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Lizzie Doron, Warum bist du nicht vor dem Krieg gekommen? Frankfurt am Main 2004.

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Academic year: 2022

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Birgit Pichler, Rezension der Novelle:

Lizzie Doron, Warum bist du nicht vor dem Krieg gekommen? Frankfurt am Main 2004.

(Hebräische Originalausgabe „Lama lo bat lifne ha-milchama”, Tel Aviv 1998)

In 23 kurzen Episoden erzählt Lizzie Doron in ihrem ersten Buch von ihrer Mutter Helena, die als Shoa-Überlebende und Alleinerzieherin versucht, in Tel Aviv ein neues Leben für sich und ihre Tochter Elisabeth aufzubauen. Die Kurzgeschichten, die aus der Perspektive der Tochter erzählt werden, erstrecken sich auf den Zeitraum von 1960 bis 1990. Das Buch ist mittlerweile sogenannte Pflichtlektüre an israelischen Schulen.1

Eines der zentralen Themen ist die Kluft zwischen den in Israel lebenden Zionist_innen und den Menschen, die nach der Shoa dorthin gekommen sind. Davon handelt die erste Episode, die dem Buch auch seinen Namen gibt. Im Mai 1960 fährt Helena mit Elisabeth nach Kiriat Chajim, in der Hoffnung dort noch Familienmitglieder zu finden. Als der mögliche Verwandte, ein Kibbuznik, Helena fragt, warum sie denn nicht vor dem Krieg gekommen sei, gibt sie die Suche nach weiteren Familienmitgliedern auf.

Die nachfolgenden Episoden erzählen von Helenas Alltag und ihren scheinbaren „Marotten“, die, amüsant und bedrückend zugleich, die Leser_innen erahnen lassen, wie das Erlebte fortwirkt, wie einsam Helena ist und welche Formen des Umgangs sie damit und mit ihrer überwiegend zur Shoa schweigenden Umgebung findet. Die einzelnen Geschichten sind beeindruckende Verknüpfungen von persönlichen Erlebnissen mit größeren politischen Zusammenhängen und Ereignissen in Israel, wie zum Beispiel dem Eichmannprozess oder dem Sechstagekrieg. Die Befindlichkeiten und Emotionen der Tochter werden dabei nicht explizit thematisiert. Dennoch ist deren persönlicher Entwicklungs- und Annäherungsprozess an die verschwiegene Geschichte der Mutter im Laufe der Jahre stets präsent.

Ich empfehle Lizzie Dorons Buch jedenfalls. Für mich ist es ein sehr kurzweiliges Portrait einer beeindruckenden Frau, über weite Strecken amüsant und ironisch, wenngleich die bedrückende Schwere des Schweigens, der Einsamkeit und der Traumata für mich persönlich überwiegen.

1 vgl. Naomi Bubis, Die verbotene Liebe zu Deutschland. Eine Begegnung mit der israelischen Schriftstellerin Lizzie Doron. In Neue Zürcher Zeitung 2008. Online unter http://www.nzz.ch/die-verbotene-liebe-zu-deutschland-1.671799 [letzter Zugriff 27.05.2016]

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