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Archiv "Der Weltmeister und der Dissident" (16.01.1998)

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J

eden ersten Samstagvor- mittag im Monat können Ratsuchende den Börse- bius rund ums Geld befragen.

Leider sind trotz der vier Stunden Anrufzeit auch dies- mal viele Anrufer nicht durchgekommen. Zum Jah- resauftakt konzentrierten sich viele Sorgenfalten um havarierte Aktienprognosen.

So hatte sich ein Anrufer voll auf die Expertenrunde in der 3satBörse verlassen. Ei- ner der Herren empfahl im Fernsehen wärmstens die Airline-Aktie Debonair, was diesem Zuschauer, der dem heißen Tip schnurstracks folgte, einen Verlust von 50 Prozent einbrachte, wie ver- mutlich vielen anderen auch.

„Wie gut sind Börsenex- perten, wenn sie gegeneinan- der antreten müssen?“ Die- ses Thema kenne ich aus ei- gener Anschauung sehr gut, ist doch die Expertenrunde

der 3satBörse ein direkter Nachfolger des von Börse- bius in der „Zeit“ vor rund zehn Jahren initiierten „Zeit- Börsenspiels“, in dem auch jeweils ein Jahr lang Finanz- marktexperten um die Mei- sterkrone kämpften.

Auch dort habe ich erlebt, wie die Leser den Empfeh- lungen der Auguren blind folgten und ohne Ansehen kauften, was die Leute für gut befanden, ob sie nun Heiko Thieme oder Roland Leu- schel hießen.

Oft genug ging es gründ- lich daneben. Was ja auch ver- ständlich ist. Bei solch einem

Experten-Börsenspiel geht es schließlich auch um die Be- friedigung der teilnehmenden Banker, jeder will da gewin- nen. Da gibt es eben zwei pro- bate Mittel: Einerseits markt- enge Papiere kaufen, die dann sowieso steigen, weil sie nach der Empfehlung jeder kauft, und zweitens sehr volative, heißt stark schwankende Aktien erwerben, nach dem Motto: hopp oder top. Mit se- riösen Kapitalmarktprogno- sen hat das Ganze aber nichts zu tun. Solchen Marktschrei- ern zu folgen ist also von Übel.

Ein anderer Anrufer schimpfte böse auf das Wirt-

schaftsmagazin Capital. Das renommierte Blatt habe Kro- nes Vorzüge bei einem Kurs von 700 Mark als wunderbare Sache eingestuft, dem Rat sei er gerne gefolgt, aber jetzt säße er bei einem Kurs von 500 Mark auf satten Verlu- sten. Ob die denn bei dem Magazin nicht könnten oder nicht wollten?

Es ist in der Tat auch hier so, daß selbst in renommier- ten Wirtschaftsblättern die Spreu und der Weizen zuweil unidentifiziert nebeneinan- derliegen. Und seien wir mal ehrlich, die zeitliche Dauer einer Aktienprognose bei ei- nem Monatsmagazin wie Ca- pital von der Redaktion bis zum Drucktermin ist arg lang.

Da heißt es schon aufpassen und nicht alle Eier in ein Nest legen. Sonst können die Kurs-Verfallzeiten einen ar- gen Strich durch die Gewinn- rechnung machen. Börsebius

[60] Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 3, 16. Januar 1998

S C H L U S S P U N K T

Post Scriptum

S

chachweltmeister Garry Kasparow besuchte im letzten Jahr Israel, um in Tel Aviv „Kasparows Schachakademie“ ins Le- ben zu rufen. Unter den stärksten Spielern Ruß- lands sind sehr viele Juden, Kasparow selbst ist Halb- jude und verleugnet dies im Gegensatz zu Bobby Fi- scher, der in einer Art Re- aktionsbildung al- les Jüdische mit Haß verfolgt, nicht.

Etliche von ihnen sind vor allem im letzten Jahrzehnt nach Israel ausge- wandert, welches so, ähnlich wie die USA, in dessen New York sich vie- le russisch-jüdische Großmeister tum- meln, zu einem der stärksten Schach- länder der Welt ge- worden ist. Bei seinem Be- such gab er eine Simultan- veranstaltung gegen 25 Geg-

ner gleichzeitig, um die viel Geheimniskrämerei getrie- ben wurde. Die Liste seiner

Gegner wurde nicht be- kanntgegeben, laut „Schach Magazin 64“ wohl deshalb,

weil darunter prominente Militärs waren. Man durfte nicht fotografieren, selbst die weiß Gott unschuldigen Partienotationen wurden nicht veröffentlicht. Doch nachträglich verirrte sich ei- ne der Partien doch ins In- ternet, und zwar die gegen einen gewissen Nathan Sheransky, Industriemini- ster im Kabinett Netanjahu.

Dieser war in den 80er Jah- ren unter seinem russischen Namen Anatoli Sheranski neben Sacharow der promi- nenteste sowjetische Dissi- dent, ein unbeugsamer Kri- tiker des Systems. „Wo ha- ben Sie so gut Schach spie- len gelernt?“ fragte ihn ein Reporter des israelischen

Fernsehens nach der von ihm gewonnenen Partie.

„Ich war lange Zeit in (sowjetischen) Gefängnis- sen und habe dort tausende Partien gegen mich selbst gespielt“, antwortete She- ransky. Da werden Erinne- rungen an Stefan Zweigs berühmte „Schachnovelle“

wach.

Sehen Sie, mit welcher überraschenden (Opfer-) Kombination Sheransky als Schwarzer am Zug großen Vorteil errang?

Lösung:

Der Weltmeister und der Dissident

DR. MED. HELMUT PFLEGER

Börsebius rund ums Geld

Marktschreier und andere Experten

Mutig schlug Sheransky mit dem Springeropfer 1. ...Sxf2! an der weißen Achillesferse f2 ein. Nach 2. Kxf2 folgte 2. ...Lc5+

3.

Te3 (schlecht wären auch 3.Kf1 Ld3+ bzw . 3.Kg3 Dd6+

4.

Se5 f6 mit vorteilhaftem Rückgewinn der Figur gewesen)

Lxe3+ 4.Kxe3 T e8+ 5.Kf2 Dxd5

6.Kg1 T ad8 7.Kh1 b5, und we-

gen der hilflosen weißen Figu- renstellung hatte Schwarz ge-

winnbringenden V orteil. Nicht so gut wäre übrigens 1....Dxd5

wegen 2.Sxc4 gewesen.

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