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Archiv "Präimplantationsdiagnostik: Auf dem Weg zum Routineangebot" (13.08.2004)

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ur ein generelles Verbot der Prä- implantationsdiagnostik (PID) schützt vor einer Ausweitung der bisherigen Indikationen. Diese Schluss- folgerung zieht der Ausschuss für Bil- dung, Forschung und Technikfolgenab- schätzung des Bundestages in seinem jetzt vorgelegten Sachstandsbericht Präimplantationsdiagnostik. Darin wer- den Praxis und rechtliche Regulierung in sieben ausgewählten Ländern (USA, Belgien, Italien, Dänemark, Großbritan- nien, Frankreich, Norwegen) verglichen.

Bei einem völligen Verzicht auf regu- lierende Eingriffe und einer weitgehend freien Entwicklung von Angebot und Nachfrage könne davon ausgegangen werden, dass die Nutzung der PID nicht auf Einzelfälle mit besonderen Risiken oder sogar auf medizinische Indikationen begrenzt bleiben wird. Ähnlich wie bei der Pränataldiagnostik sei damit zu rech- nen, dass sich die PID schrittweise als

„Routinecheck“ im Rahmen der In-vi- tro-Fertilisations-Behandlung etabliere.

Nur in Großbritannien und Frank- reich besteht eine detaillierte Regu- lierung der PID. In Großbritannien ist das zulässige Einsatzspektrum der Präimplantationsdiagnostik eher „un- scharf oder offen gesetzlich“ definiert, was in der „Tendenz zu

Fall-zu-Fall-Entscheidun- gen durch die zuständige Behörde führt, die jeweils dann, wenn sich neue Nut- zungsoptionen für die PID eröffnen, unter Entschei- dungsdruck steht“. Eine Barriere gegen eine Er- weiterung des jeweils eta-

blierten Anwendungsspektrums bilde dann meist nur die interessierte Öffent- lichkeit.

In Frankreich sorgt eine Kommission oder Behörde für eine Zulassung bezie- hungsweise Kontrolle des „gesetzlich sehr eng definierten Spektrums zulässi- ger Indikationen“. Lediglich für Fälle

„besonders schwerer, nicht heilbarer

erblicher Erkrankungen“ darf die ge- netische Untersuchungsmethode ange- wendet werden. Auf diese Weise sei

„die sukzessive Ausweitung des Einsat- zes der PID auf die Diagnose von spon- tan auftretenden Chromosomenan- omalien und damit auch auf das Screening zum Zweck der Erhöhung der Schwangerschafts- und Ge- burtenrate bei der künst- lichen Befruchtung ausge- schlossen“.

In Dänemark ist PID grundsätzlich zulässig, sie unterliegt allerdings einer besonderen Kontrolle durch das Ge- sundheitsministerium, da PID-Unter- suchungen als Forschungsvorhaben be- handelt werden. In Italien wurde im Dezember 2003 vom Senat des Parla- ments ein Gesetz verabschiedet, das die Praxis der In-vitro-Fertilisation (IVF) erheblich eingeschränkt und die PID generell verboten hat. In den USA wird die Präimplantationsdiagnostik seit 1990 an einer Vielzahl von IVF-Kliniken praktiziert. Regelungen zur PID beste- hen auf bundesstaatlicher Ebene nicht.

Die konkrete Ausgestaltung der Praxis unterliegt fast ausschließlich der frei- willigen Selbstkontrolle der Ärzte. Eine verbindliche Einschränkung des Indi- kationsspektrums ist bisher nicht zu er- kennen. Im Gegenteil – dort wird die PID sogar zur Geschlechtswahl als weitgehend legitim anerkannt. In Belgi- en ist die PID für ein „weites Spektrum medizinischer Indikationen“ zulässig.

In Norwegen ist die PID nur bei einem Risiko für eine geschlechtsgebundene, schwere und nicht erbliche Erkrankung vorgesehen.

Die Autoren des Berichts gehen da- von aus, dass drei Anwendungsmöglich- keiten zu Diskussionen führen werden:

Wenn sich herausstellen sollte, dass sich durch das Aneuploidie-Screening die Geburtenrate bei der IVF signifikant er- P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3313. August 2004 AA2219

´ TabelleCC´

Rechtliche Regelung und Indikationsspektrum in den unterschiedlichen Ländern

Regelung Praxis Regelung Praxis Regelung Praxis Regelung Praxis

USA keine Großteil keine wird keine wird keine wird

der PID praktiziert praktiziert praktiziert

I* keine Großteil keine in Vor- keine ? keine ?

der PID bereitung

B erlaubt wird erlaubt wird erlaubt Angebot verboten

praktiziert praktiziert in Vorberei-

tung

DK erlaubt verboten nicht verboten

verboten

GB erlaubt einge- erlaubt in praktiziert nicht verboten

schränkt Ausnahme- verboten

praktiziert fällen

F verboten erlaubt in –** verboten verboten

Ausnahme- fällen

*Die Angaben für Italien beziehen sich auf die rechtliche Situation vor dem Verbot der PID im Dezember 2003.

**Die Zulässigkeit wird erst durch die novellierten Bioethikgesetze in ihrer Fassung vom 11. Dezember 2003 bewirkt, sodass bislang kein HLA- Matching durchgeführt worden ist. Allerdings liegen seit einiger Zeit Anträge auf Gewebetypisierung vor.

Aneuploidien Gewebetypisierung Krankheitsdisposition Geschlechtswahl („social sexing“)

Präimplantationsdiagnostik

Auf dem Weg zum Routineangebot

Die Entwicklung der genetischen Untersuchung in sieben ausgewählten Ländern

Die Länderstudien verdeutlichen,

„dass die praktische Anwendung der PID international weiter fortgeschritten ist, als

in der Diskussion oft

angenommen wird“.

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höhen lasse, „werden sicherlich Forde- rungen nach Zulassung eines entspre- chenden Screenings erhoben werden.

Die Nutzung der PID zur Selektion ei- nes als Gewebespender geeigneten Em- bryos für ein erkranktes Geschwister wird wegen der Aussichten auf eine The- rapie für ein schwer erkranktes Kind wahrscheinlich immer wieder zu Anträ- gen auf Zulassung führen“. Ein weiteres

„Einfallstor“ für eine Erweiterung der Indikationen stellen schließlich auch Tests auf eine erhöhte Wahrscheinlich- keit für das Auftreten einer multifakto- riell bedingten schweren Erkrankung dar. Dabei wird jeweils darüber disku- tiert werden, ab wann von einem „er- heblichen Risiko“ gesprochen werden kann und ob die Nutzung schon bei eher gering erhöhter Wahrscheinlichkeit legi- tim sein könnte.

Die Länderstudien verdeutlichen,

„dass die praktische Anwendung der PID international weiter fortgeschrit- ten ist, als in der Diskussion oft ange- nommen wird“. Wenn man die unvoll- ständigen Daten zusammenfasse, erge- be sich „die Zahl von mindestens 1 600 Kindern, die bis Anfang 2003 in den sechs erfassten Ländern, in denen PID zulässig ist, nach Durchführung einer PID zur Welt gekommen sind“. Die tatsächliche Zahl der Kinder dürfte weitaus höher liegen. Das deutsche Em- bryonenschutzgesetz von 1990 „verbie- tet die Durchführung einer PID zwar nicht explizit, die Mehrheit der Exper- ten geht jedoch von einem ableitbaren Verbot aus“, heißt es in dem Bericht.

Der CSU-Parteivorstand forderte Mit- te Juli ein eindeutiges Verbot der PID.

Eine Zulassung der umstrittenen Präim- plantationsdiagnostik könnte die Ak- zeptanz des Lebens mit Behinderung massiv verändern, sagte der Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission, Alois Glück. Der Gesundheitsexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Detlef Parr, kritisiert die Forderung der CSU. Er ver- steht den ländervergleichenden Bericht so, dass dann, wenn Präimplantations- diagnostik in engen Grenzen rechtlich zugelassen werde, kein Dammbruch zu befürchten sei. Gisela Klinkhammer

P O L I T I K

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A2220 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3313. August 2004

Gesundheitsreform

Bayern loben Versorgungsnetz

Laien entwerfen nach Beratung durch Experten eigene Konzepte.

V

orsorge statt Behandlung“ – so ließe sich das wesentliche Ergeb- nis eines Bürgergutachtens zu- sammenfassen. Das Gutachten wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsmini- steriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz erstellt. 16 Gruppen zu je 25 Teilnehmern diskutierten an vier Tagen jeweils acht Stunden über das Gesundheitswesen und mögliche Reformen. Dabei wurden Kleingrup- pen von fünf Personen gebildet, die je- weils von Experten kontrovers zu ihrem Arbeitsthema informiert wurden und anschließend eigene Vorschläge ent- wickelten. 25 Teilnehmer gewichteten die einzelnen Vorschläge durch Punkte:

Zu jeder Frage konnten ein bis fünf Punkte vergeben werden.

Gegen Zuzahlungen

Das bisherige Gesundheitssystem ist gut, aber zu teuer. Als besonders nach- teilig werden dabei ein „aufgeblähter Verwaltungsapparat“, „prestigeträchti- ge Gebäude“ und „Bürokratismus“

empfunden. Auch wenn das Gutachten von Staatsminister Dr.Werner Schnapp- auf als Plädoyer für mehr Eigenver- antwortung gewertet wurde, zeigt sich zwischen den Zeilen ein deutlicher Trend zur solidarisch finanzierten Ver- sorgung. Zwar wurde befürwortet, Gruppen mit erhöhtem Risiko (wie Raucher oder Extremsportler) mit höheren Kosten zu belasten, doch war den Bürgern ein kostenfreies Lei- stungsangebot in vielen Bereichen ebenfalls wichtig – von einer höheren Bereitschaft zur Eigenfinanzierung kann insofern keine Rede sein.

Das Bürgergutachten zeigt einmal mehr, dass Statistiken generell inter- pretationsbedürftig sind. Bei der Fra- ge, welche Anreize für Vorsorgeunter-

suchungen geschaffen werden sollten, wurden beispielsweise alle Punkte, die irgendwie mit den Themen „Auf- klärung“ und „Bonussystem“ zusam- menhingen, addiert, sodass beide Aspekte in der Bürgerwertung zu führen scheinen. „Allgemein“ (auch das war eine Bewertungskategorie) wurden beide Themen aber weit hinter der „Kostenfreiheit der Vorsorgeunter- suchung“ (gemeint war wohl: Zuzah- lungsfreiheit) eingestuft: So gesehen sollte die „Kostenfreiheit“ aus Bürger- sicht der wichtigste Anreiz für Vorsor- geuntersuchungen sein. Dieses System der „Bündelung“ von Unterpunkten ist auch bei der Frage, welche Anreize es für Impfungen geben solle, angewendet worden, auch dort hätte die „Kosten- freiheit“ sonst deutlich dominiert. Das war möglicherweise nicht opportun.

Beim Thema „Arbeit und Gesundheit“

stand an zweiter Stelle ein „gesundes Betriebsklima“.

Bei der Frage der künftigen Finan- zierung des Gesundheitssystems stand zuvorderst der Vorschlag, dass alle Bür- ger (außer Kindern) Beiträge zahlen sollten. Dafür gab es fast doppelt so vie- le Punkte wie für das zweitwichtigste Anliegen, das Bedürfnis nach mehr Ko- stentransparenz. Das Modell „Bürger- versicherung“ landete allerdings an fünfter Stelle, die Forderung nach mehr Prävention im künftigen Gesundheits- wesen sogar „nur“ an neunter.

Interessanter als die Gewichtung sind wohl die einzelnen Punkte, die von den Bürgern bewertet wurden. Nicht alles ist wegweisend, aber einiges ist bei künfti- gen Reformen bedenkenswert. Schließ- lich sollte man bei jeder Reform im Au- ge behalten, was den Bürgern beim bis- herigen Gesundheitssystem besonders am Herzen lag: Die „flächendeckende, gute Grund- und Notfallversorgung“

steht an erster Stelle, mit deutlichem Abstand zu allen übrigen Punkten. Die Bürger haben erkannt, dass dies der Dreh- und Angelpunkt eines funktio- nierenden Gesundheitssystems ist. Poli- tiker und Experten dürfen dies, bei allen ökonomischen Überlegungen, nicht ver- nachlässigen. Dr. iur. Daniel Gehrmann

Das Gutachten kann in voller Länge unter www.aerzte blatt.de/plus3304 abgerufen werden.

Der Sachstandsbericht „Präimplantationsdiagnostik“ ist abrufbar unter www.aerzteblatt.de/plus3304.

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