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Informationstechnologien und Transparenz von Wert- schöpfungsketten des Agribusiness: Eine Untersuchung am Beispiel der Milch- und Fleischwirtschaft

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Academic year: 2021

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Informationstechnologien und Transparenz von Wert- schöpfungsketten des Agribusiness: Eine Untersuchung am

Beispiel der Milch- und Fleischwirtschaft

Mechthild Frentrup, Ludwig Theuvsen

Georg-August-Universität Göttingen, Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen

mechthild.frentrup@freenet.de, theuvsen@uni-goettingen.de

Abstract: Der Transparenz von Wertschöpfungsketten des Agribusiness und dem dazu erforderlichen Ausbau der Informationsinfrastrukturen wird eine zunehmend größere Bedeutung beigemessen. Das Ziel dieses Beitrags ist es vor diesem Hin- tergrund, den Beitrag leistungsfähiger Informationstechnologien (IT) zum Aufbau tragfähiger Informationsnetzwerke aus einer theoretischen Perspektive zu be- schreiben und das Potential von stufenübergreifenden Informationsinfrastrukturen zur Verbesserung der Transparenz in den Wertschöpfungsketten des Agribusiness anhand empirischer Daten aus der Milch- und Fleischwirtschaft aufzuzeigen.

1 Theorie und Methode

Transparenz ist definiert als das Ausmaß, in dem alle Beteiligten eines Wertschöpfungs- netzwerks ohne Verlust, Störung oder Verzögerung Zugang zu den Informationen haben, die sie wünschen [Ho03]. Transparenz ist nicht nur durch einen im Zeitablauf dynami- schen Charakter gekennzeichnet, sondern variiert in seiner Ausprägung auch zwischen einzelnen Wertschöpfungsstufen und verschiedenen Wertschöpfungsketten. Die Erfas- sung und Analyse unterschiedlicher Transparenzgrade sieht sich mit dem Problem kon- frontiert, dass Transparenz ein latentes Konstrukt ist, das keiner direkten Messung zu- gänglich ist, sondern die Definition von beobachtbaren Indikatoren erfordert, die seine indirekte Messung ermöglichen. Bei der Operationalisierung gilt es, dem Facettenreich- tum des Transparenzkonstrukts Rechnung zu tragen. Dabei zeigt sich, dass Transparenz nur unter Berücksichtigung sowohl organisatorisch-technischer Einflussfaktoren (u.a.

Struktur der Wertschöpfungskette einschließlich der eingesetzten IT) als auch sozial-re- lationaler Determinanten (z.B. Bereitschaft der Transaktionspartner zu Kooperation und Kommunikation sowie Zufriedenheit, Vertrauen und Commitment in der Transaktions- beziehung) angemessen erfasst werden kann [DFT08; Fr08].

Abbildung 1 präsentiert ein theoretisches Modell zur Messung der Transparenz von Wertschöpfungsketten des Agribusiness, das die formative Spezifizierung latenter Kon- strukte über ihre Bestimmungsfaktoren und die reflektive Spezifizierung über ihre Wir- kungen – in diesem Fall auf die Leistungsfähigkeit der Wertschöpfungskette – vereint.

Darüber hinaus wird das Konzept um die Perspektive der erlebten, subjektiv wahrge-

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nommenen Transparenz aus der Sicht der beteiligten Wertschöpfungspartner erweitert [Fr08].

Insgesamt ist der stufenübergreifende Transfer von Informationen entscheidend für die Transparenz von Wertschöpfungsketten. In diesem Zusammenhang kommt vor allem der eingesetzten IT eine sehr wichtige Bedeutung zu. Die IT sind einerseits ein zentrales Charakteristikum der Transaktionssituation, da sie den Transfer sehr großer Informati- onsmengen entlang der gesamten Wertschöpfungskette sicherstellen können [PT03].

Andererseits üben IT auch einen Einfluss auf das Informationsaustauschverhalten der beteiligten Akteure aus, da ein elektronischer Datentransfer ein gewisses Ausmaß an Standardisierung der Informationen verlangt. In der Konsequenz reduziert der Einsatz von IT das Risiko für Fehlinterpretationen und Missverständnisse zwischen den Transak- tionspartnern.

In einer umfangreichen empirischen Studie (n = 204) in der deutschen Milch- und Fleischwirtschaft wurden die Ausprägungen der organisatorisch-technischen und der sozial-relationalen Determinanten von Transparenz aus der Sicht der landwirtschaftli- chen Erzeugung erfasst. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die Rolle und den Einsatz von IT als zentraler Transparenzdeterminante gelegt, indem untersucht wurde, auf welche Art die Informationen zwischen Landwirten und Verarbeitungsunternehmen ausgetauscht werden, inwieweit IT eingesetzt werden und welche Unterschiede zwischen der Milch- und der Fleischwirtschaft in Bezug auf das Informations- und Kommunikati- onsmanagement der Betriebe bestehen.

Organisatorisch-technische Determinanten

Struktur der Wertschöpfungskette Produkteigenschaften Transaktionssituation

T R A N S P A R E N Z

Indikatoren der Leistungsfähigkeit Qualität

Sicherheit Effizienz

Sozial-relationale Determinanten Kultur und soziales Netzwerk Verhalten der Transaktionspartner Beziehungsqualität

Erlebte Transparenz Ausmaß der Informiertheit Spezifische Informationsdefizite Formative Spezifizierung:

Bestimmungsfaktoren für Transparenz

Perzeptionsmaß:

Subjektive Wahrnehmung der Informiertheit Reflektive Spezifizierung:

Leistungsfähigkeit der Wertschöpfungskette

Abbildung 1: Ein Messkonzept für Transparenz (Quelle: [Fr08]).

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4 Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Die Untersuchung bestätigt, dass der Status quo der Transparenz zwischen den beiden untersuchten Agrarbranchen sehr unterschiedlich ist. Zugleich wird deutlich, dass die Transparenz einer bestimmten Branche nicht per se höher oder niedriger als die einer anderen Branche ausfällt. Vielmehr lassen sich für beide Produktionsrichtungen sowohl fördernde als auch hemmende Einflussgrößen auf die Transparenz aufzeigen. Darüber hinaus offenbart die Analyse der empirischen Daten, dass die Transparenz auch inner- halb einer bestimmten Branche sehr verschiedenartig sein kann. So lässt sich für beide untersuchten Branchen u.a. zeigen, dass der jeweilige Vermarktungspartner Einfluss auf die wahrgenommene Informiertheit der Landwirte und damit die erlebte Transparenz hat [Fr08]. Abbildung 2 zeigt für ausgewählte Molkereien und Schlachtunternehmen die Mittelwerte (µ) des Index ‚Informiertheit’, der das Transparenzerleben der Landwirte repräsentiert, und die Streubereiche (einfache Standardabweichungen; σ), innerhalb de- rer 67 % der ermittelten Daten liegen.

-6,018

26,481 24,092 8,154

-3,160

-27,787 12,529

-19,279

-100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100

Index Informiertheit

Molkereiunt. A (n=46) Molkereiunt. B (n=13) Molkereiunt. C (n=21) Molkereiunt. D (n=9) Schlachtunt. A (n=7) Schlachtunt. B (n=17) Schlachtunt. C (n=9) Schlachtunt. D (n=14)

Abbildung 2: Transparenz in Abhängigkeit vom Vermarktungspartner (Quelle: [Fr08]).

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Ferner zeigen die Ergebnisse der Studie erhebliche Defizite der Informationsinfrastruk- turen in den untersuchten Branchen; so dominiert weiterhin der Informationsaustausch in schriftlicher oder mündlicher Form zwischen Landwirten und Verarbeitern. Die Nutzung von IT findet in nennenswertem Umfang nur bei der Informationsübermittlung durch die Verarbeiter an die Landwirte (Milch: 19,0 %; Fleisch: 15,9 %), aber nur selten in umge- kehrter Richtung statt (Milch: 5,2 %; Fleisch: 7,2 %). Interessant ist, dass die Vermark- tungspartner der Landwirte, die sich in Bezug auf Transparenz positiv vom Brachenmit- tel abheben, auch überdurchschnittlich häufig IT einsetzen (Molkereiunternehmen B:

53,8 %; Schlachtunternehmen C: 55,6 %). Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass sich der Einsatz von IT positiv auf die Transparenz von Wertschöpfungsketten auswirkt.

Die Studie verdeutlicht ferner, dass neben der eingesetzten IT weitere Einflussgrößen den Informationsaustausch zwischen Landwirten und Verarbeitern bestimmen. Insge- samt offenbaren beide Agrarbranchen Defizite in Bezug auf Wechselseitigkeit und In- tensität der Kommunikation zwischen landwirtschaftlichen Erzeugern und Unternehmen der Verarbeitungsindustrie. Diese fallen in der Milchbranche schwächer aus als in der Fleischbranche; als entscheidende Determinante entpuppt sich die Qualität der Bezie- hungen zwischen den Unternehmen verschiedener Wertschöpfungsstufen, die – unab- hängig vom IT-Einsatz – in der Milchwirtschaft besser als in der Fleischwirtschaft ist.

Die empirische Studie bestätigt frühere Untersuchungen, nach denen in den Wertschöp- fungsketten des Agribusiness bislang allenfalls ansatzweise den heutigen Anforderungen entsprechende Informationsinfrastrukturen implementiert sind [Be03; WVB07]. Sie macht ferner Ansatzpunkte dafür deutlich, wie der Informationsaustausch zwischen Landwirten und Verarbeitungsunternehmen insbesondere unter Nutzung moderner IT verbessert werden kann. Die Studie unterstützt damit Bemühungen um mehr Transpa- renz und einen konsequenteren Einsatz von IT, wie sie aktuell vor allem bei größeren Unternehmen der deutschen Milch- und Fleischwirtschaft erkennbar werden.

Literaturverzeichnis

[Be03] Beulens, A.: Transparency in Food Supply Chains and Networks: Modelling and Infra- structure Issues. Vortrag im Rahmen des 13th Annual World Food and Agribusiness Fo- rum, Cancun, Mexico, 2003.

[DFT08] Deimel, M.; Frentrup, M.; Theuvsen, L.: Transparency in Food Supply Chains: Empiri- cal Results from German Pig and Dairy Production. In: Journal on Chain and Network Science, 8. Jg. 2008, S. 21-32.

[Fr08] Frentrup, M.: Transparenz in Wertschöpfungsketten des Agribusiness: Entwicklung eines Messkonzepts und Evaluierung des Status quo am Beispiel der deutschen Milch- und Fleischwirtschaft. Lohmar - Köln 2008.

[Ho03] Hofstede, G.J.: Transparency in Netchains. In: Harnos, Z., M. Herdon und T.B.

Wiwczaroski (Hrsg.): Information Technology for a Better Agri-Food Sector, Environ- ment and Rural Living. Debrecen, 2003, S. 17-29.

[PT03] Peupert, M.; Theuvsen, L.: Tracking and Tracing Meat Products: The Role of Modern Information Technologies. In: Harnos, Z., M. Herdon und T.B. Wiwczaroski (Hrsg.): In- formation Technology for a Better Agri-Food Sector, Environment and Rural Living.

Debrecen 2003, S. 588-593.

[WVB07]Wolfert, S.; Verdouw, C.; Beulens, A.: Information Integration in Multi-Dimensional Agri-Food Supply Chain Networks: A Service-Orientated Approach in the KodA Pro- gram. Summer University on IT in Agriculture and Rural Development, Debrecen 2007.

Abbildung

Abbildung 1: Ein Messkonzept für Transparenz (Quelle: [Fr08]).
Abbildung 2: Transparenz in Abhängigkeit vom Vermarktungspartner (Quelle: [Fr08]).

Referenzen

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