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Verbandsbeschwerderecht, Volksinitiative: Votum vor der ständerätlichen Rechtskommission, 5. November 2007, in Bern

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Research Collection

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Verbandsbeschwerderecht, Volksinitiative

Votum vor der ständerätlichen Rechtskommission, 5. November 2007, in Bern

Author(s):

Lendi, Martin Publication Date:

2007

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https://doi.org/10.3929/ethz-a-005529362

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Verbandsbeschwerderecht, Volksinitiative

Votum vor der ständerätlichen Rechtskommission, 5. November 2007, in Bern

Martin Lendi, Prof. Dr. iur. Dr, h.c., em. o. Professor für Rechtswissenschaft ETH Zürich

Vorweg sei klargestellt, dass ich mich bereits vor dem Ergreifen der Volksinitiative zum Verbandsbeschwerderecht kritisch zum Initiativtext der Zürcher FdP geäussert hatte – und zwar vor der Öffentlichkeit und gegenüber Vertretern der Initianten. Auch stelle ich klar, dass ich von einzelnen Parlamentariern zu Problem der Parlamentarischen Initiative Hofmann konsultiert worden bin und dabei die Anträge der damaligen Rechtskommission, teils mit ergänzenden Vorschlägen, unterstützt habe.

Meine kritische Haltung gegenüber der Initiative ist also seit längerem bekannt. Auf der andern Seite habe ich den Änderungen des Umweltschutzgesetzes vom 20. Dezember 2006, als Ausfluss der genannten parlamentarischen Initiative, zugestimmt. Die bundesseitigen Novellierungen im Zusammenhang mit dem Verbandsbeschwerderecht scheinen mir

geglückt. Die damalige Rechtskommission des Ständerates verdient Anerkennung. Dass nicht alle Anliegen umgesetzt werden konnten, ändert nichts an der Wertschätzung der gewählten Neuregelungen des Verbandsbeschwerderechts. Sie betrifft allerdings eher die formelle Seite.

Auch wenn das Spannungsverhältnis von Demokratie und Recht gegeben ist und dem schweizerischen Recht nicht grundsätzlich fremd ist, stellen sich der Initiative elementare Bedenken entgegen: Die Grundsatzfragen von Recht und Demokratie ertragen keine absolute Aussagen. Neben diesen allgemeinen Aspekten, auf die von meiner Seite nicht mehr

eingetreten werden muss, sind drei Problemkreise zusätzlich zentral, a) die vorhersehbar anfallenden Rechtsprobleme bei der erforderlichen gesetzlichen Umsetzung der Initiative, b) die fragwürdige Zuordnung der Beschränkung des Verbandsbeschwerderechts zum Kapitel über die Grundrechte und c) die fehlende Klärung der unerlässlichen Vorfrage nach der optimalen Durchsetzung des geltenden Umwelt- und Raumplanungsrechts mit bestmöglicher Wirkung zugunsten der Umwelt.

ad a) Was die Umsetzung angeht, so ist vorweg zu bedenken, dass eine

bundesrechtliche Regelung allein schon deshalb auf Schwierigkeiten stösst, weil von singulären bundesrechtlichen Bestimmung her in das relativ heterogene kantonale Staats-, Verwaltungs- samt Verfahrensrecht eingegriffen werden muss. Dieses ist äusserst vielfältig angelegt ist, gerade was das Raumplanungsrecht (Planarten, Planerlasse, Zuständigkeits-/Verfahrensvorschriften) angeht, das bekanntlich, unter Vorbehalt von Grundsätzen des Bundesrechts, den Kantonen anvertraut ist. Die unmittelbare Anwendbarkeit des Initiativtextes ist nicht gewährleistet.

ad b) Die Zuordnung der initiierten Beschränkung der Verbandsbeschwerderechts zum Kapitel über die Grundrechte (Art. 30a BV) kommt einem Elementarfehler gleich.

Beim Verbandsbeschwerderecht handelt es sich nicht um ein Grundrecht im Sinne von Art. 7 ff. BV. Folglich gehört eine allfällige Regelung der Beschränkung nicht in diesen systematischen Zusammenhang. Sie ist in das Umfeld der Bestimmungen über Raumplanung und Umweltschutz zu verweisen, geht es doch um die Umsetzung dieser Rechtsgebiete, allenfalls um Aspekte der Demokratie, allenfalls um solche der Rechtsanwendung und des Vollzugs.

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ad c) Die Verbandsbeschwerde wäre, wenn schon, in einem Punkt grundsätzlich zu hinterfragen. Ziel des Umwelt-/Raumplanungsrechts ist nämlich eine

wirkungsorientierte und wirkungsvolle Anwendung des Raumplanungs- und Umweltrechts zugunsten der Umwelt resp. des Lebensraumes. Die

Verbandsbeschwerde legt den Akzent auf die Rechtsdurchsetzung als solche, wichtig aber ist eine materielle Ordnung, welche die Wirkung der Rechtsanwendung fokussiert und die Verbandsbeschwerde, wenn schon, in deren Dienst stellt. Dazu fehlen

materiell-rechtliche Vorschriften.

Mit diesen Bemerkungen kann es nicht sein Bewenden haben. Nachdem der Bundesrat der Initiative zustimmt, der Initiative aber Mängel aber Mängel anhaften, stellt sich die Frage nach einem Gegenvorschlag. Auf alle Fälle muss geklärt werden, ob ausreichend Substanz für einen solchen auszumachen ist. Ich habe deshalb vor geraumer Zeit versucht, Möglichkeiten und Grenzen für einen direkten und einen indirekten Gegenvorschlag auszuloten. Ich habe sogar Formulierungen gewagt, allerdings im vollen Bewusstsein, dass solche Texte harter Arbeit rufen. Meine Bestrebungen haben noch nicht das Niveau einer abschliessenden gutachterlichen Äusserung erreicht. Das Umweltrecht, um einen nicht unwichtigen Punkt aufzugreifen, weist materielle und strukturelle Mängel auf: Es vernachlässigt die räumliche Dimension, operiert zu objektbezogen, und es wagt nicht die entscheidende Vorgabe der Unterwerfung unter die Wirkungskontrolle.

Ich insistiere also nicht auf meinen Versuchen, mache aber darauf aufmerksam, dass die Standesinitiative des Kantons Zürich vom 20. 6. 2006 ihrerseits materielle Kernprobleme anspricht, die dringend, aus sachlichen Gründen, einer Lösung harren. Sie sind für die

Umwelt und die Gestaltung des Lebensraumes wichtig. Sie korrespondieren in hohem Masse mit meinen eigenen Intentionen. Es geht um die integrale, wirkungsorientierte Anwendung des Umweltrechts, um die Probleme der Verdichtung innerhalb des Siedlungsgebietes und die Koordination von Raumplanungs- und Umweltrecht sowie schlussendlichen auch um die Probleme aus dem Spannungsverhältnis von Demokratie und Recht. Nicht in allen Teilen zuzustimmen vermag ich den anschliessenden Regelungsvorschlägen. Für mich stehen, nach der bereits erfolgten Neuordnung durch den Gesetzgeber, mit Schwergewichten im formellen Bereich, materielle Rechtsnormen im Vordergrund.

Das verfassungsrechtliche Prinzip der Nachhaltigkeit verlangt unsern staatlichen Organen, den Wirtschaftsakteuren und der Gesellschaft einiges ab, nämlich die Fähigkeit, politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Zusammenhänge zu erkennen, zu verstehen und aufkommende Probleme umsichtig zu meistern. Einseitigkeiten gilt es zu vermeiden. Darf ich folgenden Satz wagen: Es geht letztlich um mehr als die Verbandsbeschwerde als

Instrument, es geht um die Kompetenz, sachgerecht auf Lebensraum und Umwelt

einzuwirken und dabei ganzheitlich zu denken. Aus diesem Grund sind mir die Aussagen zum Abstimmen der involvierten öffentlichen und privaten Interessen so wichtig.

Das, was redlicherweise als Vorarbeit geleistet werden muss, das ist eine Auslegeordnung der bestehenden rechtlichen Mängel. Es sind m.E. eher materielle denn formelle, es sind eher solche des Umweltrechts denn solche des Verhältnisses von Demokratie und Recht. Daraus entsteht Substanz für einen Gegenvorschlag. Die Standesinitiative Zürich gibt vor, was gemeint ist. Die sachsouveräne politische Wertung ist erst nach diesem Schritt möglich.

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