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VG Frankfurt a. M. Urteil vom

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1 K 4071/08.F

VG Frankfurt a. M.

Urteil vom 16.2.2009

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kostenschuld abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist kirgisische Staatsangehörige. Sie reiste am 01.05.2007 mit einem bis zum 29.07.2007 befristeten Schengen-Visum der Kategorie „C“ in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 20.07.2007 schloss sie in Dänemark die Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen A.

Am 26.07.2007 beantragte sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Famili- enzusammenführung.

Mit Verfügung vom 31.10.2008 lehnte der Beklagte den Antrag auf Verlängerung des Aufent- haltstitels vom 26.07.2007 ab, stellte fest, dass die Klägerin verpflichtet ist, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einem Monat nach Zustellung der Verfügung zu verlassen und droh- te ihr im Falle der Nichtbefolgung der Ausreiseverpflichtung die Abschiebung nach Kirgisien an.

Zur Begründung ist ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufent- haltserlaubnis. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie über einfache Deutschkenntnis- se verfüge. Die gesetzliche Voraussetzung, sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständi- gen zu können, entspreche der Definition des Sprachniveaus der Stufe „A 1“ der kompetenten Sprachanwendung des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens des Europarates. In Visa- Verfahren verlangten die deutschen Auslandsvertretungen ein „A 1“ – Zertifikat der Goethe-Insti- tute. Sofern ein Ausländer sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und im Bundesgebiet einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stelle, habe sich als gängige Verwaltungspraxis im Main-Taunus-Kreis herausgestellt, einen Einstufungstest durch die Volkshochschule Main-

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Taunus-Kreis zu verlangen. Der Einstufungstest an der Volkshochschule Main-Taunus-Kreis ori- entiere sich an dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen. Obwohl der Beklagte der Klä- gerin ausreichend Zeit eingeräumt habe, habe die Klägerin die erforderlichen Sprachkenntnisse nicht nachgewiesen. Das persönliche Interesse der Klägerin an einem weiteren Verbleib im Bun- desgebiet müsse daher hinter dem Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der Ausführung der gesetzlichen Vorschriften zurückstehen. Die Trennung von ihrem deutschen Ehemann ver- stoße auch nicht gegen Art. 6 GG, da sie nur vorübergehender Natur sei. Sobald die Klägerin die Sprachkenntnisse erworben habe, stehe es ihr frei, erneut ein Visum zur Einreise zwecks Ehe- gattennachzugs zu stellen. Im Übrigen könne sie der Ehemann während ihres Aufenthaltes im Heimatland besuchen, um die eheliche Lebensgemeinschaft aufrecht zu erhalten.

Am 03.12.2008 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und wies darauf hin, dass die Erteilungsvoraussetzungen zwischenzeitlich erfüllt sein dürften.

Insoweit überreichte sie eine Teilnahmebescheinigung der Volkshochschule Main-Taunus-Kreis vom 12.11.2008 wonach die Klägerin an einem Sprachtest A 1 teilgenommen habe. Sowohl Hör- verstehen als auch Leseverstehen lägen auf dem Niveau von A 1, Schreibkenntnisse und Sprech- fertigkeiten lägen jedoch darunter.

Mit Schreiben vom 03.12.2008 hat die Klägerin Klage erhoben mit der sie ihr Begehren nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis weiter verfolgt.

Sie trägt vor, sie habe einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie sei Ehefrau eines deutschen Staatsangehörigen und habe daher grundsätzlich zur Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft, welche unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes stehe, einen An- spruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Soweit die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis davon abhängig gemacht werde, dass der Ausländer den Nachweis zu erbringen habe, dass er sich zumindest auf einfache Weise in deutscher Sprache verständigen könne, sei die gesetzliche Rege- lung wegen des grundgesetzlich garantierten Schutzes von Ehe und Familie verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Die Interessen der Bundesrepublik Deutschland würden auch nicht dadurch wesentlich beeinträchtigt, dass der mit einem deutschen Staatsbürger verheiratete Ausländer sich nicht bzw. noch nicht in der Landessprache verständigen könne. Der Schutz von Ehe und Familie sei in diesem Zusammenhang auf jeden Fall als höherrangig einzustufen. Im konkreten Fall wür- de die Umsetzung der angefochtenen Entscheidung de facto eine auf Dauer angelegte Trennung der Eheleute bedeuten. Weder die Klägerin noch ihr Ehemann verfügten über die finanziellen Mittel, um die erheblichen Reisekosten für die Strecke Deutschland – Kirgisien aufzubringen.

Schließlich sei darauf zu verweisen, dass sich die Klägerin bemüht habe, ausreichende Deutsch- kenntnisse zu erlangen. Sie habe in der Zeit vom 11.02.2008 bis 19.06.2008 an einem Kurs der Volkshochschule Main-Taunus-Kreis mit insgesamt 60 Unterrichtsstunden teilgenommen. Der Sprachtest an dem sie teilgenommen habe bescheinige ihr, dass das Hörverstehen und auch das Leseverstehen auf dem Niveau A 1 liege.

Rein vorsorglich habe die Klägerin bei dem Beklagten erneuten einen Antrag auf Erteilung ei- ner Aufenthaltserlaubnis gestellt dem nunmehr stattzugeben sei. Aufgrund des erneuten Antrages

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gelte zumindest die von der Beklagten angedrohte Abschiebung als ausgesetzt (§ 81 Abs. 3 Auf- enthG).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Verfügung vom 30.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Auf- enthaltserlaubnis zu verlängern.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzulehnen.

Er nimmt Bezug auf den Inhalt der ergangenen Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der vorgelegten Behördenvorgänge (1 Hefter) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet Der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG steht der Klägerin derzeit nicht zu. Nach

§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 S. 5 i. V. m. § 30 Abs. 1 S. 2 AufenthG setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den ausländischen Ehegatten eines Deutschen voraus, dass sich der Ehegatte zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. Die gesetzlichen Voraussetzungen, sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können, entspricht nach der Dienstanweisung des AA „Ehegattennachzug“ vom 28.08.2007 sowie den Hinweisen zum Aufenthaltsgesetz des BMI vom 02.10.2007 Rdnr. 210 der Definition des Sprachniveaus der Stufe „A 1“ der kompetenten Rechtsanwendung des gemeinsamen europäischen Rechtsrahmens für Sprachen des Europarates (GER) und verlangt das Verstehen und Verwenden vertrauter, alltäg- licher Ausdrücke und ganz einfacher Sätze die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen (vgl. insoweit Marx-GK Aufenthaltsgesetz § 30 Rdnr. 136 m. w. N.). Im Hinblick hierauf hat die Beklagte für das sich aus § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG ergebende Erfordernis der Fähigkeit zur Verständigung in der deutschen Sprache auf einfache Art, zu Recht darauf abgestellt, dass die Klä- gerin ein Zertifikat über das Bestehen eines Sprachtestes A 1 vorlegt. Ein solches Zertifikat hat die Klägerin unstreitig nicht vorgelegt. In der Bescheinigung vom 12.11.2008 der Volkshochschu- le Main-Taunus-Kreis wird vielmehr lediglich bestätigt, dass die Klägerin an einem Sprachtest A 1 teilgenommen hat, ihre Schreibkenntnisse und Sprechfertigkeit jedoch unter dem Niveau A 1 liegen.

Gegen die Regelung des § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG bestehen entgegen der Ansicht der Klä- gerin auch im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1, 2 GG bzw. Art. 8 EMRK kei- ne durchgreifenden Bedenken. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK gewähren dem Ausländer nicht das

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Recht, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort aufzuhalten und untersagen auch eine Aufenthaltsbeendigung nicht schlechthin. Sie gewährleisten lediglich, dass ausländerrechtliche Maßnahmen, die in eine Ehe eingreifen, an der Wert entscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 GG bzw. des Art. 8 EMRK gemessen werden müssen.

Zwar greift die Regelung in den Schutzbereich dieser Bestimmungen ein, denn sie kann die Auf- nahme bzw. die Weiterführung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Staatsan- gehörigen im Bundesgebiet jedenfalls vorübergehend für die ungewisse Dauer des ausreichen- den Spracherwerbs verhindern. Ein solcher Eingriff ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn er zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist und er in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit durch die Regelung erwachsenden Vorteilen steht. Bei aufenthaltsrechtli- chen Regelungen für ausländische Staatsangehörige hat der Gesetzgeber einen weiten Ermessens- spielraum im Hinblick auf die Festlegung und die Gewichtung widerstreitender öffentlicher und privater Belange. Durch das Erfordernis des Sprachnachweises sollen die Ausländer dazu ange- regt werden, sich bereits vor der Einreise einfach deutsche Kenntnisse anzueignen und dadurch ihre Integration im Bundesgebiet zu erleichtern. Eine solche Integration liegt ohne Zweifel im öffentlichen Interesse und es begegnet auch keinem Zweifel, dass das frühzeitige Erlernen der Grundzüge der deutschen Sprache die schnellere Integration des Ausländers fördert.

Diesem Normverständnis liegt die – auch vom Gesetzgeber unterstellte Prämisse zugrunde, dass die geforderten Sprachkenntnisse in der Regel seitens des zuzugswilligen Ausländers in relativ kurzer Zeit erlernt werden können. Damit ist unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auch im Lichte des Art. 6 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK sichergestellt, dass die aus der Regelung des

§ 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG resultierende Hinderung der Aufnahme der ehelichen Lebensge- meinschaft bzw. die Trennung der Eheleute nur von relativ kurzer Dauer sein wird (vgl. hierzu auch VG Koblenz, Beschluss v. 22.08.2008 – Az.: 3 L 849/08.KO – juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen, die im Einzelfall ein Absehen von dem Spracherfordernis erlauben, kann vorliegend nicht beanstandet werden, wenn der Beklagte von dem gesetzlich ge- forderten Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse im vorgenannten Sinne nicht verzich- tet hat. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der Klägerin, die sich seit dem 01.05.2007 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, von der Beklagten ausreichend Zeit eingeräumt wurde, die erforderlichen Sprachkenntnisse zu erwerben und sie darüber hinaus immer wieder auf die Not- wendigkeit des Spracherwerbs hingewiesen wurde. Darüber hinaus hat die Klägerin auch keiner- lei Gründe dargelegt, aus denen auf eine Unzumutbarkeit des Spracherwerbs geschlossen werden könnte. Insbesondere hat die Klägerin keinen der in § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 AufenthG genannten Gründe glaubhaft gemacht. Des Weiteren hat sie nicht glaubhaft gemacht, dass ihr der Erwerb der deutschen Sprache in ihrem Heimatland unmöglich ist. Auch finanzielle Gesichtspunkte, die eine Rückkehr der Klägerin nach Deutschland nach erfolgtem Spracherwerb unmöglich machen könnten, sind nicht glaubhaft gemacht. Dass die Klägerin insoweit über keinerlei Mittel verfügt ist nicht dargetan. Dagegen spricht schon, dass die Klägerin über ausreichende Mittel verfügte, um sich bereits früher besuchsweise in Deutschland aufzuhalten und auch ihre erneute Einreise im Jahre 2007 nicht an finanziellen Mitteln scheiterte.

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Ist demnach der Klägerin die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzung für den Familiennach- zug – der Nachweis, einfacher deutscher Sprachkenntnis – möglich und zumutbar, ist dem öf- fentlichen Interesse an der Einhaltung der rechtlichen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes der Vorrang einzuräumen vor den privaten Interessen der Klägerin, die eheliche Lebensgemeinschaft ohne vorübergehende Unterbrechung fortsetzen zu können.

Die Abschiebungsandrohung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 59, 58 Abs. 2 S. 2 AufenthG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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