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7. Die Neugestaltung der Schulbücher für den Biologieunterricht im Dritten Reich

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7. Die Neugestaltung der Schulbücher für den Biologieunterricht im Dritten Reich

Mit dem Erscheinen der neuen Lehrpläne ab 1938 erfolgte auch die Neugestaltung der Schulbücher. Da aber schon ab 1933 die Rassen- und Vererbungslehre als Pflicht- bestandteil des Biologieunterrichts vorgeschrieben war, wurden bereits 1934 Ergän- zungshefte für Vererbungslehre und Rassenkunde herausgebracht. Diese sollten neben den bereits bestehenden und jetzt neu aufgelegten Werken von Jakob Graf (Vererbungs- lehre, Rassenkunde und Erbgesundheitspflege) und Hans F.K. Günther (Rassenkunde des deutschen Volkes) dazu dienen, die Schüler mit den „Grundlagen dieser wichtigen Gebiete“

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vertraut zu machen.

In diesem Kapitel soll versucht werden, exemplarisch in chronologischer Reihenfolge die mehr oder weniger weltanschaulich geprägten Lehrwerke jener Zeit vorzustellen. Es sei noch erwähnt, dass die Umsetzung der durch die neuen Lehrpläne vorgegebenen Inhalte nicht an allen Schulformen gleich stark erfolgt ist. Während die mittleren und höheren Schulen ab 1938 für sämtliche Fächer neu konzipierte Schulbücher und Lehr- mittel erhielten, wurde an den Volksschulen lediglich ein überarbeitetes Lesebuch reichseinheitlich eingeführt.

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7.1 Rassenkundliche Fachliteratur für den Schulunterricht

7.1.1 Hans F.K. Günther: Kleine Rassenkunde des deutschen Volkes

In diesem Buch bemüht sich der bekannte Rassenforscher Hans F.K. Günther, eine gekürzte Darstellung der Rassenverhältnisse des deutschen Sprachraumes herauszu- bringen, um der Allgemeinheit dieses Gebiet zugänglich zu machen.

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Bereits 1928

1 Erich Thieme, Vererbung, Rasse, Volk, Hannover 1934, S. 1

2 Vgl. Kurt-Ingo Flessau, Schule der Diktatur, Frankfurt a.M. 1979, S. 29

3 Vgl. Hans F.K. Günther, Kleine Rassenkunde des deutschen Volkes, München 1933, S. 5 f.

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erschien die erste Auflage, die auch in der dritten Fassung vom März 1933 fast unverändert blieb. Günther wählt in seinem Buch den folgenden inhaltlichen Aufbau:

1. Der Begriff Rasse. Die Rassen Europas

2. Die leiblichen Merkmale der europäischen Rassen

3. Einschläge außereuropäischer Rassen innerhalb der Bevölkerungen deutscher Sprache 4. Die seelischen Eigenschaften der europäischen Rassen

5. Einiges über Vererbungserscheinungen

6. Die Verteilung der Rassen über das Gebiet deutscher Sprache 7. Die Rassen Europas in Vorgeschichte und Geschichte 8. Rassengeschichte des deutschen Volkes

9. Der Nordische Gedanke4

Zunächst definiert Günther den Begriff „Rasse“, wobei er ausschließlich menschliche Merkmale zugrundelegt:

„Eine Rasse stellt sich dar in einer Menschengruppe, welche sich durch die ihr eignende Vereinigung leiblicher Merkmale und seelischer Eigenschaften von jeder anderen (in solcher Weise zusammenge- faßten) Menschengruppe unterscheidet und immer wieder nur ihresgleichen zeugt.

Eine Rasse ist also eine in sich erbgleiche Menschengruppe.

- Wer sich in solcher Weise das Wesen der Rasse vergegenwärtigt hat, der muß gleich einsehen, daß es kaum möglich sein wird, eine Rasse irgendwo auf der Erde als geschlossene Menschengruppe aufzufinden. Die zu einem Volke durch gleiche Sprache, durch gleiche Sitten oder gleichen Glauben verbundenen Menschengruppen der Erde stellen mit kaum einer Ausnahme Rassen- gemische dar, nicht Rassen.“5

Neben einer allgemeinen Beschreibung der rassenkundlichen Messverfahren geht Günther näher auf die körperlichen Merkmale der europäischen Hauptrassen ein, die hier nur kurz mit einigen wesentlichen Kennzeichen genannt werden sollen. Es fällt auf, dass die nordische Rasse an exponierter erster Stelle behandelt wird.

- nordische Rasse: hochgewachsen, langköpfig, schmalgesichtig, mit hellen Haut-, Haar- und Augenfarben

- westische Rasse: kleingewachsen, langköpfig, schmalgesichtig, mit dunklen Haut-, Haar- und Augenfarben

4 Günther (wie Anm. 3), S. 8

5 Günther (wie Anm. 3), S. 11

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- dinarische Rasse: hochgewachsen, kurzköpfig, schmalgesichtig, mit dunklen Haut-, Haar- und Augenfarben

- ostische Rasse: kurzgewachsen, kurzköpfig, breitgesichtig, mit dunklen Haut-, Haar- und Augen- farben

- ostbaltische Rasse: kurzgewachsen, kurzköpfig, breitgesichtig, mit hellen Haut-, Haar- und Augenfarben

- fälische Rasse: sehr hochgewachsen, mittel- bis langköpfig, breitgesichtig mit hellen Haut-, Haar- und Augenfarben

- sudetische Rasse: niedriggewachsen, mittel- bis kurzköpfig, mittelbreites Gesicht, dunkle Haut-, Haar- und Augenfarben6

Zahlreiche Fotos veranschaulichen die Beschreibung der Rassenmerkmale. In einem Exkurs über „Einschläge außereuropäischer Rassen innerhalb der Bevölkerungen deutscher Sprache“ wird nach einer Analyse der innerasiatischen und vorderasiatischen Rassenmerkmale der Bogen zur jüdischen Bevölkerung geschlagen:

„Die Juden sind nicht etwa eine Glaubensgemeinschaft, denn es gibt Juden der verschiedensten Glaubensbekenntnisse [...]; die Juden sind ein Volk und, wie jedes Volk, ein Gemisch verschiedener Rassen. [...] Man unterscheidet innerhalb des jüdischen Volkes zwei Gruppen: 1. Die Südjuden (Sephardim), etwa ein Zehntel des Gesamtvolkes ausmachend [...]; 2. die Ostjuden (Aschkenasim), neun Zehntel des etwa 15 Millionen starken Gesamtvolkes ausmachend und den Hauptteil des Judentums in Rußland, Polen, Galizien, Ungarn, Österreich und Deutschland wie in Nordamerika, einen Teil des Juden- tums in Westeuropa bildend.[...] Im jüdischen Gesamtvolke hat sich seelisch am ehesten die erbliche Veranlagung der vorderasiatischen Rasse durchgesetzt, jeweils mehr oder weniger abgewandelt durch die anderen Einschläge, welche das jüdische Volk kennzeichnen. Diese seelische Artung, entsprechend ihrer rassischen Eigenart von den Artungen der europäischen Völker, zumal der nordwesteuropäischen, abweichend, bedingt die heute als so brennend empfundene sog. Judenfrage. [...] Es ist falsch, die sog.

Judenfrage als einen mosaisch-christlichen Gegensatz aufzufassen. Ebenso falsch ist es, die sog. Juden- frage als eine wirtschaftliche Frage begreifen zu wollen [...] Es ist der durch wirtschaftliche Übermacht erreichte seelische Einfluß eines Volkes außereuropäischer Rassenherkunft, der eigentlich eine Juden- frage geschaffen hat. Die Judenfrage ist eine völker- und rassenkundliche Frage.“7

Es ist zu bedenken, dass trotz der vordergründig neutralen Beschreibung von Rasse- merkmalen und deren Auswirkungen hier bereits der Boden bereitet wird für die antisemitische Rassenideologie der Nationalsozialisten. Die Betonung der außereuro-

6 Günther (wie Anm. 3), S. 18-20

7 Günther (wie Anm. 3), S. 55-57

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päischen Rassenherkunft und die Verengung auf völker- und rassenkundliche Frage- stellungen im Umgang mit den Juden zielt letztlich auf die Unvereinbarkeit von jüdischem und deutschem Volk. Die deutschen Juden fühlten sich dem deutschen Volk zugehörig. Der Gegensatz jüdisch – deutsch ist daher schon antisemitisch.

Es folgt ein Kapitel mit Ausführungen über die seelischen Eigenschaften der euro- päischen Rassen. Dabei fällt auf, dass den Menschengruppen zwingend eine Schablone aufgelegt wird, die jeder Einzelperson aus dieser Gruppe dieselben geistigen bzw.

charakterlichen Züge zuordnet und jede Individualität leugnet:

„Unbewußt betrachtet jedermann seine Mitmenschen als rassenseelisch verschieden veranlagt. Von einem schlanken, schmalgesichtigen Menschen erwartet man im allgemeinen ein anderes Auftreten, Handeln und Empfinden als von einem untersetzten, breitgesichtigen; von einem flachnäsigen Menschen ein anderes als von einem Menschen mit schmaler, hoher Nase; von einem Menschen mit flach nach vorn liegenden Augen und unbetontem Kinn ein anderes als von einem Menschen mit zurückliegenden, tiefer eingebetteten Augen mit betontem Kinn; von einem schwarzhaarigen Menschen ein anderes als von einem blonden, ja von einem kurzfingrigen ein anderes als von einem schmalfingrigen, usw.“8

Als Beispiel sollen hier einige Wesensmerkmale der nordischen Rasse aufgeführt werden:

„Will ein Zeichner, Maler oder Bildhauer den kühnen, zielbewußten, entschlossenen oder den edlen, vornehmen oder heldischen Menschen, Mann oder Weib, darstellen, so wird er zumeist ein Menschenbild schaffen, das dem Bilde der nordischen Rasse mehr oder weniger nahekommt. Auch einem Menschen, der als bezeichnender Vertreter der oberen Stände angesehen werden soll, werden z.B. die Zeichner der Witzblätter viel eher Züge der nordischen Rasse verleihen als Züge der nicht-nordischen Rassen Europas.

Tatsächlich möchte man vordenkliche Willenskraft, bestimmtes Urteilsvermögen bei kühl abwägendem Wirklichkeitssinn, Drang zur Wahrhaftigkeit von Mensch zu Menschen, eine Neigung zu ritterlicher Gerechtigkeit als die bei nordischen Menschen immer wieder auffallenden seelischen Züge bezeichnen.

Solche Züge können sich bei einzelnen innerhalb der nordischen Rasse steigern bis zu ausgesprochen heldischer Gesinnung, bis zu weitblickendem Führertum im Staate oder Schöpfertum in Technik, Wissen- schaft und Kunst. Die verhältnismäßig große Anzahl vorwiegend nordischer und nordischer Menschen unter den bedeutenden und überragenden Männern und Frauen aller abendländischen Völker ist aufge- fallen, ebenso wie die verhältnismäßig sehr geringe Anzahl bedeutender Männer und Frauen ohne merk- lichen nordischen Einschlag.[...] Ein (gegenüber anderen kaum betontes) Selbstvertrauen, ein Sinn für Wettbewerb und eine kühne, ja überschwengliche, doch selten nach außen enthüllte Einbildungskraft, die jedoch von der Wirklichkeit aus über einen weiten Gedankenflug wieder zur Wirklichkeit zurückstrebt,

8 Günther (wie Anm. 3), S. 58

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bewirken bei den begabteren Menschen nordischer Rasse das obenbezeichnete Führer- und Schöpfertum.“9

Überdeutlich wird das Bemühen, mit dem Anspruch der Wissenschaftlichkeit die Vorreiterrolle der nordischen Rasse herauszustellen und sie im Sinne national- sozialistischer Ideologie als Herrenrasse zu legitimieren.

Die Kapitel 5 bis 8 sind der Erklärung vererbungsbedingter Phänomene sowie der ausführlichen Erläuterung rassengeschichtlicher Hintergründe gewidmet. Günther beschreibt zeitweise langatmig das Vorkommen der verschiedenen Rassen in Europa und verwendet zur Veranschaulichung Landkarten, die nach unterschiedlichen Gesichtspunkten Verteilungsmuster aufzeigen. Die Gestaltung der Karten richtet sich nach Kriterien wie Hautfarbe, Augenfarbe, Körpergröße, Kopfindex, Gesichtsindex bzw. Kombinationen der genannten Größen.

Das letzte Kapitel des Buches befasst sich mit dem Aufkommen des „Nordischen Gedankens“ im Sinne der Rassenhygiene. Für die sogenannte „Nordische Bewegung“, die sich für die „Mehrung der nordischen Erbanlagen“, die „Aufnordung des deutschen Volkes“ und die „erbliche Steigerung dieses Volkes“

10

einsetzte, waren sowohl eine erhöhte Kinderzahl als auch die Erbgesundheitspflege im eigentlichen Sinne, nämlich die Auslese gesunder Erbanlagen, wichtig. Günther setzt Begriffe wie „Aufartung“,

„Aufnordung“, „Verleiblichung des Edlen“ ein, um die seiner Ansicht nach einzig logische Schlussfolgerung aus seinem Überblick über die Rassen des deutschen Volkes zu ziehen, „daß es für ein Volk nichts Höheres gibt, als seine edelsten Werke in seinen Menschen leibhaft darzustellen.“

11

Obwohl dieses Buch von Günther längst vor 1933 geschrieben worden war, fand es weiterhin in den Schulen Verwendung, da Rassenkunde und Rassenhygiene in ihm scheinbar legitimiert sind. Im Vergleich zu anderen Autoren ist der Schreibstil Günthers eher sachlich und seine Wortwahl noch nicht polemisch-tendenziös oder menschen- verachtend.

9 Günther (wie Anm. 3), S. 59 f.

10 Günther (wie Anm. 3), S. 141

11 Günther (wie Anm. 3), S. 147

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7.1.2 Jakob Graf: Vererbungslehre, Rassenkunde und Erbgesundheitspflege

Anders als bei Günther steht bei Graf die Vererbungslehre im Vordergrund der Betrachtung. So heißt es im Vorwort zur ersten Auflage 1930:

„Möge das Buch an der hohen Aufgabe mithelfen, in weite Volkskreise die Überzeugung zu tragen, daß die Erhaltung und Mehrung des kostbaren Erbgutes die Lebensfrage unseres Volkes ist. Wenn aber diese Überzeugung zur rettungbringenden Tat werden soll, dann kann der Weg nur über die Herzen unserer Jugend führen, denn im Schoße der Jugend ruhen die zukünftigen Geschlechter des Volkes. Möge deshalb das vorliegende Buch auch in der Hand von Schülern und Studierenden beim Unterricht und zur Selbstbelehrung von Nutzen sein.“12

In der zweiten Auflage aus dem Jahre 1933 ist nun auch die Rassenkunde berück- sichtigt:

„Vollständig neu ist der Teil über Rassenkunde. Dabei wurde Wert darauf gelegt, organisches Denken zu betonen und dem Rassenbegriff seine geisteswissenschaftliche Wendung zu geben, um so für die Rassen- betrachtung in Geschichte und Deutsch die Brücke zu schlagen. Außerdem ist die materialistische Auffassung und Behandlung der Rassenlehre nicht von Nutzen. Die einzelnen Teilgebiete sind so abge- grenzt, daß sie das umfassen, was im nationalsozialistischen Staat als erb- und rassenkundliches Rüstzeug von jedem Erzieher und Gebildeten zu fordern ist. Die Fremdwörter der ersten Auflage, die das Ein- dringen in das neue Wissensgebiet erheblich erschweren, sind fast restlos verdeutscht worden.“13

Die hier zugrunde liegende vierte Auflage aus dem Jahre 1936 ist im Vergleich zur zweiten Auflage nicht mehr wesentlich verändert worden. Im ersten Teil, überschrieben mit dem Titel „Vererbungslehre“, geht Graf ausführlich auf die allgemeinen Gesetze der Vererbung ein. Er wählt folgenden Aufbau:

I. Zelle und Zellteilung II. Das Vererbungsgesetz

III. Die Veränderlichkeit oder Variabilität der Merkmale

IV. Allgemeine Schlußfolgerungen aus Mendelismus und Veränderlichkeitslehre (Variabilitätslehre)14

12 Jakob Graf, Vererbungslehre, Rassenkunde und Erbgesundheitspflege, 4. Auflage, München 1936, Vorwort zur 1. Auflage 1930

13 Graf (wie Anm. 12), Vorwort zur 2. Auflage 1933

14 Graf (wie Anm. 12), S. 7-9

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Dieser Teil des Buches ist frei von ideologischen Gedanken. Allerdings fällt dem Leser die Eindeutschung sämtlicher Fachbegriffe sofort ins Auge, eine Anpassung an die Forderungen der Nationalsozialisten. Der Terminus Mutation wird durch den deutschen Begriff Erbänderung ersetzt, anstelle des Wortes Modifikation wird von der „Neben- änderung“ gesprochen. Analog hierzu ließen sich noch zahlreiche weitere Beispiele anführen, die bisweilen etwas unbeholfen klingen, aber der Zielsetzung eines möglichst großen Leserkreises entgegenkommen sollen bzw. der Deutschtümelei der National- sozialisten entgegenkamen, der wir „starkdeutsche“ Wörter wie Fernsprecher, Fernseher usw. verdanken.

Der zweite Teil des Buches trägt die Überschrift „Menschliche Erblichkeitslehre, Rassenkunde und Erbgesundheitspflege“ und gliedert sich in folgende Kapitel:

I. Die Gültigkeit des Mendelschen Gesetzes für die Vererbung beim Menschen und die Unter- suchungsweisen der menschlichen Erblichkeitsforschung

II. Die Vererbungserscheinungen bei dem Menschen III. Rassenkunde

IV. Rassenseelenkunde

V. Volksentartung und Volksaufartung15

Sowohl die Themenwahl als auch konkrete Formulierungen lassen auf eine ideologische Prägung schließen. Im ersten Teil werden Begriffe wie Ahnentafel, Ahnenliste, Nach- fahrentafel, Sippschaftstafel und Erbkartei erklärt, die für das weitere Arbeiten im Be- reich der Familienkunde von Bedeutung sind. Daran anschließend wird die Möglichkeit der Vererbung kranker Anlagen behandelt. Zur Veranschaulichung dienen Kreuzungs- schemata, anhand derer die Mendelschen Regeln gezeigt werden sollen.

In Kapitel II wird die Vererbung kranker Eigenschaften thematisiert und umfassend beleuchtet. Auf ca. 30 Seiten werden abschreckende Beispiele für menschliche Erb- leiden genannt, erste Appelle bezüglich des Fortpflanzungsverhaltens der Schüler werden erhoben. Einige seien hier aufgelistet:

1. Körperliche Mißbildungen: Vielfingrigkeit, Fehlen von Fingern, Verwachsenfingrigkeit, Kurz- fingrigkeit, Spalthand und Spaltfuß, Anlage zu Klumpfuß, Angeborene Hüftverrenkung, Hasen- scharte und Wolfsrachen, Veranlagung zu Leistenbruch, Zwergwuchs.

15 Graf (wie Anm. 12), S. 10-12

(8)

2. Erblich bedingte Hautleiden: Albinismus, Sommersprossen, Glatzenbildung und Haararmut, Fischhaut, Neigung zur Nesselsucht, Schweißfüße und Schweißhände.

3. Krankheiten der Sinnesorgane: Angeborene Kurzsichtigkeit, Übersichtigkeit, Schielen, Astigma- tismus, Angeborener Star, Netzhautschwund, Nachtblindheit, Totale Farbenblindheit, Rot-Grünblindheit, Angeborene Taubstummheit, Schwerhörigkeit.

4. Innere Krankheiten: Gicht, Zuckerkrankheit, Fettsucht, Rachitis, Neigung zu erhöhtem Blutdruck, Bluterkrankheit, Neigung zu bösartigen Geschwülsten, Heuschnupfen, Asthenischer Habitus.

5. Nervenleiden und Geisteskrankheiten: Fortschreitender Muskelschwund, Friedreichsche Krankheit, Veitstanz, Stottern und Stammeln, Schwachsinn, Epilepsie, Manisch-depressives Irresein, Jugendirresein, Psychopathie, Hysterie.16

Die Vererbung geistiger Eigenschaften wird schwerpunktmäßig behandelt. Graf führt hier krasse Gegensätze zwischen begabt und minderwertig an. Auffallend ausführlich geht er auf die Vererbung negativer geistiger bzw. charakterlicher Eigenschaften ein und schließt damit den Abschnitt II ab. In diesem Zusammenhang untersucht er die Nachkommenschaft zahlreicher Stammväter, deren „allgemein minderwertige erbliche Grundlage“ größtenteils kranke bzw. charakterschwache Kinder hervorbrachte. Einige Beispiele sollen die auffallende Überzeichnung der tatsächlichen Verhältnisse belegen:

„Um in die verbrecherische Auswirkung gewisser seelischer Merkmale einen genauen Einblick zu bekommen, seien zunächst einige Familien angeführt, die nach diesem Gesichtspunkt hin genau erforscht sind.

Ein Beispiel dafür, wie geistige Minderwertigkeit, Geisteskrankheit und Neigung zu Verbrechen durch eine Reihe von Geschlechterfolgen hindurch vererbt werden, ist die Familie Juke.17 Die Stammutter dieses Verwandtschaftskreises war die amerikanische Landstreicherin Ada Juke. Sie starb im Jahre 1740, und ihre Nachkommenschaft wurde bis zur Gegenwart erforscht. Von den insgesamt 2820 Nachkommen war der größte Teil geistig minderwertig. 709 Abkömmlinge, über die genaue Angaben vorhanden sind, zeigten folgende Zusammensetzung:

64 waren geisteskrank, 174 führten einen unsittlichen Lebenswandel, 142 fielen der Armenpflege zur Last, 196 waren unehelich geboren und 77 waren Verbrecher, hiervon wieder 12 Mörder.

Ein ähnlicher Fall wird von dem schwedischen Forscher Lundborg berichtet, der ein 2232 köpfiges Bauerngeschlecht in Schweden auf erbliche Belastung untersuchte. Der erforschte Verwandtschaftskreis erstreckt sich durch sieben Geschlechterfolgen hindurch und umfaßt 377 Familien, und zwar insgesamt

16 Graf (wie Anm. 12), S. 171-178

17 Das Beispiel der „Jukes“ ist ein Topos der eugenischen Literatur und wird immer wieder angeführt.

(Vgl. Richard Dugdale, The Jukes: A Study in Crime, Pauperism and Heredity, New York 1874)

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1909 Abkömmlinge. Trunksucht, Unsittlichkeit, Geisteskrankheit, geistige Minderwertigkeit und Selbst- mord treten hier in erschreckend hohem Hundertsatz auf, obwohl die beiden Stammeltern tüchtige und angesehene Leute waren. Aber unter deren Vorfahren kam erbliche Belastung schon vereinzelt vor, und unter ihren sechs Kindern befanden sich zwei Alkoholiker. Von da an nahmen Laster und Verbrechen in ungeheurem Maße zu, obwohl die Umweltbedingungen (Landleben) nur im günstigen Sinne wirken konnten. Das Offenbarwerden erblicher Minderwertigkeit wurde durch häufige Verwandtschaftsheirat begünstigt.“18

Zum „Beweis“ für die erbschädigende Wirkung von Alkoholmissbrauch, Geschlechts- krankheiten und anderen „Erbübeln“ werden Ahnentafeln von Hilfsschülern abgedruckt (Beispiele aus der Praxis des Stadtschularztes Dr. H. Paull, Karlsruhe), die in betont einfachem und anekdotenhaftem Sprachstil erläutert werden, um so besonders die jugendlichen Leser anzusprechen. Betroffenheit und deutliche Distanz sollten erzielt werden:

„Faule Früchte. Geisteskrankheit, Alkoholismus und Epilepsie. ‚Ernst Medeis’ Mutter hätte sich unbedingt von der Fortpflanzung selbst ausschließen sollen. Ihr biologisches Erbgut ist von ihrem geisteskranken Vater, der zudem noch Alkoholiker ist, schwer belastet. Sie selbst leidet an Epilepsie und hat trotzdem vier unehelichen Kindern das Leben gegeben. Ihr Bruder ist Verbrecher. Ihr jetziger Lieb- haber, der Lust hat, ihr Mann zu werden, ist nur der Vater des letzten, jetzt zu begutachtenden Kindes Ernst und selbst unehelicher Sohn seiner längst verstorbenen Mutter. – Von den vier Kindern ist nur eines normal. Zwei sind ausgesprochen schwachsinnig und besuchen die Hilfsschule. Eines befindet sich zwar noch in der Normalschule, mußte aber daselbst schon zweimal repetieren. Mit wieviel Kindern wird Ernst Medeis’ Mutter ihre Vaterstadt noch beglücken’?“19

Im neuen Kapitel III des Buches (Rassenkunde) werden zunächst die Begriffe „Rasse“,

„Volk“ und „organisches Denken“ mit den üblichen nationalsozialistischen Inhalten gefüllt. Dann werden analog zu Günther Messverfahren, Verbreitung und körperliche Merkmale der europäischen und außereuropäischen Menschenrassen und ihre geschicht- lichen Hintergründe vorgestellt.

Das ebenfalls neue IV. Kapitel des Buches (Rassenseelenkunde) befasst sich mit den geistigen Rassemerkmalen. Hier wird der besondere Wert der nordischen Rasse hervor- gehoben, wobei sich Graf in seinen Beschreibungen in erster Linie auf Günthers Ergebnisse stützt. Auch über das „jüdische Volk“ und seine negativen Eigenschaften

18 Graf (wie Anm. 12), S. 191

19 Graf (wie Anm. 12), S. 201

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folgt ein ausführlicher Abschnitt. Graf beschreibt die Juden als ein Gemisch aus vorder- asiatischer und orientalischer Rasse und benennt ihre seelischen Eigenarten wie folgt:

„Der vorderasiatische Mensch ist der geborene Händler. Dazu befähigen ihn vor allem seine gute Menschenkenntnis, seine große Beredsamkeit und sein scharfer Verstand. Er besitzt ein stark entwickeltes Einfühlungsvermögen in das Seelenleben anderer Menschen. Diese Fähigkeit erleichtert es ihm, seine Mitmenschen zu beeinflussen, zu beherrschen und auszunützen. So ist auch zu verstehen, daß sich der Jude, dessen seelisches Wesen in der Hauptsache durch die vorderasiatische Rasse bestimmt ist, zu Berufen hingezogen fühlt, wo es darauf ankommt, Menschen in ihrem Denken und Fühlen auszuforschen und zu beeinflussen. Der Jude ist deshalb mit Vorliebe Rechtsanwalt, Journalist, Arzt, Volksredner, Schauspieler und vor allem Händler. Jüdische Redner und Schauspieler verdanken oft ihre Erfolge der besonders für die vorderasiatische Rasse kennzeichnenden Fähigkeit zu einer eigenartigen Steigerung der eigenen Gefühle und Empfindungen. Bezeichnend für die vorderasiatische Rasse und auch an jüdischen Händlern häufig zu beobachten, ist ferner die Neigung zu berechnender Grausamkeit, die sich in der Geschichte der (späteren, an nordischer Rasse verarmten) Perser wie in der armenischen und türkischen Geschichte, überhaupt der ganzen Geschichte Vorderasiens und so auch in vielen Zügen der Erzählungen in ‚Tausend und eine Nacht’ verrät.

Trotz seiner hohen Verstandesbegabung hat der vorderasiatische Mensch nicht die Fähigkeit, Staaten zu gründen und auszubauen. Als besonderen Wesenszug hebt Günther den Widerstreit zwischen „Fleisch“

und „Geist“ in der Seele des vorderasiatischen Menschen hervor. „Zügellose Lust am ‚Fleische’ ist innerhalb der vorderasiatischen Rasse ebenso möglich wie Abtötung des ‚Fleisches’.“ (Verquickung von Heiligtum und Bordell.)“20

Es folgt eine Problematisierung der „Rassenmischung“ und die Herausstellung der Nachteile einer solchen. Dabei wird die Tatsache, dass Rassenmischung auch im deutschen Volk zu finden sei, als normal für eine Volksgemeinschaft hingenommen, gleichzeitig aber die Reinerhaltung der Rasse betont und die Mischung mit fremden Rassen wie den Juden als schädlich und die Volksgemeinschaft gefährdend dargestellt:

„Ganz und gar verwerflich ist jede eheliche und geschlechtliche Verbindung eines Deutschen mit Menschen jüdischer, negerischer oder mongolider Abkunft. Wir lehnen diese blutliche Verbindung ab, obwohl wir wissen, daß das deutsche Volk ein Rassengemisch, aber keine Mischrasse ist, und daß wir Einzelnen selbst zum allergrößten Teil keine reinrassigen Menschen mehr darstellen. Fremde Rassen wie Juden, Neger und Mongolen stehen uns in ihrem seelischen Wesen so fern, daß sie die größte Gefahr für deutsches Seelenleben, für unsere Gesittung und für unser ganzes völkisches Dasein bilden. Vorder- asiatischer Krämergeist entseelte unser deutsches Recht, verdarb unsere guten Sitten und zerschnitt das seelische Band, das mitten durch unseren Volkskörper geht und ihn zu einer Schicksalsgemeinschaft

20 Graf (wie Anm. 12), S. 244 f.

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zusammenfassen soll, vorderasiatischer Geist zerstörte das Stilgesetz unserer Seele in Kunst und Erziehung, in Familie und Staat.“21

Die hier bezeichneten und von den üblichen Vorurteilen durchsetzten Grundsätze weisen voraus auf die Nürnberger Rassengesetze von 1935 und finden dort ihre Bestätigung und politische Umsetzung. Wie bei Günther ist auch bei Graf die dieses

Kapitel abschließende Einheit dem sogenannten „nordischen Gedanken“ gewidmet.

Hier wird die „Volksgemeinschaft“ als Blut- und Schicksalsgemeinschaft definiert und im Sinne des organischen Denkens jeder Individualismus als „Ich-Sucht“ abgelehnt.

Aus der „Tatsache der organischen Verbundenheit von Einzelmensch und Volk“

erwachse eine „vollständig neue Sittlichkeit“:

„Losgelöst von der Ganzheit des Volkes verliert die Einzelperson den Sinn ihres Daseins, denn das menschliche Einzelleben ist nach dem göttlichen Schöpferwillen an die überpersönliche Lebenseinheit seines Volkes gebunden. [...] Wer sich zum organischen Denken durchgerungen hat, stellt die Ganzheit

„Volk“ über sein Ich und über seine Familie.“22

Die „nordische Bewegung“ habe sich zur Aufgabe gemacht, „das nordische Blut als die Grundlage deutscher Wesensart [zu] erhalten und [zu] steigern“. Dabei solle der „gut veranlagte nordische Mensch das Ziel der Auslese sein“.

23

Aus dieser nationalsozialisti- schen Überzeugung heraus erscheint es logisch, dass sich das abschließende Kapitel V

„Volksentartung und Volksaufartung“ mit bevölkerungspolitischen und rassenhygie- nischen Fragen befasst. Der Aspekt der Auslese bzw. der Gegenauslese wird hervorgehoben. Die sinkende Kinderzahl, die vor allem unter den „Begabten“ zu verzeichnen sei, wird als weitere Ursache für die sogenannte Volksentartung bezeichnet.

Einerseits gehe es um die Förderung der positiven Erbanlagen, andererseits aber auch um die Verhinderung der Fortpflanzung der Minderwertigen. Im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen das minderwertige Erbgut“ wird das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ angeführt, wonach angeborener Schwachsinn, Jugendirresein (Schizophrenie), manisch-depressives Irresein, erbliche Fallsucht (Epilepsie), erblicher Veitstanz, erbliche Blindheit, erbliche Taubheit, schwere körperliche Gebrechen und

21 Graf (wie Anm. 12), S. 258 f.

22 Graf (wie Anm. 12), S. 260, 263

23 Graf (wie Anm. 12), vgl. S. 261 f.

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schwerer Alkoholismus zu zwangsweiser oder auch freiwilliger Unfruchtbarmachung berechtigten.

24

Das Foto zweier „schwer schwachsinniger Brüder mit Spalt-, Klauen- und Zangenbildung der Hände und der Füße“

25

soll die Notwendigkeit dieser Maßnah- men untermauern.

Abb. 7: „Schwer schwachsinnige Brüder mit Spalt-, Klauen- und Zangenbildung der Hände und der Füße“

Es folgt eine Auflistung der hohen Kosten, die für fürsorge- bzw. pflegebedürftige Reichsbürger aufgebracht werden müssen, um so die finanzielle Belastung der Volks- gemeinschaft durch die Kranken zu veranschaulichen (vgl. auch Abb. 8). Das Buch schließt mit einem Appell an das Verantwortungsgefühl der Jugend gegenüber den rassenhygienischen Maßnahmen der nationalsozialistischen Politik:

„Die Lehre von der Vererbung und Auslese hat uns gezeigt, welche Wege zum Aufstieg und welche zum Niedergang führen. Mögen diese Erkenntnisse in unserem Volke eine rasche und allgemeine Verbreitung finden und mögen die daraus gezogenen Lehren besonders in den Herzen der Jugend Wurzel schlagen,

24 Graf (wie Anm. 12), S. 305

25 Graf (wie Anm. 24)

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damit sie sich der hohen Aufgabe bewußt werde, die sie ihrem Erbgut gegenüber zu erfüllen hat. Neben dem Verantwortungsgefühl vor der eigenen Person muß das Gefühl der Verantwortung vor dem Volk und vor dem kommenden Geschlecht jeden einzelnen beherrschen, wenn die Gesittung (Kultur) nicht zum biologischen Unglück unseres Volkes werden soll.“26

Das Buch zur Vererbungslehre, Rassenkunde und Erbgesundheitspflege von Graf zeigt deutlich, wie sich die inhaltlichen Schwerpunkte der Bücher nach der Machtergreifung Hitlers verschoben und der nun herrschenden allgemein gültigen Ideologie angepasst wurden. Hier offenbart sich der totale Einfluss der Politik auf das an sich apolitische Schulfach der Biologie. Das Schulbuch wird zu einem Mittler politischer Lehren, welches unter dem Anspruch der Wissenschaftlichkeit mit unbewiesenen Behauptungen und Vorurteilen arbeitet, um Schüler zu manipulieren, indem es sie auf eine einzige Sichtweise im Sinne der NS-Ideologie festlegt.

Abb. 8: Ausgaben für Erbkranke – Soziale Auswirkung

26 Graf (wie Anm. 12), S. 325

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7.2 Ergänzungshefte

Zwischen 1933 und 1938 wurden zum Thema Rassenkunde Ergänzungshefte für den Biologieunterricht angefertigt, worin die Erlasslage ab 1933 berücksichtigt war. Im Folgenden sollen drei gängige Werke vorgestellt werden.

7.2.1 Otto Steche: Lehrbuch der Rassenkunde, Vererbungslehre und Rassen- pflege

Otto Steche gibt im Vorwort seines 1933 verfassten Werkes einen kurzen Überblick über die Anordnung der Inhalte. Diese erstrecken sich von der Rassenkunde (25 Seiten) über die Vererbungslehre (21 Seiten) bis hin zur Erbgesundheitspflege und Rassen- hygiene (28 Seiten). Dabei betont er ausdrücklich die Notwendigkeit der Aufnahme der Rassenhygiene in dieses Kurzlehrbuch:

„Es [das Buch] geht aus von den biologischen Grundproblemen einerseits der Art und Rasse, andererseits der Vererbung, überschreitet aber nach zwei Richtungen den Rahmen eines Lehrbuches der Biologie im engeren Sinne. Einmal, indem es einen kurzen Abriß der Kulturentwicklung der Menschheit gibt und ihren Zusammenhang mit den rassischen Grundlagen aufzeigt, zum anderen, indem es die Entwicklung der sozialen Bindungen des Menschen aus den biologischen darlegt, auf die daraus entstandenen Gegen- sätze und Entartungserscheinungen und die Mittel zu ihrer Bekämpfung hinweist. Diese Überschreitung ist notwendig und berechtigt, weil ohne eine biologische Betrachtung dieser Fragen Lebensgesetze und Verantwortung des Einzelnen wie des Staates nicht zu erfassen sind.“27

Im ersten und zweiten Teil, betitelt Rassenkunde und Vererbungslehre, orientiert sich Steche an den bereits bestehenden rassenkundlichen Werken, wobei er besonders im Kapitel Vererbung die Stoffauswahl so getroffen hat, dass sie in den Abschlussklassen der höheren Schulen Verwendung finden kann. Auf sehr engem Raum führt er beispielsweise in die „experimentelle Vererbungsforschung“ ein. Mit wenigen Sätzen beschreibt er die Begriffe Genkoppelung und Anlagenaustausch (Crossing over), Kryptomerie und Polymerie, sogar eine Chromosomenkarte von Drosophila ist abge- druckt. Dieser sehr stark komprimierten Einführung in die Rassenkunde und Verer- bungslehre steht der ausführliche Teil der Erbgesundheitspflege und Rassenhygiene gegenüber. Seinem Aufbau nach gleicht dieser ebenfalls den bereits beschriebenen

27 Otto Steche, Lehrbuch der Rassenkunde, Vererbungslehre und Rassenpflege, Leipzig 1933, Vorwort

(15)

Werken Grafs und Günthers. Grafiken und Tabellen sind teilweise übernommen. Die Gliederung sei hier wiedergegeben:

I. Natur und Kultur. Biologie und Soziologie

Der Mensch als geistiges und soziales Wesen. Soziale Technik. Entstehung einer künstlichen Umwelt. Arbeitsteilung im Verband. Verschiebung des natürlichen Gleichgewichts.

Bevölkerungsziffern. Sinken der Sterbeziffern. Ausschaltung der natürlichen Zuchtwahl. Soziale Zucht- wahl. Soziale Fürsorge als Gegenauslese.

II. Erbgesundheitspflege

Der Erbgang beim Menschen. Dominante und rezessive Krankheitsanlagen. Schwierigkeiten der Erb- forschung. Erbbedingte und umweltbedingte Eigenschaften. Die Zwillingsforschung. Statistik der Erbkrankheiten. Ausschaltung der erblich Minderwertigen. Sterilisation. Aufartungsmaßnahmen.

Absterben der sozialen Oberschicht. Allgemeiner Geburtenrückgang. Raum ohne Volk. Staatliche Auf- artungsmaßnahmen. Abbau der Großstädte. Siedlung. Erbbiologische Verpflichtungen des Einzelnen.

Geistige und körperliche Ausbildung. Keimgifte. Fortsetzung gesunder Erblinien. Familienkunde. Sippen- forschung. Stammbäume. Ahnenverlust. Eheschließung und Erbgut

III. Rassenpflege

Rassenmerkmale als erbliche Anlagen. Rassenkreuzungen. Soziale Auslese der nordischen Rassenzüge.

Mischung mit Fremdrassen. Einwanderungsgesetze. Die jüdischen Rassen.28

Die „Schädlichkeit“ der Rassenmischung wird am Ende des Ergänzungsheftes behan- delt und appelliert zum Schluss an die Verantwortung der jungen Menschen gegenüber der „Reinerhaltung ihres Blutes“. Der Schüler wird einmal mehr vor vermeintliche Tatsachen gestellt, wobei die Formulierungen zeigen, dass nicht wissenschaftlich objek- tivierbare Forschungsergebnisse, sondern Vorurteile, Spekulationen und unbewiesene Behauptungen die Grundlage rassenhygienischer Folgerungen sind, die hier gezogen werden:

„Mischung mit Fremdrassen. Von besonderer Bedeutung ist, daß dieser Bevölkerung eine Mischung mit fremden Rassen nach Möglichkeit ferngehalten wird. Eine Kreuzung zwischen Rassen mit stark abweichenden Anlagen wird naturgemäß schädliche Wirkungen in besonders hohem Maße erwarten lassen. Daß diese tatsächlich eintreten, ist überall dort festgestellt, wo Angehörige der weißen Rasse in fremden Erdteilen Gelegenheit zur Mischung mit anderen Rassen haben. In besonders großem Maße besteht die Gefahr in Amerika, wo ja eine große Menge Neger neben der weißen Bevölkerung leben. Es ist bekannt, daß dort eine Vermischung der Weißen mit den Negern trotz der theoretischen Gleichberech-

28 Steche (wie Anm. 27), S. VIII

(16)

tigung aller amerikanischen Bürger praktisch fast unmöglich ist. Die Gefahren solcher Rassenkreuzungen kennen wir beispielsweise auch aus Niederländisch-Indien, wo zwischen Holländern und den einge- borenen Javanen vielfach Kreuzungen vorgekommen sind und eine Mischrasse, die sog. Halfkasts, hervorgebracht haben, deren Eigenschaften im allgemeinen durchaus ungünstig beurteilt werden. [...]

Wichtig ist aber, daß wir in unserer Bevölkerung selbst schon seit langem fremdrassige Elemente haben, nämlich die Juden. Auch das jüdische Volk ist ein kompliziertes Rassengemisch [...] In früheren Zeiten war die jüdische Bevölkerung scharf von der nichtjüdischen abgesondert und eine Vermischung dadurch nur in sehr beschränktem Maße möglich. Es beruhte das nicht nur auf einer erzwungenen Abschließung, sondern auch auf dem bei den Juden selbst stark ausgebildeten Rassebewußtsein. In den letzten Generati- onen hat sich das wesentlich geändert, und es fanden in immer zunehmendem Maße Mischheiraten mit der jüdischen Bevölkerung statt. Wenn aus erbbiologischen Gründen gefordert werden muß, daß solche Mischung eingeschränkt wird, so handelt es sich dabei nicht um die absolute Bewertung dieser verschie- denen Rassen, sondern einfach darum, daß die jüdischen Rassen den europäischen fremd sind und die Mischungen dadurch schädlich wirken müssen. Daß solche Schädigungen eintreten, kann man vielfach an Kindern aus solchen Mischehen beobachten, die in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung oft Zeichen von Störungen durch die mangelhafte Harmonie der miteinander gekreuzten Anlagen zeigen. Da infolge der Kulturentwicklung der letzten Jahrzehnte, die ein Emporsteigen der Juden in die soziale Oberschicht begünstigte, dort eine starke Anreicherung jüdischen Blutes stattgefunden hat, so bedroht eine Kreuzung mit ihnen in besonders hohem Maße die Träger der hochwertigen Anlagen. Jeder, der sich der Verantwortung für sein Erbgut bewußt ist, sollte daher aus solchen erbbiologischen Gründen die Vermischung mit einer fremden Rasse vermeiden.“29

7.2.2 Erich Thieme: Vererbung, Rasse, Volk

Die 60-seitige Schrift Thiemes aus dem Jahr 1934 sollte als „Ergänzung zu den im Kraepelin-Schäfferschen Unterrichtswerk erschienenen Lehrbüchern“ „Grundzüge der Biologie I“ und „Leitfaden der Biologie I“ verstanden werden.

30

Das Ergänzungsheft war konzipiert als „Wegweiser für die Mittelstufe höherer Lehranstalten und für die Abschlußklassen der übrigen Schulen“ und sollte „in bescheidener Weise dazu beitragen, das volkhafte Denken seiner Leser zu stärken“.

31

Folgende Gliederung ist zugrunde gelegt:

29 Steche (wie Anm. 27), S. 74 ff.

30 Erich Thieme, Vererbung, Rasse, Volk, Hannover 1934, Rückseite des Titelblattes

31 Thieme (wie Anm. 30), Vorwort

(17)

1. Teil: Erblehre (S. 1-23) 2. Teil: Rassenkunde (S. 24-43) 3. Teil: Rassenpflege (S. 44-55) 4. Teil: Familienkunde (S. 56-59)

Von Beginn an bedient sich Thieme einer einfachen Sprache und bezieht sich wieder- holt auf die „biologischen Inhalte“ der nationalsozialistischen Ideologie. Im Kapitel Erblehre werden an jeder erdenklichen Stelle Beispiele von Stammbäumen der besonders Begabten (wie der Familie Johann Sebastian Bachs) solchen der erblich Belasteten gegenübergestellt. Diese Kontrastierung dient der gewünschten Distanzie- rung der Schüler von allem Kranken und Minderwertigen:

„Wie schrecklich sind doch die ganzen nachfolgenden Generationen des Stammvaters 1 belastet. Kann es ein Mensch mit Wissen um diese Dinge und mit Verantwortungsgefühl vor seinem Gewissen recht- fertigen, Stammvater und Ursache solcher belasteten Familien zu werden? Werden spätere Generationen dankbar auf diesen ihren Ahnen zurückblicken? Das ist nur ein leichtes Leiden, denken wir uns einmal dafür ein schweres eingesetzt, das auch überdeckend ist, etwa eine Geisteskrankheit. Wer möchte wohl Mitglied einer solchen Familie sein?“32

Mit dem Appell an das gesellschaftlich verantwortliche Gewissen der Schüler wird hier versucht, eine ideologisch verzerrte ethische Grundhaltung aufzubauen. Diese Manipu- lation in der Meinungsbildung setzt sich in den weiteren Kapiteln fort.

Bei der Beschreibung der Rassen des deutschen Volkes bezieht sich Thieme auf die in Günthers Werk festgelegten körperlichen und seelischen Merkmale. Zur Veranschauli- chung dienen Fotos der „typischen“ Vertreter dieser Rassen. Anschließend geht Thieme auf die Themen Fremdrassigkeit, Judenfrage und Rassenmischung ein, um danach die sogenannte „nordische Frage“ zu erörtern. Geistige Qualitäten und kulturelle Fähigkei- ten stehen im Vordergrund der Betrachtung. Man findet direkte Bezüge zur NS-Politik:

„Weit mehr als auf die körperlichen kommt es auf die seelischen Merkmale an, die in der nordischen Rasse besonders stark vertreten sind, auf Heldenmut, Tapferkeit, Willensstärke, Opferbereitschaft und Gläubigkeit. Man muß sich also hüten, Menschen nur nach ihren äußeren Merkmalen zu beurteilen. Unser Führer Adolf Hitler gibt uns auch hier eine Antwort, wie solche Fragen innerhalb unseres Volkes zu lösen sind, wenn er auf dem Nürnberger Parteitage 1933 sagt, man könne ‚nicht nur von der Rasse auf die Fähigkeiten schließen, sondern von der Fähigkeit auch auf die Rasse’. Menschen, die Träger obiger Eigenschaften sind, haben das Schicksal Deutschlands bisher entschieden und werden es weiter ent-

32 Thieme (wie Anm. 30), S. 17 ff.

(18)

scheiden, auch wenn sie nicht alle hochgewachsen, blondhaarig und blauäugig sind. Sie gilt es vor allem zu erhalten.“33

Im dritten Teil „Rassenpflege“ geht es darum, den Schüler mit den biologischen Grund- lagen der gesetzgeberischen Maßnahmen des nationalsozialistischen Staates vertraut zu machen. Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ ist Gegenstand des Abschnitts „Hebung des Erbgutes durch Auslese“. Einführend bezieht sich Thieme auf den sogenannten Kampf ums Dasein, dem sich der Mensch durch die Errungenschaften der modernen Zivilisation entzogen habe. Das Interesse des Staates an der Wieder- einführung der „natürlichen Auslese“ leitet er mit den üblichen, stark vereinfachenden Argumenten wie folgt her:

„Der Mensch hat es durch die Schutzeinrichtungen seiner Kultur und Zivilisation (Wohnungsbauten, Kleidung, Feuer usw.) verstanden, sich diesem harten Kampfe zu entziehen, der Natur sozusagen ein

„Schnippchen“ zu schlagen. Damit ist seine Art der natürlichen Auslese mehr und mehr entgangen. Doch das, was er zuerst als Glück betrachtete, erkennt er heute schon in seiner Furchtbarkeit; nicht er ist Sieger geblieben, sondern die Natur. Denn das Minder- und Unterwertige, das unter den „Segnungen“ der Kultur und Zivilisation erhalten bleibt und sich immer weiter verstärkend fortpflanzt, droht das bessere zu über- wuchern und damit zum Absterben zu bringen. Es bleibt hier nur eine Heilungsmöglichkeit, nämlich wieder zur „Auslese“ zurückzukehren. Natürlich kann das nicht durch Abkehr von sonst wertvollen Kultureinrichtungen und durch eine Rückkehr in einen alten Naturzustand geschehen. Aber es gibt, wie wir sehen werden, auch andere Möglichkeiten.

Doch betrachten wir die Verhältnisse erst einmal ganz sachlich. Ein Blick ins tägliche Leben zeigt uns, daß die Menschen außerordentlich verschieden sind. Da gibt es kräftige, schlaffe, gesunde, kranke, begabte, minderbegabte. Die einst ausgesprochene, von ganzen Generationen nachgeplapperte Meinung, die Menschen seien von Natur gleich, beruht also auf einem Grundirrtum. Sie sind vielmehr sehr ungleich, und zwar auf Grund des Erbgutes ihrer Vorfahren. Vom Volksganzen aus gesehen, kann man mit Recht auch ihre Bedeutung für dieses Ganze bewerten und von wertvollen, wertlosen, minderwertigen und schädlichen Menschen reden. Statistische Zusammenstellungen zeigen nun mit erschreckender Deutlichkeit die starke Zunahme der minderwertigen Menschen. (Hilfsschulkinder haben mehr Geschwister als Kinder anderer Schulen. In Berlin haben 10 erbgesunde Familien durchschnittlich 17 Kinder, 10 erbkranke Familien dagegen durchschnittlich 35 Kinder.) Unser Volk geht einer Entartung entgegen. Der Staat hat also auch das Recht, sich für die Frage des Erbgutes zu interessieren, denn ein Volk kann nur dann die Lasten des Daseinskampfes tragen, wenn seine breite Masse aus körperlich gesunden, charaktervollen, willensstarken, tüchtigen Menschen besteht.“34

33 Thieme (wie Anm. 30), S. 40 f.

34 Thieme (wie Anm. 30), S. 45 f.

(19)

Abb. 9: „Die Minderwertigen vermehren sich stärker als die gesunde Bevölkerung!“ (NS-Propaganda- Schaubild)

Thieme bezeichnet weiter unten die Durchführung des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ als „Rückkehr zum Gesetz der Auslese, gegen das die Menschheit verstoßen hat.“ Der letzte Abschnitt des dritten Teils ist der Bevölkerungs- politik gewidmet. Im vierten Teil, betitelt mit „Familienkunde“, führt Thieme in das Arbeiten mit Ahnentafel, Nachfahrentafel, Stammtafel, Stammbaum und Sippschafts- tafel ein.

Ein Schlusswort unter dem nationalsozialistischen Motto „Gemeinnutz geht vor Eigen- nutz“ beschließt das Heft. Noch einmal wird deutlich, dass nicht die Vermittlung von Fachwissen an erster Stelle steht, sondern die Legitimation politischer Maßnahmen bzw.

die Förderung der Bereitschaft zu politischem Handeln. Im Sinne des Sozial-

darwinismus soll der Schüler die Notwendigkeit, Auslese zu betreiben, erkennen und

begreifen, wie nützlich die neue Rassengesetzgebung und Erbgesundheitspflege sind.

(20)

Hier lassen sich bereits deutliche Übereinstimmungen mit den Lehrplänen für die höheren Schulen von 1938 feststellen.

35

7.2.3 Cäsar Schäffer: Volk und Vererbung

Dieses für die Oberstufe der höheren Lehranstalten geschriebene Heft sollte eine Fort- setzung und Vertiefung der von Thieme in seinem oben vorgestellten Ergänzungsheft angesprochenen Themen bilden. Inhaltlich stimmen beide Hefte weitgehend überein, Schäffer hat für sein Werk aber einen anderen Aufbau gewählt:

A. Vererbung (S. 1-29)

I. Vererbung, Variabilität und Auslese (S. 1-7)

II. Grundlagen der Erbkunde durch die Zellforschung (S. 7-18) III. Die Zusammenarbeit von Mischlingsforschung und Zellforschung

(S. 18-29)

B. Familie, Rasse und Volk (S. 30-86) I. Familienkunde (S. 30-52) II. Deutsche Rassenkunde (S. 53-66)

III. Erb- und Rassenpflege (Rassenhygiene) (S. 66-78) IV. Deutsche Bevölkerungspolitik (S. 79-86)

Die Darstellung ist insgesamt anspruchsvoller als bei Thieme und enthält mehr wissen- schaftliche Details, da das Heft für Oberstufenschüler bestimmt war. Die Sprache ist klar und verständlich. Bei der Erörterung der Vererbungslehre im ersten Teil lassen sich nur wenige Bezüge zur NS-Ideologie finden, z. B. das folgende Zitat, das im Zusam- menhang mit der Erklärung der Keimplasmatheorie Weismanns steht:

„So ist auch das Keimplasma unseres Volkes, unserer Rasse, unserer Familie das Bleibende in der Erscheinungen Flucht. Uns sterblichen Einzelmenschen aber ist die hohe Aufgabe gestellt, dieses kostbare Gut in uns gesund zu bewahren und es unverfälscht den nachkommenden Generationen zu überliefern.“36

Im zweiten Teil zu „Familie, Rasse und Volk“ werden durchgehend Verbindungen zur nationalsozialistischen Ideologie hergestellt. Im Abschnitt „Familienkunde“ überwiegt

35 Vgl. Erziehung und Unterricht in der Höheren Schule. Amtliche Ausgabe des Reichs- und Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Berlin 1938, S. 146 ff.

36 Cäsar Schäffer, Volk und Vererbung, Leipzig / Berlin 1934, S. 10

(21)

die Darstellung der Erbkrankheiten. Im Anschluss daran behandelt Schäffer die Erfor- schung von Erbgängen in der eigenen Familie. Die Erstellung einer Ahnentafel bildet den Abschluss des zweiten Teils, wobei die „Bedeutung der Familienforschung für die Rassenpflege“ hervorgehoben wird.

Das Kapitel „Deutsche Rassenkunde“ beginnt Schäffer ähnlich wie Thieme, indem er zunächst den Begriff „Rasse“ definiert und anschließend Beispiele für körperliche, später auch geistig-seelische Rassenmerkmale nennt. Auch er folgt der Rasseneinteilung von Günther, allerdings in einer etwas abgewandelten Form. Die Verbreitung der ver- schiedenen Rassen des deutschen Volkes wird unter anderem anhand von Karten de- monstriert. Im Vordergrund stehen jedoch Fotos der „typischen“ Vertreter der beschrie- benen Rassen. Den Porträts berühmter Persönlichkeiten werden hierbei vorwiegend nordische Rassenmerkmale unterstellt, so z. B. dem römischen Feldherrn Gaius Julius Caesar. Mit den folgenden Worten leitet Schäffer über zum Kapitel „Rassenhygiene“:

„Die nordische Rasse aber ist auch hier überall im langsamen Dahinschwinden. Sollte darin ein unabwendbares Schicksal bestehen? Oder sollte es möglich sein, solcher „Entnordung“ – wenigstens bei uns – entgegenzuarbeiten? Der nächste Abschnitt mag hierauf die Antwort geben.“37

Die Gliederung des Kapitels erfolgt nach den Aspekten „Pflege der Rassenreinheit“ und

„Pflege der Rassengesundheit“. Die sogenannte Schädlichkeit der Rassenmischung findet bei Schäffer die folgende Erklärung:

„Eine Rassenfrage, die heute im Vordergrunde steht, bezieht sich auf die Schädlichkeit der Rassen- mischung. Zu ihrer Beurteilung muß man sich an die Entstehung der Rassen durch natürliche Auslese erinnern. Diese Auslese hat zur Folge, daß alle Eigenschaften des rassereinen Einzelmenschen aufeinander abgestimmt sind. Darin liegt ja das Wesen der Auslese, daß sie alles Unharmonische über kurz oder lang vernichtet. Da aber jede Rasse ihre besondere Harmonie der Merkmale bzw. Anlagen hat - körperlich sowohl wie seelisch -, so besteht bei jeder Rassenmischung die Gefahr, daß Unharmonisches und deshalb Lebensunfähiges oder doch Minderwertiges entsteht.“38

In diesem Zusammenhang werden die angeblich negativen Eigenschaften der Juden aufgezählt, wobei die „Rassenseele“ der zugrunde liegenden vorderasiatischen und orientalischen Rasse im Zentrum der Betrachtung steht.

37 Schäffer (wie Anm. 36), S. 66

38 Schäffer (wie Anm. 37)

(22)

Die „Bedeutung der Erbkrankheiten für das Volksganze“ wird mit Hilfe von Schau- bildern verdeutlicht. Dabei spielt die „Verdrängung des gesunden Volkstums durch krankes“ eine wichtige Rolle, was mit der höheren Kinderzahl der erblich „Belasteten“

belegt werden soll. Die „staatlichen Ausgaben für einen Normalschüler und für den Unterricht körperlich und geistig gebrechlicher“ werden anhand von unterschiedlich großen Geldsäcken verglichen. Den vermeintlich Gesunden wird mehr Geld für eigene Interessen versprochen, wenn geeignete Maßnahmen zur Geringhaltung der Zahl der

„Kranken“ durchgeführt würden:

„Die Abb. 63 aber läßt erkennen, welche Summen für die Erziehung normaler und begabterer Kinder verfügbar würden, wenn es gelänge, die Zahl der an Geist und Sinnesorganen schwer Belasteten recht klein zu halten. Eine neue Berechnung der gesamten direkten und indirekten Aufwendungen unseres Volkes für Geisteskranke und Geistesschwache kommt (unter Verwendung sehr niedriger Einzelansätze!) bereits zu der Summe von jährlich 700 Millionen RM.“39

Als Konsequenz folgt das Thema Sterilisierung im Rahmen des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, dem Schäffer als Überleitung das folgende diskriminierende Zitat Hitlers voranstellt: „Wer körperlich und geistig nicht gesund und würdig ist, darf sein Leid nicht im Körper seines Kindes verewigen.“

40

Im weiteren Ver- lauf findet sich ein Appell an die Schüler bezüglich der „Ehewahl im Sinne der Erb- und Rassenpflege“ (Erbgesundheitszeugnisse, Eheberatung etc.) und der Zeugung möglichst vieler gesunder Kinder. Schäffer verweist hierbei auf die „Gefahren der Gegenauslese“:

„Das Überwuchern des gesunden Nachwuchses durch den erbkranken wurde von uns bisher nur auf das Fehlen der biologischen Auslese und Ausmerze zurückgeführt. Dennoch vollziehen sich bei genauerem Zusehen beide Vorgänge auch hier, nur leider umgekehrt: das Bessere wird durch ungenügende Fort- pflanzung ausgemerzt, das Schlechtere dagegen - infolge stärkerer Fortpflanzung – ausgelesen. Alfred Ploetz hat hierfür den bezeichnenden Ausdruck Gegenauslese (Kontraselektion) geprägt.“41

Wieder werden berühmte Persönlichkeiten wie Johann Sebastian Bach, Franz Schubert, Immanuel Kant und Otto von Bismarck genannt, die allesamt zahlreiche ältere (und jüngere) Geschwister hatten, und die „unter dem Zweikindersystem dem deutschen

39 Schäffer (wie Anm. 36), S. 70

40 Schäffer (wie Anm. 36), S. 71

41 Schäffer (wie Anm. 36), S. 73

(23)

Volke nicht geboren worden wären“.

42

Im letzten Kapitel „Deutsche Bevölkerungs-

politik“ werden Maßnahmen gegen den Geburtenrückgang und die Landflucht behandelt. Das Schlusswort dieses Ergänzungsheftes steht wie bei Thieme unter dem nationalsozialistischen Motto „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“.

7.3 Schulbücher für die höheren Schulen

Im Gegensatz zu den ausdrücklich rassenkundlich orientierten Werken wie Günthers

„Rassenkunde des deutschen Volkes“ und auch zu den nach der veränderten Erlasslage erstellten Ergänzungsheften musste in den ab 1933 neu aufgelegten Schulbüchern der gesamte Stoffplan des Schulfaches Biologie für die jeweilige Altersstufe berücksichtigt werden. Die Lehrpläne von 1938 hatten dem Biologieunterricht folgende drei Aufgaben übertragen: die Bildung von Rassebewusstsein, die Entwicklung völkischen Denkens und die Verbreitung der Gedanken von Auslese und Ausmerze (d.h. auch der Euthana- sie und der Vernichtung angeblich lebensunwerten Lebens).

43

Im Folgenden soll an einigen repräsentativen Unterrichtswerken untersucht werden, wie viel Raum Vererbung, Rassenkunde und Rassenhygiene gegenüber den anderen Unter- richtsinhalten tatsächlich einnahmen und inwieweit in den nach 1938 neu heraus- gegebenen Biologieschulbüchern die genannten ideologischen Erziehungsziele berück- sichtigt wurden.

7.3.1 Hermann Römpp: Lebenserscheinungen

Dieses im Jahre 1933 in Stuttgart erschienene Biologiebuch war für den Oberstufen- unterricht an höheren Lehranstalten bestimmt. Das Vorwort wurde im Juli 1933 geschrieben, als noch nicht der Erlass durch den Reichskultusminister ergangen war, wonach Vererbungslehre, Rassenkunde, Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik als Pflichtbestandteil in den Unterricht der Abschlussklassen aufgenommen werden sollte.

Dennoch bezieht der Verfasser klar Stellung zur nationalsozialistischen Weltanschau- ung und deren Einbindung in den Unterricht und nimmt für sein Unterrichtswerk in

42 Schäffer (wie Anm. 36), S. 76

43 Vgl. dazu Kapitel 5.2.2

(24)

Anspruch, „als erstes seiner Art“ auf nationalsozialistisch-ideologischem Fundament zu stehen:

„Das Buch soll dem Leben dienen und auf Grund einer vertieften Einsicht in die Naturgegenstände und Lebensgesetze das Leben verstehen und naturgemäß gestalten helfen. Aus diesem Grund ist der Physio- logie sowie der individuellen und sozialen Gesundheitspflege besondere Aufmerksamkeit gewidmet. In der Ablehnung der mechanistischen Naturauffassung sowie in der nachdrücklichen Betonung der Verer- bungslehre, Erbgesundheitspflege und Rassenkunde steht das Werk als erstes seiner Art auf dem Boden der nationalsozialistischen Weltanschauung.“44

Römpp hat für sein Buch den folgenden Aufbau gewählt:

I. Die einzelligen Lebewesen (S. 13-17)

A. Anleitung zu mikroskopischen Beobachtungen B. Einzeller und Mehrzeller

C. Die Lebenserscheinungen der Einzeller

II. Die Zelle als Baustein der höheren Organismen (S. 18-30) A. Pflanzenzellen und Pflanzengewebe

B. Tierzellen und tierische Gewebe C. Zellwachstum und Zellteilung D. Die Lebensdauer der Zellen

E. Die Verschiedenheit des Protoplasmas F. Der chemische Aufbau der Zelle III. Der Stoffwechsel (S. 31-72)

A. Der Stoffwechsel der Pflanzen B. Der Stoffwechsel des Menschen IV. Reizbarkeit und Sinnesleben (S. 73-108)

A. Pflanzen

B. Tiere und Menschen V. Die Fortpflanzung (S. 109-122)

A. Die einzelligen Lebewesen B. Die mehrzelligen Pflanzen C. Die mehrzelligen Tiere VI. Die Vererbung (S. 123-164)

A. Die Chromosomen B. Mendelismus

C. Umwelt und Erbanlagen

D. Die Vererbung erworbener Eigenschaften

44 Hermann Römpp, Lebenserscheinungen, Stuttgart 1933, S. 11

(25)

E. Die Vererbung beim Menschen VII. Die Abstammungslehre (S. 165-187)

A. Beweise für die Abstammung der Lebewesen B. Das Werden der Organismen

Unter weltanschaulichen Gesichtspunkten ist vor allem das Kapitel VI interessant.

Unter VI. E, Vererbung beim Menschen, wird die „Macht der Vererbung“ anhand des Themas der Zwillingsforschung verdeutlicht. Nicht nur körperliche und geistige Merk- male sind nach Römpps Ausführungen bei eineiigen Zwillingen identisch, sondern auch

„moralische“.

45

Beobachtungen zu „Verbrechereigenschaften“ an Zwillingspaaren finden sich in zahlreichen weiteren Lehrbüchern. Im Vordergrund steht die Tatsache, dass Naturgegebenes nicht zu beeinflussen sei.

Auffallend kurz fallen die folgenden Abschnitte zur Vererbung körperlicher und geisti- ger Eigenschaften beim Menschen aus. Unter anderem werden die bereits erwähnten Stammbäume berühmter bzw. abschreckender Beispielfamilien angeführt. Während dieser Themenbereich in drei Seiten abgehandelt wird, werden im Anschluss daran dem Gebiet der Erbgesundheitspflege, Rassenkunde und Rassenpflege 15 Seiten gewidmet.

Die unter den Buchstaben a) bis g) behandelten Themen lauten: Degenerations- erscheinungen und ihre Bekämpfung, Die quantitative Seite der Volksvermehrung, Rassenkunde des deutschen Volkes, Anleitung zu erbbiologischen Beobachtungen, Die Nachteile der Rassenkreuzung, Die Wirkungen der Inzucht, Das Schicksal der nor- dischen Rasse. Zum Erlernen des erbbiologischen Beobachtens sollte folgende Methode ausgeführt werden:

1. „Versuche, die Menschen deiner Umgebung in eine der obigen Rassen einzureihen! Beachte dabei besonders Körperlänge, Fettansatz, Lang- oder Rundschädligkeit (am besten aus der „Vogel- schau“ festzustellen), Kurz- oder Langbeinigkeit, Nasenform, Gesichtsbreite in der Schläfen- höhe, Haar-, Augen- und Hautfarbe! Vollkommen reinrassige Typen werden wir bei diesen Beobachtungen verhältnismäßig selten finden. Die weit überwiegende Mehrheit unseres Volkes stellt eine mannigfaltige Rassenmischung dar. Da sich die Erbeigenschaften nach dem dritten Mendelschen Gesetz bei den Nachkommen verschiedenrassiger Eltern im allgemeinen beliebig kombinieren, braucht es nicht zu verwundern, wenn wir etwa Menschen mit schwarzen Haaren, dinarischem Schädel, blauen Augen und vorwiegend nordischer Seele antreffen. Ein genaueres

45 Römpp (wie Anm. 44), S. 142 ff.

(26)

Studium der Vorfahrenreihe läßt die Herkunft solcher oft widerspruchsvollen Formelemente in vielen Fällen klar erkennen.

2. Trage nach Abb. 76 [Ahnenzeittafel bis zu den Urgroßeltern] deine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern ein und versuche, an Hand von alten Photographien, Bildern, Kirchenbüchern und mündlichen Überlieferungen ein möglichst genaues Bild von deiner Vorfahrenreihe zu erhalten!

Die direkten Vorfahren können nach dem Beispiel auf S. 160 [Muster einer Ahnentafel] in einer sog. Ahnentafel zusammengestellt werden. [...] Verfolge den Erbgang einzelner Rassenmerk- male (z.B. Blondhaar, Augenfarbe, Schädelform, Nase, Wuchs) oder sonstiger Anlagen (Kurzsichtigkeit, Feuermale, Glatzenbildung, Sommersprossen, Zuckerkrankheit, Fettsucht usw.) und erschließe aus der Häufigkeit des Auftretens den dominanten oder rezessiven Erb- gang!“46

Die Anleitung zur Beobachtungsschulung ist ein gutes Beispiel für einen praxis- bezogenen, handlungsorientierten Unterricht, der sicherlich viele Schüler zum Nach- vollzug motiviert haben dürfte. Es folgt ein Abschnitt, in dem Römpp mit den üblichen unbewiesenen Behauptungen, Vorurteilen und Verallgemeinerungen die Nachteile der Rassenmischung beschreibt:

„Die Nachteile der Rassenmischung zeigen sich auch auf seelischem Gebiet. Der Mischling ist oft zwiespältig, wurzellos, innerlich unstet und zerrissen; er weiß nicht, wo er hingehört. Viele beklagens- werte, moralische und kulturelle Zersetzungserscheinungen sind von Mischlingen verursacht; dies gilt in besonderem Maße für die jüdisch-arischen Mischlinge. „Die Blutsvermischung und das dadurch bedingte Sinken des Rassenniveaus ist die alleinige Ursache des Absterbens alter Kulturen“ (Hitler). „Jede Rasse muß untergehen, die ihr Blut sorglos Vermischungen hingibt“ (Disraeli). „Man wird vielleicht schon in fünfzig oder hundert Jahren nicht mehr verstehen, wie die Menschen einmal bei ihren Hunden, Kaninchen und Pferden streng auf Rasse und Rassenpaarung hielten und ihre eigene Rasse in einem großen Wurstkessel verkommen und verbreien ließen“ (Gorch Fock).“47

Der Aufruf, die nordische Rasse reinzuhalten, bildet den Abschluss des VI. Kapitels.

Das Kapitel VII behandelt die Abstammungslehre. Der Aspekt des Kampfes ums Dasein wird im Zusammenhang mit der Selektionstheorie Darwins zwar hervorgehoben, nicht aber auf die nationalsozialistische Weltanschauung übertragen.

Insgesamt fällt auf, dass der Stoffplan dieses Unterrichtswerkes weit mehr von fach- biologischen Themen geprägt ist als von weltanschaulichen. Er folgt daher noch über-

46 Römpp (wie Anm. 44), S. 159 ff.

47 Römpp (wie Anm. 44), S. 162

(27)

wiegend den Rahmenlehrplänen von 1925.

48

Deutliche Bezüge zur NS-Ideologie weist wie beschrieben das Kapitel „Die Vererbung beim Menschen“ auf.

7.3.2 Otto Schmeil, Paul Eichler: Der Mensch

Dieses Lehrwerk war bestimmt für den Mittelstufenunterricht höherer Lehranstalten.

Das hier in der 90.(!) Auflage aus dem Jahre 1937 vorliegende Buch ist Bestandteil von Schmeils Naturwissenschaftlichem Unterrichtswerk und existiert seit 1921 bereits als eigenständiger Band in dieser Sammlung. Aufgrund des Erlasses vom 13. September 1933 gaben die Autoren L. Trinkwalter und Schmeil hierzu ein Ergänzungsheft heraus unter dem Titel „Einführung in die Vererbungslehre, Familienkunde, Rassenkunde und Bevölkerungspolitik“ (Leipzig 1934). Paul Eichler integrierte 1936 in der 85. Auflage die Abschnitte des Ergänzungsheftes in das Lehrbuch, arbeitete sie um und erweiterte sie entsprechend dem Erlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 15. Januar 1935 erheblich. Infolge der neuen inhaltlichen Schwer- punktsetzung wurden andere Kapitel gekürzt.

Der allgemeine fachbiologische Teil („Bau und Lebenstätigkeiten des menschlichen Körpers“ und „Allgemeinerkrankungen und öffentliche Gesundheitspflege“) umfasst 116 Seiten, der hinzugefügte Teil („Der Mensch als Glied seines Volkes“) noch einmal 62 Seiten. Im Aufbau unterscheidet sich der letztgenannte Teil nicht wesentlich von den bereits erwähnten Vererbungslehre- und Rassenkundewerken. Auffallend und sehr ansprechend sind die zahlreichen Illustrationen (Fotos, Zeichnungen, Tabellen), die natürlich in den weltanschaulich geprägten Kapiteln manipulativen Zwecken dienen.

Bereits im Einband finden sich Fotos von Vertretern der „typischen“ deutschen Rassen- arten (s. Abb. 10), gefolgt von den üblichen Abbildungen „berühmte[r] Deutsche[r], die nicht geboren wären, wenn die betreffenden Familien nur zwei Kinder gehabt hätten.“

48 Vgl. Kapitel 3.5

(28)

Abb. 10: „Rassenköpfe aus Deutschland“

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