Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 109|
Heft 22–23|
4. Juni 2012 A 1147 FINANZENZwei wichtige Besonderheiten
Da die Umlagen der Landesärztekammern an die Bundesärztekammer um knapp sieben Prozent steigen, müssen sich auch die Ärztinnen und Ärzte auf steigende Kammerbeiträge einstellen.
D
ie Phönizier hätten zwar das Geld erfunden, aber leider nicht genug davon, kam Dr. med.Bernhard Rochell, Hauptgeschäfts- führer der Bundesärztekammer (BÄK), direkt zum Kern der Sache:
Für das Geschäftsjahr 2012/2013 habe man eine Umlagesteigerung
für die Landesärztekammern in Höhe von 6,98 Prozent veranschla- gen müssen – „auf den ersten Blick sicher erschreckend“. Aber nicht Wünsche oder Vorstellungen ohne Not hätten dazu geführt, sondern zwei Besonderheiten: die Auf - lösung der gemeinsamen Rechts - abteilung von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesver - einigung sowie die Auswirkungen des Gewinnrückgangs der Deut- schen Ärzte-Verlags GmbH, Köln.
Aufbau einer eigenen Rechtsabteilung
Die Frage der Fortführung der ge- meinsamen Rechtsabteilung der beiden ärztlichen Spitzenorganisa- tionen hatte bereits zwei Ärztetage beschäftigt. Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen hät- ten sich in den vergangenen Jahr- zehnten in ihren Aufgabenfeldern zu ganz unterschiedlichen Einrich- tungen entwickelt, weshalb Interes-
senkonflikte möglich seien, lautete damals wie heute die Argumenta - tion für eine Aufsplittung in zwei Abteilungen. „Da der Kassenärzt - lichen Bundesvereinigung die wei- tere Fortsetzung dieser Diskussion, insbesondere in Hinblick auf die Situation der Angestellten, nicht mehr angezeigt schien, fanden in- tensive Verhandlungen über die Zukunft der Rechtsabteilung statt“, erläuterte Rochell. Diese hätten schließlich mit einer Vereinbarung über eine kurzfristig durchzufüh- rende Auflösung der gemeinsamen Rechtsabteilung geendet („über ein Für und Wider ist es jetzt müßig zu sprechen“). Daraus ergab sich für die Bundesärztekammer die Notwendigkeit, eine eigenständige Rechtsabteilung aufzubauen und entsprechend Personal einzustellen, was zwangsläufig zu Ausgabenstei- gerungen führt.
Es sei zu erwarten gewesen, dass das exorbitante Gewinnniveau des
TOP VII–IX: Bericht über die Jahresrechnung – Entlastung des Vorstandes – Haushaltsvoranschlag FAZIT
●
Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2010/2011 gebilligt●
Vorstand für das Geschäftsjahr 2010/2011 entlastet●
Umlage der Kammern steigt um 6,98 Prozent●
Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 2012/2013 genehmigt Mit schweremArm: Joachim Calles fiel es schwerer als sonst, dem Haushaltsplan zuzustimmen.
Ohne Dienstwagen:
Bernhard Rochell er- läuterte erstmals als Hauptgeschäftsführer die Jahresrechnung und den Haushalts-
voranschlag.
A 1148 Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 109|
Heft 22–23|
4. Juni 2012 Deutschen Ärzte-Verlages in denvergangenen Jahren, woraus für die Bundesärztekammer als Gesell- schafterin eine Eigenkapitalver - zinsung von in der Spitze mehr als 50 Prozent resultiert habe, nicht ewig gehalten werden könne, be- tonte Dr. med. Franz Bernhard M. Ensink, Vorsitzender der Fi- nanzkommission der Bundesärzte- kammer. Er hat seit Jahren immer wieder auf den abseh baren Gewinn- rückgang des Verlags wegen des rückläufigen Stellenmarkts hin ge - wiesen: „Dieser Effekt entspricht eher dem Sachverhalt einer Gewinn - normalisierung als einem Gewinn- einbruch.“ Gleich wohl ver rin gere sich bei einem zurück ge hen den Gewinn auch stetig die Ertragsposi- tion im Bundes ärzte kammer haus - halt und führe zwangsläufig zu überproportionalen Umlagestei ge - run gen.
Sinkende Gewinne des Deutschen Ärzte-Verlages
Dazu muss man wissen, dass die Bundesärztekammer und die Kas- senärztliche Bundesvereinigung zu gleichen Teilen Gesellschafter des Deutschen Ärzte-Verlages mit Sitz in Köln sind. Das Flaggschiff des Verlages ist das Deutsche Ärzte- blatt, die mit wöchentlich circa 410 000 Exemplaren auflagen- stärkste deutsche Fachzeitschrift für Ärztinnen und Ärzte. Anders als oft fälschlich angenommen, fi- nanziert sich das Deutsche Ärzte- blatt nicht über die Kammerbei - träge der Ärzte, sondern über die Einnahmen aus Anzeigen. Vor al- lem wegen der vielen Stellenanzei- gen im Deutschen Ärzteblatt war die Gewinnsituation des Deutschen Ärzte-Verlags in den vergangenen Jahren extrem gut, so dass sich die Gesellschafter über hohe Ausschüt- tungen freuen konnten. So über- wies der Verlag für das Geschäfts- jahr 2008 4,9 Millionen Euro an die Bundesärztekammer; für 2009 waren es 3,7 Millionen Euro und für 2010 2,8 Millionen Euro.„Mir fällt es in diesem Jahr deut- lich schwerer als in den vergange- nen zehn Jahren, die grüne Karte zu heben und so dem Haushaltsplan für das nächste Jahr zuzustimmen“,
erklärte Dr. med. Joachim Calles, Bayern. Schließlich müsse er im Oktober bei der Kammerversamm- lung erklären, warum die Umlage um sieben Prozent steige. Er ap - pellierte an den Vorstand und die Hauptgeschäftsführung der Bun- desärztekammer, sich bei ihren Tä- tigkeiten auf die Leistungen zu be- schränken, die sie satzungsgemäß zu erfüllen hätten. „6,98 Prozent Steigerung sind eine Hausnummer, die wir unseren Mitgliedern in der Tat erläutern müssen“, meinte auch Dr. med. Brigitte Ende, Hessen.
Nicht alle Ärztekammern verfügten
über Haushaltsüberschüsse oder hät ten Rückstellungen gebildet.
Ende : „Manche Landesärztekammern werden von ihren Mitgliedern hö- here Beiträge einfordern müssen.“
Letztlich wurde der Haushalts- voranschlag für das Jahr 2012/2013 aber ohne Gegenstimme angenom- men. Zum positiven Votum beige- tragen haben dürfte auch, dass die Etatplanung keine Mietkosten mehr für einen Dienstwagen des Haupt- geschäftsführers vorsieht. Dement- sprechend entfallen auch die Fah- rerkosten. Gestrichen wird auch die Kostenbeteiligung der Bundesärz- tekammer am Fahrer des Präsiden- ten. „Dies ist mehr als nur ein Zei- chen“, stellte Rochell klar. Die Maßnahmen stellten namhafte Ent- lastungen dar.
Der Haushaltsvoranschlag der Bundesärztekammer für das nächs-
te Geschäftsjahr hat ein Volumen in Höhe von 17,95 Millionen Euro (2011/2012: 17,46 Millionen Euro).
Finanziert wird der Haushalt zu 76 Prozent über die Umlagen der Landesärztekammern (2011/2012:
73 Prozent) und zu zwölf Prozent über die Erträge aus der Beteiligung am Deutschen Ärzte-Verlag (2011/
2012: 21 Prozent). Ensink: „Wäh- rend im Geschäftsjahr 2009/2010 von drei auf der Ebene der Bundes- ärztekammer ausgegebenen Euros die Landesärztekammern nur knapp zwei aufbringen mussten, steuern die Beteiligungserträge im kom-
menden Geschäftsjahr – und das wohlgemerkt bei einer Eigenkapi- talverzinsung von immer noch mehr als 20 Prozent – nur noch et- wa jeden achten abfließenden Euro bei“, verdeutlichte der Vorsitzende der BÄK-Finanzkommission den Delegierten die „Dramatik der Si- tuation“. Der Rest sei von den die Bundesärztekammer tragenden Lan- desärztekammern aufzubringen. Er fürchtet zudem, dass sich diese Ent- wicklung des überproportionalen Anstiegs der Landesärztekammer- beiträge auch in den nächsten Jah- ren fortsetzen wird.
Zuvor hatte der 115. Deutsche Ärztetag den Jahresabschluss der BÄK für das Geschäftsjahr 2010/2011 (1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011) einstimmig gebilligt und dem Vorstand Entlastung erteilt.
▄
Jens Flintrop Mit Sorgen: Franz
Bernhard M. Ensink fürchtet, dass der Anteil der Ärztekam- mern an der Finan- zierung der Bundes- ärztekammer weiter zunehmen wird.