• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Hämochromatose - invasive oder nichtinvasive Diagnostik?" (13.11.1998)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Hämochromatose - invasive oder nichtinvasive Diagnostik?" (13.11.1998)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

on einer Hämochromatose sind allein in Deutschland schätzungsweise zwei- bis vierhunderttausend Personen betrof- fen. Die im Spätstadium der Erkran- kung beobachteten schweren Organschäden (Le- berzirrhose mit Entwicklung eines Leberzellkar- zinoms, Diabetes, Kardiomyopathie, Arthropa- thie und Hypogonadismus) können durch eine frühzeitig eingeleitete Aderlaßtherapie vollstän- dig verhindert werden. Wird die Hämochromato- se vor der Manifestation irreversibler Organschä- den erkannt und behandelt, zeigen betroffene Pa- tienten eine normale Lebenserwartung (7). Da- her sollte angestrebt werden, die Erkrankung möglichst frühzeitig zu diagnostizieren. Nielsen und Kollegen zeigen in diesem Heft, welche neu- en Möglichkeiten hier zur Verfügung stehen.

Durchbruch bei der Diagnostik

Mittlerweile zeichnet sich ab, daß die Isolie- rung des Hämochromatosegens HFE zu einem Durchbruch bei der Diagnostik von Eisenstoff- wechselstörungen führen wird. Bei etwa 90 Pro- zent der Hämochromatosepatienten kann die Er- krankung auf eine typische genetische Konstella- tion zurückgeführt werden (homozygote C282Y- Mutation des HFE-Gens (1). Andererseits gibt es aber auch Fälle, bei welchen eine homozygote

C282Y-Mutation des HFE-Gens vorliegt und sich noch keine Eisenüberladung zeigt (zum Beispiel Frauen vor der Menopause oder jugendliche Pa- tienten (4).

Heterozygote Anlageträger der Hämochro- matose (heterozygote C282Y-Mutation des HFE- Gens) erkranken in der Regel nicht manifest (3).

Allerdings kann ein heterozygotes Merkmal eine mäßige Eisenakkumulation bedingen und den Verlauf einer gleichzeitig vorliegenden Leberer- krankung verschlechtern (Potenzierung der Le- berschädigung durch Eisen). Dieses gilt beson- ders für die nichtalkoholische Fettleberhepatitis (5) und die chronische Hepatitis-C-Virusinfekti- on (9). Ferner muß davon ausgegangen werden, daß HFE-Mutationen neben der Hämochroma- tose auch zu anderen Lebererkrankungen dispo- nieren. So finden sich bei Patienten mit einer nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) (5) und einer Porphyria cutanea tarda (2) signifikant häufiger homo- und heterozygote Anlageträger der C282Y-Mutation.

Folglich sollte bei der Diagnostik unklarer Eisenstoffwechselstörungen nicht auf eine HFE- Genotypisierung verzichtet werden. Findet sich eine homozygote C282Y-Mutation, kann von dem Vorliegen einer Hämochromatose ausge- gangen werden. Allerdings ist der Ausschluß ei- ner Hämochromatose bei fehlenden Mutationen im HFE-Gen nicht möglich. So belegen die vor-

A-2909

M E D I Z I N EDITORIAL

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 46, 13. November 1998 (41)

V

Hämochromatose – invasive

oder nichtinvasive Diagnostik?

Wolfgang Stremmel

Sven Gehrke

(2)

liegenden Daten, daß bei etwa zehn Prozent (in Italien bis zu 35 Prozent) der Hämochromatose- patienten andere genetische oder äußere Fakto- ren für die Erkrankung verantwortlich sein müs- sen (1, 8). Ferner wird auch die differentialdia- gnostisch wichtige sekundäre Eisenüberladung (zum Beispiel bei chronischer Hämolyse und in- effektiver Erythropoese) durch die genetische Untersuchung nicht erfaßt. Bei Verdacht auf eine Eisenüberladung (hoher Serumferritinwert und Transferrinsättigung mit Eisen > 45 Prozent) so- wie unauffälligem Gentest muß daher in der Re- gel auf eine Leberbiopsie zurückgegriffen wer- den. In Verbindung mit der quantitativen Eisen- bestimmung im Lebergewebe gilt sie nach wie vor als das sensitivste Verfahren für die Diagnose einer Hämochromatose (6) und bietet zusammen mit der HFE-Genotypisierung ein großes Maß an diagnostischer Sicherheit.

Alternative zu Leberbiopsien

Nielsen und Mitarbeiter zeigen in ihrer Ar- beit, daß die Bestimmung der Leber-Eisenkon- zentration mit der „Supraconducting quantum interference device-(SQUID-)“ Methode durch- aus eine Alternative zur invasiven Leberbiopsie darstellt. Gegenüber anderen nichtinvasiven Verfahren wie der Magnetresonanztomographie oder der Computertomographie ist die SQUID- Methode deutlich sensitiver. Von besonderer Be- deutung ist die SQUID-Methode bei der Thera- piekontrolle unter Aderlässen oder der medika- mentösen Deferoxamin-Therapie. Hier steht ein Verfahren zur Verfügung, das es erlaubt, die Ent- leerung der körpereigenen Eisenspeicher und damit den Therapieerfolg zuverlässig zu doku- mentieren. Allerdings stellt sich die Frage nach der Praktikabilität der SQUID-Methode. So- wohl der hohe apparative Aufwand als auch die wenigen zur Verfügung stehenden SQUID- Biosuszeptometer verhindern derzeit einen brei- ten Einsatz bei der Hämochromatose-Diagno- stik. Ein weiterer Nachteil der SQUID-Methode ist, daß sich die Diagnostik lediglich auf eine Ei- senquantifizierung im Lebergewebe beschränkt.

Die Leberbiopsie erfaßt hingegen auch das Ver- teilungsmuster der Eisenablagerungen. Damit ist im Gegensatz zur SQUID-Methode eine Differenzierung zwischen einer primären Hä- mochromatose und einer sekundären Eisenüber- ladung möglich.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Hämochromatose durch laborchemische Parame-

ter (Serumferritin, Transferrinsättigung mit Ei- sen) und die HFE-Genotypisierung (homozygote C282Y-Mutation) bei der überwiegenden Anzahl der Patienten sicher diagnostiziert werden kann.

Ferner steht mit dem Gentest ein zuverlässiges Verfahren für ein genetisches Familienscreening zur Verfügung, das zumindest Verwandte ersten Grades umfassen sollte. Die nichtinvasive Eisen- bestimmung im Lebergewebe stellt eine sinnvolle Ergänzung der Diagnostik dar und eignet sich ins- besondere für die Verlaufskontrolle unter einer Aderlaß- oder Deferoxamin-Therapie. Bei Pati- enten mit einer Eisenüberladung, jedoch ohne ty- pische genetische Disposition (keine homozygote C282Y-Mutation) ist zur sicheren Diagnose einer Hämochromatose weiterhin eine Leberbiopsie erforderlich. Finden sich bei Patienten mit dem Verdacht auf eine Hämochromatose auch Hin- weise für einen Leberschaden (zum Beispiel eine Erhöhung der Transaminasen), sollten in jedem Fall andere zugrundeliegende Erkrankungen durch eine Leberbiopsie ausgeschlossen werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1998; 95: A-2909–2910 [Heft 46]

Literatur

1. Beutler E: Genetic beyond haemochromatosis: clinical effects of HLA-H mutations. Lancet 1997; 349: 296–297.

2. Bonkovsky HL, Poh-Fitzpatrick M, Pimstone N et al.: Por- phyria cutanea tarda, hepatitis C, and HFE gene mutations in North America. Hepatology 1998; 27: 1661–1669.

3. Bulaj ZJ, Griffen LM, Jorde LB et al.: Clinical and biochemi- cal abnormalities in people heterozygous for hemochromato- sis. N Engl J Med 1996; 335: 1799–1805.

4. Crawford DHG, Jazwinska EC, Cullen LM, Powell LW: Ex- pression of HLA-linked hemochromatosis in subjects homo- zygous or heterozygous for the C282Y mutation. Gastroente- rology 1998; 114: 1003–1008.

5. George DK, Goldwurm S, Macdonald GA et al.: Increased hepatic iron concentration in nonalcoholic steatohepatitis is associated with increased fibrosis. Gastroenterology 1998;

114: 311–318.

6. Kowdley KV, Trainer TD, Saltzman JR et al.: Utility of hepa- tic iron index in American patients with hereditary hemochro- matosis: A multicenter study. Gastroenterology 1997; 113:

1270–1277.

7. Niederau C, Fischer R, Pürschel A, Stremmel W, Häussinger D, Strohmeyer G: Long-term survival in patients with here- ditary hemochromatosis. Gastroenterology 1996; 110: 1107–

1119.

8. Piperno A, Sampietro M, Pietrangelo A et al.: Heterogeneity of hemochromatosis in Italy. Gastroenterology 1998; 114:

996–102.

9. Smith BC, Grove J, Guzail MA et al.: Heterozygosity for hereditary hemochromatosis is associated with more fibrosis in chronic hepatitis C. Hepatology 1998; 27: 1695–1699.

Anschrift der Verfasser

Prof. Dr. med. Wolfgang Stremmel Dr. med. Sven Gehrke

Medizinische Klinik der Universität Heidelberg Abteilung Innere Medizin IV

Bergheimer Straße 58 69115 Heidelberg

A-2910

M E D I Z I N EDITORIAL

(42) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 46, 13. November 1998

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Zur diagnostischen Bedeutung der H63D-Mutation läßt sich sagen, daß es eine Reihe von eisenüberla- denen Patienten gibt, die kombi- nierte heterozygote Träger für die C282Y- und

International durchge- setzt hat sich die Verwendung des Re- striktionsenzyms Rsal, für das sich im gleichen PCR-Produkt bei Abwesen- heit der Mutation (C282Y) eine, bei Vorliegen

bestätigte Hämochromatose nicht bestätigte Hämochromatose Transferrin-Eisen-Sättigung bei 463 Patienten mit klinisch bestätigter Eisenüberladung (> 92% homozygot für

❃ Unter den Frauen mit schwergradi- gen Dysplasien (CIN III) sind diejeni- gen, die durch den HR-HPV-Test ent- deckt werden, jünger als die Frauen, die durch einen

Die psychosozialen Auswirkungen ergeben sich daraus, dass nicht alle Patienten mit einem positiven Testergebnis auch an einer Hämochro- matose erkranken werden.. Sichere

Zwar konnte durch die ACAS-Studie (1) nachge- wiesen werden, dass das relative (!) Insultrisiko durch die Endarterek- tomie mittel- bis hochgradiger, asym-

Wenngleich häufig die Mei- nung zu hören ist, man solle endlich nicht mehr „in der Ver- gangenheit wühlen“, sollte ge- rade der heranwachsenden Ärzte-Generation – die nach

Zusammenfassend bleibt festzuhal- ten, dass seit Einführung des Hä- mochromatose-Gentests in der Regel eine sichere Differenzierung zwischen Hämochromatose und alkoholinduzier-