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sportmedizin im Dritten reich

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156 Deutsche Zeitschrift für sportmeDiZin Jahrgang 63, nr. 6 (2012)

Geschichte

sportmedizin im Dritten reich

m

it der „Machtergreifung“ der Hitlerpartei 1933 sollte sich auch ein Paradigmenwechsel in der gesamten Medizin vollziehen.

Über den Weg der „Neuen Deutschen Heilkunde“ legten die Natio- nalsozialisten (NS) den Grundstein für die Verankerung ihrer Ideen zur nationalsozialistischen Rassenhygiene in der Medizin.

In Folge der berüchtigten Rassengesetzgebung wurden nam- hafte jüdische Sportmediziner Opfer des nazistischen Rassen- wahns. Die bekanntesten Namen waren hier: Dr. Ernst Jokl (Bres- lau), Dr. Fritz Duras (Freiburg) und Prof. Dr. Rahel Hirsch (Berlin).

Jokl und Duras wurden auf Grund ihrer Leistungen in Sport und Sportmedizin später weltbekannt.

Das Gewicht der sportmedizinischen Tätigkeit verlagerte sich umgehend in Richtung Dienst- und Wehrsport. Sportärztliche Un- tersuchungen und Beratungen verwandelten sich in Massenunter- suchungen für das SA-Sportabzeichen und Tauglichkeitsbeurtei- lungen für den Pflichtsport in den verschiedenen Bereichen.

Die „Gleichschaltung“

Der Gleichschaltungs-Begriff wurde 1933 geprägt als der Prozess der Vereinheitlichung des gesamten gesellschaftlichen und po- litischen Lebens eingeleitet und mit entsprechenden Gesetzen untermauert wurde. Eine verharmlosende Umschreibung für die Unterwerfung aller Institutionen und Organisationen unter der NS-Herrschaft.

Die sportärztlichen Einrichtungen an den Hochschulen wur- den mit der „Machtübernahme“ zunächst geschlossen, um sie im nationalsozialistischen Sinne zu säubern, neu zu ordnen und mit dem NS-Regime ergebenen Leitern zu besetzen - das hieß „gleich- zuschalten“. Die anfangs zu verzeichnende Stagnation dieser Ein- richtungen wurde nach der Neube- setzung und Zu- weisung der nun- mehr gültigen Leitlinien bald überwunden.

Um g e h e n d wurde der Deut- sche Ärztebund zur Förderung der Leibesübun- gen vereinnahmt.

Als erster Schritt erfolgte die Na- mensänderung in „Deutscher Sportärztebund“.

Alsbald wurde als neuer „Führer“

des Sportärzte- bundes Dr. Emil Ketterer benannt.

Seine Bekannt- heit hatte er als

Teilnehmer am Hitlerputsch 1921 und SA-Sanitätsgruppenführer erlangt. 1933 erfolgte die Eingliederung in das „Hauptamt für Volks- gesundheit“. Die offizielle Auflösung des Sportärztebundes fand jedoch erst am 1. April 1937 statt, nach dem 4. Weltkongress für Sportmedizin und den Olympischen Sommerspielen 1936 in Berlin.

Diese Großverantstaltungen mit internationaler Aufmerksamkeit sollten durch eine vorherige offizielle Liquidation des Sportärzte- bundes nicht gefährdet werden.

Mit dem Reichssportsanatorium in Hohenlychen wurde eine sporttraumatologische Rehabilitationseinrichtung von Weltruf ausgebaut. Mit Kriegsausbruch 1939 wurde die Einrichtung als La- zarett umfunktioniert. Ihr Leiter war Prof. Dr. Karl Gebhardt, Ge- neralleutnant der Waffen-SS und Leiter der Sportmedizin an der

„Reichsakademie für Leibesübungen“ in Berlin. Wegen verbreche- rischer Menschenversuche wurde er 1947 von den Alliierten zum Tode verurteilt und 1948 hingerichtet.

Die wissenschaftliche Forschung der sportärztlichen Institute und Einrichtungen war gefragt, da bevölkerungspolitische, militä- rische und kriegswichtige Interessen verfolgt wurden. Dies betraf vor allem die sportärztliche Begleitung des Pflicht-, Dienst- und Wehrsports.

Zu den 1941 bestehenden vier Universitätsinstituten der Sportmedizin (Berlin, Hamburg, Freiburg, Straßburg) waren bis dahin etwa 10 sportärztliche Untersuchungs- und Beratungsstel- len mit hauptamtlicher Besetzung eingerichtet worden (Frankfurt/

Main, Göttingen, Kiel, Königsberg, Leipzig, München, Münster, Prag, Rostock, Wien). Darauf hatte die „Arbeitsgemeinschaft der Hochschulsportärzte“ wesentlichen Einfluss genommen. Diese Untersuchungsstellen unterstanden direkt dem „Amt für Körper- liche Erziehung“ im Reichserziehungsministerium und waren den Instituten für Leibeserziehung zugeordnet.

Ein Nazi wird FIMS-Präsident

Die Wahl des neuen Präsidiums des Weltverbandes für Sportme- dizin (FIMS) fand im Juli 1937 im Rahmen des 5. Internationalen Sportärztekongresses in Paris statt. Die deutsche Delegation wurde von Leonardo Conti (Berlin) angeführt.

Die glanzvoll verlaufenen Olympischen Winter- und Sommer- spiele von 1936, der imposante 4. Weltkongress der FIMS und das internationale Renommee der deutschen Sportmedizin führten dann bei der Generalversammlung der FIMS 1937 in Paris zur Wahl des Dr. L. Conti zum Präsidenten der FIMS. Im Mai 1945 von den Amerikanern verhaftet, starb er im Oktober 1945 während der Be- weiserhebungsphase des Nürnberger Prozesses wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kriegsverbrechergefängnis von Nürn- berg durch Selbstmord.

Karl-Hans Arndt, Erfurt

Literatur

1. Jütte R (Hrsg.): Medizin und Nationalsozialismus. Wallstein-Verlag, Göttingen, 2011.

2. Uhlmann A: Der Sport ist der praktische Arzt am Krankenlager des deutschen Volkes. Mabuse Verlag, Frankfurt/Main, 2005.

3. Waltrich H: Aufstieg und Niedergang der Heilanstalten Hohenlychen (1902 bis 1945). Strelitzia, Blankensee, 2001.

Sports Medicine in the Third Reich

profiteur vom deutschen Renommee in der Sport­

medizin – der spätere „Reichsärzteführer“ und Nazi­

Verbrecher L. Conti (FIMS­Präsident 1937­1939).

Referenzen

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