• Keine Ergebnisse gefunden

Die GAS im klientenzentrierten Beratungsgespräch (KZB)/ Ge- Ge-sprächstherapie (GT)

Ich möchte mit einem Zitat von Rogers beginnen, welches aufzeigt, wie die Angst seiner Theorie nach zustande kommt:

„Angst ist phänomenologisch ein Zustand des Unwohlseins und der Spannung, dessen Ursache unbekannt ist. Von einem äußeren Bezugsrahmen aus betrachtet ist Angst der Zustand, in dem sich die Inkongruenz zwischen Selbstkonzept und dem Gesamt der Erfahrung der Gewahrwerdung nähert. Wenn Erfahrung offensichtlich vom Selbstkonzept abweicht, dann wird eine Abwehrreaktion gegen diese Bedrohung immer schwieriger.

Angst ist dann die Antwort des Organismus auf die unterschwellige Wahrnehmung, eine solche Diskrepanz könnte gewahr werden und würde in der Folge eine Veränderung des Selbstkonzeptes erzwingen.“ 54

Grundlegend ist der personenzentrierte Ansatz, in Form der Gesprächstherapie nach Rogers, auf eine GAS anwendbar, wie aus einem Fallbeispiel von Barbara Hassebroek 55 zu entnehmen ist. Hierbei sind die äußeren und inneren Umstände/ Lebenssituation des Klienten elementar. Es gibt Voraussetzungen, wie schon oben beschrieben, die der Klient mitbringen muss.

Der Unterschied zwischen GT und der KZB besteht darin, dass die GT eine zugelassene Therapie ist und die klientenzentrierte Beratung unter anderem eine Methode in der Sozialen Arbeit darstellt. Es ist in der Beratung in der Sozialen Arbeit nicht das Zeitkontingent vorhanden, ausreichend detailliert auf eine Generalisierte Angststörung des Klienten einzugehen. Weiterhin ist eine therapeutische Herangehensweise in der Sozialen Arbeit laut Psychotherapeutengesetz nicht im gesetzlichen Rahmen.56

Trotzdem soll hier in den folgenden Abschnitten der theoretische Versuch unternommen werden, Möglichkeiten der Beratung bei Klienten mit GAS, in der Sozialen Arbeit aufzuzeigen.

54 vgl. (Rogers, 2016 S. 35)

55 vgl. (Hassebroek, 1997 S. 91-102)

56 (juris GmbH Saarbrücken, 1998 S. §1 Abs.1)

30

6.1 Erkennen der GAS durch KZB/GT

Es ist möglich, über aktives Zuhören und dem mitfühlenden Verstehen, einige Aspekte der Symptomatik zu erfassen, z.B. wenn der Klient über seine sorgenbehaftete emotionale Erlebniswelt berichtet und sein emotionales Erleben, sich um die Angst und Sorge dreht.

Weiterhin könnten sich innerhalb des Beratungsgesprächs viele dieser Symptome, wie das Katastrophisieren von Lebenssituationen oder auch das verzerrte Bewerten von emotionalen Erfahrungen, herauskristallisieren.

Man darf im Rahmen der Sozialen Arbeit keine Diagnosen oder „ähnliche Vermutungen“

aufstellen, soweit man als Sozialarbeiter nicht das nötige Wissen im psychologischen/

therapeutischen Bereich hat. Wenn man gegebenenfalls eine o.g. Ausbildung genossen hat, wäre es möglich, über die KZB den Klienten sozusagen zu der Selbsterkenntnis zu bringen, sich in Therapie zu begeben. Dies setzt wiederum voraus, dass der Klient in der Lage ist, wie oben schon beschrieben, seine Ängste im Inneren betrachten zu können und seine damit verbundenen Emotionen zuzulassen. Hierbei gilt noch einmal der Hinweis auf Punkt 3.1.4, wo auch von einer gestörten Emotionsregulierung bei Klienten mit GAS die Rede ist. Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit ein Klient, der noch keine Therapie

„genossen“ hat, überhaupt in der Lage ist, seine Emotionen in Bezug auf seine Erfahrungen zu bewerten und wahrzunehmen.

6.2 Handlungsmöglichkeiten in der Sozialen Arbeit

Es gibt ganz klare Unterschiede zwischen Beratung und Therapie, welche unter anderem auch durch das Psychotherapeutengesetz geregelt sind57. Um beim Beispiel der KVT zu bleiben, sind hier ganz klare Strukturen und Möglichkeiten vorgegeben, welche vom Therapeuten verfolgt werden. Auch hier werden zwar die Emotionen sozusagen tangiert, jedoch stehen diese nicht im Vordergrund der Therapie. Bei der KZB hingegen stehen die Emotionen im Vordergrund und es gibt gewissermaßen einen emotionalen Ablaufplan, der sich aus dem Erleben des Klienten, innerhalb der Therapie entwickelt.

Um die Komplexität der Sozialen Arbeit zu verdeutlichen, möchte ich an dieser Stelle ein Zitat von Mechthild Seithe wiedergeben, welches das breite Spektrum, das die Soziale Arbeit abdecken soll, sehr gut widerspiegelt:

57 (juris GmbH Saarbrücken, 1998)

31

„Soziale Arbeit und damit Soziale Beratung kann alles zum Thema haben, was den Alltag ihrer Klientel bestimmt. Und das heißt, sie darf sich nicht auf das Verstehen von Emotionen beschränken, sondern muss ebenso informierend, stützend, sichernd und begleitend tätig werden. So können z.B. neben Beziehungs- oder Erziehungsfragen, neben Überforderungsgefühlen oder der erlebten Einsamkeit ebenso der letzte Besuch bei der Arbeitsagentur, der Streit mit dem Lehrer des Sohnes, der Wohngeldantrag, die finanzielle Situation der Familie oder die Vor-und Nachteile einer Ausbildungsmaßnahme Thema einer Beratung sein.“ 58

In der Sozialen Arbeit geht es also vielmehr um die äußere Erlebniswelt des Klienten und wie er innerhalb der Gesamtgesellschaft dasteht. Seine emotionale Erlebniswelt und wie er sich selbst in der Gesellschaft sieht, wahrnimmt und fühlt, steht dabei weniger im Fokus.

Wie in dem Zitat beschrieben, kommt der Klient aus einem bestimmten Anlass, welcher nicht unbedingt seine Angststörung als primäres Handlungsfeld darstellt.

Um orientierend an der Forschungsfrage eine Antwort geben zu können, welche Handlungsmöglichkeiten sich Sozialarbeitern im Kontext der KZB bieten, um psychische Störungen wie die Generalisierte Angststörung beim Klientel der Sozialen Arbeit zu erfassen, möchte ich auf Punkt 5.4 verweisen. Hier ist an einem möglichen Therapieprozess erkennbar, wie umfangreich der Therapieverlauf aussehen kann. Um also in einem therapeutischen Rahmen als Sozialarbeiter wirksam zu werden, bedarf es einer entsprechenden Ausbildung, eines angemessenen zeitlichen Rahmens und eines institutionellen Rückhalts, welcher bei der Zuteilung der finanziellen, sprich zeitlich/personellen Ressourcen, den Bedürfnissen einer intensiven Zuwendung zum Klienten im Sinne der KZB gerecht wird.

Sind die zeitlich personellen Ressourcen nicht auf die Bedürfnisse der KZB zugeschnitten, beschränkt sich der Handlungsspielraum des Sozialarbeiters im Zusammenhang mit Klienten mit einer GAS im Wesentlichen auf die Grundhaltung der KZB, um den Klienten eventuell über seine emotionale Erlebniswelt auf das Wahrnehmen seiner GAS hinzuleiten, wodurch beim Klienten das Bedürfnis geweckt werden könnte, sich in eine Therapie zu begeben. Sobald der Klient seine GAS als lebensbeeinträchtigend erfährt, besteht die Möglichkeit auf Therapiemöglichkeiten hinzuweisen. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass man dann die nicht-direktive Position verlassen müsste, um in die direktive Form zu

58 (Seithe, 2008 S. 52)

32 wechseln. Man würde also seine Methode wechseln, um im Sinne der Sozialen Arbeit zu handeln.

Um diese Vorgehensweise zu rechtfertigen, könnte man es sehen wie Mechthild Seithe:

„Eine Verbindung der Klientenzentrierten Beratung mit anderen Methoden und methodischen Schritten ist also nur dann problematisch, wenn die BeraterIn auf diesem Wege ihre empathische Grundhaltung aufgeben müsste.“ 59

Nach Rogers findet die empathische Grundhaltung in der KZB aber vor allem dadurch ihren Ausdruck, dass der Klient die Gelegenheit bekommt, eigene Lösungsansätze zu entwickeln. Der Ratschlag des Sozialarbeiters, sich in eine Therapie zu begeben, entspricht also in keinster Weise dem nicht-direktiven Ansatz. Die Frage ist also, ob man als Sozialarbeiter überhaupt kongruent bleiben kann, wenn man sich z.B. aufgrund begrenzter Ressourcen des Trägers der Sozialarbeit gezwungen fühlt, einen so vielversprechenden Ansatz, wie den von Rogers aufzugeben.

Trotzdem bietet der Ansatz von Rogers Möglichkeiten, präventiv psychischen Störungen, sowie auch der generalisierten Angststörung entgegenzuwirken. Ein großes Potential liegt z.B. darin, eine Art Frühförderung für Eltern, Kinder, Schwangere, Geburtshelfer usw.

einzurichten, wo die Inhalte des personenzentrierten Ansatzes vermittelt werden.

Rogers 60 beschreibt die Herangehensweise eines Gynäkologen in Frankreich, wobei die Geburt schon personenzentriert abläuft. Faszinierend dabei ist, dass man die Kinder im Alter von drei Jahren noch einmal untersucht hat und diese kaum Ernährungs- und Schlafprobleme hatten. Außerdem waren diese Kinder aufgeweckter, entspannter und umgänglicher. Hier besteht aus meiner Sicht ein guter Einstieg für den personenzentrierten Ansatz, sozusagen die „Geburtsstunde“ eines neuen Menschen. Die Möglichkeit psychische Störungen von vornherein zu vermeiden, bietet Rogers Ansatz vor allem dann, wenn er so früh wie möglich in Familien oder auch in anderen Institutionen angewandt wird.

59 (Seithe, 2008 S. 50)

60 vgl. (Rogers, 1978 S. 44-47)

33

6.3 Kontroversen

In den meisten Fällen in der Sozialen Arbeit gibt es eine konkrete Aufgabenstellung für den Berater, mit der der Klient kommt. Hierbei geht es um die Alltags- und Erlebniswelt des Klienten, wobei die Motivation des Klienten oft nicht gegeben ist, da er aus einem Zwangskontext heraus bei der Beratung ist, welcher auf Widerstand bei dem Klienten stößt. Der Sozialarbeiter handelt fast immer mit einem Doppelten Mandat und unter institutionellem Zwang.

Dies führt auch dazu, dass beim Klienten Eingriffe und Konfrontationen von Nöten sind, die eine vertrauensvolle Situation oder auch eine mögliche Beziehung im Sinne der KZB verhindern.

Wenn der Sozialarbeiter schon nicht über die notwendigen Ressourcen (Zeit) verfügt, um eine authentische Beziehung zum Klienten im Sinne der KZB aufzubauen, bzw.

beizubehalten, so bleibt ihm in der Praxis oft nur die Rolle eines Vermittlers. Um also die Lücke zwischen Therapie und Sozialer Arbeit zu schließen, wäre ein Austausch zwischen den beiden Professionen von Nöten. Es ist vorstellbar, dass wenn der Sozialarbeiter in der Lage ist, psychische Störungen zu identifizieren, bzw. diese im Studium soweit gelehrt werden würden, er dann im Austausch mit Therapeuten oder in Form von gemeinsamen Supervisionen, auf die beeinträchtigende Störung des Klientels differenzierter in der Beratung eingehen könnte. Jedoch sollte hierbei nicht vergessen werden, dass die Soziale Arbeit weit mehr ist, als eine psychische Behandlung. Sie ist sozusagen eine Schnittstelle zwischen den Professionen, Institutionen, und dem Klienten.

34