• Keine Ergebnisse gefunden

95-402 Finanzierung der Wissenschaft in Osteuropa Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre - Zusammenfassende Auswertung von Forschungsberichten aus elf Ländern -Annett Fedorko

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "95-402 Finanzierung der Wissenschaft in Osteuropa Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre - Zusammenfassende Auswertung von Forschungsberichten aus elf Ländern -Annett Fedorko"

Copied!
60
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung

P 95-402

Finanzierung der Wissenschaft in Osteuropa Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre

- Zusammenfassende Auswertung von Forschungsberichten aus elf Ländern -

Annett Fedorko

Berlin, März 1995

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH Reichpietschufer 50

10785 Berlin Tel.: 030/30874231 Fax: 030/2829504

e-mail: meske@medea.wz-berlin.de

(2)
(3)

Inhaltsverzeichnis Seite

Einführung 5 Teil I

Finanzierung d e r Wissenschaft in den europäischen Staaten der Gemeinschaft Unab-

hängiger Staaten (GUS) u n d in den haltischen Staaten 12 1. Veränderungen in der Methodik der Wissenschaftsstatistik 12 2. Ausgaben für die Wissenschaft und Finanzierungsquellen 14

2.1. Ausgaben für die Wissenschaft 14

2.2. Finanzierungsquellen 17 2.3. Struktur der Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach

Wissenschaftssektoren und Forschungstypen , 21 3. Einkommen der Wissenschaftler '. 24 4. Neue Finanzierungsformen in der Wissenschaft und ihr Einfluß

auf die Transformation 26 4.1. Einführung neuer Finanzierungsformen zur Förderung des Wettbewerbs ....26

4.2. Veränderungen der Finanzierung der einzelnen Sektoren 28 4.2.1. Die Umwandlung der Akademien der Wissenschaften 28

4.2.2. Forschungsfinanzierung an den Hochschulen 31 4.2.3. Forschungsfinanzierung im Wirtschaftsbereich 34 Teil II

Finanzierung d e r Wissenschaft in d e r Tschechischen Republik, in Polen,

Ungarn, R u m ä n i e n u n d Bulgarien , 37

5. Veränderungen in der Methodik der Wissenschaftsstatistik 37 6. Ausgaben für die Wissenschaft und Finanzierungsquellen 39

6.1. Ausgaben für die Wissenschaft 39

6.2. Finanzierungsquellen 40 6.3. Struktur der Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach

Wissenschaftssektoren und Forschungstypen 41 7. Neue Finanzierungsformen in der Wissenschaft und ihr Einfluß

auf die Transformation 42 7.1. Einführung neuer Finanzierungsformen zur Förderung des Wettbewerbs 42

7.2. Veränderungen der Finanzierung der einzelnen Sektoren 45 7.2.1. Die Umwandlung der Akademien der Wissenschaften 45

7.2.2. Forschungsfinanzierung an den Hochschulen 49 7.2.3. Forschungsfinanzierung im Wirtschaftsbereich 52

Resümee 54 Literaturverzeichnis , 56

(4)
(5)

Zusammenfassung

In den ehemals sozialistischen Ländern Ost- und Mitteleuropas ist im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Transformationsprozessen ein starker Rückgang bei der Bereitstellung fi- nanzieller Ressourcen festzustellen. Gleichzeitig werden neue Finanzierungsquellen und - formen eingeführt, die Einfluß auf Richtung, Tempo und Intensität der Transforma- tionsprozesse in der Wissenschaft nehmen. In Verbindung mit aktuellen Problemen und Ver- änderungen auf diesem Gebiet wird auf Fragen der Umgestaltung der Wissenschaftsstatistik näher eingegangen. Bereits die empirische Analyse der Finanzierungsströme ist methodisch außerordentlich schwierig, viele finanzielle Daten sind (noch) nicht vergleichbar und nur be- dingt aussagefähig.

Dieser Bericht stützt sich, vor allem auf Forschungsberichte über die Wissenschaft aus Ruß- land, der Ukraine, Belorußland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Ungarn, der Tschechischen Republik, Bulgarien und Rumänien, die 1994 im Rahmen des vom Bundesministeriums für Forschung und Technologie geförderten Netzwerkes "Transformation mittel- und osteuropäi- scher Wissenschaftssysteme" von Wissenschaftlern aus den betreffenden Ländern erarbeitet worden sind.

Abstract

In the formerly socialist countries of eastern and central Europe, the availability of financial resources for scientific activities has suffered a sharp decline in the context of societal trans- formation processes. At. the same time, new sources and forms of funding are being introdu- ced, which influence the direction, pace, and intensity of transformation processes in the sciences. Issues relating to the reorganization of scientific statistics are examined in detail in connection with current problems and the changes taking place in this field. The empirical analysis of funding streams alone is extraordinarily difficult from the methodological point of view. Many financial data are (still) not comparable and only conditionally informative.

This report is based primarily on research reports given by scientists from Russia, Ukraine, Belorus, Estonia, Latvia, Lithuania, Poland, Hungary, the Czech Republic, Bulgaria and Ro- mania, which appeared in 1994 in the framework of "Transformation of Central and Eastern European Science Systems" a network promoted by the Federal Department of Research and Technology.

(6)
(7)

Einführung

In den ehemals sozialistischen Ländern vollzieht sich gegenwärtig im Zusammenhang mit ihren gesellschaftlichen Transformationsprozessen eine starke Reduzierung in der Be- reitstellung finanzieller Ressourcen für die Wissenschaft. Auf die Transformation eines Wis- senschaftssystems können Umfang sowie Quellen und Formen der Finanzierung hemmende oder auch fördernde Wirkungen ausüben.

Der vorliegende Bericht wertet die Ergebnisse von 11 Forschungsberichten aus, die im Rahmen des vom Bundesministerium für Forschung und Technologie geförderten Netzwerkes

"Transformation mittel- und osteuropäischer Wissenschaftssysteme" erarbeitet wurden. Auf- gabe der Wissenschaftsforscher aus Rußland, der Ukraine, Belorußland, den baltischen Staa- ten, Polen, Ungarn, der Tschechischen Republik, Bulgarien und Rumänien war es, die Prozes- se der Transformation ihrer Wissenschaftssysteme nach einem bestimmten Raster zu untersu- chen. Als wichtigste Gliederungspunkte waren vorgegeben:

1. Vorgeschichte und genereller ökonomischer und politischer Kontext der Transformation des Wissenschaftssystems,

2. Veränderungen der für wissenschaftliche Forschung relevanten Gesetzgebung, 3. Veränderungen der institutionellen Strukturen wissenschaftlicher Forschung und

4. Veränderungen der finanziellen und personellen Ressourcen wissenschaftlicher Forschung Obwohl die Fragen der Finanzierung der Wissenschaft nicht im Mittelpunkt der Untersuchung standen, wird deutlich, daß diese Probleme alle Sphären und Bereiche der Wissen- schaftstransformation nachhaltig beeinflussen. "In der Zeit der Transformation wird die Fi- nanzierung der Forschung und Entwicklung zum entscheidenden, aber auch schwierigsten Problem" (Filacek 1994, S.54).

Folgende Länderberichte wurden vorgelegt und in die Auswertung mit einbezogen:

• Dachin, A.; Ionescu-Sisesti, L; Sandu, S.u.a.: Transformation Process of the science Sy- stem in Romania, Sofia 1994

• Dagyte, L: Transformationsprozesse in der Wissenschaft Litauens, Vilnius 1994

• Darvas, G.; Csöndes.M.;Fogarasi,I.u.a.: Transformation of the science and technological development System in Hungary, Budapest 1994

• Filacek,A.; Krizova-Frydova,E.; LoudinJ.u.a.: Transformation des Wissenschaftssystems in der Tschechischen Republik, Praha 1994

• Gaponenko, N.;Gokhberg, L.; Mindeli, L.Transformation der Wissenschaftssysteme in Rußland, Moskau 1994

• KristapsonsJ.; Tjunina, E.; Kalinina, G.: Transformation des Wissenschaftssystems Lettlands (1989-93), Riga 1994

(8)

• Laas, J.: Über die Transformation der estnischen Wissenschaftsspäre im Zeitraum von 1988 bis 1994

• Malachowski, W.: Network on the Transformation of Central and Eastern European science System: Poland, Warsaw 1994

• Nesswetailow, G.A.; Artjuchin,M.L; Wetochin,S.S.u.a.: Transformation der Wissenschaft in der Republik Belarus, Minsk 1994

• Malitzkij, B.; Nadiraschwili, A.: Transformation des Wissenschaftssystems der Ukraine, 1994

• Simeonova, K; Ivanova, M.; Grivekova, S,; Roshkov, S.: Netzwerk Transformation Mit- tel- und Osteuropäischer Wissenschaftssysteme, Phase 1, Bulgarien, 1994

Die Aussagekraft der einzelnen Länderberichte ist sehr unterschiedlich: das gilt besonders für Fragen der Finanzierung der Wissenschaft. Das liegt vor allem daran, daß sich die statistische Erfassung der erforderlichen Daten noch im Aufbau befindet oder grundsätzlich umgestaltet wird. Erschwerend für die Auswertung erwies sich außerdem eine z.T. unzureichende Qualität der Übersetzungen der in deutscher Sprache vorgelegten Berichte und die unterschiedliche Schwerpunktsetzung durch die Autoren.

Ein Anliegen der vorliegenden Arbeit war es, die in den Forschungsberichten vorhandenen Aussagen zu Entwicklungstendenzen der Bereitstellung, Verteilung und Verwendung fi- nanzieller Ressourcen in der Wissenschaft zu ordnen und systematisch aufzubereiten. Für die Länder der ehemaligen Sowjetunion konnte auch andere Literatur ausgewertet werden (siehe Literaturverzeichnis). Die Ergebnisse in den Forschungsberichten zeigen, daß bei der Finan- zierung der Wissenschaft und ihrer Einflußnahme auf die Transformationsprozesse gegen- wärtig mehr Fragen offen sind, als beantwortet werden können. Ihre Untersuchung würde ein spezielles, international und interdisziplinär angelegtes Forschungsprojekt erfordern.

Im Zusammenhang mit den Veränderungen in der Finanzierung der Wissenschaft wurden speziell drei Schwerpunkte untersucht:

1. Stand und Probleme der Anpassung der Wissenschaftsstatistik in den ost- und mittel- europäischen Ländern an das international übliche Niveau (Bezugspunkt: OECD-Me- thodik - Frascati-Handbuch).

2. Die finanziellen Ressourcen als Indikatoren von Reformprozessen in der Wissenschaft.

3. Der Einfluß stark reduzierter finanzieller Mittel sowie veränderter Finanzierungsquellen und -formen auf Richtung, Dynamik und Intensität der Transformationsprozesse in der Wissenschaft.

Für die Einschätzung der vorliegenden statistischen Daten in diesen Ländern sind die Be- sonderheiten, die sich aus dem Systemwandel der gesamten Gesellschaft ergeben, zu be- rücksichtigen:

(9)

• Das historisch gewachsene Wissenschaftssystem im Sozialismus schuf andere Kategorien und Institutionen, die zwar schrittweise umgewandelt werden, die aber mit den De- finitionen und Anforderungen im Frascati-Handbuch schwer in Einklang zu bringen sind.

Wie auch die Erfahrungen in Deutschland mit den neuen Bundesländern zeigen, bleiben selbst bei weitgehendem Institutionentransfer in der Wissenschaftssphäre Besonderheiten und Eigenheiten bestehen.

• Versuche, die derzeit vorliegenden Daten mit denen vor 1990/91 zu vergleichen, stoßen auf außergewöhnliche Probleme. Erweisen sie sich zur Erfassung der Beschäftigten in FuE schon als schwierig, so ist ein Vergleich der Kennziffern der Finanzierung und die Dar- stellung ihrer strukturellen Veränderungen kaum noch möglich. Hinzu kommt die galop- pierende Inflation in den meisten Ländern, die auch die Fortschreibung der Daten er- schwert.

• Die Etappe der Transformation der Gesellschaft und damit auch der Wissenschaft ist schnellebig und mit radikalen Einschnitten und Neuordnungen verbunden. Deshalb kann die statistische Erfassung diesen Prozeß nur unvollständig widerspiegeln. Selbst Darstel- lungen von Tendenzen müssen zum Teil angezweifelt werden, da es viele Strukturbrüche gibt.

Die Länderberichte zeigen, daß sich bereits eine empirische Analyse der Finanzierungsströme als methodisch außerordentlich schwierig erweist. Die Resultate bei der Einführung neuer statistischer Methoden sind in den einzelnen Lädern verschieden. Im Vergleich zur Statistik des Personals in Forschung und Entwicklung ist die Umstellung der Statistik finanzieller Da- ten in allen Ländern weniger fortgeschritten und nur bedingt aussagefähig. Obgleich in den Länderberichten die Probleme der statistischen Erfassung finanzieller Kennziffern nicht aus- führlich erörtert wurden und Quellennachweis, Definitionen und Erläuterungen zu den Me- thoden meistens fehlen, sind folgende Schwierigkeiten der Umstellung festzustellen:

• die Erfassung und insbesondere die Aggregation der verschiedenen Finanzierungsquellen (das betrifft sowohl die einzelnen Wissenschaftsbereiche als auch die volkswirtschaftliche Ebene);

• methodische Probleme bei der Umsetzung der international "anerkannten Standards"

(insbesondere auf dem Gebiet der Wissenschaftsstatistik sind auch in den fortgeschrittenen Industrieländern noch nicht alle Fragen gelöst);

• die Zurechnung der Ausgaben zu den Forschungsarten (Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Entwicklung; teilweise werden auch FuE-Aufwendungen mehrfach ge- zählt);

• der Umfang der Einbeziehung der Forschungs- und Entwicklungsorganisationen in die sta- tistische Erfassung, die Einteilung der Forschungsgebiete und Wissenschaftsbereiche;

Trotz erheblicher Einschränkungen hinsichtlich der Aussagefähigkeit finanzieller Kennziffern lassen sich bestimmte Grundtendenzen ableiten:

(10)

Es sind sowohl die absoluten als auch die relativen Aufwendungen für die Forschung und Entwicklung (FuE) stark zurückgegangen. Die wissenschaftlichen Gesamtausgaben in Ruß- land verringerten sich von 1989 bis 1992 um ca. 80 Prozent. In Lettland nahmen sie von 1990 bis 1993 sogar um 90% ab. (Für die anderen Länder fehlen vergleichbare Aussagen über meh- rere Jahre.) Ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt betrug 1993 in der Ukraine nur noch 0,6%, in Lettland 0,35% und in Estland 0,4%. Auch in Rumänien und Bulgarien sind diese Anteile mit 0,7% und 0,3% sehr gering. Über 1 Prozent liegen sie nur in Ungarn und der Tschechischen Republik. Pro Kopf der Bevölkerung wurden in Lettland ca. 3 Dollar und in Estland etwas mehr als 5 Dollar für die Wissenschaft aufgewandt.

Da die Aufgabenstellung für das Netzwerk "Transformation mittel- und osteuropäischer Wis- senschaftssysteme" sehr umfangreich und interdiziplinär formuliert worden war, konnten in den Länderberichten nicht alle Gebiete tiefgehend untersucht werden, und die Autoren stellten vorwiegend ihre Spezialgebiete in den Mittelpunkt, wozu in der Regel die Fragen der Finan- zierung der Wissenschaft nicht gehörten. Hinzu kommt, daß die Berichte der Nachfolgestaa- ten der Sowjetunion vielfach einen Beitrag zur Geschichtsbewältigung darstellen. Die Aus- gangssituation der Wissenschaftssysteme mußte erfaßt und unter den heutigen Gesichtspunk- ten neu bewertet werden. Wichtige Daten zur Finanzierung der Wissenschaft wurden unter sozialistischen Verhältnissen als geheime Verschlußsache behandelt. Für die Mili- tärforschung, die den größten Teil der Forschung ausmacht, gilt diese Restriktion bis heute.

Alle Länderberichte verdeutlichen das Bemühen, Grundlagen für die Transformation der Wis- senschaft zu schaffen. Hierzu zählen institutionelle Wandlungen, die Umgestaltung der Sta-, tistik, die Einführung neuer Finanzierungsformen, die Nostrifikation der Wissenschaftsgrade u.a. Neue Ansätze und Tendenzen werden beschrieben. Wie jedoch für den gesamten Prozeß der Gesellschaftstransformation in diesen Ländern keine wissenschaftlich fundierten Er- kenntnisse über Verlauf und Fortgang existieren, so auch nicht für diesen Bereich.

Dennoch sind die Länderberichte ein wichtiger Beitrag für die Forschung, weil in ihnen Pro- zesse der Transformation der Wissenschaft dargestellt und aufbereitet werden, die unter den gegenwärtigen chaotischen Bedingungen für die Wissenschaft sonst gänzlich verloren gehen könnten. So gibt es in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion - außer in Rußland - wenig Wis- senschaftler, die auf diesem Gebiet forschen. Das hat traditionelle, aber auch finanzielle Ursa- chen. Wenn selbst Forschungsinstitute wegen radikaler Mittelkürzung bei gleichzeitiger Hy- perinflation ihre Arbeit nicht fortsetzen können, wer soll in einer solchen Situation die Mittel für die Erforschung von Transformationsprozessen in der Wissenschaft aufbringen? In der russischen Presse wird z.B. von Strom-, Heizungs- und Telefonabschaltungen in den For- schungsinstituten wegen unbezahlter Rechnungen berichtet, die jegliche Forschungsarbeiten unterbrechen bzw. ganz in Frage stellen /Zaltykow, 1994/. Die Regierung ist vor allem mit der Lösung der dringendsten ökonomischen und sozialen Probleme beschäftigt. Die Wissenschaft zählt zu den Hauptopfern des Haushaltsdefizits. Auch in anderen osteuropäischen Ländern

(11)

werden von der Regierung allenfalls Maßnahmen zum Schutz der Wissenschaft vor dem vollständigen Zerfall ergriffen. Da in diesen Ländern eine systematische, staatlich geförderte Erforschung der Wissenschaftstransformation nicht möglich ist, sind die in den Länderberich- ten enthaltenen Erfahrungen von Wissenschaftlern, die meist selber leitende Funktionen in wissenschaftlichen Instituten inne hatten oder auch heute noch haben, von nicht zu unter- schätzendem Wert, auch wenn mitunter subjektive Betrachtungen überwiegen.

Eine vorrangige Aufgabe der Transformation des Wissenschaftssystems besteht darin, neue Finanzierungsquellen und -formen einzuführen. Dadurch sollen marktwirtschaftliche Wettbe- werbsformen auch in der Sphäre der Wissenschaft greifen, und das zentralisierte, politisch- dogmatische System soll umgewandelt sowie flexibler und leistungsfähiger gestaltet werden.

Gleichzeitig und in enger Wechselbeziehung mit den strukturellen, rechtlichen und perso- nellen Umwandlungen im Wissenschaftssystem erfolgen Veränderungen in den Finanzie- rungsformen. Da die finanziellen Mittel stark eingeschränkt sind, besteht eine Hauptaufgabe bei der Einführung neuer Finanzierungsformen darin, die Rest-Mittel auf diejenigen Institute, Projekte und Wissenschaftler zu konzentrieren, die international anerkannte und wettbewerbs- fähige Leistungen hervorbringen. Eine wesentliche Neuerung ist in diesem Zusammenhang die Projektfinanzierung auf wettbewerblicher Grundlage, so daß die finanziellen Mittel weni- ger als institutionelle Grundfinanzierung bereitgestellt werden. In den Berichten wird diese Form der Finanzierung auch als Projektmittelmethode, Zuwendungs- oder Grantsystem be- zeichnet. Hierbei werden aus einem Fonds, der größtenteils aus zentralen, öffentlichen Mitteln gebildet wird, nach einer Ausschreibung und einer Bewertung der Wettbewerbsteilnehmer durch unabhängige Gutachter Mittel für bestimmte Forschungsprojekte oder auch Stipendien vergeben; eine in Deutschland u.a. OECD-Ländern weitverbreitete und bewährte Form -der Finanzierung. Auch unter sozialistischen Verhältnissen wurden Finanzmittel z.T. zweckge- bunden vergeben, aber es gab keinen "echten" Wettbewerb, und die persönliche Verantwor- tung der Wissenschaftler ging oft im institutionellen Rahmen verloren.

Obwohl bei der Einführung der Projektfinanzierung Fortschritte erzielt werden konnten, sind diese in den europäischen Staaten der GUS mehr formeller Art. Da es in Rußland, der Ukraine und Belorußland noch nicht gelang, alte Machtstrukturen aufzubrechen, können gefaßte Be- schlüsse meist nicht durchgesetzt werden. Die Verteilung der Finanzmittel erfolgt immer noch nach dem "Gießkannenprinzip".

In den Berichten Polens, Ungarns und der Tschechischen Republik wird dagegen schon eine positive Bilanz gezogen. Zu einem erheblichen Teil erfolgt die Bereitstellung finanzieller Res- sourcen sowohl aus dem öffentlichen Haushalt als auch aus dem Ausland bereits durch Pro- jektfinanzierung auf wettbewerblicher Grundlage. Gleichzeitig gibt es in diesen Ländern Dis- kussionen darüber, wie diese Finanzierungsform demokratischer und effizienter gestaltet wer- den kann und welchen Einfluß sie auf die Transformation des Wissenschaftssystems insge- samt hat. Stellvertretend seien hier Vor- und Nachteile genannt, wie sie von den tschechischen Autoren gesehen werden (Filacek 1994, S.72L):

(12)

Vorteile der Proiektfinanzierung:

Projektmittel beginnen für die Finanzierung von Forschungsteams eine wichtige Rolle zu spielen und ermöglichen es, diese Teams als Grundeinheiten der wissenschaftlichen Tätigkeit zu stärken. Sie haben einen entscheidenden Einfluß auf die Herausbildung des For- schungsprofils der Institute und fördern gesellschaftlich und fachlich bedeutsame Themen.

Die Projektfinanzierung bewährt sich als ein Mittel, unkompliziert Geld zugunsten der erfolg- reicheren Wissenschaftler umzuverteilen. Ein wichtiger Vorzug besteht für die AdW darin, daß der Anteil der zweckgebundenen Finanzierung schon relativ hoch ist und eine größere Objektivität, auch durch die Einbeziehung ausländischer Gutachter, erreicht werden konnte.

Probleme bei der Projektfinanzierung:

Ein allzu großes Volumen solcher Geldmittel bewirkt, daß ihre Empfänger kaum noch an den konzeptionellen Aufgaben des ganzen Instituts teilnehmen. Deshalb wird empfohlen, den In- stTtüten~zur"ermoglichen, bei den Finanzierungsagenturen Themen auszuschreiben. Als ein weiterer Mangel wird gesehen, daß die Projektfinanzierung in den Geistes- und Gesell- schaftswissenschaften bisher wenig realisiert wurde. Einige Experten meinen, daß Projektmit- tel und Grants das wichtigste Instrument für die Transformation der Wissenschaft sind und ausreichen, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Konträr dazu wird die Auffassung vertreten, daß über die Projektfinanzierung nur die freie individuelle Forschungstätigkeit finanziert wer- den soll und daß sie allein, ohne eine Definition prioritärer Programme durch die Wissen- schaftsgemeinschaft, nicht zu der notwendigen Transformation der Wissenschaft führe. Des- halb wird empfohlen, die Projektmittel als eine Art Ergänzungsförderung zu nutzen. Welche Rolle das Projektsystem letztendlich spielen wird, bedarf noch weiterer Untersuchungen.

Wichtige Veränderungen sind auch bei den Finanzierungsquellen festzustellen. So ging z.B.

der Anteil der Wirtschaft an der Finanzierung der Wissenschaft in allen Ländern stark zurück.

Für die Nachfolgestaaten der Sowjetunion ist die wichtigste öffentliche Finanzierungsquelle - der Unionshaushalt - weggefallen und nur allmählich und differenziert in stark reduziertem Maße durch den Haushalt der einzelnen Nachfolgestaaten ersetzt worden. Gleichzeitig gewin- nen die unterschiedlichen Formen der ausländischer Finanzierung an Bedeutung. Einen Überblick über die derzeit existierenden Finanzierungsquellen und -formen in den europäi- schen Ländern der GUS gibt Abbildung 1. Die indirekten Formen der Finanzierung, wie Steu- erbefreiung, vorteilhafte Kredite, zinslose Darlehen u.a. sind derzeit kaum relevant. Das hängt damit zusammen, daß der Geld-, Kredit- und Kapitalmarkt im Vergleich zum Warenmarkt sehr schwach entwickelt ist. Trotz verschiedener Finanzierungsformen und -quellen spielt letzendlich der öffentliche Haushalt die entscheidende Rolle, die mit dem Wegfall anderer Finanzierungsquellen sogar noch wächst.

(13)

Finanzierungsquellen

Mittel aus öffentlichen

Haushalten Wirtschaftssektor Private Institutionen

ohne Erwerbszweck

Ausländische Finanzierungsquellen

- Staatshaushalt (In Rußland auch Haushalf der Förderation) - Regionale Haushalte - Ministerlen u.a. zentrale Organe

- interne FuE- Aufwedungen - externe FuE-Aufwendungen

von staatlichen Untern..privaten Untern.oder Genossenschaften - Forschungskooperation Wirtschaft

und Forschungseinrichtungen - Ausgaben der Wirtschaft für

Spenden und Sttftungen

- Abführungen der Wirtschaft an Zentrale Fonds

- Eigenerwirtschaftung von Mitteln durch Fo-organlsatlonen, private Hochschulen

- Mittel rechtlicher u. privater Personen Spenden, Stiftungen

- Internationale Pro- gramme der EU - Finanzmittel weiterer intern. Organisationen - Mittel der Regierungen - einzelne Stiftungen - Unterstützung von

rechtlichen oder natürl. Personen - Auslandsaufträge

Kooperationen

Finanzierungfdrmen

- Steuerbefreiungen, Befrei- ungen von Abgaben - vorteilhafte Kredite - zinslose Darlohen

- Institutionelle Finanzierung Grundfinanzierung oder Zu- wendungen an AdW, Univer- sitäten, Hochschulen, Fe- inst Itute, u.a. Fo-organlsatlonen,

- Projektmrttel - Stipendien, Grants - Auftragsforschung - u.a. zweckgerichte FuE-Aufwendungen

A b b . 1: F i n a n z i e r u n g s q u e l l e n u n d - f o r m e n d e r W i s s e n s c h a f t i n d e n N a c h f o l g e s t a a t e n d e r S o - w j e t u n i o n

Die folgenden Teile I und II geben vor allem geordnete und gekürzte Auszüge aus den 11 Län- derberichten wieder, die wichtige Probleme der Finanzierung in diesen Ländern beinhalten.

Teilweise werden sie durch eine Zusammenfassung und/oder Erläuterung der Autorin dieses Heftes ergänzt. Da die Ausgangslage und die Probleme der Nachfolgestaaten der Sowjetunion wesentliche Gemeinsamkeiten aufweisen, wird die Betrachtung dieser Staaten im Teil I zu- sammengefaßt. Die Berichte Polens, Ungarns, der Tschechischen Republik, Bulgariens und Rumäniens werden im Teil II ausgewertet.

(14)

Teil I

Finanzierung der Wissenschaft in den europäischen Staaten der Gemeinschaft Unab- hängiger Staaten (GUS) und in den baltischen Staaten

Nach dem Zerfall der UdSSR 1991 konzentrierten sich die Nachfolgestaaten auf die Entflech- tung sowie den Aufbau eigener nationaler Wissenschaftssysteme, einschließlich ihrer Ver- waltungen. Hier können Parallelen, aber auch gravierende Unterschiede festgestellt werden.

Einige Staaten schufen bereits in der Etappe der "Perestroika" wichtige Grundlagen für diese Entwicklung.

Auf die Geschwindigkeit und die Konsequenz der Durchsetzung der Transformationsprozesse in der Wissenschaft haben vor allem folgende Faktoren Einfluß:

1. die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Fortschritte bei der Umgestaltung der Gesellschaft;

2. der Stellenwert, den die Regierung der Wissenschaft im Transformationsprozeß beimißt.

Er wird vor allen am Umfang der Bereitstellung finanzieller Ressourcen für die Wissen- schaft und der Einführung demokratischer Verteilungsmechanismen sichtbar;

3. Forcieren oder Behinderung der Transformationsprozesse durch die Wissenschaftler.

1. Veränderungen in der Methodik der Wissenschaftsstatistik

In den Länderberichten werden auch die derzeitigen Probleme bei der Umgestaltung der Wis- senschaftsstatistik untersucht. Bisher liegen nur für Rußland detaillierte finanzielle Kennzif- fern vor; hier hat die Umsetzung neuer Methoden nach westlichem Muster schon begonnen. In den Ländern Belorußland, Ukraine, Litauen, Lettland und Estland sind Beschlüsse zur Umge- staltung der Statistik gefaßt worden, ihre Umsetzung befindet sich jedoch noch in den Anfän- gen.

Rußland

Der Zerfall der UdSSR hat wesentliche Veränderungen in der institutionellen Struktur der Statistik hervorgerufen. Erfahrungen im Staatlichen Komitee für Statistik der UdSSR auf dem Gebiet der Methodologie und der Praxis der FuE-Statistik gingen durch die Auflösung des Komitees verloren. Da das Statistikkomitee Rußlands nicht über ausreichend Erfahrungen verfügt, wurde das Zentrum für Forschung und Statistik des Wissenschaftsministeriums und der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAdW) mit der Durchführung von Untersu- chungen zur FuE-Statistik sowie mit der Erarbeitung einer Methodik für den Übergang zu internationalen Standards beauftragt. 1994 wurde eine neue nationale FuE-Jahresuntersuchung in die Datenerfassungspraxis eingeführt. Die Untersuchung umfaßt ca. 4600 Institutionen; die verwendeten Hauptdefinitionen entsprechen den Empfehlungen des Frascati-Handbuches. Die Kennziffern können in folgende drei Gruppen unterteilt werden:

1. die für die Statistik Rußlands und der OECD-Länder traditionell gültigen Kennziffern (Personal und FuE-Kosten);

2. Kennziffern, die bisher in der einheimischen Statistik nicht verwendet wurden (Zurechnung der FuE-Kosten zu sozial-ökonomischen Zielen);

(15)

3. Für die russische Statistik traditionell gültige Kennziffern, die aber in der internationalen Statistik nicht genutzt werden (z.B. Werte der FuE-Grundfonds = Sachanlagevermögen).

Ukraine:

Ungeachtet der Regelmäßigkeit, mit der die Angaben über die Wissenschaftler und die Auf- wendungen für die Wissenschaft in der Ukraine erfaßt werden, sind diese jedoch nicht zuver- lässig und schwer vergleichbar mit der westlichen Statistik. Bei der Finanzierung der Wissen- schaft bereitet die Erfassung mehr Probleme als beim wissenschaftlichen Personal. Das Hauptproblem besteht in der mehrfachen Anrechnung von Aufwendungen. Finanzmittel, die von verschiedenen gesellschaftlichen Vereinigungen, Verbänden und ausländischen Quellen stammen, werden nicht erfaßt.

Inzwischen wurde ein staatliches Programm für den Übergang zur international vergleich- baren Statistik bestätigt. Die AdW hat 1993 zusammen mit dem Statistikministerium und dem Staatlichen Komitee für Wissenschaft und Technologie der Ukraine ein Labor für Analyse und Wissenschaftsstatistik zur wissenschaftlich-methodischen Absicherung dieser Umgestal- tung gebildet.

Beiorußland

Im Oktober 1993 wurde die derzeitige statistische Berichterstattung über die Entwicklung der Wissenschaft vom Statistischen Staatskomitee der Republik bestätigt. An dem Programm zur Umgestaltung des gegenwärtigen Systems in ein System, das der internationalen Praxis ent- spricht, wird z.Z. gearbeitet. Unterschiede der Statistik Belorußlands zu den Anforderungen des Frascati-Handbuches bestehen hauptsächlich in:

- der Einteilung der Sektoren der Wissenschaft;

- der Erfassung nur der laufenden Ausgaben, nicht der einmaligen Aufwendungen für FuE;

- der Erfassung von Personen und nicht des Vollzeitäquivalents (FTE) des FuE-Personals.

Estland

Die Republik Estland wurde 1991 als Mitgliedsstaat in die UNO aufgenommen. Im selben Jahr wurde begonnen, die Empfehlungen der UNO und der OECD bei der Forschungsstatistik anzuwenden. 1992 wurde vom estnischen Statistikamt eine den Normen der UNESCO ent- sprechende Zählung von Wissenschaftlern und Ingenieuren durchgeführt. Dieser lag eine neue Einteilung der Forschungsgebiete und das Vollzeitäquivalent (FTE) zugrunde. Wie der Stand bei der Erfassung der Finanzierung ist, geht aus dem Bericht nicht hervor.

Lettland

In Lettland vollzieht sich erst in letzter Zeit ein allmählicher Übergang zum System der Wis- senschaftsstatistik, wie es in den westlichen Ländern üblich ist. Begonnen wurde 1993 mit der Ermittlung der Anzahl der Mitarbeiter.

(16)

2. Ausgaben für die Wissenschaft und Finanzierungsquellen 2.1. Ausgaben für die Wissenschaft

In der UdSSR entfiel der Hauptteil der Aufwendungen für die Wissenschaft auf Rußland. Im Vergleich dazu waren die wissenschaftlichen Ressourcen der anderen Unionsrepubliken ver- hältnismäßig gering, (vgl. Tabelle 2.1.) Hinzu kommt, daß hier die fähigsten Wissenschaftler konzentriert waren und daß in Moskau auch die zentrale Verwaltung sowie die Ressour- cenzuteilung für besonders wichtige FuE-Vorhaben erfolgte.

Tab. 2.1.: Der Anteil der Unionsrepubliken an den Wissenschaftlern und an den zivilen Ausga- ben für die Wissenschaft in der ehemaligen UdSSR

(Nadiraschwili 1994.S.38)

- Wissenschaftlerl989 Ausgaben für die Wis- senschaft 1985

-

Tsd. Pers. in % Mill.Rub. in %

UdSSR 1522,2 100 26405,7 100

Rußland 1032,1 67,8 19900,0 75,4

Ukraine 219,3 14,4 3079,0 11,7

Belorußland 44,1 2,9 498,6 1,9

Lettland 14,0 0,9 212,0 0,8

Litauen 15,4 1,0 167,6 0,6

Estland 7,1 0,5 93 0,4

Eine Besonderheit für die Länder der GUS und vor allen für Rußland ist der hohe Anteil der Militärwissenschaft. In der UdSSR galt die Priorität der Militärwissenschaft, die etwa 70%

der Budgetaufwendungen für die Wissenschaft vereinnahmte (Gaponenko 1994, S . l l ) . Ob- wohl sich der Anteil von FuE an den Gesamtausgaben für Verteidigungszwecke von 20%

(UdSSR) auf 1 1 % (1993) reduzierte, liegt der Anteil militärischer Kosten an den wissen- schaftlichen Gesamtkosten Rußlands immer noch bei 4 3 % ; in den USA beträgt dieser Anteil etwa 2 3 % (Gaponenko 1994, S.77). Zur Konversion der Militärwissenschaftj gibt es in den Länderberichten sehr wenig Aussagen:

"Im Endeffekt sind für die "Militärwissenschaft" die gleichen negativen Hauptprozesse charakteristisch, wie sie für die Sphäre der Untersuchungen im allgemeinen gelten: Ab- gang der qualifizierten Gelehrten und scharfe Verminderung des Zuflusses von Absol- venten. Die Mehrzahl der Forscher begann, die Institute nur als "Dach" zu verwenden und führt ihre Haupttätigkeit außerhalb der Institute durch" (Gaponenko 1994, S.71).

Dem russischen Bericht ist nicht zu entnehmen, wie sich die Wissenschaft in diesem Bereich weiter entwickelt, welche personellen und finanziellen Ressourcen frei werden und ob diese zur Stärkung der zivilen Bereiche der Wissenschaft beitragen. Der schleppende und unkoor-

(17)

15

dinierte Gang der Rüstungskonversion und der enorme Umfang der dafür erforderlichen Mit- tel lassen allerdings befürchten, daß von dem riesigen Wissenschaftspotential keine oder nur geringe Impulse für die Stabilisierung der Wirtschaft zu erwarten sind. Laut einer Analyse des Forschungsinstitutes für Militärökonomie und angewandte Konversion Berlin zu den Proble- men der Rüstungskonversion ergeben sich die erheblichen finanziellen Aufwendungen, die in ihrer Dimension bei weitem den Rüstungshaushalt übertreffen, in erster Linie aus. den Auf- wendungen für die soziale Absicherung der Beschäftigten, den hohen Investitionsaufwendun- gen für die Schaffung neuer ziviler Produkte und Geschäftsfelder (je nach der Spezifik der Rüstungsproduktion können diese drei- bis zehnmal so hoch sein), den Maßnahmen zur Ge- währleistung der Sicherheit und zur Beseitigung regionaler Disproportionen. In Rußland gab es sogenannte "geschlossene" Städte, die fast ausschließlich für den Rüstungssektor tätig wa- ren (Schulmeister 1994, S. 18 f.).

Den Tabellen 2.2. bis 2.4. ist zu entnehmen, daß in den letzten vier Jahren die absoluten und die relativen Aufwendungen für die Wissenschaft stark abgefallen sind und sich somit die Frage nach dem Überleben der Wissenschaft stellt. Gleichzeitig wird deutlich, daß die Anga- ben der einzelnen Länder zu den Aufwendungen für die Wissenschaft sehr lückenhaft und z.T.

nicht vergleichbar sind.

Tab. 2.2.: Anteil der Ausgaben für FuE (A) oder der Gesamtaufwendungen für die Wissen- schaft (B) am Bruttoinlandsprodukt (in Prozent)

Land Literaturquelle A/B 1989 1990 1991 1992 1993 Rußland Gaponenko 1994, S.200 A 2,03 2,03 1,54 0,78

Ukraine Malitzkij 1994, S.58 B 3,1 2,5 1,6 0,6

Lettland Kristapsons 1994, S.92 B 1,6 0,35

Estland Laas 1994, S.53 B 0,42

Tab. 2.3.: Wissenschaftliche Gesamtaufwendungen pro Kopf der Bevölkerung

Land Literaturquelle ME 1989 1990 1991 1992 1993 Rußland Gaponenko 1994, S.200 Rbl. konst.

Preise 1988 74,4 75,0 55,9 20,7 Ukraine Malitzkij 1994, S.58 Rbl .konst.

Preise 1990 100 25

Lettland Kristapsons 1994, S.91 und eigene Berechnungen

Dollar 3,1

Estland Laas, 1994,S.53 Dollar 5,4

(18)

Tab. 2.4.: Entwicklung der wissenschaftlichen Gesamtausgaben Land Maßeinheit Literatur-

quelle 1989 1990 1991 1992 1993 Rußland Mrd.Rub.zu konst.

Preisen 1988

Gaponenko

1994, S.76 21,7 18,9 12,1 4,75 Rußland

in Prozent 100 87,1 55,8 •21,9

Ukraine lfd. Preise

D Mrd. Rub.

2) Mrd.Krb

Malitzkij 1994,

S.58 5,1 1) 7,5 1) 77,8 2) 650 2)

Belo- rußland

Schätzung vgl.Preise

Nesswetailow 1994, S.92

1992/93 nur noc Vergleich

l ein Dr zu 1991

Ittel im Lettland D Mill.Rub.

2) MULLS

Kristapsons 1994, S.91

200 D 101,2 l) 4,7 2)

Lettland

Schätzung in vgl.

Preisen

Kristapsons 1994, S.90

1993 im Vergleich zu 1990 nur noch ein Zehntel

Rußland

Zur finanziellen Versorgung der Wissenschaft in Rußland und den Schwierigkeiten und Risi- ken äußerte sich der Minister für Wissenschaft und Technische Politik Rußlands, Boris Zalti- kov, im August 1994 (Zaltikov, 1994):

Die materielle Absicherung der Wissenschaft hat sich in letzter Zeit geringfügig verbessert, wenn auch die Lage instabil bleibt. Viele Institute haben Schwierigkeiten ihre Rechnungen für Energie, Telefon, Gas u.a. zu bezahlen. Bei einigen Forschungsinstituten wurde schon der Strom abgestellt. Da Stromausfall in einigen Instituten, die z.B. mit Kernkraft arbeiten, zu Katastrophen führen bzw. die Arbeit vieler Jahre in biologischen Zentren u.a. Forschungsein- richtungen zerstören kann, hat die Regierung einen Beschluß gefaßt, wonach es verboten ist, die Institute von lebenswichtigen Versorgungsquellen zu trennen.

Aus dem Haushalt für 1994 sollten der Wissenschaft 5,1 Trillionen Rubel bereitgestellt wer- den.1 Bisher wurde im ersten Halbjahr erst 1 Trill. Rubel bereitgestellt, und man wäre froh, wenn die Wissenschaft wenigstens 70-75% der geplanten Mittel aus dem Budget erhält.2 Da nur verhältnismäßig wenige Forschungsinstitute und Wissenschaftler in der Lage sind, Grundlagenforschung, angewandte Forschung sowie Technologie- und Erzeugnisentwick- lungen mit Spitzenniveau hervorzubringen, wird in den Berichten betont, daß für die Stärkung der Wissenschaft die "noch verfügbaren" Mittel unbedingt auf die Spitzenkräfte konzentriert werden müssen. Mit dieser Aufgabenstellung waren nicht nur die alten, sondern auch die neu gebildeten Institutionen zur Verteilung der Finanzmittel überfordert.

Ukraine:

Nach vorhandenen Schätzungen hat nur ein geringer Teil des wissenschaftlich-technischen Potentials (etwa 5 Prozent) die erforderliche Qualität zur Schaffung prinzipiell neuer wis- senschaftlicher Kenntnisse, die die Produktion revolutionieren könnten. Die Politik des Staa-

1 In Rußland sind 1 Trillion Rubel gleich 1 01 2 Rubel.

2 Laut Umrechnungskursen der Deutschen Bank für Januar 1994 bis Juni 1994 sind das ca. 940 Mill.DM oder 560 Mill. Dollar, dieaus dem Staatshaushalt Rußlands im ersten Halbjahr für die Wissenschaft aus- gegeben wurden.

(19)

tes wurde nicht zugunsten des qualitativen Teiles des wissenschaftlichen Personals korrigiert, so daß staatliche Finanzen weiterhin auf das ganze wissenschaftliche Potential zersplittert werden.

Belorußland:

Es wird über eine sinkende Qualität von FuE berichtet. Betrug 1985 der Anteil von Mustern neuer Technik, die von ihrer Qualität die besten einheimischen und ausländischen Muster übertrafen noch 12%, so fiel er bis 1990 auf 4% und 1991 auf 1%.

2.2. Finanzierungsquellen

Die Finanzierung der Wissenschaft erfolgt zum großen Teil zentralisiert aus den Mitteln des Staatshaushaltes. In den meisten Ländern gibt es erste Erfahrungen, einen Teil der Mittel über wettbewerbliche Methoden zu verteilen. Die Bereitstellung finanzieller Mittel aus dem Wirt- schaftssektor geht immer mehr zurück, und die Rolle der öffentlichen Zuwendungen aus dem

; Staatshaushalt ist in allen Ländern gestiegen.

Tab. 2.5: Struktur der laufenden Aufwendungen für die Wissenschaft nach den Finanzie- rungsquellen (in Prozent)

L a n d L i t e r a t u r Finanzierungsquelle 1985 1986 1990 1991 1992 1993 UdSSR Gaponenko

1994, S.200 Mittel aus dem Staatshaushalt 86,4 79,4 UdSSR Gaponenko

1994, S.200

Mittel aus Zentralfonds (ohne

Haushalt) 11,4 18,0

UdSSR Gaponenko 1994, S.200

eigene Mittel der Unternehmen

und Institutionen 2,2 2,6

Rußland ebenda Mittel aus dem Staatshaushalt 95,0 91,9

Rußland ebenda

Mittel aus Zentralfonds (ohne

Haushalt) 2,6 4,4

Rußland ebenda

eigene Mittel der Unternehmen

und Institutionen 2,4 3,7

Ukraine Malitzkij 1994, S.57

Mittel aus dem Staatshaushalt 12 ca. 50

Ukraine Malitzkij 1994,

S.57 eigene Mittel der Unternehmen

und Institutionen 80

Belo- r u ß l a n d

Nesswetailow 1994, S.124

Anteil der Mittel aus dem Staats- etat an den Gesamtausgaben für FuE

14,5 14,5 53,7

Lettland Kristapsons

1994.S.91 Mittel aus dem Staatshaushalt 25 68

Lettland Kristapsons 1994.S.91

Verträge mit lettländischen Or-

ganisationen 17

Lettland Kristapsons 1994.S.91

Verträge mit ausländischen Or-

ganisationen 15

Estland Laas 1994, S.32

Mittel aus dem Staatshaushalt

Estlands 45 1989:

32

Die gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme und der Kampf der wechselnden Regierungen um die Macht haben dazu geführt, daß die Wissenschaft bei den politischen Ent-

(20)

Scheidungen meist eine untergeordnete Rolle spielt. Gesetzesbeschlüsse werden verzögert und selbst beschlossene Regelungen ungenügend durchgesetzt. Obwohl die Mittel aus dem Staats- haushalt heute mehr denn je von den Forschungseinrichtungen benötigt werden, da andere Quellen fast völlig versiegt sind, sinken ihre Größenordnung und ihr Anteil an den Budge- tausgaben insgesamt. Der Anteil der Mittel aus dem Staatshaushalt, die für die Wissenschaft ausgegeben werden, betrug 1993 in

den USA 7,6%, dagegen in Rußland 3,6% und in

Belorußland 2,5% (1994 nur noch 1,8%).

Der Stellenwert, den die Regierungen der Wissenschaft bei der sozialökonomischen Um- wandlung der Gesellschaft beimessen, wird von den Autoren wie folgt charakterisiert:

Rußland (Gaponenko 1994, S.79):

In den letzten Jahren war die Entwicklung von FuE kein vorrangiges Ziel staatlicher Struktur- politik, obwohl das in zahlreichen Deklarationen erklärt worden ist. Im Gegenteil, die Wissen- schaft zählt zu den Hauptopfern des Haushaltsdefizits: 1993 wurden aus dem Staatshaushalt lediglich 7 3 % der geplanten Mittel bewilligt.

Belorußland (Nesswetailow 1994, S.13f.):

Einerseits will niemand offen bekennen, daß die Republik keine Wissenschaft braucht. Ande- rerseits wird die Wissenschaft, insbesondere die Grundlagenforschung, nicht mehr als Be- schleuniger der Reformen, nicht einmal als Priorität der gesellschaftlichen Entwicklung be- trachtet. Es werden allenfalls Maßnahmen zum Schutz des wissenschaftlich-technischen Po- tentials vor dem vollständigen Zerfall eingeleitet.

Unter den Bedingungen des starken Rückgangs der FuE-Aufwendungen spielt die Suche nach ausländischen Finanzierungsquellen eine große Rolle; trotzdem ist deren Anteil an der gesam- ten Finanzierung bis heute gering geblieben.

Rußland

In den Jahren der Perestroika galten die Joint Ventures als Hauptform der wissenschaftlich- technischen Zusammenarbeit. In letzter Zeit wird aber den direkten Verbindungen zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen Rußlands und den Industrieunternehmen des Westens im- mer mehr Beachtung geschenkt. Ausländische Aufträge sind für einige Konstruktionsbüros des Verteidigungskomplexes fast die einzige Existenzquelle. 1992 betrug die Summe der durch die Realisierung wissenschaftlich-technischer Leistungen auf dem Weltmarkt erwirt- schafteten Währungsmittel 16,9 Mill. US-Dollar. Nach Einschätzungen von Experten beab- sichtigten die OECD-Länder allein für die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit Rußland 385 Mill. US-Dollar bereitzustellen; darunter: in den USA - 228 Mill.$, in der BRD - 66 Mill.$, Kanada - 25 Mill.$, Frankreich - 22 Mill.$. Der Hauptteil wird dabei zur Entloh- nung der Arbeiten benutzt, mit denen sich die westlichen Teilnehmer im Rahmen dieser Pro- jekte beschäftigen, sowie zur Bezahlung der Wissenschaftler und Aspiranten, die auf vertrag- licher Basis im Ausland arbeiten und zur Organisation von Konferenzen und Semina- ren.(Gaponenko, 1994, S. 81 f.)

(21)

In der AdW Rußlands nehmen 60-70% der wissenschaftlichen Einrichtungen an interna- tionalen Programmen und Projekten teil oder erfüllen FuE-Aufträge ausländischer Firmen.

Die Leiter sind jedoch der Meinung, daß das Forschungsniveau eine breitere Zusammenarbeit gestatten würde. Als Haupthindernisse für die Anknüpfung von Beziehungen zu Aus- landspartnern werden der Mangel an Finanzmitteln für die Vermarktung von Entwicklungen, eine rückständige materiell-technische Basis für die Designgestaltung sowie unzureichende Werbung gesehen.

Ukraine

Die Wissenschaftler werden auch aus dem Ausland materiell unterstützt, wie z.B. durch Ein- beziehung in ausländische Forschungsprojekte, Praktika an ausländischen Instituten, For- schungsaufträge oder die Erarbeitung von Lehrbüchern und Lehrmitteln. Nach unserer Schät- zung profitierten 1993 von diesen ausländischen Unterstützungen über 2 Tsd. Personen. Das sind weniger als 1% der Wissenschaftler. Für die Mehrzahl der befragten Wissenschaftler ist gerade diese Form der materiellen Unterstützung besonders wichtig. (Malitzkij 1994, S.60f) Estland

60 Prozent der registrierten Forschungen der AdW wurden auf der Grundlage von Rahmen- verträgen mit dem Ausland bearbeitet. Als ein großes Defizit für die weitere Entwicklung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit wird jedoch die einseitige Ausrichtung nach dem Westen angesehen. Sogar die Teilnahme an Konferenzen in Rußland, der Ukraine und in anderen Staaten der GUS verringerte sich auf ein Minimum (Laas 1994, S.56).

Lettland

Die Gesamtsumme, die die lettländische Wissenschaft durch Programme der EU erhält, be- trägt ungefähr 20% des Staatsbudgets der Wissenschaft. Die Hälfte davon stammt aus dem Internationalen Wissenschaftsfonds und die andere Hälfte vom Programm TEMPUS, das der Entwicklung der Hochschulbildung dient.

Inzwischen liegen erste Auswertungen über die Verteilung des Soros Fondes in der GUS und den baltischen Staaten vor. (Otcet meshdunarodnogo, 1994 S. 1 lf) Mit Hilfe dieses internatio- nalen Fonds wird versucht, die finanzielle Lage der leistungsstärksten Wissenschaftler zu ver- bessern und sie zu ermutigen, in dieser schwierigen Situation ihr Land nicht zu verlassen. Der Fonds verfügt über eine Spende von G. Soros in Höhe von 100 Mill. Dollar, die 1993 und 1994 für die Unterstützung der Grandlagenforschung in den Nachfolgestaaten der Sowjetuni- on vergeben wurden. Der Fonds wird durch ein Komitee namhafter Wissenschaftlern in Form von Grants (Zuschüssen, Beihilfen, Stipendien) als kurzfristige oder längerfristige Hilfen ver- geben. Der kurzfristigen Unterstützung dienten 26000 individuelle Grants zu je 500 Dollar (Kriterium für die Bewilligung war der Nachweis von mindestens 3 Publikationen in führen- den wissenschaftlichen Zeitschriften mit einem hohen "Impact-Faktor" in den letzten 5 Jah- ren) und 1000 Grants für kleine Forschungsteams zu 1500 Dollar. Die längerfristigen Grants für zwei Jahre wurden in einer Gesamthöhe von 46 Mill. Dollar für eingereichte Projekte auf Wettbewerbsgrundlage vergeben. Die Auswahl erfogte in drei Etappen nach festen Regeln, die für eine gerechte Bewertung sorgen sollten. Zur Begutachtung der Projekte wurden inter- nationale Spezialisten herangezogen. Letztendlich erhielt nur jedes sechste Projekt eine Un-

(22)

terstützung, was hauptsächlich an den begrenzten Mitteln lag. Neben dem Lohn für die Wis- senschaftler wird durch die Finanzierung auch die materiell-technische Versorgung der For- schungsprojekte aus dem Ausland abgesichert. Es werden Reisen zur Teilnahme an Konferen- zen im Ausland bezahlt. Über diesen Fonds wird des weiteren Fachliteratur aus den USA an eine Reihe von Bibliotheken geliefert.

Die statistische Auswertung der Verteilung der Geldmittel zeigt, daß der überwiegende Teil auf Rußland entfiel (Abb. 2.1.), unter den Wissenschaftsgebieten waren vor allem Physik, Biologie und Chemie begünstigt. (Abb. 2.2.)3

Abb. 2.1.: Die Verteilung der 500 Dollar-Grants aus dem Soros-Fonds nach den Ländern der GUS (Anzahl in Prozent, Berechnet nach Otcet meshdunarodnogo..., S.l 1)

3 So bedeutungsvoll die Hilfe für die Grundlagenforschung auch ist, so ist andererseits auch zu bedenken, daß mit einer verhältnismäßig kleinen Summe von nur 100 Mill. Dollar sich die Amerikaner einen Überblick über einen großen Teil des Potentials in der Grundlagenforschung geschaffen haben. Die Begutachtung von Projek- ten ist unter Konkurrenzbedingungen auch ein zweischneidiges Schwert, denn Erkenntnisse der Grundlagenfor- schung können weltweit genutzt werden.

(23)

Geographie

Biologie

Astronomie

Abb. 2.2.: Die Verteilung der längerfristigen Forschungsbeihilfen nach der ersten Ausschrei- bungsrunde nach Wissenschaftsbereichen, Anzahl der Projekte

(Otcet m e s h d u n a r o d n o g o . . . , S.l 1)

2.3. Struktur der Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach Wissenschafts- sektoren und Forschungstypen

In der Organisationsstruktur der Wissenschaft der UdSSR gab es drei Sektoren: die Akademie der Wissenschaften (außeruniversitärer Sektor), die Universitäten und Hochschulen (Hochschulsektor) sowie der Wirtschaftssektor. Obwohl diese Sektoren heute noch existieren, vollziehen sich in und zwischen ihnen erhebliche strukturelle Wandlungen, was sich auch in der Verteilung der finanziellen Ressourcen ausdrückt, (vgl. Kapitel 4)

(24)

Tab. 2.6.: Die Verteilung der finanziellen Ressourcen nach Wissenschaftsbereichen (in Prozent)

Akade- Hoch- Wirtschaftssektor Land Literaturquelle Jahr mie- schul- gesamt darunter

sektor sektor Branche 4

Untern.

Rußland Nadiraschwili 1994,S.43 1985 6,1 7,6 86,3

Gaponenko 1994,S.202 1990 10,5 6,1 83,4 78,5 4,9 1991 11,8 5,5 82,6 78,4 4,2 1992 13,6 5,1 81,4 76,2 5,2 Ukraine Nadiraschwili 1994,S.43 1985 13,8 11,3 74,9

Malitzkij 1994.S.31 1991 11,0 11,0 78,0 1993 25,0 8,0 55,0 Belorußl. Nadiraschwili 1994.S.43 1985 18,5 10,1 71,4 Lettland Nadiraschwili 1994,S.43 1985 22,4 15,8 61,8

Kristapsons 1994.S.91 . 1993 51,0 19,0 [30] [9] 21 Litauen Nadiraschwili 1994,S.43 1985 22,6 26,2 51,2

Estland Nadiraschwili 1994,S.43 1985 28,7 14,7 56,6

Die Realisierung bestimmter Forschungstypen (Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Entwicklung) differiert nach den Sektoren. Ausführliche statistische Daten liegen nur von Rußland vor (vgl. Tab.2.7. bis 2.9.). In den letzten Jahren haben sich die Proportionen zwi- schen den Forschungstypen innerhalb der Sektoren deutlich verschoben, was insbesondere auf Umfang und Quellen der Finanzierung zurückzuführen ist. In einigen Ländern wird aber auch eine Finanzierungsstrategie verfolgt, mit der die Rolle der Akademie oder der Universitäten im Wissenschaftssystem neu gestaltet werden soll (siehe Kapitel 4.).

4 Hierunter sind vor allem selbständige Industriezweig-Forschungsinstitute zu verstehen, die zum großen Teil aus den Fonds der Ministerien oder anderer zentraler Organe finanziert wurden.

(25)

a

¿A <a

c f l

T3 e s eu e s

- s

E* o

t -

T3 C 04

« S

e Oí s

#c c

01 CS ^ - v e u r i

to O

1!««

o

- G

B g 5 &

u

S X !

s

I!

i e -

ri

H

I*

.* o on

!-<y

B » ,

g"

N <U

N

O

.M o> <n

"3

u

»1

M u o

B o

•fe»

01

e s O l

<U G N O

E

a>

en

B

<u

"3 c

N B

• M*

V 0>

t J

0)

«5 B

U <u ns

B

<u M B 9

•a (U

: « B lu

>

0 0

.d

es H

o

en

u

01 c

SF *L

N O)

0 )

j s u

B o

w O)

- l ì

<

ù a

T3

0)

M

G U O N

s

Si

a

Sf) s s

JS u u vi

£

B 4) B

13

N

'S B tu

«

S 0)

•<

U

0>

-B U) B 9 U

<D H3 fl

!

2

>

ON

ri

«

ON

(26)

3. Einkommen der Wissenschaftler

Der starke Rückgang der finanziellen Gesamtaufwendungen für die Wissenschaft hat zu einer rapiden Verschlechterung des Einkommens der Wissenschaftler geführt. Der Durch- schnittslohn der Wissenschaftler war schon im sozialistischen System relativ gering; er ist inzwischen weit unter den Durchschnitt in der Volkswirtschaft bzw. in der Industrie ge- sunken: Lag er bis 1990 noch bei 100 bis 120 Prozent des Durchschnitts, so beträgt er jetzt nur noch 60 bis 80 Prozent (siehe Tab. 3.1.).

Tab. 3.1.: Anteil des Durchschnittslohnes der Wissenschaftler im Vergleich zum Durch- schnittslohn der Volkswirtschaft (VW) bzw. der Industrie (Ind.) in Prozent Land Quelle VW/Ind. 1986 1989 1990 1991 1992 1993 Rußland Gaponenko 1994, S.206 VW 103,8 121,5 118,6 105,3 70,9 64,8 Ind. 96,6 114,2 113,2 96,2 59,9 60,1 Ukraine Malitzkij 1994; S.59

und eigene Berechnung VW 105,2

(1985) 126,4 99,0 85,0 84,2 Belo-

rußland

Nesswetailow 1994;

S.95 ,S.126 VW 101 87 98

Nesswetailow 1994;

S.126 Ind. 98,4

Lettland

Kristapsons 1994, S.93 Staad.

Untern, u. Einr.

65,4 Litauen Dagyte,1994,S.31 ohne An-

gabe 120. 60

Estland Laas,1994,S.31,S.52

VW 66-89 88

Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Lohnniveau in diesen Ländern bereits sehr niedrig ist.

Der Durchschnittslohn betrug im Oktober 1993 in der Ukraine 11 $, in Belorußland 20 $, in Litauen 30 $, in Rußland 45 $, in Estland 73 $ und in Lettland 92 $. (Nesswetailow 1994, S.

9)

Der Lohn der Wissenschaftler reicht oft nicht für das Lebensminimum. Der Lohnfonds in den Forschungsinstituten wird mit Zuwachsraten geplant, die weit unter den realen Preiserhöhun- gen liegen. Ende 1991 wurde z.B. der Tariflohn für die Mitarbeiter der Russischen Akademie der Wissenschaften um das 2,5 fache erhöht; im gleichen Zeitraum stiegen die Verbraucher- preise aber um das 10 bis 15fache (Konschenko, 1994, S. 31).

Die extrem niedrige Entlohnung der Wissenschaftler führt zu ihrer Abwanderung in wis- senschaftsfremde Bereiche und ins Ausland (Brain Drain) bzw. zwingt sie zur Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen durch nebenberufliche Tätigkeit.

(27)

In fast allen Länderberichten untersuchten die Autoren ausführlich die Abwanderung der Wis- senschaftler in andere Bereiche und werteten Daten und Befragungen dazu aus. Obwohl

"Brain Drain" ins Ausland verhältnismäßig selten vorkommt, gibt er dennoch Anlaß zur Be- unruhigung, da er meist "ausgewiesene Kapazitäten" und Nachwuchswissenschaftler betrifft.

Im Ministerium für Wissenschaft und Technik wird über Maßnahmen nachgedacht, wie man die Wissenschaftler im Lande halten kann. Dazu zählen besondere Formen von vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Wissenschaftlern und den Instituten oder eine direkte Sonderfi- nanzierung der Wissenschaftler, bei denen mit einer Ausreise zu rechnen ist. Da dies erhebli- che Mittel erfordern würde - man muß pro Wissenschaftler mit einem monatlichen Gehalt von mindestens 1000$ rechnen - gibt es hierzu noch keine Beschlüsse (Zaltikow, August 1994, S.3).

Noch stärker fällt der "Brain Drain" im Inland ins Gewicht, der vor allem jüngere Wissen- schaftler betrifft. Hinzu kommt, daß es wegen der derzeitigen Krise schwierig ist, überhaupt wissenschaftlichen Nachwuchs zu gewinnen und auszubilden. Die äußerst niedrige Entloh- nung der Wissenschaftler, die schlechte materiell-technische Ausstattung der Arbeitsplätze, die unsicheren Perspektiven und das sinkendes Prestige führen nicht nur zur Reduzierung der Anzahl der Wissenschaftler, sondern langfristig auch zu schwerwiegenden Folgen für das qualitative Niveau und die Struktur des wissenschaftlichen Personals.

In einigen Berichten werden solche Aktivitäten der Wissenschaftler, sich zusätzliche Ein- nahmequellen durch nebenberufliche Tätigkeit zu erschließen, positiv bewertet, in anderen wird dieser Tendenz mit großer Skepsis begegnet. Unterschiede sind auch zwischen den Fachrichtungen und Instituten festzustellen. Die wirtschaftswissenschaftlichen und juristi- schen Fachrichtungen haben sich z.T. schnell ins kommerzielle Leben integriert.

Rußland

In den Interviews stellten die Autoren auch Fragen zur nebenberuflichen Tätigkeit. Jeder fünfte Befragte arbeitet nebenberuflich, wobei in fast 70% der Nennungen die nebenberufliche Tätigkeit eng mit dem wissenschaftlichen Hauptberuf zusammenhängt. Die Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften haben mehr Möglichkeiten für nebenberufliche Beschäftigung, was die AdW für viele besonders attraktiv macht. Die Untersuchung ergab, daß die größten Einkommensanteile durch die Arbeit in kleinen Unternehmen bzw. wissenschaftlich- technischen Genossenschaften (41%) sowie an den Hochschulen (18%) gewonnen wurden.

Die Einkommen durch Lehre außerhalb der Hochschulen und Beratungen betrugen jeweils 7%

und 10%. Minimale Einkommensanteile beziehen sich auf nebenberufliche Arbeit in Joint- Ventures (3%) und anderen Forschungsinstitutionen (5%) (Gaponenko 1994, S.87).

Ukraine

Wie soziologische Untersuchungen zeigen, haben über 26 Prozent der befragten Mitarbeiter wissenschaftlicher Einrichtungen Nebenverdienste, wobei nur ein unbedeutender Teil davon mit dem Hauptberuf verbunden ist (Erarbeitung von Projekten, Konsultationen, Vorlesungen, Entwicklung von Software u.s.w.). Am verbreitetsten ist die Tätigkeit der Softwareentwick- lung, darunter auch für ausländische Auftragsgeber. Schätzungen zufolge betragen die Neben- verdienste auf diesem Gebiet etwa 200 US-Dollar im Monat, was ungefähr das 10-fache des Gehaltes an der Hauptarbeitsstelle ist. (Malitzkij 1994, S.60)

(28)

4. Neue Finanzierungsformen in der Wissenschaft und ihr Einfluß auf die Transforma- tion

4.1. Einführung neuer Finanzierungsformen zur Förderung des Wettbewerbs

In den ehemaligen Mitgliedsländern des RGW erfolgte die Finanzierung der Wissenschaft und der wissenschaftlich-technischen Entwicklung in der Wirtschaft zum größten Teil aus zentra- len staatlichen Quellen. Über ein spezielles System der Leitung und Planung des wis- senschaftlich-technischen Fortschritts erhielten die einzelnen Hochschulen, Institute und For- schungseinrichtungen ihre finanziellen Mittel zugeteilt. Spezialisierte zentrale Organe waren für die Durchführung einer einheitlichen staatlichen Politik auf diesem Gebiet verantwortlich (Sirüwjng 1984.JL 4) Trotz gewisser Besonderheiten und Unterschiede im Aufbau hatten die- se Regierungsstellen in allen Ländern einen gleichartigen Status und vergleichbare Funktionen (siehe Tab. 4.1.).

Tab. 4.1.: Spezialisierte zentrale Organe für die Leitung des wissenschaftlich-technischen Fort- schritts in den ehemaligen Mitgliedsländern des RGW (Strüwing, 1984,S.5)

Bulgarien Ungarn UdSSR DDR Polen Romänien CSSR Staatliches

Komitee für Wissenschaft und techni-

schen Fort- schritt

Staatliches Komitee für technische Entwick- lung

Staatliches Komitee für Wissen- schaft und Technik

Ministerium für Wissen- schaft und Technik

Ministerium für Wissen- schaft, Hochschul- bildung u.

Technik

Nationalrat für Wissen- schaft und Technologie

Staatliche Kom- mission für wissen- schaftlich- technische u. In- vestitions- entwicklung

In den 80er Jahren führten die Länder bei der Finanzierung von FuE verstärkt die sogenannten

"Prinzipien der wirtschaftliche Rechnungsführung" ein. In den Vereinigungen und Kombina- ten wurde z.B. ein Fonds für die technische Entwicklung in Form von Abführungen vom Gewinn nach normativen Verteilungsprinzipien gebildet. Er schaffte zwar einen größeren Spielraum bei der Verwendung und Verteilung der Mittel, hatte aber wenig gemeinsam mit einer Eigenerwirtschaftung von Mitteln für FuE, wie sie für die Marktwirtschaft charakteri- stisch ist. Die Sockelfinanzierung wurde für jedes Institut und jedes Forschungsteam von staatlicher Seite garantiert; jeder Wissenschaftler hatte seinen gesicherten Arbeitsplatz. Unter diesen Bedingungen konnte die Wirtschaftlichkeit, vor allen der angewandten Forschung, auch mit der Einführung von Kontrollmechanismen und von Effektivitätskriterien (wie z.B.

Plankennzahlen zur Erhöhung der Erzeugnisqualität, die Vergrößerung der Zahl der Neuein- führungen, die Anzahl von Patenten oder die Rentabilität der FuE-Maßnahme) nicht wesent-

(29)

lieh erhöht werden. Die Finanzierung von FuE über Bankkredite spielte eine unbedeutende Rolle. Ein gewisser Wettbewerb in Form von Ausschreibungen erfolgte nur in Ungarn (siehe Abschnitt 7.1.).

Bei der Einführung neuer Finanzierungsformen der Wissenschaft beschäftigt die Experten vor allem die Frage, wie die noch verbliebenen geringen Mittel auf Schwerpunktgebiete konzen- triert und die aussichtsreichsten Forschungsprojekte demokratisch bestimmt werden können, welche Auswahlkriterien dabei anzuwenden sind und wie man die Wege zur finanziellen Ver- sorgung der Forschung rationalisieren kann. Auch in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion werden derzeit Erfahrungen bei der Einführung neuer Formen und Methoden gesammelt:

Rußland

Es wurden staatliche wissenschaftlich-technische Zentren gebildet, die weiterhin eine insti- tutionelle Grundfinanzierung erhalten. Gegenwärtig sind dafür von ca. 4000 wissenschaftlich- technischen Organisationen 42 nach strengen Kriterien ausgewählt worden. Die Auswahl er- folgte durch das Ministerium für Wissenschaft und Technische Politik in Zusammenarbeit mit der Kommission für wissenschaftlich-technische Politik, ein Organ der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Das wichtigste Kriterium bei der Auswahl war das internationale For- schungsniveau. Allerdings wurden bis jetzt sogar diese Zentren nicht wie versprochen finan- ziert. Sie erhielten im ersten Halbjahr 1994 erst die Hälfte der vorgesehenen Summe. Es wur- de beschlossen, diese Zentren auch von den Ausgaben für ihre soziale Infrastruktur zu befrei- en; einige von ihnen verfügen über Wohnkomplexe für 10 -12 Tsd. Einwohner (Zaltikov,1994).

Ukraine

Eine der Hauptaufgaben bei der Schaffung neuer gesetzlicher Grundlagen war in der Ukraine die Festlegung der Quellen und Formen zur Finanzierung der Wissenschafts- und Innovation- stätigkeit. Dazu zählen: der Fonds für Grundlagenforschung und wissenschaftlich-technische Programme verschiedener Ebenen; nationale, staatliche, zwischenstaatliche, branchengebun- dene u.a. Programme; der Staatliche Innovationsfonds; ausländische Investitionen; zweckbe- stimmte Zuwendungen aus dem Staatshaushalt; eigene Mittel der Ministerien, Zentralorgane und Betriebe sowie Bankkredite.

Die Bildung und Nutzung von Mitteln des Fonds für Grundlagenforschung hat Priorität vor den anderen Fonds. Er wird aus dem Staatshaushalt sowie aus freiwilligen Beiträgen der Mi- nisterien, Betriebe, Einrichtungen und einzelner Bürger gebildet. Anliegen dieses Fonds ist die Finanzierung der Grundlagenforschung auf Wettbewerbsgrundlage, wobei diese in wissen- schaftlichen Einrichtungen, Hochschulen, durch andere Forscherteams und einzelne Gelehrte, unabhängig von ihrer administrativen Unterstellung, durchgeführt werden kann.

Bis Ende 1992 wurden zahlreiche Steuererlasse und -begünstigungen für die Forschung und Innovationen beschlossen, die aber mit dem Dekret des Ministerkabinetts vom Dezember 1992 "Über die Gewinnsteuer der Betriebe und Einrichtungen" in der Mehrzahl aufgehoben sind.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der Bund Naturschutz möchte die Mittel, die durch die Konzentration der Untersuchungen ausschließlich auf die Variante A frei werden, für diese Hochwasserschutzmaßnahmen

‚Dekadenz‘ des späten Mittelalters – und in trotzigen nationalen Motiven, sondern in der Positivität einer theologischen Lehre bzw. eines religiösen Erlebnisses den

Instruktiv ist auch die Sicht Paul Joachimsens, der das historiographische Problem einer sachge-

bb) Feststellungen im Kapitalerhöhungsbeschluss. Ausübung des Umtauschrechts. Entscheidung über die Ausübung des Umtauschrechts. Ausübung des Umtauschrechts durch Erklärung

Zur Schaffung einer Grundlage für die anschließende Analyse des Finanzierungs- und Sanierungspotentials umgekehrter Wandelschuldverschreibungen bei Unter- nehmen der

Die Teilnehmenden werden ge- beten, ihre Tüte so zu gestalten, dass sie damit etwas Wichtiges über sich selbst und/oder ihre Lebenserfahrungen aus- sagen oder etwas zeigen können,

Der Zionismus ist die Idee, dass europäische Jüdinnen und Juden, die Y Antisemitismus ausgesetzt sind, nach Y Palästina auswandern und dort eine neue, sichere Heimat aufbauen..

In Bezug auf unser Thema ließen sich diese Schwierigkeiten ebenfalls über die Lehrpläne relativ kurzfristig ein Stück weit abbauen, indem man Schwerpunkte, beispielsweise auf