sie zumeist nur von ihren körperlichen Symptomen berichten, wie z.B.: Schlafstörungen oder auch Ruhelosigkeit uvm., was zur Diagnostizierung von einer Depression führen kann. 27

Der erste Schritt, um eine möglichst effektive Therapie durchführen zu können, ist erst einmal, mögliche organische Ursachen für eine GAS auszuschließen (z.B. Schilddrüse). Des Weiteren muss eine genaue Abgrenzung zu anderen Störungen erfolgen, bzw. mit diagnostiziert und einplant werden (Differentialdiagnostik).

3.3 Komorbidität

Da eine Komorbidität zu anderen psychischen Störungen, wie z.B. Depression, anderen Angststörungen, Zwangsstörungen oder auch Medikamenten- und Alkoholabhängigkeit besteht, ist eine umfangreiche Diagnostik unerlässlich.

So kann z.B. zu einer Depression insofern differenziert werden, dass die Sorgen bei der GAS auf die Zukunft ausgerichtet sind und bei der Depression sich meist auf die Vergangenheit beziehen. Auch kann zwischen Zwangsstörung und GAS in der Form unterschieden werden, dass bei der GAS die „Zwänge“ nicht ritualisiert sind, so wie es bei den reinen Zwangsstörungen der Fall ist.

Im Zusammenhang mit einer Komorbidität stellt sich weiterhin die Frage, welches die

primäre Störung ist und wie der Therapieplan darauf abgestimmt werden kann. Um eine

genauere Differenzierung zu ermöglichen, gibt es einige Fragebögen zur strukturellen

26

vgl. (Margraf, et al., 2009b S. 90-91) 27

(16)

13 Ermittlung. Hierzu gehört das DIPS (Diagnose Interview Psychischer Störungen) und der ASQ (Anxiety Screening Questionnaire), welche sich für die GAS gut eignen.28

3.4 Therapie

Therapiemodelle sollten immer gut strukturiert sein und es sollte von der primären Störung hin zur sekundären Störung behandelt werden. Es ist vorteilhaft zur Behandlung der GAS eine Sorgenkonfrontation (Exposition) durchzuführen und auch ergänzend dazu die Sorgen mithilfe der kognitiven Verhaltenstherapie zu bearbeiten.29 Ausschlaggebend ist

auch eine hohe Therapiemotivation seitens des Klienten, weil erst dann das wichtige

Konfrontationsverfahren in der kognitiven Verhaltenstherapie mit erhöhter Bereitschaft

des Klienten durchgeführt werden kann.30

28 vgl. (Becker, et al., 2005 S. 28) 29 ebd. S. 34ff

(17)

14

4. kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

Der Einsatz der KVT findet besonders bei Angststörungen und anderen psychischen Störungen statt. Es handelt sich hierbei um eine direktive Form der Therapie, d.h. der Therapeut nimmt aktiv eine Position zum geschilderten Problem ein, indem er kognitive Strukturen des Klienten hinterfragt.31 Es geht grundlegend darum, Kognitionen in das

Verhalten zu integrieren, wobei innere und äußere Vorgänge wie Verhalten, Gedanken und Wahrnehmungen mit einbezogen werden.

Weiterhin nutzt die KVT die Lerntheorien, wobei die klassische Konditionierung,

operante Konditionierung sowie die Exposition, wichtige Bestandteile für die Entstehung

psychischer Störungen darstellen und sich daraus Therapiemethoden entwickelt haben.32 Ich stelle die o.g. Methoden kurz vor und gehe auf einen möglichen Therapieverlauf ein.

4.1 Klassische Konditionierung

Die klassische Konditionierung kann wie folgt beschrieben werden:

„Allgemein beschreibt die klassische Konditionierung einen Lernvorgang, bei dem ein ursprünglich neutraler Stimulus (der konditionierte Stimulus ̽ӑconditioned stimulusӐ, CS) mit einem unkonditionierten Stimulus (ӑunconditioned stimulusӐ, US) gepaart wird. Ein US bezeichnet einen Stimulus, der spontan eine unkonditionierte Reaktion (ӑ

unconditioned responseӐ, UR) hervorruft. Durch die Paarung von CS und US entwickelt der

CS die Fähigkeit, eine konditionierte Reaktion (ӑconditioned responseӐ, CR) auszulösen.“33

Bei einer Agoraphobie kann der Auslöser zum Beispiel eine dramatische Kindheitserfahrung sein, bei der das Kind auf einem öffentlichen Platz von der näheren Bezugsperson allein gelassen wurde (US). Der CS ist in diesem Fall der große Platz, der mit der Angst allein zu sein (US) verknüpft wird. Daraus resultierend, wird die Angst vor öffentlichen Plätzen zu einer UR. Dies kann dazu führen, dass öffentliche Plätze (CR) die Agoraphobie auslösen

31

vgl. (Lückert, et al., 1994 S. 228) 32

vgl. (Margraf, et al., 2009a S. 102) 33 ebd. S. 102

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15 In umfangreichen Forschungen, wurde zu den unterschiedlichen Stimuli experimentiert. In Bezug auf die GAS ist hierbei eine wichtige Erkenntnis aus der Forschung für das Entstehen dieser Störung interessant.

„So unglaublich es klingen mag: konditionierte Reaktionen können erworben werden, ohne dass ein realer CS und/oder ein realer US zum Lernzeitpunkt anwesend sein müssen. Es reicht, mentale Repräsentationen eines CS und eines US miteinander zu koppeln, um eine konditionierte Reaktion zu erwerben (Dwyer 2003; Griffiths et al. 1989; Holzman u. Levis 1991; Griffith u. Davies 1990).“ 34

Daraus folgt, dass die zuletzt genannte konditionierte Reaktion, ein Auslöser für eine GAS werden kann. Das heißt, die Kraft der Gedanken ist ausreichend, um psychische Störungen wie die GAS auszulösen.

4.2 Operante Konditionierung

Bei dieser Art der Konditionierung wird ein Verhalten mithilfe eines Lernprozesses durch die Verbindung mit einer Konsequenz verstärkt oder verringert. Verstärker können in diesem Zusammenhang positiv oder negativ wirken, wobei hierbei eine „Belohnung“ oder „Bestrafung“ eingesetzt wird. Theoretisch kann es bei dieser Anwendung zu einer Löschung der unerwünschten Verhalten kommen. Diese Methode wird hauptsächlich bei Kindern, bzw. bei Menschen mit niedrigen kognitiven Kontrollmöglichkeiten eingesetzt.35

4.3 Exposition (Konfrontationsverfahren)

Bei der Exposition geht es darum, dass der Klient sich der Situation aussetzt, gegen die er eine Aversion hat. Hierbei ist eine Gewöhnung an die auslösenden Reize der kognitive Lerneffekt. Hierbei geht es um ein Wahrnehmen der Angst, ohne sie zu bewerten, solange bis die Angst von allein abnimmt. Der Therapeut ist hier angehalten, mögliche Ver-meidungsstrategien beim Klienten zu erkennen und zu unterbinden. 36

Für die Konfrontation gibt es mehrere Möglichkeiten der Intensität und Situation:

34

(Margraf, et al., 2009a S. 105) 35

vgl. (Radkovsky, et al., 2012 S. 29) 36 ebd. S. 24f

(19)

16 x Bei der in sensu massierten oder auch graduierten Konfrontation stellt sich der

Klient nur in Gedanken vor, sich in die aversive Situation zu begeben.

x Bei der graduierten in vivo- Konfrontation soll langsam eine Gewöhnung direkt in

der Situation erlebt werden.

x Bei der massierten in vivo- Konfrontation wird der Klient sofort mit der stärksten

Situation konfrontiert, was bei den meisten Klienten am wirkungsvollsten ist.

4.4 möglicher Therapieverlauf

Nach Lückert 37 stellt sich für die GAS folgender möglicher Therapieverlauf dar.

4.4.1 kognitive Neugestaltung

Resultierend aus der Annahme, dass der Klient eine emotional-kognitive Fehlanpassung in seiner Sozialisation erfahren hat, geht es in der KVT darum, diese emotionalen Fehlanpassungen in Form von manifesten Gedankenmustern zu verändern und somit neu zu gestalten. Der Klient soll sozusagen aus den ihn einschränkenden, destruktiven Gedankenmustern (Sorgenketten der GAS) „herauskommen“ und diese durch konstruktive Muster ersetzen. Um zu verdeutlichen, wie komplex diese Gedankenmuster sein können, hat Beck (1970) dazu einige Kategorien formuliert.

Diese sind:

x willkürliches Kausaldenken x übertriebene Verallgemeinerung

x Magnifizierung (hohe Bedeutungszumessung eines Ereignisses) x ignorieren eines wichtigen Aspektes einer Lebenssituation x Polarisieren von Ereignissen

x übermäßiges Festhalten an sozialen Normen

x ungenaue Vorstellung der Konsequenzen des eigenen Handelns

x Wahrscheinlichkeit negativer eintretender Ereignisse wird zu hoch eingestuft

Weiterhin geht es in der KVT darum, Überzeugungen des Klienten aufzudecken und durch den Klienten bewerten zu lassen, inwiefern er diese für realistisch hält. Die Frage hierbei ist, wie stark der Klient mit diesen Überzeugungen emotional verwoben ist. Daraus ergibt sich die Änderungsbereitschaft des Klienten.

37 vgl. (Lückert, et al., 1994 S. 228-240)

(20)

17 Dazu gibt es einige interessante Möglichkeiten. Zunächst einmal erklärt der Therapeut, wie die Informationsverarbeitung beim Menschen funktioniert. Er macht dem Klienten seine Überzeugungen bewusst und zeigt ihm auf, dass sie unproduktives Denken mit sich bringen. Weiterhin ist es wichtig, die Zusammenhänge zwischen den Überzeugungen und den kognitiven Strukturen klar zu machen und daraus folgend zu verdeutlichen, wie unproduktiv sich diese Überzeugungen auf die persönliche Umwelt, in Form von persönlichen und sozialen Ereignissen auswirken. Da diese Überzeugungen einen wichtigen Bestandteil der Erlebniswelt des Klienten darstellen und diese ihm Halt geben und jede Veränderung dieser, Angst und Unsicherheit auslösen können, ist es elementar, diese Überzeugungen und ihre einschränkende Wirkung dem Klienten immer wieder zu verdeutlichen. So kann der Klient anfangen seine Überzeugungen als nicht konstruktiv zu erkennen. Therapeutisch gesehen ist es wichtig, den Klienten an dem Punkt des Er-kennens der Versänderung zu bestärken und die somit eintretende Verhaltensänderungen zu unterstützen.38

4.4.2 Selbstinstruktion

Die Selbstinstruktion soll dem Klienten klar machen, dass er die Kontrolle über seine Denkmuster hat und diese steuert. Dafür ist das Bewusstsein für die eigenen Denk-strukturen wichtig. Weiterhin wird ein Repertoire von produktiven Verhaltensweisen erlernt, die der Klient selbst erarbeitet. Zu diesem Repertoire gehören unter anderem Ent-spannungsübungen oder auch eine bewusst andere Betrachtung von Lebensereignissen. Unter einem individuell erarbeiteten Motivationsdruck ist es dem Klienten möglich diese neuen Verhaltensweisen anzunehmen und es kommt sehr wahrscheinlich zu einer kognitiven Umstrukturierung.

In Form von Exploration und Änderung in den Kognitionen, führt die selbstkritische Betrachtung zur Persönlichkeitsentwicklung. Es können außerdem emotionale Bedürftig-keiten- bzw., Befindlichkeiten als innere kontrollierbare Prozesse wahrgenommen werden, welche die Selbstheilungskräfte aktivieren. Kern der Selbstinstruktion ist das Realisieren der eigenen Fähigkeiten, gestützt durch Vertrauen in den Therapeuten, was auch das Zulassen von anderen Denkmustern erlaubt. Wenn der Klient die Symptomreduktion wahrnimmt, veranlasst ihn dies zur Selbstverstärkung des Verhaltens und der Denkmuster.

38 vgl. (Lückert, et al., 1994 S. 228ff)

(21)

18 Der Klient fasst sein Problem in seine eigenen Worte und erlernt so, mithilfe des Therapeuten, neue Draufsichten auf sein Problem. Im Optimalfall soll der Klient wahr-nehmen, dass seine inneren Dialoge und Denkstrukturen dafür sorgen, dass er sich schlecht fühlt und destruktiv handelt. Dann ist er in der Lage seine Probleme zu benennen und kann erfahren dass diese kontrollierbar sind.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass der Klient unterscheidet, dass die inneren Denkmuster für seine Ängste ausschlaggebend sind und nicht äußere Gegebenheiten. Es werden wichtige unterstützende Elemente erarbeitet, wie Entspannung, Wahrnehmungen, Verhalten, Denken und Fühlen. Des Weiteren soll die aktive Auseinandersetzung mit dem Problem gefördert werden, um somit Vermeidungs- und Rückzugsverhalten auszuschließen.

Die Selbstverstärkung durch neue positive Erfahrungen, in Verbindung mit neu erlernten Verhaltensweisen, mehr Selbstverantwortung und Selbstbestimmung, kann somit stattfinden.

Letztendlich werden die neu erworbenen Selbstaussagen gefestigt und immer wieder motivierend durch selbstgesteckte Ziele in die Lebenswelt des Klienten integriert.

4.4.3 Training der Bewältigungsfertigkeiten

Für eine nachhaltige konstante Aufrechterhaltung der neuen Denkmuster ist es vorteilhaft, dass der Klient sich Ziele steckt, die realistisch, legitim, flexibel und gestaffelt sind. Hierzu kann es hilfreich sein, einen neuen „Lebensplan“ zu erstellen, wobei der Klient in den Bereichen Beruf, Privatleben und persönliche Entwicklung neue Ziele setzt. Dieser Lebensplan mit einem strukturierten Ablauf und gesetzten Zeitintervallen für ganz bestimmte Ziele, ermöglicht, das Leben neu zu gestalten und neue Denkmuster und Verhaltensweisen zu integrieren.39

4.4.4 Problemlösung

Durch das Umsetzen von Handlungsstrategien und Problemlösestrategien, soll der Klient selbst ermächtigt werden, individuelle Lösungen für seine Probleme zu finden, welche eine konstruktive Lebensart ermöglichen. Dies wird mit vermitteltem Wissen über die Abläufe

(22)

19 der eigenen Denkstrukturen und mit neuen, eigenen Strategieentwicklungen ermöglicht. Die äußere Erlebniswelt des Klienten wird somit erweitert und ermöglicht neue Perspektiven auf seine innere Erlebniswelt. Die individuelle Problemlösung liegt also in der Erweiterung der eigenen Wahrnehmung der inneren und äußeren Welt und der Möglichkeit, diese objektiver zu betrachten. Hierbei geht es auch darum, Probleme als normal zu akzeptieren und diese als eine Herausforderung anzunehmen. Die Fähigkeit, sich das Problem verbal vor Augen zu führen, ist ein wichtiges Instrument, das sachliche Problem vom emotionalen Befinden abzugrenzen und somit sachlicher betrachten zu können. Weiterhin kann dann die Problemursache klarer eingegrenzt werden und bestehende Handlungsmöglichkeiten werden leichter erkannt. Zudem werden auch Bedingungen, die das Lösen erschweren könnten, schneller identifiziert.40

4.4.5 Fehlattribution

Bei der Fehlattribution setzt der Klient seine innere Erlebniswelt in ein falsches Verhältnis zu äußeren Ereignissen. In der Folge sucht er nicht in seinem eigenen Denken und Verhalten nach den Problemen, sondern im Außen. Die ursprüngliche Kausalität von Denken und Handeln wird dadurch unterbrochen. Der Klient soll lernen, diese Kausalität wieder herzustellen.

4.4.6 Wissenschaftler für die eigene Person

Die Therapie ist meist so komplex, dass der Klient in die gesamte Therapieplanung mit einbezogen werden sollte.

Hierzu gibt es einige Punkte die sich daraus ergeben41:

x dem Klienten wird klar gemacht, dass er letztendlich für eine Veränderung seines Verhaltens verantwortlich ist. Er muss aktiv werden!

x Durchführung einer präzisen Problemdefinition

x Selbstanalytisches Betrachten der eigenen kognitiven Fehlanpassungen mit Hilfe des Therapeuten, um problematische Strukturen selbst entdecken zu können. x Der Klient entwickelt eigene Lösungen und gibt deren mögliche Konsequenzen an.

40

(Lückert, et al., 1994 S. 234ff) 41 ebd. S. 240ff

(23)

20 x Selbstexploration (Entdecken neu erworbener Gedankenstrukturen/ Anwendung

derselben)

x Selbstbewertung des Fortschritts durch den Klienten

(24)

21

5. klientenzentrierte Beratung/ Gesprächstherapie nach Rogers

Rogers kommt zu der Erkenntnis, dass es sich bei dem personenzentrierten Ansatz auch um eine Art revolutionäre neue Weltsicht und Lebensphilosophie handelt.

„Unser Schulsystem, unsere Industrie, unsere Streitkräfte und viele andere Aspekte unserer Gesellschaft beruhen auf der Annahme, die menschliche Natur sei so beschaffen, dass man dem Individuum nicht trauen könne – dass es von Klügeren oder Höhergestellten gelenkt, belehrt, bestraft, belohnt und beherrscht werden müsse. Freilich werden immer wieder Lippenbekenntnisse zu einer demokratischen Grundauffassung abgelegt, wonach sich alle Macht in den Händen des Volkes befindet, aber diese Grundsätze werden >>mehr durch ihre Übertretung als durch ihre Einhaltung zur Kenntnis genommen<<. Schon allein die Darstellung der Grundprämisse der klientenzentrierten Therapie kommt somit einer herausfordernden politischen Absichtserklärung gleich.“ 42

Man kann diesen Ansatz in einem viel größeren Rahmen betrachten, in dem er (auf die gesamte Menschheit bezogen) wirken könnte.

Die Gesprächstherapie (GT)/ klientenzentrierte Beratung (KZB) setzt voraus, dass der Mensch an sich gut, sozial und darauf aus ist, sich selbst zu entfalten.43

Diese Form der Beratung geht aus der humanistischen Psychologie hervor, wobei elementar ist, dass die emotionale Erlebniswelt des Klienten im Mittelpunkt der Therapie steht. Rogers geht davon aus, dass jedem Menschen eine natürliche organismische Tendenz innewohnt, die sich selbst mit allen Kräften weiter zu entwickeln gewillt ist, die sogenannte Aktualisierungstendenz. Diese kann jedoch durch soziale Komponenten und Umwelteinflüsse gehemmt bzw. blockiert werden. Es bildet sich das Selbstkonzept, welches Normen und Wertvorstellungen der näheren Bezugspersonen integriert bzw. daraus resultierend, eigene Wertvorstellungen und Überzeugungen entwickelt. Dieses

Selbstkonzept ist der Rahmen, in dem das Individuum handelt und in dessen Schemen es

denkt. Aus diesem Konzept heraus ergibt sich die Selbstaktualisierungstendenz, welche auf dem Selbstkonzept basiert, jedoch nicht unbedingt der Aktualisierungstendenz entsprechen muß. In diesem Fall spricht Rogers von Inkongruenz des Individuums und es kann zu Störungen der Entwicklung bzw. im Erleben und Wahrnehmen des Individuums

42

(Rogers, 1978 S. 19)

(25)

22 kommen. Hierbei können Erlebnisse und Erfahrungen nicht in das Selbstkonzept integriert werden, weil das Individuum Angst vor der Veränderung hat.

Die unbedingte Wertschätzung in zwischenmenschlichen Beziehungen ist ein wichtiger Bestandteil, damit das Selbstkonzept sich im Einklang mit der Aktualisierungstendenz und der Selbstaktualisierungstendenz entwickeln kann. Ist eine permanente Inkongruenz vorhanden, äußert sich dies in psychischen Störungen, weil Erfahrungen nicht in das

Selbstkonzept integriert werden können und somit verzerrt und verdrängt werden44.

5.1 Anforderung an den Klienten

Hierzu gibt es mannigfaltige Möglichkeiten, warum z.B. ein Klient zur Beratung erscheint. Ist er freiwillig da oder wurde er von einer höheren Instanz dazu veranlasst. Aus welcher

Motivation heraus kommt ein Klient zur Beratung?45 Rogers gibt darauf grob Antworten, als „Vorläufige Kriterien“:46

x Der Klient sollte in der Lage sein, sich und sein Handeln kritisch betrachten zu können. Es sollte weiterhin eine gewisse Spannung beim Klienten bestehen, welche aber nicht so groß ist, dass sie zu einer Instabilität führt.

x Außerdem ist eine emotionale und rationale Intelligenz seitens des Klienten

wichtig, um sich mit den problembehafteten Lebenssituationen auseinanderzusetzen.

x Der Klient sollte zudem in der Lage sein, sich verbal oder mithilfe anderer Mittel so

auszudrücken, dass eine Kommunikation stattfinden kann.

x Des Weiteren ist eine gewisse Unabhängigkeit von Familie räumlich bzw. emotional erforderlich, um es mit der Spannung in der Lebenssituation aufnehmen zu können.

x Umwelteinflüsse, die eine starke Belastung für den Klienten darstellen, sind veränderbar

Dies sind einige der Kriterien, die eine Beratung unmöglich machen, bzw. sehr erschweren können, wenn sie nicht gegeben sind.

44

vgl. (von Blanckenburg, et al., 2012 S. 47) 45

vgl. (Rogers, 1997 S. 57) 46 ebd. S. 76

(26)

23

5.2 Anforderungen an den Therapeuten

Um die Wirksamkeit der Therapie zu verdeutlichen hier ein Zitat von Rogers von 1961:

„Je mehr der Klient den Therapeuten als real oder echt, als empathisch und ihn bedingungsfrei akzeptierend wahrnimmt, desto mehr wird sich der Klient von einem statisch, gefühlsarmen, fixierten, unpersönlichen Zustand psychischer Funktionen auf einen Zustand zu bewegen, der durch ein fließendes, veränderliches, akzeptierendes Erleben differenzierter persönlicher Gefühle gekennzeichnet ist.“ 47

Der Berater/Therapeut „soll“ laut Rogers eine gewisse echte Wärme und Empfänglichkeit dem Klienten entgegenbringen. Weiterhin ist es wichtig, dass der Berater aktiv zuhören kann und somit auch dem Klienten gegenüber ein wahres Interesse signalisiert. Die zentrale Frage sollte immer sein, wie der Klient das Thema empfindet und nicht, wie der Berater das sieht!

Ein Zitat von Rogers hierzu:

„Der primär wichtige Punkt ist hier die Einstellung des Beraters zum Wert und zur Bedeutung des Individuums. Wie sehen wir den Anderen? Gestehen wir jedem Menschen seinen ihm gemäßen Wert, seine ihm gemäße Würde zu? Wenn wir diese Auffassung auf der verbalen Ebene vertreten, wie weit ist sie dann auf der Verhaltensebene praktisch wirksam?“ 48

Daraus ergibt sich die wirkliche Einstellung des Beraters zum Klienten, aber auch die Wirksamkeit der unbedingten Wertschätzung. Auch führt diese Aussage von Rogers dazu, darüber nachzudenken, wie wertfrei man als Berater handeln kann.

Rogers beschreibt die Einstellung des Therapeuten auch noch wie folgt:

„Die Politik des klientenzentrierten Ansatzes besteht in einem bewussten Verzicht des Therapeuten auf jegliche Kontrolle über den Klienten wie auch auf das Entscheidungen-für-diesen-Treffen. Es geht um die Förderung der Selbstfindung durch den Klienten sowie die Strategie, durch die dies erreicht werden kann; die Verankerung der Entscheidungsprozesse und der Verantwortung für die Auswirkungen dieser Entscheidungen: ihr politisches Zentrum ist der Klient.“ 49

47 vgl. (Rogers, 1992b S. 150) 48 (Rogers, 1992a S. 35) 49 (Rogers, 1978 S. 25)

(27)

24 In dieser Aussage ist klar die nicht-direktive Herangehensweise zu erkennen, sowie auch das Problem in anderen Formen der Therapie, dass Therapeuten „übergriffig“ sind und Ihre Handlungsstrategien dem Klienten aufdiktieren.

Folgende Kriterien stellt Sabine Weinberger 50 als „no-go´s“ heraus: x Bagatellisieren x Diagnostizieren x Dirigieren x Examinieren x Identifizieren x Interpretieren x Moralisieren x Intellektualisieren

Diese Kriterien sind für alle Beteiligten und für die Beratungssituation nach Rogers überhaupt nicht sinnvoll und fördernd.

5.2.1 Kongruenz

Der Berater ist in seinen Gefühlen und in seiner Äußerung von Gefühlen dem Klienten gegenüber echt/ authentisch also kongruent. Sein inneres Erleben zeigt sich im Außen wieder, ohne eine Abwehrhaltung aufzubauen. Dies ermöglicht dem Klienten sich zu öffnen und den Berater als wahrhaft anwesend zu erleben und seine eigene emotionale Erlebniswelt zu erkunden.

5.2.2 unbedingte Wertschätzung

Dem Klient soll es ermöglicht werden, seine Gefühle frei mitteilen zu können. Dies ist nur möglich, wenn der Berater die Äußerungen des Klienten nicht bewertet, sondern so sieht wie sie sind. Diese unbedingte Wertschätzung ist grundlegend dafür, dass es zu einer empathisch kongruenten Beziehung zwischen Therapeut und Klient kommen kann und der Klient in der Lage ist, sich frei zu äußern. Dies ist der erste Schritt für den Klienten, dass er

50 vgl. (Weinberger, 2008 S. 71-75)

(28)

25 so sein kann wie er ist und keine einschränkenden Wertungen oder Normen durch den Berater erfährt.

5.2.3 einfühlendes Verstehen

Hierbei wird dem Berater die Möglichkeit offenbart, den Klienten so genau wie möglich wahrzunehmen, d.h. seine Gefühlsäußerungen zu spiegeln aber auch die am Rande wahrnehmbaren Informationen, die durch Gesten und Mimik offeriert werden, dem Klienten mitzuteilen. Rogers beschreibt diesen Prozess auch damit, dass der Berater mit dem Klienten in dessen emotionale Erlebniswelt eintaucht, wobei er selbst jedoch sich seiner eigenen Gefühle bewusst bleibt.

Auch das aktive Zuhören ist in diesem Zusammenhang des Verstehens ein wichtiges Kriterium. Das „Mit-Fühlen“ ist in dem Sinne nicht ein emotionales Verstricken des Beraters, sondern vielmehr ein Fühlen, was der Klient fühlt. An diesem Punkt ist ein großes Feingefühl des Beraters notwendig, um auch sehr verdeckte Gefühlsregungen des Klienten wahrzunehmen und ihm diese mitzuteilen, wobei der Prozess des Gewahrwerdens seiner Gefühle, dem Klienten verdeutlicht wird. Ein behutsames Vorgehen des Beraters ist notwendig, um nicht übergriffig zu werden oder den Klienten, der auf einer Reise der Selbstentdeckung ist, zu verängstigen. Der Berater/ Therapeut ist hierbei im Optimalfall wie eine Art Spiegel für den Klienten.

Dem Klienten ist es dadurch immer mehr möglich seinen inneren Gefühlen zu folgen und sie zuzulassen.

5.3 Möglichkeiten beim Klienten

Sind die o.g. Kriterien beim Berater verinnerlicht, so kann es beim Klienten zu einem

Wachstum kommen. Er kann sozusagen durch das Gespräch seine Aktualisierungs-tendenz mehr und mehr erfahren, indem er seine Gefühle zulässt. Das feste

Selbstkonzept, welches der Klient durch eine Diskrepanz zwischen Gefühlen, Wahrnehmung und Gedanken erfährt, kann betrachtet und durch ihn selbst verändert werden. Wenn er zum Berater in einer Beziehung steht, wo er dieses Verhalten nicht verteidigen muss, oder Angst davor hat es zu zeigen, ist eine wirkliche Veränderung im Verhalten und in den Überzeugungen möglich.

(29)

26

Selbstexploration

Mit dem stetigen Gewahrwerden des inneren Erlebens, ist der Klient zunehmend in der Lage, seine emotionale Erlebniswelt wahrzunehmen. Dieses Wahrnehmen führt dazu, dass der Klient immer weiter zu seinem wahren Selbst vordringt und seine Gefühle akzeptieren kann. Die organismische Aktualisierungstendenz stimmt immer mehr mit dem Selbstkonzept und der Selbstaktualisierungstendenz überein. Das Selbstkonzept des Klienten kann somit reorganisiert werden und auch flexibler werden, was auch dazu führt, dass er in Zukunft strukturierter und klarer mit neuen Problemsituationen umgehen kann.51

5.4 Prozess der klientenzentrierten Gesprächstherapie

In der Gesprächstherapie nach Rogers wird angestrebt, den Klienten dazu zu befähigen, seine Aktualisierungstendenz voll wahrzunehmen und alle Emotionen, Erfahrungen, Erlebnisse, Wahrnehmungen und Gedanken, durch Selbstwertschätzung und Offenheit in sein Selbstkonzept zu integrieren und somit angstfrei und in freudvoller Spannung leben zu können. Dies ist das Idealbild, welches angestrebt wird.

Bei der GT geht es nicht darum eine Anamnese oder Diagnostik vom Klienten zu erstellen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Ganz im Gegenteil könnte dies nach Rogers zu einer Ablehnung und Verschlossenheit beim Klienten führen, weil Vorurteile vom Therapeuten aufgebaut werden könnten.52

Rogers 53 hat „charakteristische Schritte im Therapeutischen Prozess“ folgendermaßen zusammengefasst:

1. Der Klient will Hilfe, was den ersten Schritt zur Therapie darstellt und was ein Höchstmaß an Wertschätzung seitens des Beraters dem Klienten gegenüber verdient.

2. Die Beratungssituation muss vom Berater klar definiert werden und dem Klienten muss klar gemacht werden, dass es keine Patentlösung gibt, sondern er die Gelegenheit bekommt eigene Lösungsansätze zu entwickeln. Dem Klienten soll bewusst werden, dass er die Verantwortung für sein Leben trägt.

51

vgl. (Weinberger, 2008 S. 28-29) 52

vgl. (von Blanckenburg, et al., 2012 S. 47) 53 vgl. (Rogers, 1997 S. 38-50)

(30)

27 3. Mithilfe der empathisch-kongruenten Grundhaltung des Beraters soll dem Klienten die Möglichkeit gegeben werden, seine Gefühle im Zusammenhang mit seinen Problemen frei ausdrücken zu können. Diese Gefühlsregungen werden vom Berater wertungsfrei zugelassen und ermutigen den Klienten zu noch mehr Ausdruck.

4. Der Berater klärt negative Gefühle beim Klienten, ohne diese zu bewerten oder auf dessen Inhalt einzugehen. Somit wird dem Klienten die Möglichkeit offeriert, diese tiefen ambivalenten Gefühle wahrzunehmen und als Teil seiner selbst zu akzeptieren, statt sie auf andere zu projizieren oder hinter einem Abwehrmechanismus zu verbergen. Ist der Berater in der Lage, die tatsächlichen Gefühle des Klienten auf den Punkt zu treffen und zu verbalisieren, so ist es dem Klienten möglich, noch freieren Ausdruck dieser Gefühle zuzulassen

5. Wenn der Ausdruck, die Anerkennung und die Akzeptanz der negativen Gefühle erfolgt ist, kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Ausdruck von positiven Gefühlen, was einen grundlegenden Selbstrespekt beim Klienten schafft.

6. Die positiven und negativen Gefühle des Klienten werden vom Berater auf gleiche Weise wertschätzend anerkannt und ohne Bewertung akzeptiert. Dies ermöglicht dem Klienten sich so zu verstehen wie er ist und kein Bedürfnis zu haben, seine negativen Gefühle zu verteidigen oder die positiven über zu bewerten. Das schafft Einsicht und Selbstverstehen beim Klienten.

7. Ist diese Einsicht geschaffen, ist ein Verstehen des ICH ein wichtiger Aspekt des Prozesses beim Klienten, welcher ihm neue Integrationsebenen im Erleben eröffnet.

8. Die zur Wahl stehenden Möglichkeiten werden klarer, und können ggf. vom Berater erkannt werden. Diese werden geklärt, um die damit verbundene Angst und Mutlosigkeit, die der Klient fühlt, anzuerkennen.

9. Im weiteren Verlauf werden kleine aber höchst bedeutsame positive Handlungen von Seiten des Klienten ausgeführt, die einen enormen Stellenwert für die Änderung fester Standpunkte (Selbstkonzept) haben.

(31)

28 10. Diese erfolgreichen positiven Handlungen und deren Bedeutung sind für den

Klienten außerordentlich wichtige Einsichten, die ein weiteres Wachsen fördern, zu mehr Selbstverstehen führen und einen Einblick in die eigenen Handlungen gibt.

11. Der Klient entwickelt Unabhängigkeit durch mehr und mehr integrierte positive Handlungen und hat somit mehr Selbstsicherheit und keine Angst mehr vor Entscheidungen. Das Vertrauen zu selbstgelenkten Handlungen wächst und wird ohne Angst und Abhängigkeiten neu betrachtet. Die angstbesetzten Situationen und Handlungen können neutraler wahrgenommen werden und es ändert sich somit das Gefühl zu diesen Situationen. Die Beziehung zwischen Klient und Berater hat jetzt einen Hochpunkt erreicht.

12. Das Hilfebedürfnis des Klienten lässt nach und er handelt in seiner Situation mit größerer Sicherheit. Die Beziehung zwischen Berater und Klient wird langsam ohne Druck oder Zwang zum Abschluss gebracht.

Diese 12 Schritte sind keine feste Größe, sondern schildern nur einen möglichen Ablauf einer Beratung. Außerdem ist auch eine andere Reihenfolge dieser einzelnen Punkte möglich.

Grundlegend entwickelt das Individuum ein Selbstwertgefühl, mit dem es ihm ermöglicht wird seine Erfahrung und emotionale Erlebniswelt differenzierter wahrzunehmen.

(32)

29

6. Die GAS im klientenzentrierten Beratungsgespräch (KZB)/

Ge-sprächstherapie (GT)

Ich möchte mit einem Zitat von Rogers beginnen, welches aufzeigt, wie die Angst seiner Theorie nach zustande kommt:

„Angst ist phänomenologisch ein Zustand des Unwohlseins und der Spannung, dessen Ursache unbekannt ist. Von einem äußeren Bezugsrahmen aus betrachtet ist Angst der Zustand, in dem sich die Inkongruenz zwischen Selbstkonzept und dem Gesamt der Erfahrung der Gewahrwerdung nähert. Wenn Erfahrung offensichtlich vom Selbstkonzept abweicht, dann wird eine Abwehrreaktion gegen diese Bedrohung immer schwieriger. Angst ist dann die Antwort des Organismus auf die unterschwellige Wahrnehmung, eine solche Diskrepanz könnte gewahr werden und würde in der Folge eine Veränderung des Selbstkonzeptes erzwingen.“ 54

Grundlegend ist der personenzentrierte Ansatz, in Form der Gesprächstherapie nach Rogers, auf eine GAS anwendbar, wie aus einem Fallbeispiel von Barbara Hassebroek 55 zu entnehmen ist. Hierbei sind die äußeren und inneren Umstände/ Lebenssituation des Klienten elementar. Es gibt Voraussetzungen, wie schon oben beschrieben, die der Klient mitbringen muss.

Der Unterschied zwischen GT und der KZB besteht darin, dass die GT eine zugelassene Therapie ist und die klientenzentrierte Beratung unter anderem eine Methode in der Sozialen Arbeit darstellt. Es ist in der Beratung in der Sozialen Arbeit nicht das Zeitkontingent vorhanden, ausreichend detailliert auf eine Generalisierte Angststörung des Klienten einzugehen. Weiterhin ist eine therapeutische Herangehensweise in der Sozialen Arbeit laut Psychotherapeutengesetz nicht im gesetzlichen Rahmen.56

Trotzdem soll hier in den folgenden Abschnitten der theoretische Versuch unternommen werden, Möglichkeiten der Beratung bei Klienten mit GAS, in der Sozialen Arbeit aufzuzeigen. 54 vgl. (Rogers, 2016 S. 35) 55 vgl. (Hassebroek, 1997 S. 91-102)

(33)

30

6.1 Erkennen der GAS durch KZB/GT

Es ist möglich, über aktives Zuhören und dem mitfühlenden Verstehen, einige Aspekte der Symptomatik zu erfassen, z.B. wenn der Klient über seine sorgenbehaftete emotionale Erlebniswelt berichtet und sein emotionales Erleben, sich um die Angst und Sorge dreht. Weiterhin könnten sich innerhalb des Beratungsgesprächs viele dieser Symptome, wie das Katastrophisieren von Lebenssituationen oder auch das verzerrte Bewerten von emotionalen Erfahrungen, herauskristallisieren.

Man darf im Rahmen der Sozialen Arbeit keine Diagnosen oder „ähnliche Vermutungen“ aufstellen, soweit man als Sozialarbeiter nicht das nötige Wissen im psychologischen/ therapeutischen Bereich hat. Wenn man gegebenenfalls eine o.g. Ausbildung genossen hat, wäre es möglich, über die KZB den Klienten sozusagen zu der Selbsterkenntnis zu bringen, sich in Therapie zu begeben. Dies setzt wiederum voraus, dass der Klient in der Lage ist, wie oben schon beschrieben, seine Ängste im Inneren betrachten zu können und seine damit verbundenen Emotionen zuzulassen. Hierbei gilt noch einmal der Hinweis auf Punkt 3.1.4, wo auch von einer gestörten Emotionsregulierung bei Klienten mit GAS die Rede ist. Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit ein Klient, der noch keine Therapie „genossen“ hat, überhaupt in der Lage ist, seine Emotionen in Bezug auf seine Erfahrungen zu bewerten und wahrzunehmen.

6.2 Handlungsmöglichkeiten in der Sozialen Arbeit

Es gibt ganz klare Unterschiede zwischen Beratung und Therapie, welche unter anderem auch durch das Psychotherapeutengesetz geregelt sind57. Um beim Beispiel der KVT zu bleiben, sind hier ganz klare Strukturen und Möglichkeiten vorgegeben, welche vom Therapeuten verfolgt werden. Auch hier werden zwar die Emotionen sozusagen tangiert, jedoch stehen diese nicht im Vordergrund der Therapie. Bei der KZB hingegen stehen die Emotionen im Vordergrund und es gibt gewissermaßen einen emotionalen Ablaufplan, der sich aus dem Erleben des Klienten, innerhalb der Therapie entwickelt.

Um die Komplexität der Sozialen Arbeit zu verdeutlichen, möchte ich an dieser Stelle ein Zitat von Mechthild Seithe wiedergeben, welches das breite Spektrum, das die Soziale Arbeit abdecken soll, sehr gut widerspiegelt:

57 (juris GmbH Saarbrücken, 1998)

(34)

31

„Soziale Arbeit und damit Soziale Beratung kann alles zum Thema haben, was den Alltag ihrer Klientel bestimmt. Und das heißt, sie darf sich nicht auf das Verstehen von Emotionen beschränken, sondern muss ebenso informierend, stützend, sichernd und begleitend tätig werden. So können z.B. neben Beziehungs- oder Erziehungsfragen, neben Überforderungsgefühlen oder der erlebten Einsamkeit ebenso der letzte Besuch bei der Arbeitsagentur, der Streit mit dem Lehrer des Sohnes, der Wohngeldantrag, die finanzielle Situation der Familie oder die Vor-und Nachteile einer Ausbildungsmaßnahme Thema einer Beratung sein.“ 58

In der Sozialen Arbeit geht es also vielmehr um die äußere Erlebniswelt des Klienten und wie er innerhalb der Gesamtgesellschaft dasteht. Seine emotionale Erlebniswelt und wie er sich selbst in der Gesellschaft sieht, wahrnimmt und fühlt, steht dabei weniger im Fokus. Wie in dem Zitat beschrieben, kommt der Klient aus einem bestimmten Anlass, welcher nicht unbedingt seine Angststörung als primäres Handlungsfeld darstellt.

Um orientierend an der Forschungsfrage eine Antwort geben zu können, welche Handlungsmöglichkeiten sich Sozialarbeitern im Kontext der KZB bieten, um psychische Störungen wie die Generalisierte Angststörung beim Klientel der Sozialen Arbeit zu erfassen, möchte ich auf Punkt 5.4 verweisen. Hier ist an einem möglichen Therapieprozess erkennbar, wie umfangreich der Therapieverlauf aussehen kann. Um also in einem therapeutischen Rahmen als Sozialarbeiter wirksam zu werden, bedarf es einer entsprechenden Ausbildung, eines angemessenen zeitlichen Rahmens und eines institutionellen Rückhalts, welcher bei der Zuteilung der finanziellen, sprich zeitlich/personellen Ressourcen, den Bedürfnissen einer intensiven Zuwendung zum Klienten im Sinne der KZB gerecht wird.

Sind die zeitlich personellen Ressourcen nicht auf die Bedürfnisse der KZB zugeschnitten, beschränkt sich der Handlungsspielraum des Sozialarbeiters im Zusammenhang mit Klienten mit einer GAS im Wesentlichen auf die Grundhaltung der KZB, um den Klienten eventuell über seine emotionale Erlebniswelt auf das Wahrnehmen seiner GAS hinzuleiten, wodurch beim Klienten das Bedürfnis geweckt werden könnte, sich in eine Therapie zu begeben. Sobald der Klient seine GAS als lebensbeeinträchtigend erfährt, besteht die Möglichkeit auf Therapiemöglichkeiten hinzuweisen. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass man dann die nicht-direktive Position verlassen müsste, um in die direktive Form zu

58 (Seithe, 2008 S. 52)

(35)

32 wechseln. Man würde also seine Methode wechseln, um im Sinne der Sozialen Arbeit zu handeln.

Um diese Vorgehensweise zu rechtfertigen, könnte man es sehen wie Mechthild Seithe:

„Eine Verbindung der Klientenzentrierten Beratung mit anderen Methoden und methodischen Schritten ist also nur dann problematisch, wenn die BeraterIn auf diesem Wege ihre empathische Grundhaltung aufgeben müsste.“ 59

Nach Rogers findet die empathische Grundhaltung in der KZB aber vor allem dadurch ihren Ausdruck, dass der Klient die Gelegenheit bekommt, eigene Lösungsansätze zu entwickeln. Der Ratschlag des Sozialarbeiters, sich in eine Therapie zu begeben, entspricht also in keinster Weise dem nicht-direktiven Ansatz. Die Frage ist also, ob man als Sozialarbeiter überhaupt kongruent bleiben kann, wenn man sich z.B. aufgrund begrenzter Ressourcen des Trägers der Sozialarbeit gezwungen fühlt, einen so vielversprechenden Ansatz, wie den von Rogers aufzugeben.

Trotzdem bietet der Ansatz von Rogers Möglichkeiten, präventiv psychischen Störungen, sowie auch der generalisierten Angststörung entgegenzuwirken. Ein großes Potential liegt z.B. darin, eine Art Frühförderung für Eltern, Kinder, Schwangere, Geburtshelfer usw. einzurichten, wo die Inhalte des personenzentrierten Ansatzes vermittelt werden.

Rogers 60 beschreibt die Herangehensweise eines Gynäkologen in Frankreich, wobei die

Geburt schon personenzentriert abläuft. Faszinierend dabei ist, dass man die Kinder im Alter von drei Jahren noch einmal untersucht hat und diese kaum Ernährungs- und Schlafprobleme hatten. Außerdem waren diese Kinder aufgeweckter, entspannter und umgänglicher. Hier besteht aus meiner Sicht ein guter Einstieg für den personenzentrierten Ansatz, sozusagen die „Geburtsstunde“ eines neuen Menschen. Die Möglichkeit psychische Störungen von vornherein zu vermeiden, bietet Rogers Ansatz vor allem dann, wenn er so früh wie möglich in Familien oder auch in anderen Institutionen angewandt wird.

59

(Seithe, 2008 S. 50) 60 vgl. (Rogers, 1978 S. 44-47)

(36)

33

6.3 Kontroversen

In den meisten Fällen in der Sozialen Arbeit gibt es eine konkrete Aufgabenstellung für den Berater, mit der der Klient kommt. Hierbei geht es um die Alltags- und Erlebniswelt des Klienten, wobei die Motivation des Klienten oft nicht gegeben ist, da er aus einem Zwangskontext heraus bei der Beratung ist, welcher auf Widerstand bei dem Klienten stößt. Der Sozialarbeiter handelt fast immer mit einem Doppelten Mandat und unter institutionellem Zwang.

Dies führt auch dazu, dass beim Klienten Eingriffe und Konfrontationen von Nöten sind, die eine vertrauensvolle Situation oder auch eine mögliche Beziehung im Sinne der KZB verhindern.

Wenn der Sozialarbeiter schon nicht über die notwendigen Ressourcen (Zeit) verfügt, um eine authentische Beziehung zum Klienten im Sinne der KZB aufzubauen, bzw. beizubehalten, so bleibt ihm in der Praxis oft nur die Rolle eines Vermittlers. Um also die Lücke zwischen Therapie und Sozialer Arbeit zu schließen, wäre ein Austausch zwischen den beiden Professionen von Nöten. Es ist vorstellbar, dass wenn der Sozialarbeiter in der Lage ist, psychische Störungen zu identifizieren, bzw. diese im Studium soweit gelehrt werden würden, er dann im Austausch mit Therapeuten oder in Form von gemeinsamen Supervisionen, auf die beeinträchtigende Störung des Klientels differenzierter in der Beratung eingehen könnte. Jedoch sollte hierbei nicht vergessen werden, dass die Soziale Arbeit weit mehr ist, als eine psychische Behandlung. Sie ist sozusagen eine Schnittstelle zwischen den Professionen, Institutionen, und dem Klienten.

(37)

34

7. Zusammenfassung

Wenn keine körperlichen Ursachen vorliegen, kann nach dem aktuellen Forschungsstand, gesagt werden, dass Angststörungen größtenteils, erlernt werden. Durch kognitive Prozesse führt dies zu Beeinträchtigungen der Lebenswelt der Betroffenen.

Bei der Generalisierten Angststörung sind es die Gedanken um die Sorgen und die nicht-gelingenden Bewältigungsstrategien, die zur Aufrechterhaltung der GAS führen. Die damit verbundenen Emotionen erfahren durch den Klienten eine verzerrte Beurteilung/ Bewertung seiner Lebenswelt und führen unter anderem zu Vermeidungsstrategien. Die Komorbidität mit anderen psychischen Störungen ist hoch und bedarf einer Differentialdiagnostik, wobei bei der Diagnose Fragebögen zur Abgrenzung von anderen Störungen genutzt werden können. Bei der GAS werden Sorgen zu Sorgenketten verknüpft, welche durch die selbstfokussierte Aufmerksamkeit des Klienten und seine gestörte Emotionsregulierung erschaffen werden.

In der kognitiven Verhaltenstherapie wird auf die Gedankenmuster in der GAS eingegangen und mit dem Therapeuten werden neue Muster erlernt. Eine wichtige Methode ist hier die Sorgenkonfrontation, bei der die Sorgen entweder in Gedanken (in sensu) oder in der Situation direkt (in vivo), durchlebt werden. Die Neugestaltung von Gedankenmustern, die Selbstwahrnehmung der eigenen Kontrolle, das Erlernen von Bewältigungsstrategien, Problemlösestrategien und das Erkennen von Fehlattributionen, sind wichtige Schritte, die der Klient in der kognitiven Verhaltenstherapie neu erlernt.

Der personenzentrierte Ansatz nach Rogers, in Form der klientenzentrierten Beratung und Gesprächstherapie hingegen, geht auf die emotionale Erlebniswelt des Klienten ein und respektiert mit unbedingter Wertschätzung, Kongruenz und einfühlendem Verstehen (Empathie) seitens des Therapeuten, diese Welt des Klienten. Durch den Prozess des Entdeckens der Emotionen und ihrer Bedeutung, erfährt der Klient, dass er alle Gefühle zulassen darf. Wichtige Begriffe sind hierbei die Aktualisierungstendenz AT (das organismische Bestreben des Menschen), das Selbstkonzept SK (geprägt durch zwischenmenschliche Beziehung und der wichtigsten Bezugsperson) und der Selbstaktualisierungstendenz ST (Bewertung ob Situationen für AT und SK förderlich sind). Sind die eigenen Bewertungen mit Selbstkonzept und Aktualisierungstendenz unstimmig,

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35 so bewirkt dies eine Inkongruenz im Erleben des Klienten und kann letztendlich zu psychischen Störungen führen.

Die KVT und KZB/ GT haben einige Parallelen insofern sie beide letztendlich darauf abzielen, den Klienten bei einer kognitiven Neugestaltung zu helfen. Bei der KVT erfolgt dies primär über die Kognitionen, die neu konditioniert werden und bei der GT erfolgt dies primär über die emotionale Erlebniswelt, wobei immer mehr Impulse der Aktualisierungstendenz in das Selbstkonzept integriert werden können.

In der Sozialen Arbeit besteht ein zu großes Handlungsfeld, indem nicht die psychischen Störungen des Klienten im Vordergrund stehen, sondern konkrete Handlungsbedarfe. Des Weiteren ist es schwer möglich, im Kontext des doppelten Mandates, des institutionellen Rahmens und des begrenzten Zeitkontingentes, auf individuelle psychische Störungsbilder einzugehen. Hierbei wirkt zusätzlich der gesetzliche Rahmen und die mangelnde psychologische Ausbildung im Studium, einschränkend auf die Handlungsmöglichkeiten des Sozialarbeiters.

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8. Fazit

Ausgehend von den Entstehungstheorien und den therapeutischen Ablauf betrachtend, ist mir klar geworden, dass Ängste größtenteils auf erlernte Verhalten/ Kognitionen und den damit verbundenen emotionalen Bewertungen zurückzuführen sind.

Pathologische Ängste sind meines Erachtens hauptsächlich in der kapitalistisch geprägten Gesamtgesellschaft zu finden. Ängste werden hier durch soziale, ökonomische, ökologische, politische und zwischenmenschliche Faktoren geschaffen.

Unser bestehendes System ist meiner Meinung nach darauf ausgelegt, Angst, Aggression und Resignation in der Bevölkerung zu schüren.

Resultierend aus meiner bisherigen Recherche über das Thema Angst, ist die Generalisierte Angststörung aus meiner Sicht am wenigsten erforscht, was z.B. die Tatsache der noch nicht umfangreich untersuchten gestörten Emotionsregulierung darlegt. Die verzerrte Emotionsregulierung scheint hierbei ein wichtiger Aspekt der Störung zu sein, wobei die Wertung für positive oder auch negative Gefühle den Prozess des „Sich-Sorgens“ aufrechterhält. Gefühle werden in diesem Zusammenhang auch vermieden, was dazu führt, dass auch Situationen und soziale Kontakte, die mit diesen Gefühlen verbunden sind oder sein könnten, vermieden werden. Da es sich bei der GAS auch um kognitive Abläufe handelt, wie oben schon beschrieben wurde, ist die KVT eine scheinbar bewährte Therapiemethode.

Die KVT ist für mich ein in sich schlüssiges Therapiekonzept, dennoch ist mir nicht klar, inwieweit die wichtige emotionale Erlebniswelt einer GAS Bedeutung hat, also wie der Klient seine Emotionen in die neuen kognitiven Denkstrukturen integrieren kann. Das Aufzeigen von festen Kognitionen durch den Therapeuten, ist ein Einbruch fester Standpunkte und Überzeugungen, sozusagen ein Weichmachen des starren Selbst-konzeptes des Klienten. Als Problem sehe ich hier, dass sich der Klient in sich zurückzieht, wenn er bemerkt, dass sein kognitives Verhalten mit seiner emotionalen Erlebniswelt nicht kongruent ist. Kern der Therapie ist es, den Klienten in seinen destruktiven Überzeugungen und Gedankenmustern zu „ertappen“ und diese mit ihm gemeinsam zu erkunden. Es besteht der Focus auf den kognitiven Abläufen „im“ Klienten. Auch ist die Beziehungs-ebene nicht so stark darauf ausgerichtet, den Klienten im Mittelpunkt seines Erlebens zu betrachten, sondern der Therapeut ist eher derjenige, der weiß was zu tun ist. Die KVT ist

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