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der irakische Dichter Ahmad as-Säfi an-Nagafi (1897-1977) und das "Fremde"

Von Dieter Bellmann, Leipzig

Das Rahmenthema des XXVI. Deutschen Orientalistentages "Annäherung an das

Fremde" rief bei mir, als ich es zum ersten Mal las, unwillkürlich die Erinnemng an

den irakischen Dichter Ahmad as-Säfi an-Na|afi hervor, der in der europäischen

Arabistik, trotz seiner Bekanntheit in der arabischen Welt, relativ unbeachtet geblieben ist.' Er war einer jener zeitgenössischen arabischen Dichter, die sich ihr Leben lang mit dem "Fremden" konfrontiert sahen und sich in ihrem Schaffen mit "fremden Gedan¬

ken", "fremden Welten" und "fremden geistigen Strukturen" auseinandergesetzt haben,

um zur eigenen Identität ihres Denkens zu gelangen. Im Herbst 1969 hatte ich in

Damaskus die Gelegenheit, den Dichter persönlich kennenzulemen und mit ihm einen

mehrere Wochen dauernden Gedankenaustausch zu fuhren, in dem er immer wieder

auf das "Fremde" zu sprechen kam, das einen typischen Wesenszug der modemen arabischen Dichtung bestimmte.

Geboren wurde Ahmad as-Säfi an-Na|afi im Jahre 1897^ wie schon seine kunya

zeigt, in Nagaf, wo er mit fünf Jahren in die städtische Koranschule {al-kuttäb al-ahli) kam. Diese schloß er im Alter von zehn Jahren erfolgreich, d.h. mit dem Zertifikat über

die mündliche Beherrschung des gesamten Korantextes, ab; danach absolvierte er ein

achtjähriges Studiiun der traditionellen islamischen, philosophischen und literarischen

Fächer an den islamischen Schulen seiner Heimatstadt, an denen er ab 1914 selbst

lehrte. Bereits als Zehnjähriger soll er Gedichte in "klassischer" arabischer Metrik verfaßt haben; mit seinen Gedichten engagierte er sich seit 1917 leidenschaftlich für

den Widerstand gegen die britische Mandatsherrschaft und mußte deshalb nach dem

Aufstand vom 30. Jimi 1920 das Land verlassen. Er emigrierte nach Iran, wo er zu¬

nächst joumalistisch tätig war, bald aber eine Anstellung als Lehrer für arabische Sprache und Literatur fand. In dieser Stellimg beschäftigte er sich intensiv mit der

' Biograpiiische Notizen finden sich bei: Adham AL-öuNDl: A'läm al-adab wa-l-fann. Teil 1. Damaskus 1958, S. 211-213; J. Bielawski/ K. Skar2ySjska-Bochei^iska/ J. JasiSiska: Nowa i wspotczesna litera¬

tura arabska 19. i 20.w. Warszawa 1978, S. 320-325; G. BarTHEL/K. STOCK (Hrsg.): Lexikon Arabi¬

sche Welt. Wiesbaden 1994, S. 442.

^ Über das Geburtsjahr fmden sich in den o.g. Quellen unterschiedliche Angaben: Barthel/Stock:

op. cit. (Anm. 1): 1884; al-GundI: op. cit. (Anm.l): 1895; BIELAWSKI u.a.: op. cit. (Anm. 1): 1896;

in den Nachmfen der Bagdader Presse: 1897.

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persischen Sprache, Literatur und Kultur, was ihn schon bald in die Lage versetzte, die

Rubä'iyyät des 'Umar al-Hayyäm ins Arabische zu übertragen, und zwar mit einem so

hohen Grad an Einfühlungsvermögen und Perfektion, daß diese Übersetzung bis heute

in der arabischen Welt als eine der besten (neben den Übersetzungen von Ahmad

RAMI (1924), WADf AL-BusTÄNl (1932) und 'Abdalhaqq FApiL (1950,2. Aufl. 1968)

anerkannt wird.^ Nicht zuletzt auf Gnmd dieser Übersetzung wurde as-Säfi an-Nagafi als Mitglied in den "Persischen Literarischen Club" in Teheran aufgenommen und in die Kommission für Übersetzung und Schriftstellerei beim iranischen Bildungsministe¬

rium bemfen.

1928" übersiedelte an-Nagafi nach Syrien und Libanon, wo er sich wegen seiner

schon seit Kindheit schwächlichen körperlichen Konstitution einer ärztlichen Be¬

handlung unterzog. Für die folgenden Jahre finden sich in den mir vorliegenden

biographischen Notizen niy wenige Angaben. 1941 soll er noch eirunal auf Drängen

der britischen Sicherheitsbehörden in Beimt wegen seiner antibritischen Gedichte

verhaftet worden, nach eineinhalb Monaten aber wieder freigekommen sein.

In den Nachkriegsjahren lebte an-Nagafi vorwiegend in Beimt, von wo er, werm es

die politischen Verhälmisse erlaubten, für kürzere oder längere Aufenthalte nach

Syrien kam. Als ich ihn, den damals etwa 72jährigen Dichter, im Herbst 1969 in

Damaskus kennenlemte, hatte er die ihm von der irakischen Regierung 1968 angebote¬

ne Pension noch nicht angenommen; erst während des libanesischen Bürgerkrieges, als

er körperliche Verletzungen erlitt, erhielt Ahmad as-Säfi an-Nagafi 1976, also wenige

Monate vor seinem Tod, von dem damaligen irakischen Staatspräsidenten Ahmad

Hasan al-Bakr ein Amnestieangebot, das der greise Dichter unter den gegebenen

Umständen annahm. In der Regierungsklinik in Bagdad erhielt er ärztliche Behandlimg und starb am 25. Juni 1977 in Bagdad.'

Das dichterische Werk Ahmad as-Säfi an-Nagafis umfaßt im wesentlichen 12

Diwane, die größtenteils im Beimter Verlag Där al-'ilm li-l-maläyin erschienen sind,*

sowie zahlreiche Gelegenheitsgedichte, von denen einige - nach Angaben des Dichters - ins Englische, Französische und Deutsche übertragen wurden, so z.B. eine qasida auf al-Mutanabbi, von der 15 Verse auf der Tausendjahrfeier (?) zu Ehren al-Mutaimabis

' Ahmad as-SäfI an-NaÖafI (Übers.): Rubä'iyyät 'Umar al-Hayyäm al-musawwara. mit farbigen Zeichnungen des iranischen Künstlers AKBAR at-TaGwIdI. Beirut: Dar ihyä' at-turät al-'arabi o.J.; bis 1969 waren nach Angaben von an-NaGaf1 (Autobiographie) mindestens 7 Auflagen erschienen.

" Nach Angaben von AL-ÖUNDI: op. cit. (Anm. 1), S. 212, im Jahre 1930.

' Angaben nach al-6umhuriyya, Bagdad 28.6.1977; Mulhaq al-öumhuriyya 3036, Bagdad 13.8.1977, und Baghdad Observer, Bagdad 26.6.1977.

' In seiner Autobiographie, die er dem Vf im Herbst 1969 überreicht hat, erwähnt an-NaGafI ins¬

gesamt 13 Diwane, von denen bis zu diesem Zeitpunkt zehn Diwane - z.T. in mehrfacher Auflage - gedruckt waren, ohne deren Titel konkret zu nennen. Die Titel der bekannten 12 Diwane lauten: al- Amwäg, Asi" a mulawwana, al-Agwär, at-Tayyär, Alhän al-lahlb, Hawägis, Hisäd as-sign, Sarar, al- Lafahät, as-Salläl.

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1936 in Berlin in einer deutschen Übersetzung von Georg Kampffmeyer (1864-1936)

vorgetragen wurden, oder ein Protestgedicht gegen die Atombombenversuche in der

Wüste Nevada, das an-Nagafi noch vor dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima

1945 verfaßt hat und das 1963 von dem Syrer Muhammad Yahyä al-Hä§imI ins

Deutsche übersetzt wurde.'

Sein dichterisches Werk bezeichnet an-Nagafi selbst als "eine eigene Schule", die

sich von anderen gegenwärtigen Dichtungen dadurch unterscheide, daß sie aus drei

Kulturen gespeist werde: aus der altarabischen, der persischen imd der europäischen Kultur.* In diese Kulturen {taqäjat) sei er so tief eingedrungen und habe sich so inten¬

siv mit ihrem Wesen beschäftigt, daß er durch sie zu einer eigenen Persönlichkeit

gelangt sei, ohne eine der drei Kulturen zu bevorzugen oder nachzuahmen. Dabei habe

er aber auch die Authentizität (al-asäla) seines arabischen Denkens bewahrt. Diese

Selbsteinschätzung bestätigte auch der Literaturwissenschaftler 'Abdalwahhäb 'Azäm (1884-1959) in einer seiner literarischen Studien, in der er dem Dichter an-Nagafi einen längeren Abschnitt gewidmet habe.'

Besonders aufschlußreich für an-Nagafis Auseinandersetzung mit den drei genann¬

ten Kulturen ist sein Gedicht Fannunä wa-fannuhum ("Unsere Kunst und ihre Kunst") im Versmaß tawll aus dem Jahre 1969.'° Hier fragt der Dichter, für den die Dichtung das "höchste und schönste Gut der Araber" ist, warum dieser Schatz geradezu "zu einem Faustpfand der Rückständigkeit" verkommen sei und hinter der Entwicklung der Gegenwart zurückbleibe:

"Wenn die anderen Völker ihre Kunst in Stein dokumentiert haben, so haben wir, die Araber, unsere Kunst seit jeher in der Dichtung mit genialen schöpferischen Gedanken des Geistes niedergelegt;

Die Kunst des Steines verfällt, wenn dieser vom Zerfall ergriffen wird, unsere Kunst aber kann nicht verfallen, auch werm Zeitalter darüber hinweggehen!

Die großen Tafehi (Seiten) unserer Kunst liegen in der Seele und den Gedanken, in den Steinen aber liegt die 'Kunst der Versteinerung';

' Al-Qunbula ad-darriyya, übersetzt von Dr. Muhammad YahyA al-HäSimI. hi: Sontraer Gesundheits¬

bote, 17. Jg., 5.5.1963, mit dem Titel "Atombombe und Menschengier".

* Vgl. Autobiographie (siehe Anm. 6), S. 1 f

' Leider sind die Angaben des irakischen Literaturkritikers Dr. Muhsin Öamäl ad-DIN in einem Nachmf auf an-Na|afi im Mulhaq al-Gumhmiyya 3005, 9.7.1977, S.ll, sehr ungenau. Ernennt u.a. 10 typische Merkmale der Dichtung von an-Nagafi und bemft sich dabei auf den ägyptischen Literaüirwissen- schaftler und das Mitglied der Arabischen Sprachakademie in Damaskus 'Abdalwahhäb 'Azäm (1884- 1959), der (in einer nichtgenannten Quelle) hervorgehoben habe, daß an-Nagafi als Dichter keinen seiner Zeitgenossen nachgeahmt und damit seine "eigene" Dichterschule begründet habe. Diese sei eine

"namralistische", die mit der des libanesischen Dichters Gibrän Halil Gibrän (1883-1931) zu ver¬

gleichen sei.

'° Veröffentlicht in Gaiä a5-§a'b, Nr. 909, Damaskus 25.11.1969, S. 31. Auf die in dieser qasida besonders deutlich zum Ausdmck kommende Thematik des Kulturvergleichs wkd in dem Diwan as- Salläl mehrfach eingegangen, u.a. in den Gedichten Ä'ri wa-si'ruhum, öadid baina qadim, Baini wa- baina al-'asr, Fadl al-garäba, as-Si'r al-hurr.

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Überall, wohin wir uns mit unserer Kunst bewegen können, sind wir in der Lage, werm wir aufgefordert sind, mit imserer Kunst in Erscheinung zu treten und gegenwärtig zu sein.

Ihre Kunst dagegen kaim nicht mit auf die Reise genommen werden; und selbst, wenn man sie dazu zwingen würde: sie würde zerbrechen!

Es sind Araber: Dire Kunst besteht aus Seelen des Geistes, sie bleibt bestehen, auch wenn sie nicht (in Zeilen) niedergeschrieben ist.

Denn wir haben mit Gedichten alle denkbaren gedanklichen Gebäude errichtet, an denen der Zahn der Zeit nicht genagt hat!

Wir können von uns sagen: die Worte, die wir geprägt haben, überdauern die Zeiten! Die Bauten des Kisrä oder des Caesar jedoch wurden erschüttert!

Die Burgen der Kreuzritter und der Aywän (von Ktesiphon) sind auf der Arbeit von Sklaven gegründet; wir aber berufen uns (in unserer Kunst) auf die Offenbarungsschrif¬

ten!

Wir haben den (Erbauern der) Pyramiden verziehen, als die Araber zu ihnen kamen, und haben über sie gesagt:

Wer nach Ruhm begierig ist, der soll begierig sein!"

Die "poetische Schule" (al-madhab as-si'ri) - wie an-Nagafi seine ihm eigene

poetische Schaffensmethode tmd sein Gesamtwerk nennt - ist jedoch keinesfalls eine

bloße Wiedergabe bestimmter Werte aus den drei erwähnten Kultiuen. Ausdrücklich

betont der Dichter seine Besonderheit in Bezug auf die ma'äni, die Gedanken, Ideen, Inhalte, die weder mit altarabischen noch persischen, auch nicht mit europäischen

Phänomenen verglichen werden könnten, die aber sehr wohl von einem modemen

Geist erfüllt seien, den der Dichter mit diesen Versen ausdrückt:

"Stets für die Wahrheit, niemals (egoistisch) für mich selbst, trat ich ein, wenn ich meine Verse verfaßt und (durch sie) meine Gedanken erläutert habe;

Niemals strebte ich durch die Lehren, die in meinen Gedichten zum Ausdmck kommen, irgendeine Propaganda an; lediglich eine Sehhilfe wollte ich mit ihnen den Kurzsichtigen geben;

Stets sehe ich Wahrheit und Kunst als eine Einheit an, wobei die Kunst der Wahrheit ein sichtbares Gewand darstelh. Kunst aber ist nichts anderes als Wahrheit.

Nur dem kurzsichtigen Betrachter erscheint es so, als ob die Wahrheit in der (Art und Weise der) Betrachtung liege.""

Es scheint, als wollte an-Nagafi mit diesen Versen bekennen, daß die Betrachtung von Äußerlichkeiten des "Fremden" niemals die Erkenntnis der "Wahrheit" von inneren

Werten ersetzen kann.

" Eigenhändige Widmung des Dichters in einem dem Vf überreichten Exemplar des Diwan as-Salläl, datiert: 9.11.1969. DerTitel der Gedichtsammlung soll nach den Worten an-Nagafis daraufhinweisen, daß der Dichter nach längerer unproduktiver Pause seinen schöpferischen Genius plötzlich wiederge¬

funden habe und ihm die im Diwan zusammengefaßten Gedichte mit der unaufhaltsamen Kraft und spmdelnden Fülle eines Wasserfalls inspiriert worden seien.

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Damit komme ich noch einmal auf das zentrale Thema des XXVI. Deutschen Orienta¬

listentages "Annäherung an das Fremde" zurück. Es enthält m.E. eine nur als ungenau

zu bezeichnende Zielstellung. Mag die in diesem Thema enthaltene Problematik - und

daran gibt es keinen Zweifel - eine bedeutsame politische und gesellschaftliche Fra¬

gestellung, eine geistige Herausfordenmg unserer Zeit sein und damit auch ein medien¬

wirksames Sujet bezeichnen, flir eine emsthafte wissenschaftliche Aufgabenstellung

insbesondere der Orientwissenschaften ist sie zu eng gefaßt und im Hinblick auf

angestrebte neue Felder der Orientforschung geradezu verwirrend und fehlorientierend!

"Annäherung" impliziert immer eine Distanz von dem Gegenstand (den Sachen,

Phänomenen etc., insbesondere auch den den Kulturen eigenen Werten), auch weim sie

noch so gering ist. Der sich Annähemde blickt von außerhalb auf das erstrebte Ziel. Er dringt nicht in die Realität, Gedankenwelt der anderen Kultur ein, um sie von ihren inneren Qualitäten heraus zu verstehen, um für ihre wesentlichen Eigenarten volles Verständnis zu erhalten.

Verständnis enthält u.a. auch die Replik auf den in der arabisch-islamischen Kultur heftig diskutierten "Verstand' (al-'aql), der wiederum für die Wissenschaften {al-'ilm.

al-'ulüm) unerläßlich ist, sich Fremdes anzueignen, sich mit ihm vertraut zu machen, damit die Schwelle der (äußerlichen, von außen betrachteten) Fremdheit überschritten werden kann. Das arabische at-taqarrub min al-garib, - die arabische Entsprechung von "Annäherung an das Fremde" also - weist nicht ohne Grund auf die Distanz "vom"

und nicht "zum" Fremden hin.

Solange also Orientalisten sich auf das bloße Annähem beschränken und nicht in

den lubb al-maudü', in medias res, vordringen, bleiben sie in der Distanz vom Gegen¬

stand, d.h. außerhalb oder am Rande ihrer Bemühungen, stehen. Das Verständnis der

inneren Qualitäten, das Wesen des Gegenstandes bleibt ihnen verschlossen! Dabei

braucht das "Hineingehen" - das "Sichzueigenmachen" des fremden Gegenstandes - keineswegs die Aufgabe des "Eigenen" oder "Vertrauten", der eigenen Identität, zu

bedeuten - im Gegenteil! Es wird mit Sicherheit eine neue Erfahmng bringen und zu

einer vielleicht entscheidenden Erkeimtnis führen. Niemand und nichts hindert den

Orientalisten daran, in das Fremde so tief wie möglich einzudringen, sich mit ihm im höchsten Grade vertraut zu machen! Ist dieses nicht seine eigentliche Aufgabe, der er sich als emsthafter Forscher verpflichtet fühlen müßte?

Hinausgehen kann er alle Male: ziuück in die Richtung, aus der er gekommen ist

oder auch in jede andere Richtung! Sein eigenes Selbstverständnis, seine Identität wird er - wie dies auch das Beispiel des Dichters Ahmad as-Säfi an-Nagafi zeigt - durch das

"Fremde" gewiß mit neuer Erkenntnis bereichert und vervollkommnet haben. Eigent¬

lich eine alte Erkenntnis, die schon Johaim Wolfgang von Goethe mit seinem "Land des Dichters" und dem "Land der Dichtung" seinen Zeitgenossen vor Augen gehalten hat!

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Theaterkunst zwischen "Eigenem" und "Fremdem"

Von Regina Karachouli, Leipzig

Das modeme arabische Theater besteht seit nahezu anderthalb Jahrhunderten.' Einge¬

denk des langen Zeitraums ist es keineswegs müßig, über das "Eigene" und "Fremde"

in dieser Kunst nachzudenken, greifen doch arabische Theaterleute selbst immer

wieder darauf zurück: "Ist es eine ägyptische oder arabische oder orientalische oder europäische Form?"^ Das "Eigene" umfaßt als al-asil nicht nur den unübersehbaren Fundus des Authentischen, eingeschlossen das theatrale Erbe {al-maurüt al-masrahl), sondem auch das Bewußtsein nationaler Geschichte und Kultur.' Als "fremd" gilt dagegen die von Europa übemommene Bühnenkunst, denn sie ist ad-dähil, das "durch gegenseitigen Austausch und Öffnung {infitäh) zu uns Gelangte".'' Die Pole asil tmd

dähil assoziieren damit im weitesten Siime das kulturelle Gegensatzpaar 'arabi und

garbi bzw. 'älami.

Die seit den 60er Jahren vehement geführte Diskussion um den Charakter und die

Ziele eines masrah 'arabi fragt heute wie damals nach seinen Ursprüngen. Diese

geschichtliche "Vergewissenmg", die in verschiedenen Genres der modemen arabi¬

schen Literatur, etwa Roman und Kurzgeschichte, ebenfalls stattfindet, ist im Theater besonders intensiv, weil es als eine "synthetische" Kunst aus vielen neuen Teilelemen¬

ten besteht tmd überdies auf eine unmittelbare Rezeption orientiert und angewiesen ist.

Die entscheidende Frage, die kulturhistorische, ja zivilisatorische Probleme ein¬

schließt, lautet: Kannten die Araber von alters her das Theater?

Aus arabistischer Sicht wurde sie meist vemeint, wenn auch in den letzten beiden Jahrzehnten frühe Darstellungsformen als relevante "Theatralität" untersucht wurden.

Der Gegenstand lunfaßt dann nicht nur die "mittelalterliche arabische Welt"', sondem

' Verzeichnisse arabischer Stücke z.B.: Y. A. DAOIR: Mu'gam al-masrahiyät al-'arablya wa-l- mu'arraba. 1848-1975. Damaskus 1978; N. WANNtJs: al-Marägi' al-masrahiya al-'arabiya wa-l- mu'arraba. Hims 1992; H. IBN Y. AL- ^awäGa: Mu'gam al-masrahiyät as-süriya al-mu'allafa wa-l- mu'arraba. 1865-1989. Damaskus 1991.

^ 'A. Sa'rä wl: al-Masrah al-misri al-mu'äsir. Kairo 1986, S. 7.

' M. al-MadyOnI: Iskätiyät ta'sil al-masrah al-'arabi. Tunis 1993.

" §. AL-BaQä'I: Adab 'asr an-nahda. Beimt 1990, S. 253.

' Sh. Moreh: Live Theatre and Dramatic Literature in the Medieval Arab World. Edinburgh 1992.

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