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Was bedeutet eigentlich “Physical Medicine” ?

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Was bedeutet eigentlich “Physical Medicine” ?

Kurt Ammer

Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Hanuschkrankenhaus, A-1140-Wien

“Physical Medicine” wird üblicher Weise als “Physikali- sche Medizin” und “physikalisch” wird als Adjektiv verstanden, das sich von Physik herleitet. Diese Herlei- tung wird oft mit den Einsatz den Behandlungsmodali- täten der Physikalischen Medizin begründet, die mit wenigen Ausnahmen und im Gegensatz zu der medika- mentösen Therapie physikalische Mittel zur Therapie einsetzt. Damit ist angewandte Physiologie die Grund- lagen der physikalischen Therapie und die Effekte phy- sikalischer Größen auf den Organismus zu Heil- zwecken ist die therapeutische Strategie der physikali- schen Medizin. Die Nähe der Naturheilkunde ist sicht- bar und in Deutschland sind Naturheilverfahren noch immer Teil des Ausbildungscurriculums zum Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin (1).

Doch was hat Rehabilitation mit Physik und physika- lisch zu tun ?

Diesen Zusammenhang habe ich erst bei einem Ge- spräch mit Prof Francis Ring richtig erkannt. Francis ist Mitglied des Beratenden Gremiums des alterwürdigen Royal National Hospital for Rheumatic Diseases im englischen Bath und hat wegen der notwendigen Neu- positionierung des Rheuma-Krankenhauses im engli- schen Gesundheitssystems nach einem neuem Na- men für das Hospital gesucht, der klar ausdrückt, dass die Expertise des Krankenhauses im körperlicher Zu- gang zu den rheumatischen Beschwerden liegt. Als der Vorschlag dann “Hospital for Physical Medicine” laute- te, wurde mir erst klar, dass “physical” im Englischen vorwiegend körperlich bedeutet. Damit sollte der Titel der Zeitschrift der amerikanischen Physiotherapeuten

“Physical Therapy”, nicht als “Physikalische Therapie”

sondern als “Körperliche Therapie” übersetzt werden.

Damit ist “Physikalische” Medizin “ Köperliche” Medi- zin, oder die Medizin des sichtbaren (äußeren) Körpers im Gegensatz zur Medizin der inneren Organe.

Die historische Nähe von Rheumatologie und Physika- lischer Medizin ist aus der Entwicklung der europäi- schen Rheumatolgie ablesbar. Die heutige britische Zeitschrift “Rheumatology” begann ihr Erscheinen unter dem Titel “Annals of Physical Medicine”. 15 Jah- res später wurde die Zeitschrift in “Rheumatology und

Rehabilitation” unbenannt, um nach “British Jour- nal of Rheumatology” schließlich den aktuellen Na- men “Rheumatology” zu erhalten.

Im deutschen Bad Nauheim haben Prof Ott und Prof Schmidt Rheumatologie und Physikalische Medizin parallell betrieben,gelehrt und weiter ent- wickelt. Klaus Schmidt hat die Effekte der Thermo- therapie an tierexperimentellen Arthritismodellen untersucht (2) und damit eine wesentliche naturwis- senschaftlihe Grundlage für diese traditionelle phy- sikalische und naturheilkundliche Therapieform ge- liefert.

In der Schweiz gingen wesentliche Impulse für das Sonderfach Rheumatologie von Prof. Böni aus, der die Physikalische Medizin als Grundlage für die Diagnose und Therapie von Rheumaerkrankungen etablierte. Noch 1980 waren 80% der Schweizer Fachärzte für Rheumatologie Ärzte für Physikali- sche Medizin und nur 20% Internisten. Die Schwei- zer Rheumatologen haben auch frühzeitig die Re- habilitation als ärztliche Domäne des Faches Physi- kalische Medizin erkannt.

In Österreich hat sich der Rheumatologe und Reha- bilitationsmediziner Franz Singer frühzeitig mit der ICIDH (International Classification of Impairment, Disability ans Handicap) auseinandergesetzt und auf die Bedeutung der Kontextfaktoren auf die Aus- prägung der Behinderung hingewiesen. (3)

Die Revision des ICIDH hat in der ICF (Internatio- nal Classifikation of functional Health, 4)) auch kon- zeptionell eine deutliche Wandlung erreicht. Wäh- rend im ICIDH noch eine quasi kausale Abhängig- keit der Behinderung vom Schaden besteht, die in je- dem Fall zur Benachteiligung führt, weist das Mo- dell der ICF auf die gegenseitige Abhängigkeit von Körper, Aktivität, Partizipation und Kontext hin.

Dieser Wandel hat beträchtliche Auswirkungen auf Interventionen in der Rehabilitation. Wenn Schäden nicht mehr zwangsläufig zur Behinderung und Be- hinderung zur Benachteiligung führen, sind Pha- sen-Modelle einer krankheitsspezifischen Rehabili-

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Editorial

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7 tation nicht mehr richtig und Rehabilitation ist nicht

mehr die Fortführung im Anschluss an die Therapie.

Die Förderung von Selbständigkeit des Rehabilitanden und seiner bestmöglichen Teilhabe am sozialen Umfeld wurde allerdings bereits 1980 als Hauptziel der Rehabi- litation genannt (5)

Die ICF beinhaltet Körperlichkeit in der Kategorie Körper-Struktur und Funktion, aber auch in der indivi- duellen Aktivität, in der Mobilität eine wesentliche Do- mäne darstellt. Die Physikalische Medizin hat zahl- reiche Methoden zur Beurteilung von Körperfunktio- nen entwickelt. Diese reichen von der einfachen Mes- sung der Gelenkbeweglichkeit bis zur apparativen Vermessung des Ganges und des Gleichgewichts und beinhalten Messparameter des Nerven, Muskel- und Gefäßsystems.

Weniger bewußt sind die Messinstrumente, welche die Aktivität und Partizipation erfassen, obwohl die Beur- teilung von Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) eine lange Tradition in der Physikalischen Medizin ha- ben.

Der diagnostische und therapeutische Zugang über die Körperlichkeit ist für Prävention, Kuration und Reha- bilitation geeignet, und manche Körperfunktionen wie etwa die kardiovaskuläre Ausdauer sind durch medika- mentöse oder chirurgischen Maßnahmen nicht erzielbar.

Bei anderen Behandlungszielen wie z.B. beim Schmerz müssen die Maßnahmen der Physikalischen Medizin und Rehabilitation ihre Wirk samkeit noch nachwei- sen und deren Wirkgröße im Vergleich zu anderen Therapieverfahren bestimmen.

Literatur

1. Wiebelitz KR, Beer AM. Rehabilitation, Physikalische Medizin und Naturheilverfahren: ein berechtigtes Trio?

Phys Med Rehab Kuror 2010, 20: 123-125

2. Schmidt KL, VR Ott, G Rächer, H. Schaller: Heat, Cold and Inflammation, Z. Rheumatol 1979, 38: 391-404 3. Singer F. Rehabilitationsmaßnahmen in der Rheumato- logie. In: Proceedings der 3.Europäischen Regionalkon- ferenz von Rehabilitation International in Wien April 1981, S. 105-111

4.ICF: International Classification of Functioning, Disabili- ty and Health (ICF), WHO, Geneva, 2001, Original ICF:

5. Albrecht U, Cordes JC, Presber W, Uibe P.Gedanken zu den künftigen Beziehungen von Physiotherapie und Rehabilitation als Teilaufabe zur weiteren Verbesserung der medizinisch-sozialen Betreuung der Bevölkerung. Z Physiother 1980, 32: 225-230

Korrepondenzadresse:

OA Prof Dr Kurt Ammer PhD

Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Hanuschkrankenhaus, Heinrich Collinstr. 30, A-1140-Wien Email: KAmmer1950@aol.om

Editorial

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