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Archiv "Präimplantationsdiagnostik: Mensch von Anfang an" (07.04.2000)

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em im Deutschen Ärzteblatt (Heft 9/2000) veröffentlichten

„Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie der Bundesärzte- kammer zur Präimplantationsdiagno- stik“ (preimplantation

genetic diagnosis; PGD) muss aus katholischer Sicht entschieden wi- dersprochen werden.

Die Kirche respek- tiert die Eigenständig- keit der medizinischen Wissenschaft, und sie beansprucht ausdrück- lich nicht, der ärztli- chen Selbstverwaltung in ihre eigenen Ange- legenheiten hineinzu- reden. Der genannte Text betrifft aber Grundlagen unserer Werteordnung, und es darf nicht verschwie-

gen werden, dass er dabei eindeutig eine unaufgebbare moralische Gren- ze überschreitet. Obwohl dies gewiss nicht beabsichtigt ist, stellt er im Er- gebnis eine Aufforderung zur Verlet- zung der Würde des Menschen dar, in- dem er ärztliche Hilfe zur Identifizie- rung und anschließenden Tötung an- geblich lebensunwerten (wenn auch dieser Begriff im Diskussionsentwurf nicht fällt) menschlichen Lebens an- bietet, sodass nur Kinder ohne be- fürchtete Schädigung die Chance auf ein weiteres Leben haben.

Kein hilfloser Mensch darf getötet werden

Die Bezugnahme der Bundesärz- tekammer auf „sorgfältige Güterabwä- gung“, „Einzelfallentscheidung“, „um- fassende Aufklärung und Beratung“,

„äußerst restriktive“ Zulassungskrite- rien, „Würdigung des Lebensrechts des Kindes“ kann nicht darüber hin- wegtäuschen, dass selbstverständlich kein unschuldiger und hilfloser Mensch nach „sorgfältiger Güterabwä- gung“, „Einzelfallentscheidung“, „um- fassender Aufklärung und Beratung“, bei „äußerst restriktiven“ Zulassungs- kriterien und unter „Würdigung seines Lebensrechts“ getötet werden darf.

Der Richtlinienentwurf der Bun- desärztekammer wirderspricht im

Übrigen der Rechtsordnung der Bun- desrepublik Deutschland und dem von der gleichen Bundesärztekammer 1996 veröffentlichten ärztlichen Gelöbnis, das den Arzt „jedem Men-

schenleben von der Empfängnis an (!) Ehrfurcht“ entgegenzubringen ver- pflichtet.

Als katholischer Bischof habe ich mit großem Respekt die intensiven Bemühungen sensibler Teile der deut- schen Ärzteschaft beobachten kön-

nen, die traurige Geschichte der Mitwirkung von Ärzten an der „Ver- hütung erbkranken Nachwuchses“

aufzuarbeiten. Dabei erlebten es die- se Ärzte als besonders erschütternd, dass die verhängnisvol- len Ideen und prak- tischen Vorschläge da- mals von ärztlichen Kollegen ausgingen und von einer menschen- verachtenden Politik erst später aufgegriffen und umgesetzt wurden.

Was der jetzige Richt- linienentwurf der deut- schen Bundesärzte- kammer beschreibt und offensichtlich ermög- lichen will, ist recht besehen nichts ande- res als ein erneuter Versuch der „Verhü- tung erbkranken Nach- wuchses“ mit den technischen Mitteln des 21. Jahrhunderts. Ich bin daher gewiss, dass aus der Mitte der deut- schen Ärzteschaft selbst solchen Ent- wicklungen entschieden widerstan- den wird. Die Christen in diesem Lan- de werden das nach Kräften unter- stützen.

Weitverbreitete dumpfe Mentalität

Leider gibt der von der Bundes- ärztekammer zur Diskussion gestellte Text einer weitverbreiteten dumpfen Mentalität nach, für die lebenswert vor allem das gesunde, nicht behin- derte und kräftige Leben ist. Was den Anfang des menschlichen Lebens be- trifft, sinkt bei uns die öffentliche Empörung über die Tötung menschli- chen Lebens tendenziell, je hilfloser ein Mensch ist, das heißt, je näher der Zeitpunkt der Tötung an den Lebens- beginn rückt: von der Tötung gebore- ner Kinder über Spätabtreibungen bis zu Frühabtreibungen. Christen, die an einen Gott glauben, der den Schwa- chen und Hilflosen besonders nahe ist, sind umgekehrt aufgerufen, sich gerade um die Schwächsten der Schwachen besonders zu sorgen. Das menschliche Leben im Reagenzglas ist nicht geschützt durch die spontane emotionale Tötungshemmung, die ein A-888

P O L I T I K KOMMENTAR

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 14, 7. April 2000

D

Präimplantationsdiagnostik

Mensch von Anfang an

Stellungnahme des Erzbischofs von Köln zum Diskussionsentwurf der Bundesärztekammer

zur Präimplantationsdiagnostik

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Foto: Peter Wirtz

(2)

A-890

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 14, 7. April 2000 Kindergesicht auslöst. Dennoch be-

lehrt uns gerade die moderne Medi- zin, dass es „Mensch von Anfang an“

ist. So hilflos und ausgeliefert es ist, bedarf es unseres besonderen Schutzes.

Hier zeigt sich im Übrigen, dass die auf den ersten Blick bisweilen schwer verständliche kirchliche Ab- lehnung der künstlichen Befruchtung sehr ernste Gründe hat. Die Kirche sieht die Entstehung menschlichen Lebens in der ganzheitlichen Gebor- genheit der ehelichen Liebe beheima- tet. Der technische Eingriff, so nach- vollziehbar die Motive auch sein mö- gen, macht dagegen den gezeugten Menschen zum manipulierbaren Ob- jekt. Grenzen der Manipulation sind bei fortschreitender Technik, wie wir bei den attraktiven Möglichkeiten der Präimplantationsidagnostik se- hen können, kaum mehr plausibel zu machen. Auch die von wichtigen Ver- tretern der Ärzteschaft kritisierte Tatsache, dass in Deutschland die Feststellung einer Behinderung de facto eine legale Abtreibung bis zur Geburt ermöglicht, führt nun zu der menschenverachtenden, allerdings scheinbar logischen Frage, warum man dann nicht schon früher töten dürfe. Auf diese Weise wird deutlich, dass dann, wenn bestimmte Grenzen überschritten werden, es kein Halten mehr gibt.

Bedenklicher Vorgang

Bedenklich ist nicht, dass über derlei Fragen diskutiert wird, können doch solche Debatten die Öffentlich- keit besser informieren und alar- mieren. Bedenklich ist allerdings, dass die offizielle Vertretung der deutschen Ärzteschaft, die Bundes- ärztekammer selbst, einen Text mit solch unerträglicher Aussage des von ihr selbst berufenen Wissenschaft- lichen Beirats der Öffentlichkeit zur Diskussion empfiehlt. Ein derarti- ger Vorgang ist im Übrigen eine deutliche Warnung, dass hochrangig besetzte „Ethikkommissionen“, die auch in dem Papier vielfältig gefor- dert werden, keinesfalls Garanten für ethisch vertretbare Entscheidungen sind. Joachim Kardinal Meisner

KOMMENTAR/AKTUELL

Die Vertragsärzte in Hessen se- hen sich als Opfer einer Medienkam- pagne der Landes-AOK. In Radio- spots, Anzeigen in Zeitschriften sowie Zeitungen und auf öffentlichen Plaka- ten hatte die AOK Hessen zwischen Mitte Februar und Anfang März für ihren Beratungsdienst bei ärztlichen Behandlungsfehlern geworben.

Mit ihrer Aktion will die Kranken- kasse nach eigener Aussage zur Qua- litätssicherung und -verbesserung bei- tragen sowie dem verstärkten Wunsch der Patienten nach mehr individueller Unterstützung bei möglichen Behand- lungsfehlern nachkommen. Eine Um- frage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK vom Februar vergangenen Jahres bei 3 005 Versicherten der Ge- setzlichen Krankenversicherung hatte ergeben, dass 87 Prozent der Befragten diesen Service wünschen.

„Behandlungsfehler sind zwar nur selten, aber es gibt immer wieder Einzelschicksale“, rechtfertigt die Pressesprecherin der AOK Hessen, Ilja Stracke, die Kampagne ihrer Lan- desstelle und ergänzt: Eine bewusste Ausblendung dürfe das Thema nicht erfahren, vielmehr sei eine breite, ge- sellschaftliche Auseinandersetzung erforderlich.

Die hessische Ärzteschaft inter- pretiert die Werbeaktion hingegen ganz anders. Die AOK versuche offen- bar, „Teile der Behandlungskosten von Seiten der Haftpflichtversicherer wie- der reinzuholen“, glaubt die Lan- desärztekammer Hessen. Die Kas- senärztliche Vereinigung Hessen (KVH) wiederum vermutet, die AOK wolle mit Hilfe der PR-Aktion ihren starken Mitgliederschwund bremsen.

Zudem befürchten die Ärzte, dass die AOK mit Hilfe der Medienkampagne die Versicherten zu einer „Rasterfahn- dung“ gegen die Ärzteschaft mobilisie- ren will, die durch die im SGB V veran- kerte Möglichkeit, Versicherte bei ver- muteten Behandlungsfehlern zu unter- stützen, in keiner Weise gedeckt sei.

„In den Praxen niedergelassener Ärzte in Hessen werden täglich mehr als 100 000 Mitglieder der AOK be- handelt. Das sind in zweieinhalb Jah- ren gut 91 Millionen in der Regel zu- friedene Patienten. Zu dieser Zahl muss man noch diejenigen addieren, die in den Krankenhäusern versorgt werden“, erklären die Delegierten der KVH in einer Resolution. Dem stehe eine vergleichsweise niedrige Fehler- quote von 0,0005 Prozent gegenüber.

Der Millionen-DM teure Werbefeld- zug sei deshalb eine reine Verschwen- dung der Versichertenbeiträge, „die bei der Versorgung unserer Patienten zum Beispiel mit Arzneimitteln feh- len“, monieren die Vertragsärzte.

„Lediglich rund 400 000 Mark“

Ein Sprecher der AOK Hessen, Riyad Salhi, beziffert die Werbeaus- gaben für die Spots, Anzeigen und Plakate jedoch auf „lediglich rund 400 000 Mark“. Auch sei nicht beab- sichtigt gewesen, den Ärzten grundsätzlich zu unterstellen, sie ver- ursachten Behandlungsfehler.

Nach Angaben der AOK äußer- ten 441 Versicherte in der Zeit vom 1.

Juli 1997 bis zum 31. Dezember 1999 die Vermutung, bei ihnen oder einem ihrer Angehörigen läge ein Behand- lungsfehler vor. Davon habe der Me- dizinische Dienst der Krankenkassen 119 Fälle nicht anerkannt. 242 Vermu- tungen seien noch zu klären. Lediglich 78 Fälle seien als Behandlungsfehler eingestuft worden.

„Eigentlich war es ja auch nur un- sere Absicht, mit der Werbekampa- gne auf unseren seit 1997 bestehenden Beratungsservice aufmerksam zu ma- chen“, sagt Salhi. Der fachkundige Rat der Kassenmitarbeiter solle zu- dem dazu beitragen, unnötige Strei- tigkeiten von vornherein zu vermei-

den. Petra Spielberg

Beratungsdienst bei Behandlungsfehlern

Hessens Vertragsärzte

streiten mit der AOK

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