Ein Caityastotra aus dem alttürkisclien Goldglanz-Swira^
Von Dieteb Matte und Klaus Röhbboen, Gießen
\
Inhalt 1. Zur Geschichte der Coiis/averehrung 2. Zum Text und Verfasser
3. Zur Form und Struktur des Textes
4. Uigurischer und tibetischer Text mit Übersetzung 5. Kommentar
6. Anhang : Tabelle der Caityas 7. Literatur und Abkürzungen
1. Zur Geschichte der Coit/averehrung*
Naeh der Überheferung des MPS hat Buddha selbst vier Stätten von
besonderer Heiligkeit den Gläubigen zur Verehrung empfohlen : den Ort
seiner Geburt (im Lumbinivana bei Kapilavastu), den Ort der Erleuch¬
tung (unter dem Bodhibaum am Fluß Nairanjanä), den Ort der Ersten
Predigt (im Rsipatana-Tierpark in Benares) und den Ort des Eingangs
ins Parinirväna (in Ku^inagara). Die Berichte über diesen Vorgang sind
von Waldschmidt' zusammengestellt und in die Klasse B eingeordnet,
d. h. sie sind üi (fast) allen Überlieferungszweigen vorhanden, weisen aber
,,in den Paralleltexten stärkere Abweichungen" auf*. Die Mehrzahl der
in Waldschmidts Überlieferung ausgewerteten Texte* some ein Text aus
dem chinesischen Vinaya der Mülasarvästivädins {VinChin) und dessen
tibetische Entsprechung {VinTib)'^ empfehlen eine Wallfahrt zu den ge¬
nannten vier Stätten*»., aber auch ein gläubiges Gedenken (ohne Wall-
* Dieser Aufsatz wird im UigWb unter der Sigle Caitya zitiert.
2 Caitya hat wohl 3 Bedeutungen: (1) denkwürdige Tat, (2) Ort, wo eine
solche Tat stattgefunden hat, (3) Erinnerimgsmal, das an einem solchen
Ort errichtet wurde.
3 Waldschmidt Üfterfie/ertingr 244 f.
* O.e. 15.
5 MPS (skt.), MPP (DN, päli), Dlrghäg (chin.).
« Vgl. MPS 391.
°* Erinnerungsmonumente sind seit Asokas Zeit nachgemesen, wie die
durch Inschrift beglaubigte Stele von Rummindei zeigt. Die dort auf¬
tauchende Formel hida hhagavam jäte stimmt genau mit der des MPS
(388f. : iha bliagavän jätah) überein.
Ein Caityastotra aus dem alttürkischen Goldglanz-iSüfro 283
fahrt) an die Ereignisse, die dort stattgefunden haben'. Fa-hsien nennt
in seinem Bericht über die Einsetzung der vier Stätten durch Buddha
nur die Wallfahrt als verdienstliche Tat», der ,, Unbekannte Übersetzer"
dagegen berichtet, Buddha habe nur vom „Gedenken" (anusmj-ti-) an die
vier Ereignisse gesprochen*.
Bekanntlich wurden buddhistische religiöse Monumente seit ältester
Zeit mit Reliefs versehen, die Stationen aus dem Leben des Säkyamuni
zeigten**. Der erste hterarische Beleg, der ausdrücklich von der Dar¬
stellung der vier Hauptereignisse {mahäcaitya-) berichtet, findet sich im
Divyävadäna^^. Das Umkreisen (pradaksiy,ä-) solcher Monumente galt als
besonders verdienstvoll**. Nimmt man die Nachricht des I-tsing hinzu,
daß bei der Pradaksirjtä Stotras rezitiert wurden*', so liegt die Annahme
nahe, daß auch Caityastotras bei solchen Grelegenheiten vorgetragen, ja
wohl eigens als Preisheder auf die dargestellten Orte und Ereignisse ge¬
schaffen wurden. Hierzu passen jedenfalls formale Eigentümlichkeiten einiger Caityastotras: die „chronologische" Reihenfolge in der Behand¬
lung der Caityas und die Zuordnung je einer Strophe zu einem Caitya.
Daß der angenommene Zusammenhang mit der Pradaksirj^ä und Bilder¬
verehrung genetisch zu verstehen ist und nicht für alle Caityastotras zu¬
trifft, lehrt am deuthchsten das Stotra Taishö Nr. 1685. In diesem Stotra
wd ferner eine ganz entschiedene Abkehr von dem Leben und der Ver¬
ehrung des Säkyamuni faßbar, die sich in der Schlußstrophe unseres
Stotras erst andeutet : die Mahäcaityas sind exponierte Stellvertreter für
alle Orte ,,in den zehn Himmelsrichtungen", an denen der Dharmakäya
' Zu dieser Problematik auch Babeau II, 2 S. 29 f. Dieser Autor macht
widersprüchliche Aussagen über die Angaben der Quellen. Auf jeden Fall
muß doch der Skt.-Text von MPS so gedeutet werden, daß auch ein direkter
Besuch (MPS 41,10: abhigamaniya) der 4 Orte empfohlen wird. Ein weiteres
Werk dieses Autors (La Construction et le culte des stüpa d'apres les Vinaya¬
pitaka. In: BEFEO 50 [1962], 229—274) hat keinen direkten Bezug zur
Caitya-Yerehrung.
8 Fa-hsien (vgl. WAZDSCnMiDTÜberlieferung 245) hat als einzige Quelle
die Namen der Lokalitäten.
» WAWSCSMiDTÜberlieferung ibid. Gerade diese anonyme Quelle, die
Bareau (II, 2 S. 29f.) beiseite läßt — offenbar weil nur die Ereignisse,
nicht die Orte für die Verehrung empfohlen werden ■—, vermag mehr noch
als die von Babeau angeführte Quelle (Chin. A, d.h. Dirghägama) die Wich¬
tigkeit der ,, partie proprement spirituelle du culte" zu unterstreichen.
'° Abbildungen von Reliefs mit den 4 Caityas bei Bänisti Tafel XVII-XX.
** Divy 244,18. Eine gründliche Analyse der in Einzelheiten schwierigen Stelle bei Bänisti 73 ff.
*2 Vgl. z.B. H. W. Bailey: The Pradaksinä-sütra of Chang Tsiang-Kuin.
In: L. Cousins et all.: Buddhist studies in howur of I.B. Horner. Doordrecht 1974, 15—18.
*3 Vgl. Schlingloff 8.
20»
284 Dieteb Maue und Klaus Röhbboen
weilt**. Dies ist, wie schon Bagchi andeutet**, die Konsequenz der Lehre
vom Dharmakäya, in der der historische Buddha verblaßt und die Vita
des Buddha Säkyamuni nur noch exemplarischen Wert hat. In der Ver¬
ehrung des Dharmakäya dürfte auch die auf den ersten Blick merk¬
würdige Tatsache ihre Erklärung finden, daß gerade unser Stotra in dem
vorbereitenden Zeremoniell für die Rezitation des Goldgl&m- Sütra seinen
Platz gefunden hat: so wie in den Mahäcaityas manifestiert sich nach
Auffassung der Mahäyänisten in nicht geringem Maße der Dharmakäya
in den heiligen Schriften**, weswegen sich in Stüpas auch ,, spirituelle
Reliquien" (dharmasarira-) finden ,,qui en maniere de depot equivalent au corps de la Loi {dharmakäya-) de ce Buddha"*'.
Von den wichtigen Stationen in Buddhas Leben*'» genießen die ein¬
gangs erwähnten vier eine Vorrangstellung : sie kommen in allen uns be¬
kannten Caityastotras vor**. Sie gehören auch zum festen ikonographi¬
schen Repertoire*'. Obwohl keine Caityastotras überliefert sind, in denen
nur (diese) vier Ort verehrt werden, darf man wohl annehmen, daß ur¬
sprünglich solche existierten.
Die erste datierbare Quelle, die eine Achtzahl von Caityas kennt, ist
der Bericht des I-tsing**, der im letzten Drittel des 7. Jahrhunderts
Indien bereiste. Dem uigurischen Übersetzer des Goldglanz-iSötra er¬
schien dessen Indienreise geradezu als Pilgerfahrt zu den acht Caityas,
wenn er sagt, daß I-tsing ,,die 8 Caityas (Wh) alle besichtigte, wo der
völlig weise Göttergott Buddha die heihgen, gesegneten Caityas voll¬
bracht hatte"**. Als Versuch, der Erweiterung auf 8 Caityas kanonische
Autorität zu verleihen, ist der Rahmenbericht des Stotras Taishö Nr.
1685 anzusehen, der in enger Anlehnung an die Einsetzung der vier
{Mahä-)Caityas gestaltet ist. Die in Tucci I und II dokumentierte Tra¬
dition wül sogar 8 Cai<ya-Bauten zu Buddhas Zeiten entstanden sein
lassen, ja diese als architektonische Prototypen aller späteren Caityas
IStüpas in Anspruch nehmen**. In all dem scheint sich das Bemühen
** Es ist denkbar, daß diese Schluß-Strophe ein späterer Zusatz ist.
*5 Bagchi 228.
*' Schopen pass.
*' Bänisti 49 (wörtlich nach Mus).
*'* Eine Zusammenstellung der diesbezüglichen literarischen und künst¬
lerischen Zeugnisse bei A. Fouchee: Une Liste indienne des actes du Buddha.
Paris 1908. Die in unserem Caityastotra in Rede stehenden Ereignisse finden
sich (außer der Beendigung des Sanghabheda) dort unter den Nummern 1, 23,
29, 43, 45, 55, 59.
*' Mit Ausnahme von Näg II, wo die „Erste Predigt" fehlt.
*» Vgl. z.B. BÄNiSTi, Tafeln XVII—XX.
2» Takakusu 108.
2* Suv 3,16£f. Hier ist caitya- als „denkwürdiges Ereignis" verstanden.
" Vgl. Tucci S. 21 ff.
Ein Caityastotra aus dem alttürkischen Goldglanz-ÄtKra 285
niederzuschlagen, Anzahl und Rang der Caityas denen der acht Haupt-
reliquiare (Stüpas) anzugleichen, die sehr bald nach dem Tod Buddhas
errichtet wurden*'.
Unser Stotra (vgl. Tabelle Sp. VI) fügt zu den vier Hauptereignissen
die folgenden hinzu: Sieg über die Tirthikas (Mahäprätihärya). den
Abstieg aus dem Trayastrirnsa-'Himmel (Devävatära) , Beendigung des
Schismas und Vollzug des Adhisthäna. Diese vier Ereignisse bilden einen
chronologischen Block, der zwischen der Ersten Predigt und dem Pari¬
nirväna eingeschoben ist. Sie schließen die Lücke von fast fünfzig Jahren, über die die älteren biographischen Quellen sich ausschweigen**.
Fa-hsien führt im Kapitel 31 seines Reiseberichts (Tab. Sp. III) die
vier Hauptereignisse auf. Er bezeichnet sie ausdrücklich als „große Cait-
yas"^^. Daneben nennt Fa-hsien an anderer Stelle (Tab. Sp. IV) vier
Orte, die nur teilweise mit denen des MPS übereinstimmen. Er legt
ihnen die Attribute „konstant und feststehend"** bei und meint damit
Orte, die im Leben eines jeden Buddha vorkommen. In einer Glosse zum
VinChin, die ebenfalls 8 Orte (Tab. Sp. V) nennt, ist auch von 4 ,, fest¬
stehenden Orten" die Rede*'. Es wird zwar nicht ausdrücklich gesagt,
welche der acht Orte damit gemeint sind; es ist aber nicht unwahr¬
scheinlich, daß es dieselben sind, die aueh von Fa-hsien als feststehend bezeichnet werden.
Nach Fa-hsien*» gibt es noch weitere „bemerkenswerte" Orte, die nicht
allen Buddhas gemein, sondern für jeden spezifisch sind, ohne daß der
Autor sie nach Ereignis oder Anzahl weiter konkretisiert. Gesetzt den
Fall, die Glosse zum VinChin (Tab. Sp. V) versteht unter ,, feststehenden Orten" dasselbe wie Fa-hsien, dann sind die ,, variablen"** Orte dieser
Glosse: Ort der Geburt (Kapilavastu), Ort der Beendigung des Samgha-
bheda (Räjagrha), Ort des Adhisthäna (Vai^äli) und Ort des Parinirväna
(Kuäinagara)'*. Für die Lehre von den „feststehenden Orten" finden
" Vgl. MPS 442ff. Die Authentizität des Berichtes von MPS wird er¬
härtet durch archäologische Funde (vgl. W. Kibpel, Kidtur, S. 40).
2* Tucci (S. 24) unterscheidet zwischen Ereignissen der Vita und Wundern.
" Fa-hsien Text S. 31 Z. 10: iz ^ ta t'a; so auch Divy 244,18. Von 4
anderen lokalen Mahäcaityas berichtet Fa-hsien in Kap. 11 (Übers. S. 32,
Text S. 9 Z. 2£f.).
2« Fa-hsien Text S.22 Z.8: ^ ch'ang ting.
" Taishö Bd. XXIV 399 oben Z. 15—16 (von Waldschmidt in MPS 391
ausgelassen) : ^ ^ ting ch'u.
2» Vgl. die in Anm. 26 zitierte Stelle.
2» Die Glosse nennt sie ,, nicht feststehend, variabel" (^ ^ wu ting).
30 Das ist nicht zwingend, da die Glosse nicht ausdrücklich sagt, daß nicht mehr als 4 ,, variable" Orte existieren, über die Achtzahl von Orten hinaus.
In dieser Frage scheint noch nicht das letzte Wort gesprochen zu sein: Nach
286 Dieter Maue und Klaus Röhrborn
sich nur verstreute Hinweise. So wird im Divyävadäna^^ eine Liste von
notwendigen Taten gegeben, die jeder Buddha vollbringen muß, ehe er
ins Parinirväna, eingeht. An feststehenden Lokalitäten wird darin ge¬
nannt: §TSLvasti (mahäprätihärya-), Samkäsya (devävatararfmn), darüber¬
hinaus aber auch der See Anavatapta'*. Weitere Hinweise in der Bio¬
graphie des Hsüan-tsang" bezüglich des Bodhibaums und im Fo-shuo-
k'u-shu-ching^ bezüglich Sämkäsya.
Die gleiche Systematik kennen auch der chinesische und der tibe¬
tische Text der Torinschrift von Chü-jTing-kuan'*» (Tab. Sp. IX und X) :
,,vier allgemeine Taten"'* werden den ,,vier notwendigen und wunder¬
baren Taten des Säkyaräja Säkyasimha"'* gegenübergestellt. Beendigung
des Sanghabheda, Devävatära^, Sieg über die Tirthikas^^^ und Vollzug des
Adhisthäna. Dabei werden aber abweichend von Fa-hsien die ursprüng¬
lichen Mahäcaityas (Geburt, Erleuchtung, Erste Predigt und Parinir-
värm) mit den ,,vier allgemeinen" Taten identifiziert. Das ist verdächtig.
Die Torinschrift scheint hier zwischen der Lelire von den ,, feststehenden' '
und ,, variablen" Orten und einer Gruppierung der Mahäcaityas in vier
ursprüngliche und vier später hinzugekommene zu vermitteln.
Im Einklang mit unserem Stotra hinsichtlich der acht Orte und Er¬
eignisse findet sich auch das Stotra Taishö Nr. 1685 und — außerhalb
der Ätoira-Literatur — ein tibetischer Traktat zur Architektur der Stüpas
einer tib. Buddha-Biographie (Schiefner 291) müßte auch Kusinagara
zu deii ,, feststeh enden" Orten gehören, weil nach der zitierten Quelle die
6 Buddhas vor Öäkyamuni dort ins Nirväna eingegangen sind.
" Divy 150,17 ff.
32 Zum dort lokalisierten Ereignis heißt es: pürvikä karmaplotir vyäkrts, blmvati.
33 HtPek 158b.
3* Nach Watters I 336.
3^a Zitiert nach Murata.
3' Der chin. Text (in Mubata I 309 Z. 2,4) sagt eindeutig: ,,die univer¬
salen 4 Taten aller Buddhas" (|^ PS ^ fft )• Entsprechend versteht auch Nagao don tib. Ausdruck : spyihi mjad pa bii po dag.
3' Sa kyahi rgyal po Sa kya sen gehi dgos kyi mjad pa rmad byun.
3'* Das Tib. hat sehr lapidar: yum kyi don ,,für die Mutter", was Nagao (in Murata I 232 Z. 3,2) interpretierend übersetzt durch: „[das Predigen]
für die Mutter, [Frau Mäyä, nachdem er hmaufgestiegen war in den Tra-
yastrirnSas-Himmel]" (haha [Maya Fujin] no tame ni [toli ten ni nobotte seppö shi]). Es ist also das Ereignis, das dem Devävatära unmittelbar vorausgeht.
Das Chin. (Mubata I 309 Z. 3,2) liest: „er hat gedankt für die tiefe Mutter- Liebe" (m fg: m -®)-
3°" Die Übersetzung des chin. Textes von Fujieda (in Mubata S. 309 be¬
sonders Anm. 6) bringt nicht zum Ausdruck, daß die „Besiegung der 6
Tirthikas" und das ,, Zeigen der übernatürlichen Kräfte" sich auf denselben
Vorgang beziehen. Entsprechend auch Nagao bei der Interpretation des tib.
Textes.
Ein Caityastotra aus dem alttürkischen Goldglanz-SM«m 287
und Caityas (Tucci II; Tab. Sp. VIII), der besonders dadurch von Inter¬
esse ist, daß er auch spezielle Namen der Caityas überliefert, die mit den
Caitya-Namen, die die tib. Version unseres Stotras hat, übereinstimmen
(außer bei Caitya 1 und 3)*'. Es sei aber erwähnt, daß der uig. Text nur
bei Caitya 3, 4, 6 und 7 klar zeigt, daß Namen vorliegen. In den anderen
Fällen (bei Caitya 1, 2, 5 und 8) ist die Formulierung so gehalten, daß es
sich um allgemeine Epitheta der Caityas handeln könnte.
In eüiem weiteren dem Nägärjuna zugeschriebenen Caityastotra (Näg
II) findet sich zwar die Aehtzahl, aber mit Abweichungen bezüghch der
Orte, Taten und Reihenfolge. So werden z.B. Benares und Vaiääli mit
Ereignissen hi Verbindung gebracht, die in unserem Stotra überhaupt
nicht vorkommen. Ähnlich steht es mit einer von Tucci ausgewerteten
weiteren tibetischen Quelle'».
Nur im Titel findet sich die Achtzahl (noch) im Stotra des Harsavar-
dhana". Nach der Nennung von sechs der acht Stationen, auch in der er¬
warteten Reihenfolge (Geburt, Erleuchtung, Erste Predigt, Sieg über
die Tirthikas, Devävatära, ParinirväijMY'^, verläßt der könighche Dichter
das stereotype Muster, um eine Vielzahl von weiteren Orten zu preisen
und schließlich die Verehrung auf alle Reliquienstätten (sie!) auszu¬
weiten. So ist am Ende der Titel („Das Sanskrit-Preislied der acht großen
verehrhchen Caityas") ungerechtfertigt, wie schon Bagchi moniert**.
2. Zum Text und Verfasser
Die uigurische Fassung des hier publizierten Caityastotras steht am
Ende der Einleitung zum Goldglanz-ÄMira. Das Sanskrit-Original ist ver-
?' Hier die tib. Namen der Caityas (vgl. Tucci Text 118—119) mit Tuccis
Übersetzimg (vgl. Tucci 128—129): byan chub chen mchod rten ,,lo stüpa
della 'grande illuminazione'" (2. Caitya), mu stegs pham byed dam cho hphrul mchod rten ,,lo stüpa della 'sottomissione degli eretici' oppure lo stüpa 'del grande miracolo'" (4. Caitya), lha babs sam yan na sum cu röa gsum Ihahi mchod rien ,,lo 'stupa della discesa dal ciela degli dei' o dei 'trentatre dei (Trayastrirnsat)'" (5. Caitya), hod zer can nam byams nos kyan ies dben
bsdums mchod rten ,,\o 'stüpa splendente' oppure 'della pietä' od anche
'della riconciliazione del dissidio'" (6. Caitya), byin brlabs sam mam rgyal mchod rten ,,'lo stüpa della grazia' o del 'Vittorioso'" (7. Caitya), mya nan hdas mchod rten „'lo stüpa del Nirväna'" (8. Caitya). Für unser abweichendes
Verständnis von byin brlabs (7. Caitya) vgl. u. Kommentar zu S. 32,7—-9.
Zum 2. Caitya vgl. noch u. Amn. 77.
38 Tucci 21 Anm. 1. Nicht in unserer Tabelle.
39 LÄvi 189 f.; vgl. auch Bagchi 232 (fehlerhaft).
Ebenso wie bei Har§avardhana fehlen in dem Bericht von Asokas
Pilgerreise im Divy 389 ff. die Erwähnung einer Gedenkstätte für die Be¬
endigung des Sanghabheda und für den Vollzug des Adhisfliäna.
*i Bagchi 228.
288 Dieteb Maue und Klaus Röhbbobn
schollen, die tibetische Version in den großen TaryMr-Editionen erhalten.
Der uig. Text basiert auf der Ausgabe von Radloff-Majlov**. Auf eine
Transliteration wurde daher verzichtet, die Transkription richtet sich
nach den Grundsätzen des Uigurischen Wörterbuchs*^. Frau Prof. Tugxj-
seva, Leningrad, hatte die Freundlichkeit, fragliche Stellen noch einmal
am Leningrader Original zu prüfen. Sie hat keine Abweichungen gegen¬
über der Edition feststellen können.
Der hier ebenfalls vorgelegten tibetischen Version liegen die Peking-
Ausgabe im Otani-Nachdruck** und die Chone-Ausgabe** zugrunde. Die
letztgenannte bietet in strittigen Fällen die bessere Lesart**. Die Um¬
schrift folgt dem ,, Hamburger Transliterationssystem"*'.
Die beigegebene Übersetzung gibt den uig. Text wieder, berücksichtigt
aber das Verständnis der tib. Version, wo der uig. Text mehrdeutig ist.
Differenzen zwischen den beiden Versionen sind, soweit nicht an anderer
Stelle, im Kommentar behandelt. Eine Übersetzung des tib. Textes
schien daher entbehrlich.
Der Verfasser des Sanskrit-Originals wird im Kolophon überein¬
stimmend mit Nägärjuna angegeben. Es ist unwahrscheinlich, daß das
Stotra aus der Feder des großen Mädhyamika-'Philosophen stammt*».
Dafür ist der Inhalt zu unbedeutend und ohne philosophischen Bezug.
"/Swt) 30,10—34,16. Eine Teilübersetzung dieses Stückes ins Russische findet man in Suv S. IX, eine Übersetzung des gesamten Stücks ins Deutsche
in S. E. Malov (Hrsg.): Suvarnaprabhäsa (Das Ooldglanz-Sütra). Aus dem
Uigurischen ins Deutsche übers, von W. Radloff. Leningrad 1930. (Bibliotheca
Buddhica. 27.), S. 15^—18. Diese frühen Übersetzungen konnten unberück-
sichtig bleiben (sind überholt). Auf einige Fragen, die durch die späte mon¬
golische Übersetzung unseres Stotras (vgl. L. Ligeti in: Csoma de Körös
memorial symposium. Budapest 1978, S. 267f.) aufgeworfen werden, soll in
einem Nachtrag eingegangen werden, da der mo. Text erst, während der
Drucklegung in unsere Hand kam.
*3 UigWb 9ff. Für weitere das Uig. betreffende und hier nicht erklärte
Zeichen ist ebenfalls das UigWb zu konsultieren.
** Bd. XXXXVI, 39f. Den Stellenhinwois verdanken wir Herrn Prof.
C. Vogel, Borm, eine Kopie der fraglichen Seiten Herrn Dr. Geobge, Berlin.
Bstod ka (Bd. 209) 92a2 — 93b4. Den Mikrofilm dieser Ausgabe konnten
wir im Indologischen Seminar der Universität Borm einsehen, durch fromid-
liche Vermittlung von Herrn Prof. M. Hahn, der auch manchen nützlichen
Hinweis gab.
*° Die beiden geprüften Ausgaben repräsentieren die beiden Überliofe-
rungs-Zweige des Tanjur (vgl. C. Vogel: Vägbhata's Astängahrdayasarnhitä.
The First five chapters of its Tibetan version. Wiesbaden 1965. (Abhandl.
für die Kimde des Morgenlandes. 37,2, S. 31-—33).
*' Vgl. M.Hahn: Lehrbuch der klassischen tibetischen Schriftsprache.
Hamburg 1971, S. lf.
" Schlingloff (S. 11) urteilt anders, ohne Angabe von Gründen.
Ein Caityastotra aus dem alttürkisclien Goldglanz-ÄMim 289
Denkbar wäre, daß ein Anonymus den berühmten Namen benützt hat,
um seinem Opusculum Autorität zu verleihen. Andernfalls whd man
das Stotra einem gleichnamigen Autor zusehreiben müssen. Dies tut
Bagchi*'. Er vermutet in dem Autor einen Lehrer aus Nälandä, der ins
10. Jh. zu datieren sei.
Als Übersetzer ins Tibetische firmieren Tilaka und Ni ma grags (i.e.
Süryakirti) aus Pa chab*". Terminus post quem non ist das Jahr 1334,
in dem Buston die Redaktion des tib. Tanjur fertiggestellt hat, aus der
sich die späteren Haupt-Editionen ableiten. Trotz Angabe des Über¬
setzers (Amoghaäri) und des Datums der Fertigstellung der Übersetzung
(,,14. Tag des 4. Monats des Rind-Jahres, in dem Buddha geboren ist")
ist für die Entstehung der uig. Version nichts Sicheres zu ermitteln. Amo-
ghasri ist sonst bisher nicht bekannt. Es wurde versäumt, den Zyklus
genau zu bestimmen, so daß (ab wann?) jedes 12. Jahr in Frage kommt.
Terminus post quem non ist 1687, das Jahr der Abschrift der Lenin¬
grader Handschrift des Goldglanz-»Sw<ras.
Das Verhältnis der tib. und uig. Fassungen zueinander gibt einige
Probleme auf. Die uig. Fassung ist wortreicher als die tibetische, die
durch das Metrum gebunden ist, und enthält wohl auch kommentierende
Zusätze. Ferner gibt Amoghaäri an, seine Übersetzung nach dem Sans¬
krit angefertigt zu haben, Es besteht aber Anlaß zu Zweifel**, da einige
Stellen darauf hinzuweisen scheinen, daß das Verständnis, ja sogar ein¬
zelne Foimulierungen des Uig. durch das Tib. gelenkt sind. Nur so sind
gewisse Ausdrucksweisen zu erklären, die für das Uig. ungewöhnlich,
dem Tib. aber durchaus geläufig sind**. Auch ein Übersetzungsfehler
kann wohl nur aus einem Mißverstehen des tibetischen Textes erklärt
werden*'. Dieser Umstand kann positiv nur beweisen, daß Amoghasri
auch die tibetische Version herangezogen hat. Gegen die Annahme einer
ausschließlichen Abhängigkeit vom Tib. lassen sich Stellen der uig.
Fassung anführen, die der tibetischen zuwiderlaufen**. Einige der Ab-
*' Bagchi 224; über die verschiedenen Nägärjunas vgl. G. Tucci: A
Sanskrit biography of the Siddhas and some questions connected with Nagarjuna.
Ln: Journal of the Asiatic Society of Bengal (Calcutta). N. S. 26 (1930), S. 143,
147. Für uns ohne Belang ist Kabambblkab. : The Problem of Nägärjuna. In:
JIH 30 (1952), S. 21—33.
*" Vgl. CoBDiER: Catalogue du fonds tibetain de la Bihlioteque Nationale.
3. Teil. Paris 1915, Bstod Nr. 24 und besonders Nr. 28, ferner Ul et al.:
Chibetto daizökyo sömokuroku. Sendai 1934, Nr. 1133.
'* Auch sogdische Übersetzer scheinen golegeiitlicli fälschlich zu be¬
haupten, nach dem Sanskrit-Original gearbeitet zu haben (vgl. Mackenzie 7).
" S. u. S. 297, 307.
" S. u. S. 308 oben.
" S.u. S. 302, 309, 310.
290 Dieter Maue iind Klaus Böhrbobn
weichungen sind sachhcher Natur**. Dies führt zu dem Scliluß, daß ent¬
weder die Übersetzer nicht zuverlässig gearbeitet haben oder daß sie
nicht von einer gleichlautenden Sanskrit-Vorlage ausgegangen sind.
3. Zur Form und Struktur des Textes
Das Original war fraglos metrisch — wie auch die tib. Übersetzung.
Im Uig. haben wir dagegen keine dichterischen Elemente (wie Versmaß,
Alliteration u. dgl.) feststellen können. Es scheint eine Prosa-Paraphrase
zu sein. Das Tibetische hat vierzeilige Strophen mit je 9, ab Strophe 6
mit je 7 und in der Schlußstrophe mit je 15 SUben**. Ein sicherer Rück¬
schluß auf die Form des Sanskrit-Originals ist nicht möglich.
Die Strophen*' 1 bis 8 sind stereotyp gebaut. Sie bestehen aus zwei
Teilen : (a) Anspielung auf ein bedeutendes Ereignis aus dem Leben Bud¬
dhas, (b) Verehrungsformel mit namentlicher Nennung des betreffenden
Caityas. Die Ortsangaben sind teüs dem ersten, teils dem zweiten Teil
zugeschlagen.
Nicht einheitlich ist in der tib. und in der uig. Version die syntaktische
Verknüpfung der beiden TeUe. Der erste Teil wird folgendermaßen ab¬
geschlossen (links uig., rechts tib.) :
(1) durch finitives Verb in Str. 1 (1) durch reinen Verbstamm in
und 5 Str. 1 und 2
(2) durch Konverb auf -°p in Str. (2) durch Koordinations-Par-
2—4 und 6—8 tUiel ein in Str. 8
(3) durch Verbstamm mit -pa
in Str. 3—7
Wie man sieht, besteht zwischen den beiden Fassungen keine Symme¬
trie. In der uig. Version der Strophen 3, 4 und eventuell 8 ist der zweite
Teil in der Weise geghedert, daß das Verb yükün- zwei Objekte hat : das
Caitya, das mit Dativmorphem +ka markiert ist, und ein Verbalnomen
auf-itwSi (in Str. 3 und 4), bzw. auf -mtä (in Str. 8), wo jeweUs das Mor¬
phem +lca zu subintellegieren ist. Aber vielleicht haben wir in den ge¬
nannten Strophen eine dritte Art der Struktur vor uns. Es ist denkbar,
daß das Konverb auf -^p sich hier nicht auf das Hauptverb yükün- be¬
zieht, sondern dem Verbalnomen auf -tail, bzw. -nniS syntaktisch unter¬
geordnet ist. In diesem Falle wäre etwa die Strophe 4 so zu übersetzen :
,,Ich verneige mich vor dem, der beim Aufenthalt in der Stadt Srävasti
" S. u. S. 302 unten, 309
5ä Abweichendes Meti-um der Schluß-Strophe ist nicht ungewöhnlich (vgL
Schlingloff 116 Anm. 6).
5' Obwohl die uig. Fassung in Prosa abgefaßt ist, reden wir hier der Ein¬
fachheit halber von Strophen.
Ein Caityastotra aus dem alttürkischen Goldglanz-Äwiro 291
die Zauberkräfte (Wh) der Häretiker schwächte (Wh) und genihte, im
Garten des Prinzen Jeta das Mahäprätihärya zu zeigen, vor dem höchsten
Vollender der Dreiwelt-Meditation(? ), vor dem TirthikaSmgiy^hyCai- tya"
4. Uigurischer und tibetischer Text mit Übersetzung
(S. 30,10) namo butdaya .. Tiamo darmaya .. namo (11) saijgaya
änälkäk tilincä (12) aSta m(a)ha istana cayidira (13) istotira-'. - töpöt tilinöä
nas (14) tenpo irgadki cod irtela (15) istodpa ■!• •;• uygur tilincä (16)
säkiz ulug oronlardaki caytilar (17) my ögdisi uri bolmiS manöuSiri (18)
bodis(a)t(a)v kutitja yükünür m(ä)n
Verehrung dem Buddha, Verehrung dem Dharma, Verehrung dem 8an-
glia ! [Titel] in indischer Sprache : Astamahästhänacaitya-stotra. [Titel] in
tibetischer Sprache: gnas chen po brgyad kyi mchod rten la bstod pa.
[Titel] in uigurischer Sprache: ,, Preisgedicht der Caityas, die sich an
den 8 erhabenen Orten befinden". Ich verneige mich vor der Majestät
des Bodhisattva Manjusri Kumärabhüta.
rgya gra skad du / asta mahä stha na 6ai ta sto tra / bod skad du j gnas chen
po brgyad kyi mchod rten la bstod pa / hjam dpal gzon nur gyur pa la phyag
hchal lo I
[1]
yertin6ü(19)nüy yalayuz pahSisi lumbinavan (20) angta tuga y(a)rli-
kadi (21) kapilavastu balikta ärmäk kilu y(a)rlikadi .. (22) yüz
kolti ädgü ädränüig ärdinilär (23) üzä etiglig yaratiglig .. ädgün (24) bar-
misniy baytilanya yükünür m(ä)n ..
Der einzig[artig]e Lehrer der Welt geruhte, im Lumbinivana-Hain ge¬
boren zu werden. Er geruhte, in der Stadt Kapilavastu zu wohnen. Ich
verneige mich vor den [dort befindlichen] Caityas des mit 100 Kotis von
Tugend-Juwelen geschmückten (Wh) Sugata.
j hgro bahi bia ma geig pu lum pir bltams j
I ser skyahi gron khyer gzi ru gnas par mjad /
/ yon tan rin chen bye bas brgyan payi j
I bde gsegs mchod rten rnams la phyag hchal lo /
[2]
(23) magattaki m(a)ha bodi sögütnüy (S.31,1) altininla narayancan
[ögüzjnüy (2) kidiginta oluru y(a)rlikap ülgüs(3)üz üküä key alkig äd-
gülüg ädräm(4)lig .. tuyunmakniy tayaki bolmiS (5) 6aytika yükünür
m(ä)n
292 Dieteb Maue und Klaus Röhrbobn
Ich verneige mich vor dem Caitya, das unzählig viele, weitläufige (Wh)
gute Tugenden [hat] und zur Wohnstatt der Bodhi geworden ist, wo
(weil) [Buddha] unter dem Mahäbodhi-Baum im [Lande] Mägadha am
Ufer des Flusses Nairanjanä zu sitzen geruhte.
/ ma ga dha yi byan chub sin drun du j
I chu bo nai ra nj'a na zes bya bahi j
I hgram bzugs mchod rten yon tan rgya che ba /
/ byan chub rten du gyur la phyag Mhal lo /
[3]
kaS kavsal (6) eltä baranas balikta (7) ävrilmätük dartnacakir nomlug til.
gän(8)ig ävirü y(a)rlikap .. kadgu nizvani(9)larig üzdä6i käsdäii
tört (10) törlüg inana bilgä biliglig (11) caytilarka yükünür m(ä)n
Ich verneige mich vor dem Vernichter und Abschneider der Klesas (Wh),
vor den 4 Jnäna-Caityas, wo (weil) [Buddha] im Kääikosala-Lande, in
der Stadt Benares das Dharma-H&d (Wh), das [vorher] noch nicht ge¬
dreht worden war, in Bewegung setzte.
/ ka si ka yi ba ra r),ä se ru /
/ chos kyi hkhor lo rnam grol rmad byun na /
/ non mons sgrib pa rnam par gcod mjad pa /
/ ye ses mchod rten bzi^^ la phyag h6hal lo /
[4]
Siravctsat (12) balikta ärkän admlarnir) kücin küsün(13)in kisgarip kä-
vip .. cet tegin(14)niy yemiSlikintä ulu^ vit (15) körüncüg körkitü y(a)rh-
kap ü6 (16) törlüg oroniarniy ornagm yeg'üsdün( 17 )ki bütürmäk ktl-
taci .. tirtilarig (18) ulmiS yegädmiS üaytika yükünür m(ä)n ..
Ich verneige mich vor dem höchsten Vollender der Dreiwelt-Medita¬
tion (?), vordem Tirthika-^ieg(Wh)-Caitya, wo (weil) [Buddha], während
er in der Stadt Srävasti weilte, die [Zauber]kräfte (Wh) der Häretiker
schwächte (Wh) und geruhte, im Garten des Prinzen Jeta das Mahä¬
prätihärya zu zeigen.
/ mnan du yod par gzan stobs dhar bead nas /
/ je tahi 6hal du cho^^ hphrul chen po bstan /
/ sa gsum dgons pa mchod tu bsgrub mjad pa j
I mu Stegs pham mjad mchod rten phyag hdhal lo j
^' So Chone, Peking : g£i.
So Chone, Peking : chu.
Ein Caityastotra aus dem alttürlcischen Goldglanz-Sütra 293
[5]
(19) sarjkas balikta apandar ölär)(20)tä inä y(a)rhkadukta pahsimiz (21)
t(ä)yrilär k(ä)ntü öz ärgüläriyä (22) kirtilär äzrwa hormuztanir) tokir
(23) lan üzä adakmta tapinturulmiS .. (24) astrayastriStaki^° t(ä)yrilär
<«3ä> ayatthniS (S. 32,1) iaytika yükünür m(ä)n ..
Unser Lehrer betrat die eigenen (Wh) Wohnungen der Götter (??), nach¬
dem er in der Stadt Samkäsj'a beim Teich Apandar herabzusteigen ge¬
ruht hatte. Icli verneige mich vor dem Caitya, wo [Buddha] von den
Göttern Brahma und Indra mit ihren Haarschöpfen [durch Verneigung
bis zu] seinen Füßen verehrt wurde und wo [ihm von] den Trayastrimäa-
Göttcrn gehuldigt wurde.
/ gron khyer dam pa mchog ni gsal ldan du f
I lha rnams gnas gsegs bia na med par babs /
/ zabs la chans dban cod pan gyis mchod pa j
I sum cuhi Ihas mchod mchod rten phyag hchal lo j
[6]
öydün (2) irsi karSi bolmiS bursay kuvrag(3)ig burhan pahsi sravak-
larig tüz (4) baz kilip ra6agrh kärdtä pippilayuh (5) ögüztä ädgü ögli bu-
lurßug yir)ak(6)lig iaytika yükünür m(ä)n
Ich verneige mich vor dem *Maiträsa(tä)-Caitya (?) in der Stadt Rä-
jagfha am Fluß Pippalaguha, wo man die Gemeinde (Wh), die vorher
uneins (Wh) geworden war, [d.h.] die Srävakas des Lehrers Buddha,
versöhnt (Wh) hat.
/ dge hdun dbyen du snar gyur las /
/ ston pahi nan thos rab mthun pa /
/ rgyal pohi khab kyi hod mahi chal /
/ byams nos mchod rten phyag hchal lo j
m
isig (7) öz tavranmakm idmak üzä ikindi(8)läyü yänä isig özin adiStit
(9) üzä tutup vaySali känttä (10) iimbal aü(i)g yemiSlikdä .. adiStit
(11) üzä tula y(a)rlik(a)mis taytika (12) yükünür m(ä)n ..
Ich verneige mich vor dem *Adhisthäna( Wh)-Caitya in der Stadt VaisäÜ
im Garten namens Cäpäla, wo (weil) [Buddha] beim Aufgeben der Prä¬
dispositionen des [vollen] Lebens andererseits (Wh) [ein Stück] seines
Lebens festhielt.
•0 Suv: 'STR'V'STRYS. Im Original hier Y und F nicht unterscheidbarT
294 Dieter Maue und Klaus Röhrbobn
/ sku 6he Mu byed btan balas j
I slar yan sku 6he byin brlabs pa j
I rnam grol yans pa can gyi ni /
/ byin brlabs mchod rten phrjag höhal lo /
[8]
kuSanagir balikta alku (13) kamag tinl(i)glarig küzäl ädgü kilincta (14)
cip yaratmak kilip toyalar^^ (15) ärigi kooS Sala sögütnür) ikin (16) ara-
sinta nirvan bulmiS ol idok (17) 6aytika yükünür m(ä)n
Ich verneige mich vor dem, der am Wohnort der Mallas zivischen dem
<5äia-Baum-Paar das Nirväria erlangt hat, vor diesem heiligen Caitya
wo (weil) [Buddha] in der Stadt Kusinagara alle (Wh) Lebewesen ver¬
anlaßte, sich mit Kusalapu7},ya zu versehen.
/ ku sahi gron du hgro ba rnams /
/ dge ba la ni sbyor mjad ein /
/ hgran med gyad gnas zun gi chal /
/ mchod rten mya nan hdas phyag h6hal j
(18) sakimuni burhannir) säkiz ulug (19) 6aytilanh .. gr(a)tirakut tag-
(20)ta ulati adin örji on buluy (21) yiyaklartakili .. adm ör)i(22)lärtä ymä
y(a)rlikada6i nomlug (23) ät'özlärkä ymä äyitip'^ ötmiS (24) amnlmis-
larka ürüg uzati (S. 33,1) tüz töpüm üzä yükünür m(ä)n muntag (2)
alku ilig atkaglartm^^ öyi üdrülüp (3) yöläStürgülüksüz ürlüg ärip ang öz
(4) tözlüg burhannir) nomlug äl'özi (5) kök kalikka ohSatt . . tinl(i)glarta
(6) köni kertü yapdaii yadilda6i(7)ka yükünmäkim üzä kayu kögüllüg
(8) käzigimtä yigilmiS karlig gralirakut (9) tagka oMati ang yürüy buyan-
(lO)larim ärsär am üzä inöipalku (11) kamag tinl(t)glar uguSi dyanmy
mär)i(12)sin tuyup burhan kulm bulmaklari ü6ün (13) tözün ulug pahSi
nagar6une üzä (14) yarcUilmiS säkiz ulug oronlartaki (15) taytilarnir) ög.
disin m(ä)n amoga(16)Siri alari änälkäk tilintin türk (17) uygur tilincä
t(ä)yri burhan tugmiS (18) ud yilm törtünc ay tört y(e)g(i)rmi(19)kä ak-
tarip öz eligin koduru (20) tägindim
Ich verehre mit dem bloßen (?) Scheitel immer (Wh) die Erloschenen
(skt. nirvrta-) und zur Ruhe Gekommenen (skt. sänta-), indem ich mich
verneige vor den Dharmakäyas, die an den 8 großen Caityas des Buddha
Säkyamuni und auf dem Berge Grdhraküta wie überhaupt in den an-
" Suv: TWK'L'R (Ms. geprüft).
«2 Suv: ' 'NKYDYP (Ms. geprüft).
" Suv: ' 'T'QL'RTYN (Ms. geprüft).
Ein Caityastotra aus dem alttürkischen Goldglanz-ÄiKra 295
deren (Wh) 10 Himmelsrichtungen (Wh) [sind] und die an anderen (Wh)
[Orten (?) zu sein] geruhen (sie!). Wenn ich, dadurch daß ich so verehrt
habe den Dharmakäya des Buddha, der von allen Haftobjekten (Wh)
getrennt ist, unvergleichhch und ewig ist und von reiner Substanz ; [den
Dharmakäya], der sich in wahrhafter (Wh) Weise wie der Äther (Wh)
bei [allen] Lebewesen ausbreitet und [sie] bedeckt; [wenn ich dadurch]
in. meiner Bewußtseins-Kette angesammeltes Pw^ya habe, weiß (Wh) wie
der schneebedeckte Berg Grdhraküta ; dadurch (d. h. durch dieses Punya)
[sollen] alle (Wh) Lebewesen-Sippen das Meditations-Glüek empfinden
und die Buddha-Würde erlangen : [Deshalb] habe ich, der Lehrer Amo¬
ghasri, das Astamahästhänacaityastotra, das vom edlen erhabenen Lehrer
Nägärjuna verfaßt worden ist, am 14. Tag des vierten Monats des Rind-
Jahres, an dem der göttliche Buddha geboren wurde, aus der indischen
Sprache in die uigurisch-türkische Sprache übersetzt und mit eigener
Hand ergebenst niedergeschrieben.
/ säka thub mchod rten brgyad po dan j
I phyogs bcu gzan dan gzan rnams na j
I bzugs pahi chos sku kun Ja, hdud j I zi la rtag tu spyis phyag hdhal lo^* j
I hdi Uar spros pa kun bral dpe med dag ein dag pahi no bo nid /
/ saris rgyas chos sku mkhah Uar hgro ba la khyab yan dag phyag hdhal bas j
I bsod nams gans rihi kha dog Uar dkar bdag gi rgyud la gan, bsags pa j
I des na sems can ma lies rigs hjin bde rtogs byan chub thob par sog j
gnas chen po brgyad kyi mchod rten la bstod pa / slob dpon chen po hphags
pa kiu sgrub kyis mjad pa rjogs so jj jj maiigä larn, jj
(21) bo nomug okiguta ay baSlayuca dyan(22)tg sakinip tapig ötünüp bo
säkiz dayti (23) yükünSüg sözläyü yükünüp yänä nomnuy (24) bir Slok
änätkäkdä azu türkdä (S. 34,1) aim atap yükünüp ye darma (2) sözläp bo
nomug oktgu ol (3) aim atap aya kavSurup okigu (4) Sloki bo ärür
■ ■ (5) altun öylüg y(a)rok yaltnklig (6) kopda kötrülmiS nomlug ein
(7) ärdinikä .. ang yeg üstünki (8) köni tüzüni tuymaktg buUurdaci (9)
tüz ärkligkä .. ayaguluk agir (10) taySey ulug m(a)hayan kölüyülär(ll)
nir) key täriy agiliki tetmiS(12)kä .. alku kamag sudurlarmy (13) eligi
hamya siziyä ögä (14) yükünü täginür m(ä)n (15) sadu ädgül
• • (16) legso • •
Wenn man dieses [Goldglanz]-(Sw<ra rezitieren will, soll man zunächst
in Andacht und Verehrung dieses Verehrungs[gedicht] der 8 Caityas
so Chone, Peking: la.
296 Dieter Maue und Klaus Röhrborn
ehrfürchtig rezitieren, und dann soll man einen, an das [Goldglanz]-Sütra [gerichteten] Sloka auf indisch oder auf türkisch ,, anrufen" und verehren
und dann [das Credo] Ye dharmä ... sprechen, und dann soll man das
[Goldglanz]-(SM<ra rezitieren. Der Sloka, den man ,, anrufen" und mit ge¬
falteten Händen rezitieren soll, ist der folgende: ,, Preisend und mit Er¬
gebenheit verehre ich Euch, das mit goldenem Glanz glänzende, über
alles erhabene, wahre DÄorma-Juwel, den gleichmütigen Herrscher, der
die reine höchste, wahre Sambodhi erlangen läßt, [ich verehre das Sütra,]
das genannt wird: 'Weites, tiefes Schatzhaus der verehrungs würdigen
(Wh) T'ai-sheng, [d.h.] der großen Mahäyäna-'F&h.vzeuge' (sie!), [ich ver¬
ehre Euch,] o König (Wh) aller (Wh) SütrasV Sädhu, es ist gut, legs so.
5. Kommentar**
(S. 30,10) namo butdaya : Benediktion und — selbstverständlich . .
uig. Titel ohne Entsprechung im Tib.
(S. 30,12) cayidira: Es ist vielleicht alter Fehler anzunehmen und in ca-
yitiya zu emendieren. Für caitra- neben caitya- könnte ein Lexikographen-
Beleg sprechen**, der jedoch angezweifelt worden ist*'. Ein caitra- pos¬
tuliert allerdings aueh Pischel** als Grundlage für mi. (Lex.) caitta-, da
bei Herleitung aus caitya der Übergang von -ty- zu -cc- zu erwarten ge¬
wesen wäre. Aber gerade für das Unterbleiben der Palatalisierung hat
Kölver** einige Fälle wahrscheinlich gemacht, was die Evidenz eines
caitra wieder erheblich abschwächt. Ob dem vorerst isolierten uig. Beleg
die Hauptbeweislast für caitra zuzumuten ist, scheint fraglich.
(S. 30,13—15) nas ... istodpa: Zur Umschrift des Tib. in uig. Schrift
vgl. Röna-Tas: Tibetological remarks on the Mongolian versions of the
„Thar-pa chen-po". In: Etudes tibitaines dediees ä la mimoire de Marcelle Lahu. Paris 1971, S. 440—447.
(S. 30,17) un bolmiS mancuSiri: Wiedergabe von skt. Manjusri Kumära¬
bhüta. Manjusri hat besondere Bedeutung im Mahäyäna, auch als Ver¬
körperung der Weisheit. Dadurch ist seine Anrufung am Anfang einer
Dichtung motiviert, wie die des Ganesa im Hinduismus. Kumärabhüta
•* Unter Angabe von Seite und Zeile des Suv wird die kommentierte Text -
stelle in Fettdruck vorangestellt.
PWs.v.
" l.c. : ,,... wohl nur eine Verwechselung mit caitya".
«8 Pischel § 281.
'» Kölveb 9f.
Ein Caityastotra aus detn alttürkischen Goldglanz-Swim 297
ist stehendes Beiwort™, vieUeicht in der Bedeutung „in der Gestalt eines
Kumära"''^.
(S. 30,21) ärmäk kilu: Die für das Uig. ungewöhnliche Periphrase ist
wohl in Anlehnung an das tib. gnas far mjad zustandegekommen. So ist
auch közädmäk kil- ,, bewachen" zu beurteilen, das in zwei aus dem Tib.
übersetzten Texten vorkommt'*. Für ärmäk in der Bedeutung ,,sich auf¬
halten, wohnen" vgl. auch das deverbale Nomen ärig „Wohnort" (s.
Anm. zu S. 32,15)
S. 31,1) narayancan: Gleiche Schreibweise findet sich auch in Suv 1728.
Zu den unterschiedlichen Namensformen dieses Flusses im Skt. vgl.
Pinnow", woraus aber nichts für die auffällige uig. Form zu gewinnen
ist. Der Verbindung narayanöan ögüznür) kidiginta entspricht skt. nadyä
nairanjanäyäs tire''*.
(S. 31,2—3) ülgüsiiz ... ädrämlig: Nur das Tib. gibt zu erkennen, daß
dies Attribute zu cayti sind.
(S. 31,4) tuyunmakniq tayaki bolmiS: tib. byan chub rten du gyur. Dies ist
offenbar der Name des Caityas''^. Uig. tayak und tib. rten, beide ,, Stütze", weisen auf die Skt.-Wurzel sri ,,(sich) stützen". Die abgeleiteten Sub¬
stantive asraya-""^ und nisraya-''"' werden auch in übertragener Bedeutung ,, Stätte, Wohnung" gebraucht.
"> Vgl. BHS-D 414b, Rellnd 149, Hackmann 338f.
" Welleb in: OLZ 68 (1973), Sp. 439, sieht in kumärabhüta- bloßes
Synonym von kumära-, womit er dem -bhüta- nicht gerecht wird. Zur Pro¬
blematik der Komposita mit dem Hinterglied -bhüta- vgl. Schoben 149f. Mit
diesem Epitheton ,,wird Manjusri als der ewig junge bezeichnet" (Welleb
l.c). Herkunft und Geschichte des Epitheton sind noch ungeklärt (vgl.
Valläe-Poussin in: Encycl. of Rd. and Ethics. Edinburgh 1908 ff. Bd. 8,405
b). Zur Ikonographie vgl. M.-Th. Mallmann : 6tude iconographique sur Mah-
ju&rl. Paris 1964, Index s.v. kumära-, ferner Kiefel 55.
'2 Suv 29,13 und RäSü Z. 12. In RäSü entspricht közädmäk kit- dem tib.
srun bar byed (von Radloff in der Anm. zu RäSü Z. 12 nicht erkannt). Das
Tib. hat bei diesem Verbum eine gewisse Vorliebe für die analytische Aus¬
drucksweise (vgl. NOBELÄMuIFfc 225 f.).
'3 Pinnow 299 (niranjara), 305 (niläcana, niläjana), 306 {nairanjanä).
" MPS 208.
Eine einfachere Namensform bei Tucci 113,118: byan chub chen (pohi)
mchod rten, d.h. also skt. *mahäbodhicaitya-.
Vgl. die Wendung sdug bsnal dag gi rten (BuddhacTib IX,41, Welleb
übersetzt ,, Stätte des Leides"), Übersetzung von skt. vyasanäsraya-(Bud- dhacSkt IX,41, Johnston übersetzt ,, vehicle of calamity").
" BHS-D 306 b.
21 ZDMG 129/2
298 Dieter Maue und Klaus Röhrborn
(S. 31,5) kas kavsal: Tib. hat nur adjektivisclies ka si ka (i.e. skt. kä¬
sika-). kavsal ist so auch in RäSü Z. 27 belegt. Es geht offenbar auf skt
Kausala- zurück. Die im Ethnikon unerwartete Vrddhibildung"» ist eine
auch im Tocharischen (Sprache A/B) gut belegte hyperkorrekte Sans¬
kritisierung von mi. kosala- {— skt. kosala-''^). Käsi und Kosala waren
ursprünglich zwei getrennte Völker und Königreiche. Kääi gehörte aber
zur Zeit Buddhas bereits zu Kosala'^. Der Doppelname findet sich auch
ün DN»o.
(S. 31,7—8) darmacakir ... ävirü: entspricht skt. dharmacakram pravar-
taya-. ävrilmätük^''- ist ohne genaue Entsprechung im Tib. Auffällig ist
tib. rnam grol gegenüber üblichem bskor.
(S. 31,8) kadgu nizvani: Tautologisches Kompositum, erwiesen durch
Suv 690,11, da dort die beiden Glieder vertauscht sind: nizvani kadgu.
Die terminologische Verwendung von kadgu „Kummer" im Sinne von
skt. klesa- erfolgt nach chin. Vorbild**. Tib. non mons sgrib pa (= sl[t_
klesävararia-) ,, Behinderung durch Klesas" hat eine genaue uig. Ent¬
sprechung in nizvanilig adarttaci^^. — Zu dem Ausdruck ,,die Klesas ab¬
schneiden" ist die vollere Formulierung ,,die Wurzeln der Klesas ab¬
schneiden" zu vergleichen**. — Der ganze Passus bezieht sich auf die
Tatsache, daß die fünf Mönche, die als erste Buddha predigen hörten
(BHS pancakä bhadravargiyäh, paOcavaggiyä bhikkhü), geläutert und
Arhats wurden**.
(S. 31,9—10) tört törlüg: Der naheliegende Bezug avif inana ist wegen des
Tibetischen auszuschließen. Wird hier vielleicht auf die ,,vier Sitze der
Buddhas des Bhadrakalpa" angespielt, einer davon das Dharmäsana,
von dem aus der Buddha Säkyamuni seine erste Predigt hielt**.
"i* Tubner führt in den Notes on the language of the Dvävimsatyavadäna-
kathä. In: JRAS 1913, 292, unter den „vrddhied form[s] . . . used in the
same sense as the simple" auch kausala- an.
" So belegt seit äatapathabrähmana (vgl. Macdonell und Keith: 'Vedic
index of names and subjects. Oxford 1912, 190).
'» Chaudhury 65.
«» DN II 228,5 usw. (vgl. auch Pathak: History of Kosala. Delhi-Benares- Patna 1963, 222).
'1 Das ist skt. apravartita- .
82 In der chin. Vorlage zu Suv 367,23: ^\ tan nao „bekümmert sein,
die Klebas".
83 Suv 106,21 (diese Stelle im UigWb s.v. adart- nachzutragen.) 8* Vgl. NoBEi,SuvChin 133 o.; ferner LV 53,13: kilesachedani.
8^ Vgl. i)it>2/ 203,26: sarvakleäaprahänäd arhattvam säksätkrtam ; ferner NoBELt/dräi/ 15,32.
8« BuddJiacSkt I Buch XV 114—117. Der Text ist apokryph (vgl. Cowell
in: Cowell et al.: Buddhist Mahäyäna texts. Introduction zur Übers, des
Ein Caityastotra aus dem alttürkischen Groldglanz-Sit^m 299
(S. 31,10) inana bilgä biliglig: Hierzu ist vielleicht die uig. Biographie des
Hsüan-tsang heranzuziehen, wo neben dem Z)Äarma-Rad auch ein Jnäna-
Rad genannt mrd: ,,Im Mrgadäva-'H.tdn wurden die beiden Räder in
Bewegung gesetzt, [das Rad] der Jwäwa-Sonne und [das Rad] des Dhar-
ma-Stroms"*'.
(S. 31,12—13) admlarniq kücin kUsUnin kisgarip kävip: Mit admlar ,, an¬
dere" (tib. gzan) sind dem Kontext nach die sechs Häretiker gemeint.
Vielleicht liegt eine Ellipse für adm käiiglig (wörtlich:) ,,mit anderer
Furt"** vor. Dies seinerseits ist etjmiologisierende Übersetzung von skt.
anyatirthika- oder paratirthika- (rait tirtha- ,,Furt"). — Näg IP^ ist
weniger lapidar: mu stegs ston pa drug ni stobs kyis btul ,, durch die Kraft (sc. des Buddlia) wurden die sechs ketzerischen Lehrer gezügelt". ,, Kraft"
meint in Näg II wie auch in unserem Stotra „die Kraft der überna¬
türlichen Fähigkeit {fddhibala-)"^ .
(S. 31,14—16) vid körünc: Radloff-Malov lesen YYT, das als yid
,,Duft" zu deuten wäre'*. Das ist hier unannehmbar. Das Richtige geht
aus dem tib. cho hphrul chen po, Wiedergabe von skt. mahäprätihärya-,
hervor'*. So muß im Uig. ulug vid köründ ,,das große Wunder(Wh)" ge¬
lesen werden. Hierfür kann auf Ht II 1831 verwiesen werden: ritivid
körün6 kil- ,,ein Rddhi-Wunder (Wh) ausführen""'. Problematisch ist
nur, daß skt. vidhi- außerhalb des Kompositums nicht als „Wunder" be¬
legt ist»*.
Buddhacarita. Nachdr. Delhi 1972. [Sacred books of the oast. 49.], S. VIIf.).
Dor Quellenwert ist daher schwer zu beurteilen.
" HtPar 141,22.
88 Hierauf wird auch in BT VII 704 angespielt mit ganz ähnlichen Worten :
adm käöiglig tirtil(a)rig kävmäk kisgarmak küip ... (lies so!) ,,die Tirthikas schwächend (AVh) . . .".
89 Bagchi 230.
9° Vgl. auch den Ausspruch des Buddha, den Waidschmidt (Wunder -
kräfte 51) aus einor chin. Quelle zitiert: ,,Ich habe die Kraft übernatürlicher
Fähigkeit (rddhi-). Weil ich die Kraft übernatürlicher Fähigkeit in vollem
Maßo besitze, habe ich die alten unwissenden eingebildeten sechs ketze¬
rischen Lehrer besiegen köimen."
9' Besonders bei Fremdwörtern hat Radloff die Grapheme V und Y,
die sehr ähnlich sind, öfter verwechselt (vgl. XJigWb 13).
92 Die Verbindung mit bstan gibt die Skt.-Junktur maliäprätihäryam vi-
darsaya- wieder, eine entsprechende Phraseologie auch im Päli (vgl. CPD
s.v. iddhipätihäriya-).
93 Die Richtigstellung dieser früher (noch bei Bailey 783) mißverstande¬
nen Stelle schon DhäSü S. 91 Anm. zu Z. 1.
9* Sollte vidhi- oder gar erst uig. vid eine Rückbildung aus rddhividhi- soin?
21*
w
300 Dieter Maue und Klaus Röhrborn
Es ist niclit sicher, ob ursprünglich unter niahäprätihärya- das ,, Zwil¬
lings-Wunder" oder das ,,Vervielfältigungs-Wunder" zu verstehen ist.
Lüders'* vertritt die Ansicht, daß Buddha zunächst nur das Yatnaka-
prätihärya vollbrachte, das in der Überheferung — als es an Ansehen
eingebüßt hatte — durch ein noch bedeutenderes Wunder ersetzt wurde,
eben durch das ,,Vervielfältigungs-Wunder". Waldschmidt'* dagegen
führt eine Bemerkung aus dem Divyävadäna^'' an, wonach das Yamaka-
prätihärya von jedem Schüler vollzogen werden kann. Er nünmt dies als
Indiz dafür, daß nicht das ,, Zwillings-Wunder", sondern das ,, Verviel¬
fältigungs-Wunder" von Anfang an als das Mahäprätihärya angesehen
wurde'*. Die Frage nach dem ursprünglichen Verständnis von mahä¬
prätihärya- ist für einen relativ späten Text unerheblich. Hier ist sicher
auf das ,, Vervielfältigungs-Wunder" angespielt. Der Beweis wäre viel¬
leicht mit der Klärung des Begriffs ,,Dreiwelt-Meditation"(? ) zu er¬
bringen (vgl. Kommentar zu Z. 31,15—16 unseres Textes).
(S. 31,15—16) üc törlüg oronlarnig ornagm: Das uig. üc törlüg oronlar
kann im Anschluß an tib. sa gsum durch ,, Dreiwelt" wiedergegeben
werden". Die übhche uig. Entsprechung ist allerdings ü6 uguS yertin-
öü^"". Für ornag „Ort" hat das Tib. dgons ,, denken, sich konzentrieren, meditieren". Das Uig. läßt sich nur schwer damit in Einklang bringenWi.
Das genaue Verständnis des Ausdrucks bleibt im Dunkeln.
(S. 31,19) sagka§: Das Tib. hat hier — wie auch bei SchiefnerI*!»
Tuoci 118,19 und 23 — gsal ldan, das üblicherweise Käsi wiedergibt^oib^
»5 LÜDERS 62 ff.
9' WALDSCnMioTWundertätigeMönohe 4.
" Divy 161,13: iyam, mahäräja, Tathägatasya sarvasrävakasädhäranä rddhih.
98 Der Beleg Divy 161,13 ist aber (gegen Waldschmidt) eher als Replik
auf die ältere Überlieferung anzusehen, die von dem „für die Schüler un¬
ausführbaren Yamakaprätihärya" spricht.
9' Unsere Interpretation wird auch bestätigt durch das chin. Caityastotra
Taishö Nr. 1685 (Bagchi 231), wo es mit Bezug auf das vierte Caitya heißt:
iS f^ S 58, jplJ i5 pien man san chieh hsien shen t'ung ,, überall in der
Dreiwelt wurde offenbar die Rddhividhi".
z.B. BT II 729,889.
Man kann allenfalls verweisen auf USp 198 u. 12: sögüt altinintajlj[a\rig
ornag tutunmiS ärür ,,er nimmt Platz (Wh) (zur Meditation) unter einem
Baum". Belegt ist auch eine entsprechende Verwendung von ornat--.dyanta omatdüar köni körümlüglärig . . . „sie veranlaßten, daß sich die mit rechter Lehre zur Meditation niedersetzten ..." (HtPar 175,18).
"la Schiefner 323 Anm. 46.
"lb Entsprechend in EncBuddh (II 243) fälschlich Käsi als Ort des De¬
vävatära genarmt.
Ein Caityastotra aus dem alttürkischen Goldglanz-Äwira 301
Es scheint sich um eine habituelle (?) Kurzform zu handeln, die nur den
zweiten Teil von Säm-kä^ya wiedergibt. Sie ist vielleicht im Sanskrit
präfiguriert. So hat F:6eb: Avadäna-Qataha. Cent legendes (bouddhiques)
traduites du Sanskrit. Paris 1891. (Annales du Musee Guimet. 18.), S. 331,
„la ville de Kä5ya". Seine Übersetzung stützt sich aber auf ein Pariser A'^äg'ari-Manuskript, das F^eb selbst als ,,tr6s incorrect" bezeichnet
(o.e. Introd. S. XXXIV). Wie die Ausgabe von Speyeb: Avadäna^ataka.
A Century of edifying tales belonging to the Hinayäna. St.Petersburg
1902—1909, II, 94,16 zeigt, hat unter den von ihm benützten MSS nur
diese Handschrift (Siglum: P) die Lesung Käsyam. Sie ist nach Speyebs
Angaben (o.e. Introd. S. XVI) eine Abschrift der Handschrift B, die
ihrerseits Sämkäsyara liest. Dadurch ist der textkritische Wert von P
gemindert. Die tib. Parallelversion hat (wieder nach Feer o.e. S. 331
Anm. 1) allerdings snari ldan, was bei Synonymität von gsal und snaii
ebenfalls die Gebräuchlichkeit der Kurzform zumindest für das Tib. be¬
stätigt. — Das dem Ortsnamen im Tib. vorausgehende dam pa mchog
pa (skt. agravara-) ist ohne Entsprechung im Uig.
(S. 31,19) apandar öläg: Das Tib. hat an entsprechender Stelle bia na
med par ,,in unübertrefflicher Weise"(?) und ist zur Erklärung des Uig.
untauglich. Nach Ausweis von ölär) haben wir in apandar den Namen
eines Gewässers vor uns*"*. Radloff wollte in seiner Übersetzung des
Suv**' uig. apandar aus verständhchen Gründen mit skt. avatära- ,, Her¬
abkunft" zusammenbringen. Das Gleiche versuchten Schiefneb*"* mit
dem Apajari-Wald und Wattebs*** mit dem Avajaravana —■ nach deren
Quellen der Ort der Herabkunft des Buddha. Eine weitere abweichende
Namensform im BHS: Apajjura***. Es scheint schwierig, die verschie¬
denen Formen auf einen Nenner zu bringen und auf avatära- zurückzu¬
führen, so verlockend der von Radloff u.a. gemachte Vorschlag auch
ist. Ein weiteres Problem steckt in uig. öldr} ,, Teich" usw., gegenüber
,,Wald" in den anderen Quellen. Allerdings steht das Uig. hier nicht
allein. Wattebs**' zitiert chin. Quellen, nach denen die Herabkunft des
Buddha ,,near a sand, or a large tank" stattgefunden hat***.
102 Ygj DfiäSü Z. 8, wo öläT) dem chin. ^ tse ,, Teich, Binnengewässer"
entspricht.
*°3 Vgl. o. Anm. 41.
Schiefneb 273, in Anm. 46 auf S. 323 schreibt er Apajäri.
105 Wattebs I 335 f.; vgl. auch Rockhill 81 (Avadjaravana).
i"« BHS-D 97 b, 589 b.
107 Wattebs I 337.
Auch für diese Quellen versucht Watters (l.c.) den Anschluß an skt.
avatära- herzustellen durch die Annahme, daß jene auf die Bedeutung
„Teich, Badeplatz" zurückgehen, die avatära- bekanntlich auch haben kann.
302 Dieter Maue und Kxaus Röhrboex
(S. 31,20) inä: Radloff-Malov wollten gegen das Original ünä „hinaus¬
gehen" lesen*"». Tib. babs verbietet diesen Eingriff. — -Im übrigen ist die
Reihenfolge der Ereignisse im Uig. falsch. Das „Betreten der Götter-
Wohnungen" sollte ja der Herabkunft aus dem Himmel vorangehen.
(S. 31,22—23) tokirlari: Im Tib. an dieser Stelle cod pan (= skt. mauli-,
mukuta-} „Diadem, Königskrone", dem ein uig. didim entsprechen
würde**". Das gut belegte tokirlig dient in Suv 490,21 und BT II 738***
zur Wiedergabe von chin. ^ chi ,,mit Haar[tracht]" (skt. jaiä-?)***.
(S. 31,24) t(ä) rjrilär ayatilmiS: Diese Formulierung scheint ungramma¬
tisch zu sein. Man würde entweder t(ä)yrilär ayaniis^^^ oder l{ä)r)rilär
üzä ayatilmtS^^* erwarten. Vielleieht ist also üzä einzufügen.
(S. 32,3) burhan pah§i §ravaklarig: Da Buddha nicht aktiv die Versöh¬
nung herbeigeführt hat, dürfte burhan pahSi ein morphologisch nicht
charakterisiertes Attribut zu Sravaklang sein, was auch die tib. Version
foi'dert. Möglicherweise lag im Skt.-Original ein Kompositum vor.
(S. 32,3—4) tüz baz kil-: Dieselbe Formulierung auch Suv 411i5.|
(S. 32,4—6) pippilarjuh ögüztä: Unsere beiden Versionen stimmen darin
überein, daß dieses Caitya in Räjagrha zu suchen ist, nicht jedoch in der
näheren Lokalisierung. Der tib. Text nennt das wohlbekannte Venuvana.
Dieser Hain ist nach der Tradition der Ort, zu dem die beiden Muster¬
schüler Säriputra und Maudgalyäj'ana die 500 Dissidenten zur Versöh¬
nung mit Buddha führten***. Der uig. Text aber nennt den Pippilaguh-
Fluß als Schauplatz der Versöhnung. Die Differenz wkd gering, wenn
*»» Suv S. 709.
*"> Vgl. Suv .313,15.
*" Die in BT II gegebene Bedeutumg umisa- ist schon aus sachlichen
Gründen abzulehnen.
**2 Diese Haartracht aus ,, turbanartig um den Kopf gewundenen Haar¬
strähnen" (Grünwedel 61) gehört ikonographisch dem Brahman, nicht dem
Indra, der ,,in den Skulpturen in Schmuck und Tracht eines Königs" er¬
scheint (Grünwedel 40), d.h. also eine Tiara trägt (vgl. z.B. Foucher
Abb. 155 S. 307). — Sachlich wäre somit das Tib. für Indra, das Uig. wohl
für Brahma zutreffend.
*i3 So die ältere (?) Ausdrucksweise, vgl. USp S. 178 Z. 15,180 Z. 17.
114 Vgl eine entsprechende Formulierung in U II 30,30.
**3 Z.B. nach DNU 200f. (CuUavagga YU 4,3f.). Eme ausführliche Dar¬
stellung des Sarighabheda durch Devadatta bei B. Mukherjee: Die Über¬
lieferung von Devadatta, dem Widersacher des Buddlia in den kanonischen
Schriften. München 1966. (Münchener Studien zur Sprachwissenschaft. Bei¬
heft J.), 74ff.
Ein Caityastotra aus dem alttürkisehen Groldglanz-Äwira 303
man annimmt, daß uig. pippilar)uh mit skt. pippalaguha- ,,Pippala-
Hölile" zu identifizieren ist. Diese Hölile befand sich in der Nähe des
Venuvana sowie reichlich strömender heißer Quellen***. Darüberhinaus
kennt Hsüan-tsang**' im Venuvana einen Fluß, der heute noch existiert*'*.
So findet also das auf den ersten Blick merkwürdige ögüz auch seine Er¬
klärung.
(S. 32,5—6) ädgü ögh bulurjlug yigaklig: Im tib. Text heißt das sechste
Caitya: byains nos mcliod rten, eine Bezeichnung, die ihm auch in Tucci
II*** beigelegt wird. Tib. byains ist als Wiedergabe von skt. maitri ge¬
läufig und ädgü ögli ist offenbar die uig. Entsprechung***. Schwierig aber
sind uig. bulurjlug yiyakhg und tib. nos, beide mit der Bedeutung ,, Seite,
Richtung". In der Junktur ädgü ögli bulurßug yiijakhg, tib. byams nos,
liegt möghcherweise eine etymologisierende Übersetzung von BHS *mai-
träsa{täY^^ vor, wobei der zweite Teil des Wortes als äsä- ,, Himmels¬
richtung" gedeutet worden ist***. Ein solches etymologisches Verständ¬
nis müßte Gemeingut gewesen sein, oder der Uigure hat sich vom Tib.
leiten lassen. Das Motiv für die Benennung des Caityas ist nicht ganz
klar. Vielleicht ist auf die ,, mitfühlende Gesinnung (Sympathie)" an¬
gespielt, die in die Gemeinde einkehrte und zur Versöhnung mit den
Dissidenten führte. Im chin. Stotra (Taishö Nr. 1685) heißt es nämlich
mit Bezug auf das sechste Caitya, daß ein Sanghabheda auftrat und der
„Tathägata in fähiger Weise predigte, sich mitfühlend zu verhalten"**'.
(S. 32,7—8) ikindiläyü yänä: wie tib. slar ya» Wiedergabe von skt. punar
opi*** in adversativer Funktion.
"6 Fa-hsien 85; HtBeal II 156.
*" HtBeal II 43.
**8 AnnRep 95.
Tucci 118,29.
120 Vgl. die Junktur ädgü ögli köyüllüg in Condo VII, 9 (S. 195), wo die
chin. Vorlage hat: tz'ühsin (= skt. maitri, tib. byams-pa, vgl. Nobel-
SuvChin 8 Anm. 2), ferner 2 Belege im tautologischen Kompositum: maytri
ädgü ögti (lies: ögli) sakmöi ,, seine Moiin-Gesinnung" (Suv 706,21) und ädgü ögli y(a)rhkanöuct köyül „Maiin-Gesinnung" (BT II 282), das letztere
Übersetzung von chin. ^ tfj- tz'ü pei hsin.
Zu maiträsatä- für *maiträrn&atä- vgl. BHS-Gr 3.3 S. 23 und BHS-D 440a; zu analytischem rruxitra- arnsa- vgl. BHS-D la s.v. arnia-. Das postu¬
lierte maiträSatä- wäre dann Nebenform zu maiträsatä-. Es ist zwar lexikalisch
nicht nachzuweisen, aber lautlich unbedenklich Zur Vertretung der Sibi¬
lanten vgl. BHS-Gr 2.56fr.
Bagchi (229) übersetzt byams nos mit maitri, Tucci (128) mit pietä,
beide gehen kommentarlos über das rws hinweg.
'^11 ^ ^ fi" füt ju lai shan hua hsing tz'ü pei.
Vgl. NoBELSwlFi 227.
304 Dieter Maue und Klaus Röheborst
(S. 32,6—9) isig öz ... üzä tutup: Dieser Ausdruck entspricht sachhch
skt. jwitasamskärän adhisthäyäyulisamskärän utsrjeyam „obwolil icli die
Jivitasamskäras festhalte, möchte ich die Äyuhsamskäras aufgeben"i25.
Die Formelhaftigkeit des Ausdrucks erlaubt keine Rückschlüsse auf die
zeitgenössische Interpretation dieses Ereignisses. Herr Kollege Schmit¬
hausen hatte die Freundhchkeit, uns brieflich auf die rege Diskussion
hinzuweisen, die sich bei den späteren Kommentatoren findet. Es ist
ziemlich sicher, ,,daß jmta (offenbar 'Leben' im allgemeinen) an unserer
Stelle in Opposition zu äyits ('volle Lebenszeit') steht und somit als 'be¬
fristetes Stück Leben' interpretiert werden darf***". Die oben zitierte
Sanskrit-Phrase ist in Einzelheiten nicht glatt mit der Formulierung
unseres Stotras vergleichbar. Die Sanskritfassung unterscheidet
zwischen äyiis- und jivita-, während die beiden Versionen unseres
Stotras unterschiedlos sku che^^^^, bzw. isig öz gebrauchen. Demgegen¬
über liegt im Stotra eine Differenzierung zwischen „hehens-Sani-
skäras" und „Leben" vor, die die Sanskritversion nicht kennt (beide
Male -sarnskärä-). Mißtrauen gegen die Korrektheit der Stotra-Xiher-
setzung ist nicht angebracht, da das toch. Maitreyasamiti-Nätaka^^'' die
Besonderheiten des Stotras teilt: [tmäs Metrak ptänkät 6]l[s]inä[s] ske-
yas tärkoräs tre mansä solune adhistitä (sie) eteäsiär*** ,,dann ergreift der
Buddha-Gott Maitreya, nachdem er die Jjebens-Saniskäras aufgegeben
hat, für dreiMonate das Leben mittels Adhisthit^^"" . Die Sachlage ist kom¬
pliziert. Nünmt man an, daß sku 6he, isig öz und solune stets dasselbe
Skt.-Wort \viedergeben, kommt man entweder zu einem *jivitasarnskä-
rän ava-srj, das die gesamte buddhistische Tradition gegen sich hat, oder
zu ebenso unannehmbarem *äyur adhi-sthä. Der noch am ehesten ak¬
zeptable Ausweg aus dem Dilemma scheint die Hypothese zu sein, daß
las MPS S. 210,212, Vorgang 16,13—14. Es sei darauf hingewiesen, daß
die Parallel-Version des Dighanikäya nur das ,, Aufgeben der Äyuhsarnskäras'^
kennt und ,,das Festhalten der Jivitasarnakäras" nicht erwähnt, zumindest
nicht in Verbindung mit dem erstgenannten Ausdruck.
Schmithausen im zitierten Brief.
126a Völlig in Übereinstimmung mit dem Sanskrit-Text ist dagegen in der
tib. Version des MPS (211 und 213) jivitasarnskära- durch Mho bahi hdu
byed und äyulisamskära- durch 6hehi hdu byed übersetzt.
127 w. Thomas : Toclxarisches Elementarbuch. Bd. 2: Texto und Glossar.
Heidelberg 1964, S. 38.
128 Für die Entsprechung von toch. A adhisfhit-ä emts- und uig. adistit
üzä tut- vgl. schon UigWb 57a. Hierzu stellt sich im weiteren auch tib. byin gyis rlob. Eine idiomatisch exakte Skt.-Entsprechung ist u.W. nicht belegt.
129 Fijj. tQQij_ A/B adhisfhit, woher uig. adiStit entlehnt soin dürfte, gibt Thomas o.e. (s. Anm. 127) S. 77 als Skt.-Grundlage adhisphita- (nach E. Sieg
und W. Siegling : Tocharische Sprachreste Sprache B. Heft 1: Die Udäna-
Ein Caityastotra aus dem alttürkischen Goldglanz-Äüira 305
sku che (isig öz, solune) zunächst äyus-, dann jivita- wiedergibt, d.h. also
die Annahme eines vorauszusetzenden Skt.-Ausdrucks *äyuhsamskärän
avasrjya jivitam adhi-sthä. Hierauf basiert auch — bei allem nötigen Vor¬
behalt — die oben gegebene Übersetzung.
In diesem Zusammenhang sei noch auf das mehrfache Vorkommen
der Junktur adiStit üzä tut- in den uig. Beichtspiegeln*'" hingewiesen.
Objekt ist dort das ,, durch die Beichte nicht getilgte Karma", das un¬
wirksam gemacht werden soll.
(S. 32,10) cimbal: Ein Cäpäla-Caitya^^^ hat nach der Überlieferung schon
zu Buddhas Lebzeiten existiert*'*. Der i-Vokalismus der ersten Silbe von
Cimbal ist problematisch, nicht weniger die Nasalierung.
(S. 32,13) küzäl ädgü kilmc: Ein weiterer Beleg für dieses Kompositum in
TT X Z.534. Die ursprünghche Form des Skt.-Fremdwortes kusala-„g\it"
dürfte uig. kuzal {U III 5,5) sein. Der Lautübergang 5 > z muß bereits
in der gebenden Sprache erfolgt sein, da das Uig. kein genuines Phonem
/zl kennt*". Die Verwendung des Zeichens S {KWYS'L) im Petersburger
lankära-Fragmente. Text, Übersetzung und Glossar. Göttingen 1949, S. 89).
Dies ist melir als zweifelhaft, da adhi^ihita- als Substantiv nicht existiert,
schon gar nicht in der von Thomas l.c. nach der gleichen Quelle vorge¬
schlagenen Bedeutung ,, Gebrauch". Man könnte eher an *adhisphiti- denken.
Allein die schlechte Belegsituation — nur ein Lexikographenbeleg für päli
adhiffhiti-, immerhin in der Bedeutung adhitihäna- — sowie der Umstand,
daß man im Toch. den Erhalt des stammauslautenden -i- erwarten sollte,
mahnen zur Vorsicht.
130 u 1119; TT IV 442.
*3i Fa-hsien (Text 25,4; Übers. 74) nennt dieses Caitya: 'WC ^ {i.^ fang
kung chang t'a ,, weapons laid-down tope", vielleicht der Versuch einer ety¬
mologisierenden Wiedergabe. Im ersten Teil wäre dann die Entsprechung
von skt. cäpa- ,, Bogen" zu suchen, der zweite Teil ist allerdings unklar.
Vgl. MPS 204f., BHS-D 227b.
133 Vgl. z.B. die Kharo^thl-Inschriften (Konow S. CIX), wo intervoka¬
lisches -s- des Skt. durch -Sr- repräsentiert wird, was Konow —• sehr plau¬
sibel — als den Versuch einer Darstellung einer stimmliaften palatalen
Spirans ansieht. — Auch im Sakischen ist einfaches intervokalisches -s-
oder s- stimmhaft. Für bestimmte uig. Lehnwörter aus dem Indischen mit
•z- nimmt Hansen (149 Anm. 1) an, daß sie über das Sakische entlehnt
worden sind. Das ist nicht zwingend, da diese Wörter bereits in sonorisierter
Form ins Sakische übernommen worden sein können (so nachdrücklich
Konow in: BSO[A]S 8 [1935/38], S. 606 f., 609). Daher ist es denkbar, daß
auch das Uig. Fremdwörter mit sonorisierten Sibilanten nicht auf dem Um¬
weg über das Sakische entlehnt hat, sondern daß das Uig. auf eine Tra¬
dition zurückgeht, die sich direkt an das nördl. Präkrit anschließt. Zur
Frage der ind. Lehnwörter im Uig. bleibt die Studie von Masahibo Shögaito (Kyöto) abzuwarten.
•m.
306 Dieteb jMaue und IClaus Röhbboen
Original unseres Texts halten wir für eine graphische Angelegenheiti34_
Die Vokalaufhellung u > ü hat eine Parallele in der Adaption von toch
A/B kuncit (oder mpers. kwncyt) „Sesam" als uig. küncit und von sogd,
kivrkwm (oder sak. kurkum) als uig. kürküm^^^. Unsere Form küzäl ist
auch Grundlage für osm. güzel, kazak. közöl „gut, schön", die bisher als
etymologisch unklar galten*'*. Die Entwicklung k- > g- ist unproble¬
matisch, dagegen bleibt der Übergang von der palatalen zur dentalen
Spirans vorerst unklar.
(S. 32,13—14) küzäl ädgü kdmcta ... yaratmak: Eine ähnhche Junktur
bei Shögaito Avadäna (12 b 7): arkasi kamag elig bodunug adincig buyan-
hg asigta yaratmiS bolup ... ,,[wir]werden das ganze (Wh) Volk (Wh)
zu einem wunderbaren Punya-Gewinn hingeführt haben ...". Ein ver¬
gleichbares Syntagma findet sich in einem manichäischen Text*", dem.
auch sonst buddhistische Terminologie nicht fremd ist. Uig. yaratmak
entspricht tib. sbyor, das skt. yuj wiedergeben kann. Wie skt. yuj hat
wohl auch uig. yaratmak die Grundbedeutung ,, anschirren"*'*. Das uig.
S.yntagma entspricht völlig dem tib. hgro ba rnams dge ba la ni sbyor
mjad, das seinerseits auf skt. sattvän pui),ye(na) prayuj o.ä. zurückgehen könnte*'*.
(S. 32,14) mcip: entspricht im tib. Text der hervorhebenden Partikel ni,
die ,,ohne eigenthche Skr.-Entsprechung" ist***. An anderer Stelle*** gibt iniip skt. yasmäd vdeder, das hier aber nicht paßt.
(S. 32,14—15) togalar ärigi: Die Lesung des Petersburger Originals
(TWK') ist in TWNK' (torp „Held") zu emendieren. Dies fordert nicht
nur tib. gyad „Held" — hier noch durch das Epitheton hgran med (etwa
*'* Unser Text verwendet die Zeichen S und Z sowie S und promiscue.
Ein imetymologischer Gebrauch des Zeichens S liegt auch vor in Z. 32,24
('WS'TY uzati) und 33,8 (K'SYKYM käzigim) unseres Textes. Würde der
Text zwischen S und Z zuverlässig differenzieren, so wäre anzunehmen, daß
in KWYS'L das Fremdphonem /z/ durch /«/ ersetzt ist (wie in TT X 534).
— In uig. Eigennamen aus dem Skt. ist vielleicht eher mit gelehrter Schrei¬
bung zu rechnen (vgl. Hansen I.e.). Wir transkribieren daher in Z. 32,12
kuianagir, jedoch ohne Anspruch auf Richtigkeit.
Hansen 148.
13« EtymWb 295a.
137 JJJ 2. 32.
138 UigWb 48b: adgar atlarin yarataglag kürtlä karßüar ,,mit Hengsten
bespannte schöne Wagen".
139 NobelämuIKö 161: slobs rnams la sems can ni sbyor bar byed
(entspricht skt. yojayanti sattvän balena).
1" Vgl. KOBELÄMUH^Ö 122.
141 yjjj 34