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Krankenversicherung im Einheits-Look? (Aus: Die Pharmazeutische Industrie, Heft 6/1982, Seite 558)
Die Information:
Bericht und Meinung DIE GLOSSE
Die Buhmänner
des „Vorwärts"
Die deutschen Kassenärzte und noch mehr ihre gesetzliche Selbst- verwaltung, die Kassenärztlichen Vereinigungen, erfreuen sich ei- ner besonderen Beliebtheit bei der Wochenzeitung „Vorwärts", gern als der SPD nahestehend bezeich- net. Wenn es gilt, bundesweiten Unmut über gesundheits- und so- zialpolitische Aktivitäten der Re- gierungsparteien in eine andere Richtung zu lenken, findet sich al- lemal ein Anlaß, die deutschen Ärzte mal wieder als die wahren Buhmänner der Nation darzustel- len — koste dies, was es wolle, selbst die Wahrheit.
So erneut geschehen in der „Vor- wärts"-Ausgabe vom 5. August dieses Jahres unter der Über- schrift „Pfründewesen oder freie Arztwahl?". Da wird dem unkundi- gen „Vorwärts"-Leser das Klage- lied von dem leitenden Kinderarzt des anthroposophischen Gemein- schaftskrankenhauses Witten-Her- decke gesungen, dem der „Zulas- sungsausschuß der Kassenärztli- chen Vereinigung (KV)" die Betei- ligung an der kassenärztlichen Versorgung entzogen hat, weil die kinderärztliche Versorgung am Ort durch einen niedergelassenen Kinderarzt sichergestellt ist. Zuge- geben, eine nicht nur für den be- troffenen Arzt, sondern auch für die ortsansässige Bevölkerung un- erfreuliche Entscheidung, auch wenn sie ganz im Sinne der gel- tenden Zulassungsordnung für Kassenärzte gefällt wurde. Unan- genehm ist sie außerdem, weil gleichzeitig die zuständige Ersatz-
kassen-Beteilig u ngskommission die bisherige Beteiligung um zwei Jahre verlängert hat. Nur, die Kas- senärztliche Vereinigung hat we- der die eine noch die andere Ent- scheidung zu vertreten. Denn so- wohl die Zulassungsausschüsse wie die Beteiligungskommissio- nen sind weisungsunabhängige Gremien und zudem paritätisch besetzt mit Vertretern der Kran- kenkassen und der Kassenärzte.
Daß die Krankenkassen auch in diesem Fall die Entscheidungen mitzuverantworten haben, ver- schweigt nicht nur der „Vor- wärts", sondern auch der in dem fraglichen Artikel mehrfach zu Wort kommende „Sprecher des Kollegiums leitender Fachärzte"
des Herdecker Gemeinschafts- krankenhauses, Gerhard Kienle.
Da ist von einer „Rückkehr ins Pfründewesen des Mittelalters"
die Rede und davon, daß die Ärzte weniger an die Versorgung der Pa- tienten denken, „sondern vorran- gig um ihre Honorare besorgt"
seien (die Ärzte des Herdecker Krankenhauses selbstredend aus- genommen). Die Krankenkassen verschont er ausdrücklich von sol- chen Attacken. Kienle versteigt sich gar dazu, die „Deklaration von Lissabon" heranzuziehen, in der jüngst der Weltärztebund die Patientenrechte niedergelegt hat, darunter das „Recht auf freie Arzt- wahl". Damit verkennt er jedoch den Sinn dieser Deklaration, die sich vornehmlich richtet an die po- litisch Verantwortlichen in totalitä- ren, vor allem sozialistischen Staaten.
Aber vielleicht sehen Kienle und der „Vorwärts" die gesundheitli- che Versorgung der Menschen in diesen Ländern durch eine andere Brille . Anna-Maria Graben
RATSCHLÄGE
Die Ursache ist beim Vater zu suchen!
Sehr geehrter Herr Kollege, ich bin Kinderarzt. Mein fünfjähri- ger Sohn, den ich eingehend über die Sexualfunktion aufgeklärt ha- be, bestreitet energisch die Tatsa- chen und besteht darauf, er sei wie die anderen Kinder vom Storch gebracht worden. Wie kann ich dem Bengel nur bei- kommen:
Dr. Biersnyder antwortet: Ich glau- be schon, daß in diesem Jungen ein romantischer, unrealistischer Zug zur Darstellung kommt. In sol- chen Fällen wird neuerdings die Familientherapie empfohlen; denn zweifellos zeigt sich bei Ihrem Sohn schon jetzt eine Verweige- rung der angehenden Männer- oder Vaterrolle, ausgelöst durch den eigenen Vater, der dem Sohn als relativ schwach erscheint. Die Familientherapie wird sich daher primär darauf richten, den Vater therapeutisch zu stützen. Auf kei- nen Fall sollte man warten, bis der Junge durch den Druck der Reali- tät gezwungen wird, seine Mei- nung zu ändern. Ejj
Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 34 vom 27. August 1982 15