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ücber das Prakrit -Gedicht Setubandha
VOM Prof. Hoefer ■)•
I. Das wichtige Werk ist uns, soviel bekannt, in einem
einsigen Codex, No. 530 der nunmehr zu Berlin befindlichen
Sir Rt. Chambers'sehen Handschriftensammlung erhalten,
welcher um die Mitte des 17. Jahrb., im Ganzen gut, oft schön,
wenn gleich nicht ohne Fehler geschrieben und wahrscheinlich
ganz vollständig in 15 Abschnitten vorliegt So arg der
Codex auch an einer Seite beschädigt ist, so hat diese Zer¬
störung doch meist nur den von Rämadäsa im Auftrage des
G al äl adindra ^) verfassten Commentar betroUen und den
inmitten des letzteren in kürzeren Zeilen geschriebenen Pr«Är»/-
Text fast vollständig verschont. Die wenigen Lücken werden
leicht aus der sanskr. Uebersetzung oder dem Commentare zu
ergänzen sein, und da auch das Metrum meist einen Anhalt
gibt, etwanige Fehler zu verbessern, so scheint der eine.
1) Da der Vf. eine grössere Abliandlung 'über denselben Gegenstand dem Drucke zu übergeben im Begrilfe stand, so hat er uns hier nur einen kurzen
Auszug seines Vortrages mitgetheilt. D. Red.
2) In den früheren Verzeichnissen der Sammlung ist nur von 13 die Rede.
Buch 14—15 sind erst bei der letzten Ordnung der Sammlung aufgefunden.
3) Jrc?TTäT^'^?r "'l'^'' rr^Tcör((F^; finile den Namen sonst nir¬
gends und sanskritisch ist er auch wohl nicht, sondern entspricht ohne Zweifel
dem Dschelaleddin, zusammengesetzt mit indrn. Dadurch werden wir
wahrscheinlich auf das Jahr 13(X) als die ungefähre Abfassungszeit des Com- mentars geführt ; doeh davon später.
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heschädigte Codex noch Mittel genug /.u enthalten, um den
Text dereinst ziemlich rein und sicher zu Tage zu fördern.
II. Ueber den Inhalt, zu dem man nur langsam und nach
mühsamer Enizifferung des Textes gelangt, genüge hier die
Notiz der zuletzt gedruckten Liste der Ch. MSS. ,,1he sub¬
ject of this Poem is the conquest of Lanka or Ceylon."
Der Titel ist Setu, Setukävja, Setubandha etc. Schwie¬
riger und bedeutender erscheint die Frage
III. nach dem Verfasser, der im Texle nur einmal all¬
gemein , öfter und bestimmter in dem Commentare erwähnt
wird. Wenn die betreffenden Stellen richtig ergänzt und ver¬
standen sind, so ergibt sich die Ansicht:
a) dass Kälidäsa der eigentliche Verfasser sei;*
b) dass er auf Befehl des Vikramäditja, und zwar
c) für den Pravarasena das Werk verfasst habe, der
es, nach einer Stelle, selbst begonnen haben soll.
Will man nun nicht an die allbekannten, aber oft gemiss-
brauchten Namen der beiden Ersteren denken, zu deren Zeit
wir von keinem Pravarasena wissen, so bleibt für die
Vermuthung einiger Raum, dass unter jenem Vikramäditja
vielleicht der H ar sch a-Vi kr am äd i t j a verstanden sei,
dessen die Chronik von Kaschmir erwähnt, z. B. III,
12,5, und zwar in Verbindung mit einem Pravarasena ').
Von Kälidäsa erfahren wir dort nichts, wohl aber von
einem anderen bedeutenden Dichter, dem Kavi Mätrigupta,
der von dem Ersteren sogar zum Könige von Kaschmir ein¬
gesetzt wird , cf. ib. III. v. 239. 242 etc. Hat man nun aus
anderen Gründen annehmen dürfen, dass dieser Harscha-
Vikramäditja eine und dieselbe Person mit dem Gründer
der ^äka-Aera, ^älivähana (oder Häla), gewesen, so
würde ja die Annahme, dass t/2e*cr V ik ram ä d i tj a als der
1) Die genannte Chronik kennt des Namens zwar mehrere. \ iclleicht verdient die bei dem obigen vorkommende Geschichte von dem wunderbaren Bau einer Brücke (cf. III, v. 34,5 f.), scfu , einige Beachtung.
durch an Wahrscheinlichkeit gewinnen, dass wieder eben jener
^älivähana angeblicher Verfasser eines anderen berühmten
Prakrit- Gedichts ist und Führer und Beschützer der Präkrit-
Dichter genannt wird. Ward aber dieser ^' äl i vä h a n a, oder
wie er eigentlich auch heissen mochte, zu einem Vikramä¬
ditja, was lag da später näher, als ihm auch einen Käli¬
däsa beizugeben, d. h. seinen Dichter mit Kälidäsa zu
verwechseln ?
Aber gleichviel , ob sich diese Vermuthung bestätigen
werde, oder nicht: man ist bei Werken der Indischen Lite¬
ratur zur Genüge an die Unmöglichkeit gewöhnt, Verfasser
und Entstehungszeit genau zu bestimmen : in dem vorliegen¬
den Falle ist wenig daran gelegen, da grosse Bedeutsam¬
keit und hohes Alter niemand unserem Werke wird streitig
machen können.
IV. Setubandha, so gänzlich unbekannt es bisher auch
in Europa geblieben, hat gleichwohl in Indien schon vor ge¬
raumer Zeit für eine bedeutende Quelle und Auctorität der
Prakrit - Sprache gegolten. Dafür bürgen die verschiedenen
Anführungen desselben in rhetorischen, grammatischen und
metrischen Werken:
a) Zu der Bemerkung in S ähi t j a d ar p an a ed. cal. p.
216, lin. 6, stimmt die Einrichtung unseres Werkes, in welchem
die Sar gas, wie. dort angeführt, ÄQväsäs heissen, etc.
b) Närä j ana - Bh atta's Commentar zu Vrittarat-
näkara (Cod. Lond. E. J. H. No. 56 Col.) citirt einen Vers
aus Setukävja, den ich A^v, VIII. v. 43, unter Anführung
der dortigen Varianten wiederfinde.
c) Wichtiger ist, dass eben dieser Vers — und er ist
wohl nicht der einzige, — ohne Anführung der Quelle, i'»
Pingala, Mätravritlaparicheda No. 81, als ein Beispiel für
das dort beschriebene Ä'Ä««f/Äaa - Metrum gebraucht ist [ wo¬
gegen wieder der Text des Pingala, ib. 80, in Rämadäsa's
II. .laliig. 12
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(Jominentare zu Setu I, i, zur Erklärung des Metrums und in
ziemlicher Uebereinstimmung mit meinen drei Handschriften,
beigebracht wird.]
d) Die älteren Grammatiker des Prakrit citiren wenig
oder gar nicht, immer, so viel ich mich erinnere, ohne An¬
gabe der Quelle : bei den späteren hotte ich noch manches
Beispiel aus Setu nachweisen zu können, bisher habe ich
es aber nur in der einzigen, gleichfalls handschriftlichen Gram¬
matik des Märkandeja Kavindra namentlich angeführt
gefunden. Dass es öfter benutzt als angeführt worden, geht
aus der Uebereinstimmung mancher sonst seltenen oder ein¬
zigen Form hervor.
V. Gesetzt aber, wir entbehrten auch dieser Zeugnisse '),
so würde doch, wer nur einen Blick auf die Sprache des
Werkes geworfen, keinen Augenblick seine hohe Bedeutsam¬
keit verkennen. Es liegt hier eine Masse reines Prakrit vor,
wie wahrscheinlich in keinem anderen Werke, und darin wieder
zeigt sich eine solche Fülle von alten und seltenen, oder
ganz unbekannnten Formen, dass man Setubandha neben
M ric'c'hakatikä die reichste Quelle für Erforschung des
Prakrit nennen darf, die besonders ergiebig werden muss, da
sie sich mit den Grammatikern gegenseitig bestätigt, ergänzt
oder berichtigt. Es ist möglich dass das Werk zur Lehre der
Grammatik geschrieben sei : die Formen drängen sich hier
ganz anders hervor, als in den Werken der G'aina's oder
in Saltasa i; sicher ist wenigstens, Beziehung zu den Gram¬
matikern vorhanden, aber welche, dürfte schwerer zu entschei¬
den sein, denn über die ältesten bekannten gebt die Sprache
weit hinaus, die jüngsten aber citiren es und haben es offenbar
nocb öfter benutzt. Vielleicht hören wir dereinst noch von
1) Dazu liUUc noch angeführt werden können , dass das Gedicht auch eine Art von Uehersetzung oder Umarbeitung in Sanskrit erfahren hat, worüber das IVähcre in der oben angeführten Abhandlung.
einem anderen Gramnmtiker, der, activ oder passiv, damit in
einem unmittelbaren Zusammenhange steht. —
Zum Schlüsse dieser Mittheilung wurden einige Beispiele
angeführt, um zu zeigen, wie die hier durch das Metrum
meist völlig gesicherten Formen den vorhandenen Text des
Vararuc'i zuweilen berichtigen. Der Vortragende beab¬
sichtigt, sobald es irgend möglich, den Text selbst mit einem
ausführlichen Commentare herauszugeben und hofft davon we¬
nigstens bald eine Probe vorlegen zu können.
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Beilage XIII.
Zn Seite 18.
Das Finnische Volk nnd der Ural-Alraische
Völkerstamm
von ])r. Kellgren
Das Finnische Volk hat zwar durch seine consequent ent¬
wickelte Sprache und durch seine reiche Volkspoesie gerechte
Ansprüche auf unsere volle Aufmerksamkeit; was aber das
Interesse an ihm nocb weit mehr fesseln muss, ist die Frage :
in welchem Verbältnisse steht es zu den übrigen Völker¬
schaften und Iftinächstzu denen des Taf arischen, oder vielleicht
besser des Ural-Altaischen Stammes? Die Frage ist noch
neu, die Beantwortung mangelhaft; wir wagen deshalb zn
hoffen, dass jeder Beitrag zur Beantwortung der Frage, auch
ein geringer, willkommen sein wird, und einen solchen zn
liefern ist der Zweck dieser Blätter.
Die noch zu verfolgende Colonisation der jetzigen Hei¬
math der Finnen, Ueberlieferungen des Volkes und die in
dessen alten epischen Gedichten häufig vorkommende Erwäh¬
nung der edlen Metalle deuten uns an, dass die Finnen in
dem Lande, welches sie jetzt bewohnen, nicht Autoehthonen,
sondern in einer nicht allzu weit entfernten Zeit aus einem
anderen, wohl einem reicheren, südlicheren Lande hieher ein-
1) Der Vf. hat Hrilci'(lo.s.scn eine .selbststiinilige Sclirift Uber die ineislon der hier hcriilirtcn Gegenstände herausgegeben : Die Grtmdzügc der Finni- seheii Sprache mit Rüchsicht auf den Ural - Altaischeu Sprachslamm. Von H. Kellgren. Berlin, Schneider u. Ciimp. 1S47. gl'. S.