A930 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 182. Mai 2008
P O L I T I K
D
ass das Geld der Leistung folgen soll, ist angesichts der Budgets im ambulanten Bereich ei- ne alte Forderung der Vertragsärzte.„Pay for performance“, nennt dies der Vorstandsvorsitzende der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. med. Andreas Köhler.
Neu ist, dass er darunter auch eine an die Behandlungsqualität gekop- pelte Honorierung versteht. Im Klartext heißt das: Ärzte, die beson- ders gute Leistungen erbringen, sol- len dafür künftig mehr Geld bekom- men als andere. „Solche Ansätze
bergen große Chancen für Ärzte, gute Qualität auch endlich entspre- chend bezahlt zu bekommen“, sagte Köhler bei der Veranstaltung „KBV- Kontrovers“ Ende April in Berlin.
Allerdings wirft eine solch kon- sequente Umsetzung der leistungs- gerechten Vergütung für Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten Fragen auf: Nach welchen Indikato- ren soll die Behandlungsqualität ge- messen werden, und wie kann man
zusätzliche Bürokratie vermeiden?
Woher kommt das Geld für die Qua- litätszuschläge, und wie kann sicher- gestellt werden, dass einzelne Fach- arztgruppen, bei denen Qualität schwieriger zu messen ist, nicht be- nachteiligt werden?
„Starterset“ wird in Pilotpraxen getestet
Die KBV will zumindest einige die- ser Probleme im Rahmen ihres Pro- jekts AQUIK (Ambulante Qua- litätsindikatoren und Kennzahlen) lösen. Dafür analysieren KBV-Re- ferentin Dr. med. Susanne Kleudgen und ihre Mitarbeiter, welche Indika- torensets national und international bereits entwickelt und eingesetzt werden und ob sie auf die deutsche Versorgungssituation übertragbar sind. Im nächsten Schritt wird ein
„Starterset“ entwickelt und in Pilot- praxen getestet. Gesetzlich besteht schon von 2009 an die Möglichkeit, dass die Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) für beson- ders gute Qualität Zusatzhonorare vereinbaren können. „Dies werden wir wegen der Vielzahl offener Fra- gen nicht schaffen“, sagte Köhler.
Er kündigte jedoch an, dass die KBV im laufenden Jahr mit Tests in etwa 100 Praxen beginnt.
Bei der Umsetzung helfen könn- te ein Blick nach Großbritannien, wo der Pay-for-performance-Ansatz seit 2004 praktiziert wird. Die Qua- lität der rund 8 500 freiwillig teil- nehmenden Hausarztpraxen wird anhand von 146 evidenzbasierten Indikatoren gemessen. Erfüllen die Ärzte die Qualitätskriterien, erhal- ten sie Punkte. Die meisten Praxen schneiden gut ab. Im Schnitt doku- mentieren die Praxen mehr als 90 Prozent der zu erreichenden Punkte als erfüllt.
Hierzulande geben sich die Kran- kenkassen noch zurückhaltend. Dr.
Christoph Straub, stellvertretender Vorsitzender der Techniker Kran- kenkasse, wies darauf hin, dass die- ses Thema angesichts der Ein- führung des Gesundheitsfonds der- zeit nachrangig behandelt werde.
Als sinnvoll schätzt er die Kopplung von Honoraren und Qualität den- noch ein. Straub hält es für nötig, dass die Qualitätszuschläge aus ei- nem separaten Honorartopf finan- ziert werden. Er schlägt eine Rege- lung analog zur bisherigen An- schubfinanzierung für die integrier- te Versorgung vor, bei der die Kas- sen ein Prozent ihrer Zahlungen an die KVen und an den stationären Sektor für entsprechende Verträge einbehalten können.
Zusätzliches Geld käme auf die- sem Weg jedoch nicht ins System.
Folglich würde es lediglich zu einer Umverteilung innerhalb des jetzt schon unterfinanzierten Systems kommen. KBV-Vorstandsmitglied Dr. med. Carl-Heinz Müller warnte denn auch davor, das Qualitätsbud- get vom Gesamtbudget für die Ho- norare abzuziehen. „Die Ärzteschaft ist nicht mehr bereit, in Vorleistung zu treten.“ So ließen sich die Ärzte nicht mitnehmen, sagte er.
Dies gilt besonders für die Fach- richtungen, bei denen eine evidenz- basierte Qualitätsmessung schwierig ist, wie etwa der Psychotherapie.
Diese könnten das Nachsehen haben.
„Ziel muss es daher sein, mit der ergebnisorientierten Vergütung alle Bereiche zu erreichen und potenziel- le Verbesserungschancen in jedem Fachgebiet zu nutzen“, sagte Köhler.
In diesem Zusammenhang stelle sich auch die Frage, ob solche Anreizsys- teme im Kollektivvertrag verankert werden sollten oder ob sie eher eine Domäne der selektiven Verträge zwi- schen Krankenkassen und einzelnen Ärzten oder Ärzteverbünden seien.
„Grundsätzlich ist beides möglich, und wir plädieren auch dafür, beides zu nutzen“, sagte Köhler. Denn natürlich gehe es nicht nur um kleine Inseln der Medizin, in denen solche Anreize zur Qualitätsverbesserung genutzt werden sollten, sondern um einen flächendeckenden Ansatz. I Samir Rabbata
QUALITÄTSSICHERUNG
Mehr Geld für gute Leistungen
Nach dem Willen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sollen Ärzte schon in zwei Jahren Honorarzuschläge für besonders gute Qualität erhalten. Doch während die KBV an der praktischen Umsetzung arbeitet, geben sich die Kassen zurückhaltend.
KBV-Vorstands- vorsitzender Dr. med. Andreas
Köhler:„Gute Qualität endlich entsprechend bezahlen.“
Foto:Georg J.Lopata