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Archiv "Die Gespräche: Nur die Ökonomie zählt" (03.03.2006)

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Von der Elite-Universität weit entfernt

„Charité-Chef will wenige Eli- te-Unis“: bereits der Kurztitel auf dem Deckblatt mutet eher humoristisch an. Demonstriert doch die Charité seit geraumer Zeit eher, wie man die Elite vertreibt. Schlechte Bezahlung und bescheidene Bedingungen für klinische Tätigkeit und Forschung erscheinen jeden- falls ungeeignet, um gutes und motiviertes Personal zu bin- den. Dass medizinische For- schung ohne Drittmittelgelder der Industrie bereits nicht mehr stattfinden würde, ist nicht neu und gilt sicher auch für die Zukunft. Ob es aus- reicht, einerseits einigen Pro- fessoren die reichlichen Neben- einnahmen zu belassen und an- dererseits darauf zu bauen, dass bei den jüngeren Wissen- schaftlern der Traditionsname

Charité für die Karriere zieht, darf bezweifelt werden. Da gibt es wohl auf dem Weg zur Elite-Universität noch einiges zu ordnen, damit die „Visio- nen“ von Professor Ganten bis 2010 überhaupt eine Chance auf Realisierung haben . . . Dr. med. Christian Meier, Waldowallee 106, 10318 Berlin

Ich erwarte mehr Respekt vom Vorstand

Mit tiefem Befremden habe ich das Gespräch mit Professor Ganten gelesen. Es scheint, als glaube er tatsächlich, bis 2010 die Charité wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen, mit einer Anziehungskraft auf den Ärztenachwuchs wie Yale, Har- vard oder Princeton. Man muss sich ernsthaft fragen, ob der Herr Vorstandsvorsitzende überhaupt weiß, was in seinem

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 9⏐⏐3. März 2006

B R I E F E

Hause vorgeht. In meiner eige- nen Klinik ist es zum Glück noch anders, aber um uns her- um, in den operativen Fächern ebenso wie in den konservati- ven, findet ein Exodus statt.

Die besten Köpfe gehen oder sind auf dem Sprung, zurück- bleiben ein paar Idealisten und viele Frischlinge, die als Leuchtturmwärter sicherlich noch nicht taugen. Professor Ganten sagt, er habe Verständ- nis für die Proteste der Ärzte, könne aber nur das Geld aus- geben, das er habe. Er sollte sich schämen! Es geht nicht nur um mehr Geld, es geht darum, dass viele Assistenzärzte regel- mäßige Gäste auf dem Arbeits- amt sind und von der Bank nicht einmal einen Kredit für ein Auto bekommen, weil sie nur für drei Monate einen Ver- trag haben. Es geht darum, dass die Mitarbeiter aller Bereiche, Pflege ebenso wie Ärzte, tief demotiviert sind ob der Gleich- gültigkeit des Vorstandes. Ich liebe meine Arbeit, ich tue sie gerne, und ich finde nicht, dass es erstrebenswert wäre, nach England oder Norwegen zu ge- hen, weil ich nicht mit ansehen will, wie hier alles zugrunde geht, weil alle weggehen. Ich bin gerne Arzt. Aber ich erwar- te einen gewissen Respekt, nicht nur der politisch Verant- wortlichen, sondern auch von meinem Vorstand, dessen vor- nehmste Ziele es sein sollten, die Interessen der Charité zu vertreten, nicht die der Politik . . .

Sebastian T. Friese,Charité – Universitätsmedizin Berlin (Campus Mitte), Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Schumannstraße 20/21, 10117 Berlin

Zu dem Beitrag „Wolfgang Pföhler:

Die Vollversicherung in der Fläche ist das Ziel“ von Jens Flintrop in Heft 1–2/2006:

Nur die Ökonomie zählt

. . . Die Expansion der priva- ten Klinikkonzerne wurde überhaupt erst möglich, weil ein Großteil der bisherigen Träger es nicht geschafft hat, mit den finanziellen Proble- men ihrer Krankenhäuser fer- tig zu werden. Als Folge davon

wieder verabschieden sich die (politischen) Gremien in bei- spielloser Verantwortungslo- sigkeit aus ihren Pflichten und verscherbeln ihre Kranken- häuser an den Meistbietenden.

Anschließend macht uns dann das Rhönklinikum beispiel- haft vor, wie einfach man mit Krankenhäusern Geld verdie- nen kann. Und das geht so:

Kommunale Häuser wenden 70 bis 80 Prozent ihres Umsat- zes für Personal auf, die priva- ten Kliniken nur etwa 50 Pro- zent. Bei Übernahme erfolgt also rasch eine drastische Re- duzierung von Gesamtzahl und Ausbildungsqualifikation des Personals. Danach kann dann ein erklecklicher Teil der zweckgebundenen Mittel der Solidargemeinschaft (nämlich die Krankenkassenbeiträge!) von den privaten Konzernen abgeschöpft werden, um ihre Aktionäre zu befriedigen. Als Dank dafür werden der Allge- meinheit schließlich auch noch die Lasten der entlassenen Mitarbeiter in Form von Ar- beitslosengeldern aufgebür- det. An dieser Stelle zu be- haupten, dass „durch die Pri- vaten mehr Geld ins Gesund- heitswesen gelangt“ ist blan- ker Zynismus. Wen wundert es dann noch, dass die Frage, ob denn „durch Profitdenken ne- gative Folgen“ zu erwarten wären, mit „nein“ beantwortet wird? Unter Pföhler handelt der Rhönkonzern (zumindest nach eigener Einschätzung)

„hoch ethisch“, nachdem sein Vorgänger im Amt allerdings noch meinte, „die Bedingung für Ethik ist, dass man sie sich leisten kann“. Bei der rück- sichtslosen Wachstumsideolo- gie der privaten Klinikkonzer- ne zählt allein das Diktat der Ökonomie. Die Krankenhaus- mitarbeiter werden zu „Human- kapital“, die technisch-appara- tiven Medizinsparten vor al- lem werbewirksam eingesetzt (und grotesk überbewertet), und der Patient ist am Ende nur noch ein „Werkstück“.

Von ärztlich-pflegerischer Zu- wendung zu den Kranken ist (wie auch im Artikel) über- haupt nicht mehr die Rede . . . Prof. Dr. Eike Uhlich,

Jakob-Curio-Straße 22, 97461 Hofheim

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