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HDL-Cholesterin als Therapieziel

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Academic year: 2022

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F O R T B I L D U N G F O R M A T I O N C O N T I N U E

PO S T G R A D U AT E ME D I C I N E

Da heute mit Statinen die LDL-Cholesterinspiegel sehr effektiv gesenkt werden können, laufen andere Lipide (z.B. HDL-Cholesterin und Triglyzeride) Gefahr, bei den therapeutischen Bemühungen übersehen zu werden.

Von Seiten der Gesundheitsbehörden, verschiedener Fachgesellschaften und der interessierten Industrie ist in den letzten beiden Dekaden nichts unversucht gelas- sen worden, der Ärzteschaft und dem breiten Publikum klar zu machen, dass hohes Cholesterin mit einem hohen kar- diovaskulären Risiko einhergeht und dass eine Senkung dieses Risikos durch geeig- nete Massnahmen zu weniger Krankheit und Todesfällen führt.

Die Botschaft wurde bis zu einem gewis- sen Grad auch verstanden, und in den USA sowie anderen industrialisierten Län- dern ist die kardiovaskuläre Mortalitäts- rate gesunken. Dieser erfreulichen Fest- stellung stehen jedoch Besorgnis erregende Trends gegenüber, die in den Ländern mit hohem Lebensstandard und Nahrungsmittelüberfluss bewirken, dass die Menschen älter und fetter werden.

Ebenfalls als negative Meldung wertet Da- vid T. Nash, Internist und Epidemiologe im amerikanischen Syracuse, die Beobach-

tung, dass die Therapiebemühungen in der kardiovaskulären Primär- und Sekun- därprävention sich zu sehr auf die Sen- kung des LDL-Cholesterinspiegels kon- zentriert haben, wodurch möglicherweise andere Therapieansätze zu wenig Bedeu- tung erhielten oder gar vernachlässigt wurden.

In der Praxis äussert sich das auch darin, dass ein Lipidsenker verschrieben wird und die ebenso wichtigen therapeuti- schen Allgemeinmassnahmen wie Er- nährung, körperliches Training, vollständi- ger Tabakverzicht unter den Tisch fallen.

In grossen doppelblinden, plazebokontrol- lierten, randomisierten Studien sind die Auswirkungen einer LDL-Cholesterinsen- kung auf etliche relevante klinische End- punkte breit untersucht und dokumentiert worden. Im Gegensatz dazu gibt es zu den Effekten einer Senkung erhöhter Triglyze- ridwerte oder einer Anhebung tiefer HDL- Cholesterinwerte vorwiegend unter- geordnete oder retrospektive Studien, wie Nash moniert. Dies kann man als natürli- che Folge der Tatsache sehen, dass bisher spezifische Medikamente fehlen, die ge- zielt und ausschliesslich auf Triglyzerid- oder HDL-Cholesterinkonzentrationen einwirken. Ergänzend ist auch festzustel- len, dass selbst in erfolgreichen Therapie- studien die Reduktion harter kardialer Endpunkte zwischen 15 und 30 Prozent lag, die Mehrheit der Patienten also noch immer an solchen Ereignissen erkrankte.

HDL-Cholesterin und Triglyzeride

Patienten mit Koronarerkrankung zeigen oft eine Dyslipidämie, die aus einer Kombi- nation abnormaler Plasmaspiegel der Triglyzeride und des HDL-Cholesterins mit oder ohne pathologische LDL-Cholesterin-

spiegel besteht. Für das Risiko vorzeitiger Koronarereignisse entscheidend sind triglyzeridreiche Lipoproteine. Sie sind dank ihrer Fähigkeit, in die Arterienwand einzudringen und dort atherosklerotische Prozesse in Gang zu setzen oder zu ver- schlimmern, ein unabhängiger Risikofak- tor für ischämische Herzerkrankungen.

Lipoproteine sind makromolekulare Kom- plexe, in deren Kern sich Tausende von Fettmolekülen (Triglyzeride und Choleste- rinester) befinden, umgeben von einer Oberflächenhaut aus Phospholipiden und einem oder mehreren Apolipoproteinen (apo). Die Plasmaspiegel triglyzeridreicher Lipoproteine werden bestimmt durch die Sekretionsraten in Leber und Darm sowie durch den Abbau. Apo C-III ist das häu- figste Apolipoprotein in diesen Lipoprotei- nen, die auch in menschlichen athero- sklerotischen Plaques isoliert wurden.

Patienten mit Hypertriglyzeridämie kön- nen eine erhöhte Sekretionsrate von Lipo-

HDL-Cholesterin als Therapieziel

Jenseits der LDL-Cholesterinsenkung mit Statinen

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

p u n k t e p u n k t e

●HDL-Cholesterin und Triglyzeride können durch diätetische Mass- nahmen und körperliches Trai- ning günstig beeinflusst werden.

Medikamentös sind Fibrate effektiv.

●Ein rekombinantes Apolipopro- tein, das den günstigen Effekt von HDL-Cholesterin imitiert, könnte vielleicht einmal zur di- rekten Reduktion atheromatöser Plaques eingesetzt werden.

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proteinen sehr geringer Dichte (VLDL- Cholesterin) haben, was am häufigsten auf einer Insulinresistenz beruht, die mit einem erhöhten Rückstrom von Fettsäu- ren aus der Peripherie und gesteigerter Li- pogenese unter erhöhten Insulinspiegeln einhergeht.

Das atherogene Potenzial triglyzeridrei- cher Lipoproteine ensteht auch durch eine Kombination mit erhöhten VLDL-, ernied- rigten HDL-Cholesterinspiegeln und er- höhten Werten von kleinen, dichten LDL- Cholesterinpartikeln. Dass es auf erhöhte Triglyzeridwerte ankommt, zeigen auch Therapiestudien.

Gesunde Gewohnheiten

Fettsucht und metabolisches Syndrom ge- hen meist Hand in Hand. Änderungen des Lebensstils würden hier auch die Li- pidanomalien korrigieren. Zwar gibt es grosse individuelle Variationen bei den Auswirkungen körperlicher Aktivität, wie David T. Nash einräumt, aber im Allgemei- nen genügen 30 bis 60 Minuten einer be- scheidenen körperlichen Aktivität (z.B.

Gehen), um einer weiteren Gewichtszu- nahme vorzubeugen und den Prozess der angestrebten Gewichtsabnahme in Gang zu setzen. Repetitives Training mittlerer In- tensität erhöht die HDL-Cholesterinspie- gel und senkt erhöhte Triglyzeridkonzen- trationen. Auch der Verzicht auf Zigaretten soll die Spiegel dieses «guten» Lipids an- heben.

Im Bereich der Ernährung kann ein gerin- gerer Verzehr einfacher Zucker, die Ver- meidung von überschüssigen Kalorien und von überschiessendem Alkoholkon-

sum erhöhte Triglyzeridkonzentrationen herunterholen – sofern diese Änderungen des Lebensstils für den Patienten akzepta- bel und praktikabel sind.

In Studien hat sich die Supplementation von Traubenkernöl als wirksam zur Er- höhung der HDL-Cholesterinspiegel er- wiesen. Eine solche Anreicherung kann etwa durch Verwendung von Trauben- kernöl in der Salatsauce angestrebt wer- den. Ebenfalls wirksam, aber für viele Ärzte nicht ohne Weiteres akzeptabel ist der Rat zu einem (nur einem) alkoholi- schen Drink pro Tag, was bei Patienten ohne Alkoholismus oder Hypertriglyzerid- ämie auch einen HDL-Cholesterinanstieg bewirken kann.

HDL-Cholesterin-Behandlungs- studien

Die eben geschilderten Lebensführungs- massnahmen können nicht ausreichen, um den HDL-Cholesterinspiegel in einem Ausmass anzuheben, das auch das koro- nare Risiko beeinflusst. Als Mechanismus für den günstigen Effekt geht man von der Vorstellung aus, dass es Aufgabe des HDL-Cholesterins ist, den Rücktransport von Cholesterin aus den Geweben in die Leber zu bewerkstelligen. Die erste grosse prospektive Untersuchung war die Hel- sinki-Studie, die zeigte, dass bei Männern mit erhöhten Nicht-HDL-Cholesterinwer- ten einem Anstieg des HDL-Cholesterins um 11 Prozent eine Abnahme koronarer Ereignisse von 34 Prozent entsprach. Der Vergleich erfolgte zwischen dem Clofi- brat-Derivat Gemfibrozil (Gevilon®) und Plazebo. In der Folge haben weitere Be-

handlungsstudien bestätigt, dass Fibrate oder Nikotinsäure tiefe HDL-Cholesterin- spiegel erhöhen, wobei der Anstieg des HDL-Cholesterins höher ausfällt als unter Statinen (Tabelle).

Ein neues Apolipoprotein

Eine Variante von Apo-I (Apo-I Milano) führt bei den Trägern dieser genetischen Variation trotz tiefer HDL-Cholesterinspie- gel zu Langlebigkeit und geringerer Athe- rosklerose. Inzwischen sind mit einem rekombinant hergestellten A-I-Milano- Phospholipidkomplex (ETC-216), der die lipidtransportierenden Eigenschaften von keimenden HDL-Cholesterinpartikeln imi- tiert, klinische Untersuchungen beim Menschen durchgeführt worden.

In einer kleinen doppelblinden, randomi- sierten, plazebokontrollierten Studie er- hielten 47 Patienten mit akutem Koronar- syndrom während fünf Wochen pro Woche eine ETC-216-Injektion. Mittels in- travaskulären Ultraschalls liess sich das Atheromvolumen der betroffenen Koro- nararterie vor und nach dieser Therapie abschätzen. Das Ergebnis liess aufhor- chen, gelang es doch, mit diesen wenigen Injektionen eine statistisch signifikante, wenn auch geringe Reduktion des Athe- romvolumens um 1 bis 4 Prozent nach- zuweisen. Ob sich auf diese Weise auch klinisch relevante kardiovaskuläre End- punkte beeinflussen lassen, müssen grössere Studien, am ehesten auch in Kombination mit einer aggressiven Sta- tintherapie, noch belegen. ●

David T. Nash (Clinical Professor of Medi- cine, State University of New York Upstate Medical University College of Medicine, Syracuse/USA): Cardiovascular risk beyond LDL-C levels. Postgraduate Medicine 2004;

116 (No. 3): 11–15.

Halid Bas

Interessenkonflikte: laut Originalpublikation keine.

Ta b e l l e :

E f f e k t l i p i d s e n k e n d e r M e d i k a m e n t e a u f H D L - C h o l e s t e r i n u n d A p o l i p o p r o t e i n A - I

Medikamentenklasse HDL-Cholesterin Apo A-I

Nikotinsäure +15% bis +30% +5% bis +30%

Fibrate +10% bis +15% -5% bis +5%

Statine +5% bis +10% -5% bis +5%

(nach Morgan J, Carey C, Lincoff A, et al. High-density lipoprotein subfractions and risk of coronary artery disease. Curr Atheroscler Rep 2004; 6[5]: 359–365)

HDL-Cholesterin als Therapieziel

Referenzen

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