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27. November 1982

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Heute auf Seite 3: Umweltschutz - Aufgabe der Konservativen

vtm öfipttuHmbtoii

U N A B H Ä N G I G E W O C H E N Z E I T U N G FÜR D E U T S C H L A N D

Jahrgang 33 — Folge 48 Erscheint w ö c h e n t l i c h

P o s t v e r t r i e b s s t ü c k . C W - b u h r b«*ahlt

27. November 1982

Landsmannschaft O s t p r e u ß e n e. V .

Pdrkallee 84/86, 2000 Hamburg 13

C 5 5 2 4 C

Wendekreis des Krebses:

D i e G r e n z e n

d e s B ü n d n i s s e s

Kein Lavieren zwischen Bündnistreue und Parteidisziplin nötig

Egon Bdhrs Verdacht, Verteidigungsminister Manfred W ö r n e r habe in Washington ohne Not wichtige deutsche Verhandlungspositionen für die Abrüstung aufgegeben, hat nur 24 Stunden vorge- halten. Dann stellte sich heraus, daß Wörner nur Selbstverständliches gesagt hat. Wenn das Jahr 1983 verstreicht, ohne daß die Sowjets sich bei den Genfer Verhandlungen zu einem Abbau ihrer auf Westeuropa gerichteten Mittelstreckenraketen SS 20 bequemen, dann werden zwar ohne jeden Zwei- fel die neuen Pershing-Raketen der U S A und die Marschflugkörper vom Typ Cruise Missile in West- deutschland und anderen westeuropäischen Län- dern stationiert, aber die Verhandlungen der bei- den S u p e r m ä c h t e über die Reduzierung, ja die Ver- se hrottung dieser Waffen müssen weitergehen. A b - rüstungsbemühungen sind angesichts des „Over- küT, t y dem Ost und West fähig sind, eine Daueraufgabe, deren Frist sich nur nach der zähen und fast unbeweglichen Verhandlungsweise der Russen bemessen läßt.

Nichts verschenkt

Wörner, der in Washington Vorreiter Helmut Kohls war, hat dort ebensowenig etwas verschenkt wie der Kanzler selbst. Der deutsche Druck, den von Helmut Schmidt initiierten NATO-Doppelbe- schluß in seinen beiden Teilen durchzuführen, wird anhalten. Die Reise des neuen Regierungschefs und seines Verteidigungsministers an den Potomac hat im Gegenteil eine Reihe wünschenswerter Klarstel- lungen erbracht, an deren Eindeutigkeit die bishe- rige Bundesregierung es fehlen ließ, gleichgültig, ob sie von den innenpolitischen Ereignissen überrollt wurde und nicht mehr dazu kam, oder ob sie es an der nötigen Sensibilität gegenüber den Untertönen aus Washington fehlen ließ.

Punkt eins dieser Klarstellungen betrifft die Zahl der Pershing-II-Raketen, die im Ernstfall totaler so- wjetischer Verweigerung in der Bundesrepublik aufgestellt werden sollen. Sie bleibt bei 108 Stück, wie im Doppelbeschluß festgelegt wurde. Die U S A hätten mit Rücksicht auf die hydraköpfige Armie- rung der sowjetischen SS 20 zu jeder Abschußram- pe gern eine zweite neue Pershing nachgeschoben, sozusagen zum Nachladen, wenn das erste Geschoß seinen Weg angetreten hat. Bundeskanzler Kohl hatte dies bereits gegenüber dem NATO-Oberbe- fehishaber, US-General Rogers, verweigert.

Doppelbeschluß gilt

Punkt zwei betrifft den Zeitpunkt der Stationie- rung. Auch hier eilten gelegentlich amerikanische W ü n s c h e den deutschen Vorstellungen voraus. So sollte schon im April kommenden Jahres mit der Installation erster Teile der Abschußrampen und der Unterbringung der Cruise-Missile-Flugkorper begonnen werden, um den Druck auf die sowjeti- sche Seite zu verstärken. Auch hier hat sich die Bundesregierung strikt an den Doppelbeschluß des Bündnisses gehalten, wobei sowohl die Empfind- lichkeit der deutschen Öffentlichkeit wie auch die zähe, langwierige Verhandlungsweise der Sowjets berücksichtigt wurde.

Ganz nebenbei, aber doch so, daß es die amerika- nische Öffentlichkeit aufmerken ließ, ist Manfred Wörner in Washington einer Lieblingsvorstellung von US-Verteidigungsminister Caspar Weinberger entgegengetreten. Dieser sondiert seit langem durch unterschiedliche Kanäle, ob die Bundesregie- rung aktiv an einer Verteidigungs- und S.cherheits- politik teilnehmen würde, die die Grenzen des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses uber- schreitet und Gebiete erfaßt, die im NATO-Jargon mit .südlich des Wendekreis des Krebses umrissen

werden. Gemeint ist eine aktive Teilnahme der Bundeswehr an der Verteidigung der Nachschub- wege für Öl und andere Rohstoffe aus dem Persi- schen Golf, durch den Indischen Ozean, das Kap der guten Hoffnung und den Südatlantik einbeziehend

— insgesamt wichtige Routen für die westlichen In- dustrieländer, auf denen die deutsche Flagge nicht präsent ist und es auch trotz Drängens aus den hohen NATO-Stäben nicht sein wird.

Überraschte Opposition

Die Bundesregierung stützt sich bei ihrem Nein nicht nur formal auf Verfassung und Auftrag der Bundeswehr sowie die im NATO-Vertrag festgeleg- ten Grenzen des Bündnisses, sondern auch auf die Tatsache, daß sie mit einer solchen Ausweitung po- litisch wie militärisch uberforciert wäre. Sie hat die Hauptstreitmacht zu Lande an der Nahtstelle zwi- schen Ost und West zu stellen und mit ihren See- streitkräften die Ost- und Nordsee zu sichern. Das ist Auftrag genug. Bei jeder Ausdehnung dieses Be- reic hs, etwa bis vor die Tore des Persischen Golfs, würde sie über ihre Verhältnisse leben.

Die ersten Kontakte Kohls und Wörners mit der Reagan-Administration haben damit ein für die Bonner Opposition überraschendes Ergebnis ge- bracht. Statt willfährig allen amerikanischen Wün- schen entgegenzukommen, wie Bahr, Brandt und Schmidt vermutet haben mögen, konnten die C D U - Politiker ihre amerikanischen Gesprächspartner auf die Grenzen des Bündnisses hinweisen, inner- halb deren zuverlässig mit ihnen zu rechnen ist, die sie im nationalen Interesse aber nicht überschreiten werden. Helmut Schmidt war durch den abdriften- den linken Flügel seiner Partei, der das deutsch- amerikanische Bündnis immer wieder in Frage stell- te, zum Lavieren zwischen Bündnistreue und Par- teidisziplin gezwungen. Die neuen Männer in Bonn haben dies nicht nötig. Wilhelm Lange

„ W a s w ä r e aus mir geworden, wenn ich damals Zukunftsangst gehabt h ä t t e . . . "

Zeichnung aus «Die Welt"

Neuwahlen:

Optimist oder „Selbstmordkandidat"?

H . W . — H ö r t m a n »ins V o l k " , dann kann m a n die z u m A u s d r u c k gelangenden M e i n u n - gen so zusammenfassen, d a ß Bundeskanzler K o h l e i n m a l als „ s o n n i g e r Optimist", z u m an- deren aber als eine A r t von „ S e l b s t m o r d k a n - didat" gewertet w i r d . Letzteres i m Z u s a m - menhang mit der Feststellung, er sei ein Bun- deskanzler, der trotz r e g i e r u n g s f ä h i g e r M e h r - heit ein an sich u n n ö t i g e s V o t u m der W ä h l e r anstrebe, o b w o h l er das Recht habe, bis z u m

Deutsche Frage:

Neue Akzente der Deutschlandpolitik

Den Wiedervereinigungsanspruch stärker nach außen vertreten

Hamburg — Die gelegentlich in Leserbriefen zum Ausdruck gebrachte Meinung, auch die neue Regierungskoalition werde in der Wiedervereini- gungspolitik keine neuen Akzente zu setzen ver- mögen, dürfte bereits eine gewisse Korrektur da- durch erfahren, daß erstmals eine Delegation des Innerdeutschen Ausschusses des Deutschen Bun- destages, der Vertreter aller Parteien angehören, in diesen Tagen des November nach New York und Washington reiste.

Sie hatte die Aufgabe, mit hohen Beamten der Vereinten Nationen über die deutsche Frage, das innerdeutsche Verhältnis und auch über die Men- schenrechtsverletzungen in der .DDR" zu sprechen.

Dabei wurde auch vorhandenes Material des Deut- schen Bundestages — unter anderem das Protokoll der öffentlichen Anhörung .Zustände in den Haft- anstalten der ,DDR" im Ausschuß für innerdeut- sche Beziehungen vom 8. September 1982 — über- reicht.

Mit Recht hat der Abgeordnete Eduard Lintner, zugleich Deutschlandpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, darauf hingewie- sen, daß hier der neue Akzent und die neue Dimen- sion des Ausschusses und seiner Tätigkeit deutlich wird. Das über die Reise und deren Aufgabe beste-

hende Einvernehmen war leider in den letzten Jah- ren nicht möglich, obwohl nach dem Grundgesetz und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 1973 alle Verfassungsorgane verpflichtet sind, . . . . in ihrer Politik auf die Erreichung dieses Zieles (Wiederherstellung der staatlichen Einheit) hinzuwirken —, das schließt die Forderung ein, den Wiedervereinigungsanspruch im Innern wachzu- halten, und nach außen beharrlich zu vertreten".

Man darf davon ausgehen, daß die Mitglieder des Innerdeutschen Ausschusses diese Auslandsreise genutzt haben, bei den Vereinten Nationen auf das wichtigste nationale Ziel der deutschen Politik, nämlich die Einheit Deutschlands auf friedlichem Wege wiederherzustellen, hingewiesen hat. Dabei dürfte das kollektive Ree ht eines Volkes auf natio- nale Selbstbestimmung wie auch die Gewährung der individuellen Menschenrechte für die in der .DDR" lebenden Deutschen, die diesen vorenthal- ten werden, eine Rolle gespielt haben.

Hierbei sollte, so hoffen wir, auch der .Brief zur deutschen Einheit" in dem Sinne interpretiert wor- den sein, wie ihn die Deutschen dies- und jenseits der Demarkationslinie verstehen: Der Wiederher- stellung eines deutschen Nationalstaates, der wie alle anderen Staaten dann seinen Platz in der euro- päischen Gemeinschaft einnehmen kann. E. B.

Jahre 1984 zu regieren. Dasehre ihn zwar; aber dennoch fragt man, ob es sinnvoll sei, sich jetzt den U n w ä g s a m k e i t e n der V o l k s m e i n u n g aus- zusetzen. Dies nicht zuletzt, weil die politi- schen Gegner des K a n z l e r s mit Sicherheit be- m ü h t sein w ü r d e n , alles auf die Beine zu brin- gen, u m in Zukunft eine K o a l i t i o n der M i t t e zu verhindern.

Sollte der B u n d e s p r ä s i d e n t , beraten v o n den Staatsrechtlern, gegen das vorgesehene Procedere keine Bedenken haben, so dürfte H e l m u t K o h l t a t s ä c h l i c h i m Januar des n ä c h - sten Jahres die Vertrauensfrage stellen, die es dem Ermessen der Abgeordneten anheim gibt, das Ende dieses Bundestages zu bestimmen.

Sicherlich k e i n „ S e l b s t m o r d k a n d i d a t " , w i r d K o h l selbst vorhandenen O p t i m i s m u s zu rela- tivieren wissen. M a n m ö c h t e annehmen, d a ß er hieraus die Ü b e r z e u g u n g gewinnt, das V o t u m für die n ä c h s t e n vier Jahre zu erhalten.

Unzweifelhaft ist, d a ß der neue K a n z l e r in den wenigen M o n a t e n seiner A m t s f ü h r u n g i m A u s l a n d v i e l an Terrain gewonnen hat. Gerade dort, wo seine politischen Gegner „d e m Pfäl- zer" — u n d damit sollte er in den Ruch des Pro- v i n z i e l l e n k o m m e n — am wenigsten zugetraut haben, n ä m l i c h der A u ß e n p o l i t i k , h a t K o h l un- zweifelhaft Profil gewonnen. V o n der voraus- gesagten „ U n r e g i e r b a r k e i t der Bundesrepu- blik" in dem Sinne, d a ß z. B. der Osten die K o n - takte zu Bonn einfrieren werde, kann keine Rede mehr sein. Das zwischen dem K a n z l e r und d e m sowjetischen Botschafter a n l ä ß l i c h des Diplomatenempfanges in der Godesber- ger Redoute geführte G e s p r ä c h widerlegte die M e i n u n g , nur eine sozialdemokratische Re- gierung v e r m ö g e gute Kontakte z u m K r e m l zu unterhalten. M o s k a u rechnet weit n ü c h t e r n e r als es aus manchen Propagandawalzen er- klingt.

O b w o h l K o h l in den U S A die Grenzen des B ü n d n i s s e s und die nationalen deutschen In- teressen betont hat, sind amerikanische K o l - legen, die dasTreffen in W a s h i n g t o n beobach- teten und zu werten v e r m ö g e n , der Auffas-

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Politik £xis Öfiprai&mblatt

27. N o v e m b e r 1982 — F o l g e 48 — S e i t e j

sung, dieser B u n d e s k a n z l e r g e n i e ß e e i n e n V e r - ^JS Al trauensbonus, w i e i h n nur K o n r a d A d e n a u e r

für s i c h v e r b u c h e n k o n n t e . W ä h r e n d m a n i n W a s h i n g t o n d a m i t rechnet, das p o l i t i s c h e B ü n d n i s w i e d e r e r n e u e r n z u k ö n n e n , s i n d trotz aller U n k e n r u f e i m O s t e n k e i n e S p a t z e n v o m H i m m e l gefallen. D a m i t s i n d die a u ß e n p o l i t i - s c h e n B e f ü r c h t u n g e n , d i e m a n m i t e i n e m R e - g i e r u n g s w e c h s e l gegeben s e h e n w o l l t e , ge- genstandslos g e w o r d e n .

So w i r d m a n s i c h der i n n e r p o l i t i s c h e n S i t u a - t i o n z u w e n d e n k ö n n e n . H i e r hat die R e g i e r u n g K o h l das S e z i e r m e s s e r ansetzen u n d für d i e n ä c h s t e Z u k u n f t oft e i n s c h n e i d e n d e K ü r z u n - gen v o r n e h m e n m ü s s e n . H i e r a l l e r d i n g s be- steht d i e Gefahr, d a ß Betroffene W i r k u n g u n d U r s a c h e v e r k e n n e n , u n d daher sollte es v o r - d r i n g l i c h s t e A u f g a b e der R e g i e r u n g sein, d e m

„ M a n n auf der S t r a ß e " e i n d e u t i g v o r A u g e n z u stellen, w o d u r c h d i e M a ß n a h m e n der R e g i e - rung, d i e jetzt s c h o n als ungerechtfertigte H ä r t e verkauft w e r d e n , n o t w e n d i g g e w o r d e n s i n d .

N i c h t m i t geradezu wissenschaftlicher A k r i b i e , s o n d e r n m i t k n a p p e n , aber u n w i d e r - l e g b a r e n F a k t e n sollte aufgezeigt w e r d e n , m i t w e l c h e n Z a h l e n d i e R e g i e r u n g i m J a h r e 1969 an die s o z i a l l i b e r a l e K o a l i t i o n ü b e r g e b e n u n d w e l c h e S c h u l d e n l a s t i m M o n a t O k t o b e r 1982 ü b e r n o m m e n w e r d e n m u ß t e . E s w i r d k l a r z u - m a c h e n sein, d a ß m a n n i c h t m i t der G i e ß k a n n e h e r u m l a u f e n u n d jeden m i t s o z i a l e n S e g n u n - gen b e g l ü c k e n k a n n , w e n n solches nur auf P u m p g e s c h e h e n k a n n u n d a l l e i n d i e Last der angefallenen Z i n s e n bereits i n v i e l e M i l l i a r d e n geht.

W e n n u n s e r e n B ü r g e r n v e r s t ä n d l i c h aufge- zeigt w i r d , d a ß zwar e i n b e s c h w e r l i c h e r W e g b e s c h r i t t e n u n d h i e r z u eine bittere M e d i z i n v e r o r d n e t w e r d e n m u ß , d a n n ist unzweifelhaft d i e W e r t e schaffende M e h r h e i t unseres V o l - kes bereit, d i e s e n W e g z u gehen. D a r a u f w i r d K o h l setzen m ü s s e n u n d v e r t r a u e n d ü r f e n .

1983 — Gedenkjahr der deutschen Siedler

Am 6. Oktober 1683 siedelten sich die ersten deutschen Einwanderer in Philadelphia-Pennsylvania an

Der Amerikanische Kongreß hat eine gemeinsa- me Resolution (Senat und Repräsentantenhaus) verabschiedet, in der der Beginn der deutschen Siedlungsarbeit in Amerika vor 300 Jahren gewür- digt und das kommende Jahr zum Jahr des Geden- kens an dieses Ereignis proklamiert wird.

Die von beiden H ä u s e r n des Kongresses verab- schiedete Resolution hat folgenden Wortlaut: „In Anbetracht der Tatsache, daß sich am 6. Oktober 1983 der Beginn deutscher Siedlungsarbeit in A m e - rika — und zwar in Philadelphia, Pennsylvania — zum 300. Male jährt; angesichts dessen, daß mit die- sem Datum die u n s c h ä t z b a r e n menschlichen, wirt- schaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Beiträge für dieses Land seitens Millionen deut- scher Einwanderer im Laufe der letzten drei Jahr- hunderte begannen ..., hält es der Kongreß für an- gebracht, dieses historische Ereignis in einer Weise zu begehen, die die deutsch-amerikanische Freundschaft würdigt und die demokratischen Werte, die uns verbinden, in den Mittelpunkt stellt.

Der Kongreß erklärt den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1983 zum Gedenkjahr des Be- ginns deutscher Siedlungsarbeit in Amerika. Der Kongreß ersucht und ermächtigt den Präsidenten der Vereinigten Staaten eine Proklamation zu erlas- sen, in der die Bevölkerung der Vereinigten Staaten aufgefordert wird, dieses Jahr mit angemessenen Feiern und Aktivitäten zu begehen."

A l s konkreten Beweis der Verpflichtung für ein dauerhaftes Deutsch-amerikanisches Verhältnis und als feierlichen Auftakt dieses Gedenkjahres wird der Kongreß die Initiative von Präsident Rea- gan zur Förderung des Jugendaustausches und des deutsch-amerikanischen S c h ü l e r a u s t a u s c h e s nachhaltig unterstützen.

Bisher war man der Auffassung, d a ß es in A m e r i - ka 35 bis 40 Millionen Bürger deutscher Abstam-

Bundestag:

Formel ändert keine Rechtsposition

Bundesregierung vertritt staatliche Einheit ganz Deutschlands

Bonn — Mit begrüßenswerter Klarheit hat die Bundesregierung zwei eindeutige Fragen von Dr.

Herbert Czaja in der m ü n d l i c h e n Fragestunde am 12. November 1982 beantwortet. A l l e Verfassungs- organe, alle Behörden und alle, die amtliche Funk- tionen ausüben, m ü s s e n darauf hinwirken, die staatliche Einheit ganz Deutschlands zu wahren.

Der Hinweis auf den Fortbestand der deutschen N a - tion bezieht sich auf den Fortbestand des ganzen deutschen Staatsvolks, das den Fortbestand Ge- samtdeutschlands mit einem gesamtdeutschen Staatsvolk und einer gesamtdeutschen Staatsge- walt voraussetzt. Der Parlamentarische Staatsse- kretär Dr. Ottfried Hennig gab namens der Bundes- regierung diese klare Antwort, die manche Anfra- gen aus der letzten Zeit eindeutig klärt. Die beiden Fragen und die unmittelbaren Antworten der Bun- desregierungdarauf und auf seine Zusatzfragen lau- ten:

1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, d a ß alle Verfassungsorgane, Behörden und alle, die amt- liche Funktionen — auch im Schulbereich — aus- üben, im Sinne ihrer Verpflichtung zu verfassungs- und gesetzesmäßem Handeln darauf hinwirken müssen, die „nationale und staatliche Einheit" ganz Deutschlands zu wahren (erster Präambelsatz des Grundgesetzes, bekräftigt durch das Wahrungsge- bot des Bundesverfassungsgerichts), weil nur das ganze deutsche Volk in freier Entscheidung und Selbstbestimmung (Artikel 146desGrundgesetzes) anders entscheiden kann?

2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Verfassungsorgane und — im Rahmen verfas- sungs- und gesetzesmäßen Handelns — auch alle Ämter und öffentlichen Stellen „von der im Grund-

gesetz v<#ankertwvBxistenz Gesamtdeutschlands mit einem deutschen (Gesamt-)Staatsvolk und einer (gesamt-)deutschen Staatsgewalt auszuge- hen" haben und die Bezeichnung „deutsche N a - tion", die eine Klammer für Gesamtdeutschland ist, als Synonym für das .deutsche Staatsvolk'" zu be- nützen ist (vgl. BVerfGE vom 31. Juli 1973)?

Darauf antwortete Dr. Hennig: „Herr Kollege Dr.

Czaja, die Bundesregierung beantwortet beide Fra- gen mit einem klaren Ja."

Zusatzfragen Dr. Czaja: Danke schön, Herr Präsi- dent, aber ich m ö c h t e noch zwei Zusatzfragen stel- len. Erstens: Bezieht sich das Wahrungsgebot, das in meiner zweiten Frage angesprochen ist, also auf das rechtlich fortbestehende Deutschland in seinen rechtmäßigen Grenzen?

Antwort Dr. Hennig: Herr Kollege Dr. Czaja, Sie haben in Ihrer zweiten Frage das Urteil des Bundes- verfassungsgerichts vom 31. Juli 1973 zitiert, aus dem ich meinerseits jetzt zitieren möchte:

„Die klare Rechtsposition jeder Regierung der Bundesrepublik Deutschland ist: W i r haben von der im Grundgesetz vorausgesetzten, in ihm .veran- kerten' Existenz Gesamtdeutschlands mit einem deutschen (Gesamt-) Staatsvolkundeiner (gesamt-) deutschen Staatsgewalt auszugehen.

W e n n heute von der .deutschen Nation' gespro- chen wird, die eine Klammer für Gesamtdeutsch- land sei, so ist dagegen nichts einzuwenden, wenn darunter auch ein Synonym für das .deutsche Staatsvolk' verstanden wird, an jener Rechtsposi- tion also festgehalten wird und nur aus politischen Rücksichten eine andere Formel verwandt wird."

Die Bundesregierung teilt diese Auffassung.

O . P.

^fcos SOpmi^mblatt

U N A B H Ä N G I G E W O C H E N Z E I T U N G F Ü R D E U T S C H L A N D

Chefredakteur: Hugo Wellems Verantwortlich für den redaktionellen Teil Kultur, Unterhaltung, Frauenseite:

Silke Steinberg Geschichte, Landeskunde,

Soziales und Aktuelles:

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V O N D r . H A N S E D G A R J A H N mung gäbe. Jetzt ist es offenkundig, d a ß die Deut- schen die meisten Einwanderer nach den Vereinig- ten Staaten von Amerika gestellt haben. Nach Auswertung einer Befragung aller Amerikaner, die sich auf Aussagen der Volkszählung von 1979 stüt- zen, haben 28,8 Prozent der Amerikaner angege- ben, d a ß sie zumindest zu einem Teil deutsche Vor- fahren h ä t t e n . Das Bevölkerungsstatistische Bun- desamt der U S A hat folgende Daten bekanntgege- ben. V o n den 220 Millonen Amerikanern bekann- ten sich 52 Millionen zur deutschen oder zumindest teildeutschen Abstammung. Über 44 Millionen be- kannten sich zur irischen und 40 Millionen zur eng- lischen Abstammung.

W a s die noch gesprochenen Muttersprachen an- geht, steht Spanien mit 7,7 Millionen Amerikanern an der Spitze. Es folgt dann Deutschland mit 5,1 M i l - lionen, Italien mit 4,1 Millionen. Polnisch sprechen 2,5 Millionen, französisch 2,4 Millionen und jiddisch 1,2 Millionen. Interessant für uns Deutsche bleibt, daß bei der G r ü n d u n g der Vereinigten Staaten von Amerika es ein deutscher Farmer war, der mit sei-

Dr. Jahn mit dem P r ä s i d e n t e n des „ D A N K "

(Deutsch-Amerikanischer N a t i o n a l k o n g r e ß ) , Scharpenberg Foto privat

ner Stimme den Ausschlag gab, d a ß heute in A m e - rika englisch und nicht deutsch gesprochen wird.

Die ersten Generationen der deutschen Einwan- derer siedelten vor allem an der Ostküste, in Penn- sylvania, Virginia, North und South Carolina, Mary- land; dann ging es weiter in das Innere des Riesen- kontinents. Im 19. Jahrhundert wurden Michigan und Wisconsin von deutschen A u s w a n d e r e r s t r ö - men besiedelt. Große Siedlungen von Pommern, die bis heute enge Verbindung mit ihren pommerschen Landsleuten in der Heimat pflegen, entstanden in Wisconsin. Milwaukee hatte zu Beginn des Jahr-

hunderts noch 80 % Deutsche. N o c h heute versor- gen die von Deutschen errichteten Brauereien Pabst und Schlitz das n ö r d l i c h e A m e r i k a mit ihrem würzigen Bier.

W ä h r e n d an der O s t k ü s t e einige Millionen D e u t s c h s t ä m m i g e leben, zählt man im Raum C h i - cago, Wisconsin, Michigan rund zwei Millionen. A b Mitte des 19. Jahrhunderts g e h ö r t e n die Deutschen zu den Pionieren, die der Parole folgten: „Gehe nach Westen, junger Mann, dort ist deine Zukunft." Sie erschlossen den mittleren Westen, ließen sich in Missouri, Kansas, Oklahoma und Texas nieder. Bei der Fahrt durch diese Staaten findet man viele deut- sche S t ä d t e und Dörfer. Da ist Hermann am Missou- ri, eine der G r ü n d u n g e n deutscher Siedler. Sie er- warben 1837 für 14 000 Dollar rund 4500 Hektar Land, verkauften die B a u g r u n d s t ü c k e für 50 Dollar, legten Straßen an, die nach Goethe, Schiller, Mozart und Gutenberg benannt wurden. Eine deutsche Schule, ein Museum, eine deutsche Zeitung wurden g e g r ü n d e t und W e i n b a u betrieben, der bis heute seinen Namen hat.

Über eine M i l l i o n Deutsche erreichten Kalifor- nien; sie z ä h l e n auch hier zu einer der größten Ein- wanderungsgruppen. W i e überall in A m e r i k a sind sie in Hunderten von Vereinen und C l u b s organi- siert und pflegen die Erinnerung an ihre Heimat auf ihre Weise. Sie haben Gesangvereine, Volksmusik- kreise, Volkstanzgruppen, Turnvereine. M a n feiert den Fasching und das Oktoberfest, v e r g n ü g t sich in S o m m e r n a c h t s b ä l l e n ; und immer ist die deutsche Blasmusik-Kapelle dabei.

Ihre Energie wird bewundert

V o n allen deutschen S t ä d t e n ist Berlin die belieb- teste und bekannteste. Sie kommen aus allen deut- schen Landschaften, die Deutschamerikaner. Sie fühlen sich wohl in diesem Lande, aber haben doch hin und wieder Heimweh.

Ihre Arbeitskraft und ihre Energie werden land- auf, landab bewundert. Der größte Teil hat sich durchgesetzt, nur wenige blieben auf der Strecke.

Die Deutschamerikaner sind gute Geschäftsleute, Wirtschaftler, Techniker, Wissenschaftler und vor allem Handwerker. Zu den großen Wissenschaft- lern und Politikern zählt man Albert Einstein, Wernher von Braun, Henry Kissinger, Ottmar Mer- genthaler, der in A m e r i k a die Linotype-Zeilen- setzmaschine erfand, und Johann Eberhard Faber, der mit seinen Bleistiften A m e r i k a zum Schreiben zwang.

P r ä s i d e n t Reagan hat den großen A n t e i l deut- scher Siedler an der wirtschaftlichen, technischen und politischen Entwicklung der Vereinigten Staa- ten in den letzten Jahrhunderten, bei seinem Be- such im Sommer dieses Jahres in Bonn besonders hervorgehoben und B u n d e s p r ä s i d e n t Carstens zu den Feierlichkeiten im Jahre 1983 in die U S A einge- laden.

W i r alle sollten unsere deutschen Landsleute im n ä c h s t e n Jahr in den U S A besuchen. W i r sollten in der Zukunft unsere landsmannschaftlichen Grup- pen bilden und Patenschaften schließen. Damit w ü r d e n wir unserem heimatpolitischen Anliegen mehr als einen Dienst erweisen.

K S Z E :

B r e s c h n e w s T o d u n d d i e M a d r i d e r K o n f e r e n z Großes Lob für „einen Architekten der Helsinkier Schlußakte"

M a d r i d — A u c h am Rande der II. KSZE-Folge- konferenz in Madrid bewahrheitet sich eine alte Le- benserfahrung, d a ß sich erst beim Ableben eines Menschen herausstellt, wie gut er eigentlich war.

So zollte der amerikanische Chefdelegierte M a x Kampelman — der sich in den letzten zwei Jahren wegen seiner harten Kritik an den Z u s t ä n d e n im sowjetischen Machtbereich und damit an der Poli- tik Breschnews großen Respekt verschaffte — in einer Erklärung zum Tod des Kremlchefs, der „für Millionen Menschen ein trauriges Ereignis" sei, un- erwartet großes Lob für „einen Architekten der H e l - sinkier Schlußakte". Kampelman drückte seine Überzeugung d a r ü b e r aus, d a ß die Geschichte Breschnews Eintreten für die K S Z E als die bemer- kenswerteste und konstruktivste Leistung seines Lebens würdigen werde und meinte, d a ß das beste, was man zur Erinnerung an Breschnew tun könne, sei, den KSZE-Prozeß als „ein Instrument für den Frieden und die Sicherheit" zu nutzen.

A u s Kreisen westlicher und neutraler Diploma- ten ist zu hören, d a ß der Tod Breschnews und die Unsicherheit über die Richtung des Nachfolgers, dessen Sohn Igor übrigens Mitglied der sowjeti- schen KSZE-Dolegation ist, zweifellos zu einer ent- scheidenden Verzögerung der Beratungen in M a - drid führen worden, bei denen es ja auch um „grünes Licht" für eine g e s a m t e u r o p ä i s c h e A b r ü s t u n g s k o n - ferenz geht. Dieser von den Sowjets seit Jahren pro- pagierten Konforenz soll nach den Vorstellungen der westlichen und neutralen Staaten eme erste Phase vorausgeschickt werden, in der es u. a. um die Ausweitung der rocht/eiligen M a n ö v e r a n k ü n d i -

gungen auf ganz Europa gehen m ü ß t e . Die Sowjets und vor allem Breschnew sind nur zögernd auf diese Forderungen eingegangen und haben eigentlich nie einen Zweifel daran gelassen, d a ß sie viel lieber gleich — ohne (lästige) Vorbedingungen — die A b - rüstungskonferenz beginnen wollten. Sie haben aber weder w ä h r e n d der seit neun Jahren tagenden MBFR-Beratungen in W i e n — wo es um gleichmä- ßige und ausgewogene Reduzierungen von Trup- pen und Waffen in Mitteleuropa geht — noch wäh- rend der vor einem Jahr begonnenen Genfer Ge- s p r ä c h e ü b e r die Verhinderung einer Mittel- strecken-Raketen-Konfrontation ein Signal für ein Entgegenkommen gesetzt.

Insofern wurde die unverbindlich gehaltene Er- klärung aus Moskau, man werde auch nach Bresch- news Tod um die Einberufung einer A b r ü s t u n g s - konferenz b e m ü h t sein, in Madrid mit Zurückhal- tung aufgenommen.

Es ist denkbar, d a ß e i n e d e u t l i c h e S t e l l u n g n a h m e des Vatikan zur Beeinträchtigung der Religionsfrei- heit im Osten — die für eine der n ä c h s t e n K S Z E - Plenarsitzungen erwartet wurde — z u n ä c h s t ver- schoben wird. Die alten Themen, zu denen es kon- troverse Ansichten gibt, werden allerdings auch nach Breschnews Tod bleiben. Da nicht damit zu rechnen ist, d a ß d i e sowjetischen Diplomaten in den n ä c h s t e n W o c h e n klare Direktiven aus dem Kreml bekommen, glauben viele KSZE-Diplomaten, daß sich der A b s c h l u ß ihrer Madrider Beratungen — den man realistischerweise nicht vor März/April erwartet — nun bis zum Sommer, wenn nicht noch langer hinausschieben wird. Dr. Siegfried Löffler

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27. N o v e m b e r 1982 — Folge 48 — Seite 3

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Z e i t g e s c h e h e n

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er M e n s c h ist ein T e i l der Natur, und wo i m m e r s i c h in der V e r g a n g e n h e i t der M e n s c h gegen die N a t u r gewandt hat in g r ö ß e r e n Z a h l e n gegen sie lebte, wandte sich am E n d e die N a t u r gegen i h n . D i e G e s c h i c h t e ist v o l l e r B e i s p i e l e dafür. G r o ß e K a r s t - und W ü s t e n g e b i e t e i m M i t t e l m e e r r a u m , in den U S A u n d i n z w i s c h e n a u c h auf anderen K o n t i - nenten e n t s t a n d e n d u r c h M e n s c h e n h a n d . A u c h hier i n E u r o p a u n d in D e u t s c h l a n d gibt es solche Beispiele. W a s unser L a n d angeht, so denke m a n nur an die L ü n e b u r g e r H e i d e oder an die K u r i s c h e N e h r u n g : beides Landschaf- ten, die d e m M e n s c h e n k a u m mehr Lebens- und N a h r u n g s g r u n d l a g e n geben, w e n n g l e i c h sie als touristische A t t r a k t i o n g e s c h ä t z t wer- den.

V o n M e n s c h e n erzeugte N a t u r z e r s t ö r u n g hatte s c h o n i m m e r ä h n l i c h e U r s a c h e n wie heute: starke V e r m e h r u n g der B e v ö l k e r u n g , Raubbau an d e n W ä l d e r n; h i n z u k o m m t heute die m o d e r n e I n d u s t r i e p r o d u k t i o n , welche i n wenigen J a h r z e h n t e n in v i e l e n R e g i o n e n die

Leben in Freiheit und Würde

N a t u r s c h ä t z e aufgebraucht hat, die die N a t u r in J a h r m i l l i o n e n ansammelte. A c h t h u n d e r t - tausend J a h r e hat die M e n s c h h e i t b e n ö t i g t , um auf drei M i l l i a r d e n a n z u w a c h s e n . Jetzt, so b e f ü r c h t e n U N O - S t a t i s t i k e r , w ä c h s t die M e n s c h h e i t i n r u n d 30 J a h r e n u m dieselbe Zahl. F o r t s c h r i t t s g l ä u b i g e unter den W i s s e n - schaftlern w i e der a m e r i k a n i s c h e Professor K a h n v e r k ü n d e n n o c h jetzt, d a ß auf dieser Erde getrost a u c h acht bis z e h n M i l l i a r d e n M e n - schen l e b e n u n d e r n ä h r t w e r d e n k ö n n t e n . Sie vergessen dabei, d a ß m e n s c h l i s c h e s L e b e n i n Freiheit u n d W ü r d e u m so weniger m ö g l i c h ist, um so m e h r die Erde s i c h ü b e r v ö l k e r t !

M a n m u ß k e i n G r ü n e r s e i n u n d s c h o n gar nicht einer jener g r ü n e n Phantasten oder Idyl- leliebhaber, die s i c h das L e b e n der Zukunft so vorstellen, d a ß sie m e d i t i e r e n d i n i h r e m Selbst- erzeugerhofauf Bastschuhen herumlaufen, u m festzustellen, d a ß unsere heutige F o r m der W a c h s t u m s - u n d V e r s c h l e i ß g e s e l l s c h a f t nicht der G e s e l l s c h a f t s t y p der Zukunft sein k a n n ! Eine Gesellschaft, deren W i r t s c h a f t s o r d n u n g darauf beruht, d a ß der M e n s c h m ö g l i c h s t v i e l verbraucht, die die M e n s c h e n s c h o n s y m b o l - haft als K o n s u m e n t e n u n d V e r b r a u c h e r titu-

Ü b e r b e v ö l k e r u n g und Industrialisierung: D i e V e r u n r e i n i g u n g der Erde hat heute einen nie gekannten G r a d erreicht!

t u m d e n M e n s c h e n nicht als T e i l der Natur, sondern als ihren M e i s t e r : .Herrscht ü b e r die Fische des Meeres, die V ö g e l des H i m m e l s und ü b e r alle W e s e n , die auf der Erde sich regen.' Das E c h o dieser Auffassung hallt d u r c h die ge- samte a b e n d l ä n d i s c h e Philosophie, bis h i n zu ihren antichristlichen A b l e g e r n . F ü r Descartes waren die M e n s c h e n Besitzer der Natur, die Tiere M a s c h i n e n ; nach K a n t hat der M e n s c h nur Verpflichtungen g e g e n ü b e r sich selbst;

M a r x jammerte ü b e r die A u s b e u t u n g der M e n s c h e n , nie ü b e r die A u s b e u t u n g der Natur."

W e s t l i c h e wie ö s t l i c h e Staaten haben ge- g e n ü b e r den Herausforderungen, die aus Ü b e r v ö l k e r u n g und U m w e l t k r i s e entstanden

Wachstum:

Umweltschutz —

Aufgabe der Konservativen

Bedrohung durch Bevölkerungsexplosion und Übertechnisierung

liert u n d d e r e n p o l i t i s c h e F ü h r u n g s k r ä f t e z. B.

jetzt v o r d e m W e i h n a c h t s f e s t die B ü r g e r an- halten, m ö g l i c h s t ihr W e i h n a c h t s g e l d v o l l auszugeben, d a m i t die W i r t s c h a f t „floriert", ist auf d e m H o l z w e g i n eine unsichere Zukunft dann, w e n n sie meint, e i n solches W i r t s c h a f - ten k ö n n e ü b e r v i e l e G e n e r a t i o n e n durchge- halten w e r d e n . V i e l e Rohstoffe neigen sich schon jetzt d e m E n d e entgegen! Q u e c k s i l b e r u n d Z i n n s i n d n e b e n E r d ö l u n d e i n i g e n S t a h l - veredlern nur die ersten, keinesfalls aber die einzigen Rohstoffe, die s c h o n zu E n d e dieses oder z u A n f a n g des n ä c h s t e n J a h r h u n d e r t s zur Neige zu gehen drohen.

D i e V e r u n r e i n i g u n g der Erde, so stellte schon v o r v i e r J a h r e n C l a u s J a c o b i in der . W e l t a m Sonntag" drastisch fest, „hat heute einen nie gekannten G r a d erreicht:

• W i r h a b e n weite G e b i e t e der Erde vergif- tet, die uns e r n ä h r t .

• D i e O z e a n e , in d e n e n s i c h fast D r e i v i e r t e l der i r d i s c h e n Sauerstoffproduktion v o l l - zieht, s i n d zur A b f a l l g r u b e der M e n s c h h e i t

sind, bisher k a u m g l a u b w ü r d i g e A n t w o r t e n e n t w i c k e l t . In den westlichen D e m o k r a t i e n denkt m a n i n den kurzen Z e i t r ä u m e n v o n L e - gislaturperioden u n d hat oft A n g s t , den Bür- gern die W a h r h e i t z u sagen u n d Opfer abzu- fordern, w e i l damit die eigene W i e d e r w a h l i n Gefahr geraten k ö n n t e . D i e d u r c h die Privat- initiative s c h ö p f e r i s c h e u n d in allen Bereichen der ö s t l i c h e n ü b e r l e g e n e Wirtschaftsordnung der sozialen Marktwirtschaft hat jedoch i m - m e r h i n dazu geführt, d a ß umweltfreundliche- re T e c h n o l o g i e n entwickelt w u r d e n und der

jedenfalls einen f r a g w ü r d i g e n Dienst, wenn sie G e b u r t e n k o n t r o l l l e bremst oder gar als mora- lisch fragwürdig darstellt.

Die a b e n d l ä n d i s c h e moderne M e d i z i n hat die grausame A u s l e s e der N a t u r a u ß e r Kraft gesetzt und macht es möglich, d a ß immer mehr M e n s c h e n selbst die s c h l i m m s t e n K r a n k h e i - ten und Geburtsfehler ü b e r l e b e n ! Sie m u ß jetzt mit humanen M i t t e l n eine Begrenzung der B e v ö l k e r u n g s z a h l e n erreichen. Z u r ü c k g e - setzt werden m ü s s e n die A n s p r ü c h e des M e n - schen insbesondere in bezug auf V e r s c h l e i ß - und W e g w e r f g ü t e r . D i e Regierungen m ü s s e n d u r c h B e s t e u e r u n g s m a ß n a h m e n die Produk- tion v o n W e g w e r f g ü t e r n bremsen u n d v o n L a n g z e i t g ü t e r r t fOrdern'/ l hnV i e l e r v Bereichen w i r d in den n ä c h s t e n vierzig Jahren die Wachstumsgesellschaft d u r c h die G l e i c h g e - wichtsgesellschaft ersetzt werden, wobei die T e c h n o l o g i e n der W i e d e r v e r w e n d u n g , die heute i m Entstehen sind, eine entscheidende Rolle spielen d ü r f t e n . Luft, Wasser, Boden, N a h r u n g und Landwirtschaft werden i n den n ä c h s t e n Jahrzehnten weniger als N a t u r - grundlagen, sondern wieder als N a t u r s c h ä t z e behandelt werden m ü s s e n !

W e n n die soziale Marktwirtschaft sich in der Wachstumsfrage i n den n ä c h s t e n Jahren nicht der Herausforderung stellt, wenn nicht die f ü h r e n d e n Köpfe unserer O r d n u n g Ideen zur W i r k u n g bringen, wie eine M a r k t w i r t - schaft langsam v o n M e n g e n w a c h s t u m auf Q u a l i t ä t s w a c h s t u m eingestellt werden kann, dann besteht die Gefahr, d a ß die O r d n u n g ü b e r g r o ß e K r i s e n auf r e v o l u t i o n ä r e m W e g e besei- tigt w i r d s e l b s t v e r s t ä n d l i c h nach dem Prinzip aller Revolutionen, n ä m l i c h auch das Gute der alten Zeit mit zu vernichten. D i e O r d n u n g der sozialen Marktwirtschaft ist die beweglichste u n d den M e n s c h e n wie er ist a m besten be- r ü c k s i c h t i g e n d e Wirtschaftsordnung der G e - schichte. Sie deshalb nicht an einem starren W a c h s t u m s p r i n z i p scheitern zu lasen, ist e i n hohes Z i e l . Leider erkennen viele A n h ä n g e r

Keine unbegrenzte Wirtschaftsexpansion auf unserem Planeten

der sozialen Marktwirtschaft nicht, d a ß der G r u n d a t z : A u f e i n e m begrenzten Planeten kann es keine unbegrenzte Wirtschaftsexpan- sion geben, die nicht erst für die n ä c h s t e oder ü b e r n ä c h s t e Generation gilt, sondern noch in diesem Jahrhundert zu immer g r ö ß e r e r A k t u a - lität wachsen wird.

Staat i m wachsenden M a ß e G e l d für U m w e l t - s c h u t z m a ß n a h m e n zur V e r f ü g u n g hat, wenn a u c h v o n einer w i r k l i c h e n L ö s u n g der Proble- me noch nicht gesprochen werden kann. D i e ö s t l i c h e n k o m m u n i s t i s c h e n Regierungen w i e d e r u m k ö n n e n nur wesentlich weniger G e l d für U m w e l t s c h u t z aufbringen, weil die zentrale Verwaltungswirtschaft mit ihrem gemacht V ö r d e n " ( A t o m m ü l l eingeschlos- Hauptfehler der Z e r s t ö r u n g der Privatinitiati-

s > ve sehr v i e l uneffektiver arbeitet.

W a s m u ß getan werden, u m die v e r h ä n g n i s - v o l l e E n t w i c k l u n g aufzuhalten? A l s wichtig- ster Schritt m ü s s e n die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, d a ß die M a s s e n v e r m e h - rung der M e n s c h h e i t gebremst w i r d . „Es w ä r e s i V h s ^ a u ^ d e m ' M schon Mül1, indes v e r h ä n g n i s v o l l " , so schrieb schon 1970 k » i i m H a ß e i n e s M e n s c h e n F u ß i h n betreten Professor G ü n t e r S c h w a b in seiner Eigenschaft als P r ä s i d e n t des in Ö s t e r r e i c h entstandenen W e l t b u n d e s z u m Schutze des Lebens, „ w e n n nur die E r k e n n t n i s f ä h i g e n und V e r a n t w o r - t u n g s b e w u ß t e n in allen V ö l k e r n auf hohe K i n - derzahlen verzichteten, die anderen aber nicht. Das w ü r d e das C h a o s nur beschleunigen u n d steigern." D i e katholische K i r c h e erweist mit ihrer derzeitigen H a l t u n g der M e n s c h h e i t D i e Luft, die w i r a t m e n u n d v o n deren Be-

schaffenheit a b h ä n g t , w i e v i e l S o n n e n - w ä r m e die E r d e erreicht, ist ü b e r e i n z e l n e n R e g i o n e n s c h o n bis zur U n d u r c h s i c h t . g k e i t mit Schadstoffen v o l l g e p u m p t .

hat".

D i e U r s a c h e n beschrieb J a c o b i , wie viele andere A u t o r e n nicht nur aus d e m Z w a n g der B e v ö l k e r u n g s e x p l o s i o n u n d der EntMncklung der T e c h n i k s o n d e r n a u c h aus d e m Selbstve - s t ä n d n i s unserer R e l i g i o n u n d W i s s e n s c h a f t

„ A m A n f a n g war die K i r c h e . Im Gegensatz , z u anderen R e l i g i o n e n betrachtete das C h r i s t e n -

V i e l e lachen heute n o c h ü b e r jene V o r - s c h l ä g e der E G - K o m m i s s i o n , der U m w e l t b e - h ö r d e n u n d zahlreicher V e r b ä n d e , w e n n es darum geht b e w u ß t e r u n d wirtschaftlicher, aber auch naturfreundlicher einzukaufen!

A b e r der W e g hinweg v o n der Einwegflasche, der A l u m i n i u m f o l i e , der P l a s t i k t ü t e oder der S p r ü h d o s e h e r k ö m m l i c h e r A r t ist doch ein Anfang, der zugleich auch dem einzelnen Bür- ger die M ö g l i c h k e i t gibt, etwas z u m Schutz u n - serer U m w e l t beizutragen und nicht nur auf M a ß n a h m e n „derer da oben" zu warten.

H i e r k ö n n e n wir alle bei uns selbst begin- nen ! Bis hin zur Senkung der H e i z k o s t e n durch gute Isolierung, zur Bildung v o n Fahrgemein- schaften zur V e r r i n g e r u n g v o n Benzinver- brauch und A b g a s v e r s c h m u t z u n g oder der

V e r m e i d u n g e n z y m - oder phosphathaltiger W a s c h m i t t e l reicht die Zahl der M ö g l i c h k e i - ten.

W e r all solche Ü b e r l e g u n g e n als Belastung oder gar als „Rückschritt" empfindet, dem sei ein Blick i n die p r e u ß i s c h e Geschichte empfoh- len, die ein M u s t e r b e i s p i e l dafür ist, d a ß Spar- samkeit u n d kultureller u n d wirtschaftlicher Aufstieg durchaus keine G e g e n s ä t z e sind.

V e r h ä n g n i s v o l l ist, d a ß die drei i m Bundes- tag vertretenen Parteien sich der Herausfor- derung i m ö k o l o g i s c h e n Bereich nur langsam u n d mit wenig M u t gestellt haben! W e n n die G r ü n e n heute in i m m e r neue Landesparla- mente einziehen, wenn kommunistische Gruppen die G r ü n e n unterwandern, Tanf an ihren Erfolgen teilzuhaben u n d sie linksideo- logisch auszubeuten suchen, wehn die U m - weltschutzgruppen oft weit ü b e r das Z i e l hin- a u s s c h i e ß e n und in eine A r t moderne M a s c h i - n e n s t ü r m e r e i hineinzuschliddern drohen — dann liegt ein gut T e i l S c h u l d bei den drei G r o - ß e n v o n Bonn, w e i l sie i n Bundestag und Öffentlichkeit, i n Theorie und Praxis, sich z u

Eine lebenswerte Umwelt schaffen

wenig dieser Aufgaben angenommen haben.

Das gilt besonders für die C h r i s t l i c h D e m o k r a - tische U n i o n ! E i n e n M a n n wie Herbert G r u h l , der mit seinem Buch „Ein Planet w i r d g e p l ü n - dert" neben den V e r ö f f e n t l i c h u n g e n des C l u b of Rome mit die klarste A n a l y s e unserer U m - weltsituation geliefert hat, h ä t t e v o n einer V o l k s p a r t e i wie der U n i o n ertragen werden m ü s s e n ! D e n n U m w e l t s c h u t z ist v o n der ge- samten A n l a g e des Denkens ein H a u p t b e - standteil konservativer Politik. K o n s e r v a t i v sein h e i ß t erhalten, was sich b e w ä h r t hat u n d erhalten, was immer gültig ist! Eine lebenswer- te U m w e l t ist deshalb ein H a u p t z i e l konserva- tiver Politik, und es spricht nicht für die F ü h - rung der C D U / C S U i n den letzten zwei Jahr- zehnten, d a ß sie sich die geistige F ü h r u n g auch auf diesem Gebiet hat aus der H a n d nehmen lassen. Gerade wer sinnlose Ü b e r t r e i b u n g e n u n d weltfremde Z i e l e v o n den M e n s c h e n un- seres Staates fernhalten w i l l , m u ß sich u m so mehr für jene Bereiche des Umweltschutzes stark machen, die für uns nicht nur lebens- wichtig, sondern ü b e r l e b e n s w i c h t i g geworden sind. H e u t e gilt die U n i o n i n der Ö f f e n t l i c h k e i t fast schon als eine Partei, die sich den G r o ß - technologien u n d d e m W a c h s t u m u m jeden Preis verschrieben hat. W e n n dies auch in der W i r k l i c h k e i t nicht der F a l l ist und die U n i o n in den v o n ihr regierten L ä n d e r n gute Erfolge bei einer Reihe v o n Naturschutz- u n d U m w e l t - s c h u t z m a ß n a h m e n vorweisen kann, so ist es doch h ö c h s t e Zeit, d a ß sie ihren F ü h r u n g s a n - spruch i n diesen Bereichen e n d l i c h z u m D u r c h b r u c h und zur W i r k u n g bringt, d a ß sie sich sowohl den g r o ß e n Fragen v o n B e v ö l k e - rungsexplosion und Ü b e r t e c h n i s i e r u n g als auch den kleineren, den praktischen U m w e l t - problemen in unserem Lande bis hin zu K r e i - sen und G e m e i n d e n so stellt, d a ß die Bürger

— u n d insbesondere auch die J u g e n d — den berechtigten E i n d r u c k hat, d a ß konservative D e n k h a l t u n g und M u t in allen Fragen v o n U m w e l t - u n d Lebensschutz z u m innersten W e s e n der Partei g e h ö r t . Uwe Greve

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Politik

27. November 1982 - Folge 48 - Seite 4

In Kürze

„DDR"-Häftlingsarbeit

Das G r o ß v e r s a n d h a u s .Quelle', Fürth, hat sich in einem Brief an die Internationale Ge- sellschaft für Menschenrechte (IGFM), Frankfurt/M., b e r e i t e r k l ä r t , bei Verhandlun- gen mit Vertragspartnern in der „ D D R " dar- auf hinzuwirken, d a ß die von .Quelle' in der

„DDR" gekaufte B e t t w ä s c h e nicht von politi- schen H ä f t l i n g e n hergestellt wird. Das gilt auch für andere von .Quelle' in der „ D D R " ge- kaufte Ware. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte hatte das Versandhaus vor wenigen Wochen darauf aufmerksam ge- macht, d a ß von .Quelle' gekaufte B e t t w ä s c h e zum Beispiel im Frauenzuchthaus Hoheneck g e n ä h t wird. In der alten Burg Hoheneck bei Stollberg/Erzgebirge sind etwa 10 Prozent der Gefangenen politische H ä f t l i n g e . Ü b e r - füllte Zellen und harte Arbeitsnormen, unvor- stellbar schlechte hygienische V e r h ä l t n i s s e und andere M i ß s t ä n d e machen die Haft für die Frauen oft u n e r t r ä g l i c h .

Die Internationale Gesellschaft für M e n - schenrechte b e g r ü ß t e die Zusage des Ver- sandhauses .Quelle' als ein Beispiel dafür, d a ß moralische und ethische Gesichtspunkte nicht in jedem Fall hinter wirtschaftlichen Ge- sichtspunkten z u r ü c k s t e h e n m ü s s e n . Die I G F M hofft, d a ß andere betroffene Firmen dem Beispiel von .Quelle' folgen werden.

52 Prozent für die Koalition?

In e i n e m I n t e r v i e w für die „ B i l d " - Z e i t u n g er- k l ä r t e der W a h l f o r s c h e r W e r n e r K a l t e f l e i t e r :

„ M e h r als 52 P r o z e n t der W ä h l e r s i n d zur Z e i t für die neue K o a l i t i o n — gut 50 Prozent für die C D U / C S U , etwa d r e i P r o z e n t für die F D P . " Bis z u m W a h l t a g a m 6. M ä r z 1983 k ö n n e s i c h das allerdings n o c h ä n d e r n , so K a l t e f l e i t e r .

Dänemark:

Die „besondere schleswigsche Identität"

Für Aufregung in der deutschen Bevölkerung an der dänischen Grenze sorgte die Zeitschrift „Sleswigland"

Zwar ist das Verhältnis zwischen Deutschen und Dänen im Grenzland Schleswig im wesentlichen problemlos, dennoc h flackern hier und da die Fron- ten von vorgestern auf. Anlaß für den jüngsten Streit ist die d ä n i s c h e Zeitschrift „Sleswigland", die seit 1980 in 23 Nummern im dänischen Sonderburg mit einer Auflage von jeweils 200 000 erscheint.

Geschichtsschreibung verschüttet

Für Aufregung in der deutschen Bevölkerung diesseits und jenseits der d e u t s c h - d ä n i s c h e n Gren- ze sorgte nun die in dieser Zeitschrift propagierte Theorie einer „besonderen schleswigschen Identi- tät" aller Schleswiger. Diese schleswigsche Identi- tät aber k ö n n e aus der Geschichte heraus nur als dänische begriffen werden und sei von der deut- schen Geschichtsschreibung systematisch ver- schüttet worden. Das Bekenntnis der deutschen Schleswiger zu Deutschland sei also etwas „Unna- türliches" und m ü s s e durch das D ä n e n t u m ersetzt werden.

Diese vom Herausgeber der Zeitschrift und Fa- brikanten, Traugott Moeller, Sohn des ehemaligen Flensburger Bürgermeisters, konstruierte Über- fremdungstheorie ist freilich nichts Neues. Eine sol- che Theorie wurde schon vor rund 150 Jahren aus der Taufe gehoben, als die nationalen Gegensätze zwischen Deutschen und Dänen um die schleswig- holsteinische Frage in voller Schärfe ausgebrochen waren. H ö h e p u n k t dieser Auseinandersetzung war die 1863 durch die D ä n e n vollzogene staatsrechtli- che Abtrennung Schleswigs von Holstein vollzoge- ne A n n e x i o n Schleswigs, was den d e u t s c h - d ä n i - schen Krieg zur Folge hatte. In gleichem Atemzuge mit diesem Bruch der 1460 feierlich beschworenen

Realunion Schleswigs und Holsteins („up ewich un- gedeelt") konstruierte man in D ä n e m a r k nun die spezifische „schleswig-dänische Identität" aller Schleswiger mit dem Ziel der A u s l ö s c h u n g des deutschen Volkstums.

Obwohl es nicht wenige D ä n e n gibt, die die neu- erliche Kampagne um eine „schleswigsche Identi- tät" als pure Fiktion bezeichnen, m u ß andererseits auffallen, daß ausgerechnet von der Vertretung der südschleswigschen Dänen, die ja deutsche Staats- bürger sind, bisher noch keine klare Distanzierung zu „Sleswigland" erfolgt ist. Ganz im Gegenteil: Der stellvertretende Vorsitzende der dänischen M i n - derheit in Südschleswig, Gerhard Ernst, erklärte, mit „Sleswigland" sei man auf dem richtigen W e g . Karl Otto Meyer, immerhin Landtagsabgeordneter der D ä n e n p a r t e i S S W in Kiel, ä u ß e r t e sich zwar vor- sichtiger, ohne sich allerdings im Kern von der Zeit- schrift zu distanzieren.

Obwohl nicht offen gesagt oder gefordert, kann man doch davon ausgehen, d a ß sich hinter der

„Sleswigland"-Kampagne der geheime Wunsch auf dänischer Seite äußert, eines Tages die d ä n i s c h e Grenze wieder an die Eider zu verschieben, wie schon in den vorigen Jahrhunderten.

Freie Entfaltung für Minderheiten

Ganz ohne Frage stehen solcherlei B e m ü h u n g e n in eklatantem Widerspruch zur gesamten europäi- schen Nachkriegsentwicklung, die ein problemlo- ses und freundschaftliches Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und D ä n e m a r k mit sich gebracht hatte. Grundlage der entkrampften Situation sind die Bonner und Kopenhagener Erklärungen aus dem Jahre 1955, in welchen von deutscher und dä- nischer Seite der Schutz und die freie politisch-kul-

Schriftsteller:

turelle Entfaltungsmöglichkeit der in ihrem Staat lebenden Minderheiten garantiert wird. Zugleich wurde von beiden Seiten zum Ausdruck gebracht, d a ß keinerlei A n s p r ü c h e auf eine Verschiebung der gegenwärtigen d e u t s c h - d ä n i s c h e n Grenze erhoben werden. Denn das ist klar: Einem d ä n i s c h e n „Drang nach Süden" k ö n n t e zumindest theoretisch auch ein deutscher „Drang nach Norden g e g e n ü b e r g e - stellt werden, denn immerhin lebt auch i m dani- schen S ü d e n eine beachtliche deutsche Minderheit, die z B bis heute nicht eine solch exklusive M i n - derheitenvertretung etwa in Kopenhagen hat wie umgekehrt die d ä n i s c h e i m Kieler Landtag. A u c h sollte man sich daran erinnern, d a ß die danische Grenze nach dem S ü d e n 1919 im Versailler Vertrag verschoben worden ist, ohne d a ß das Deutsche Reich und D ä n e m a r k in irgendeiner Form im Ersten Weltkrieg Kriegsgegner gewesen sind.

Freundschaft nicht aufs Spiel setzen

Hier soll nun nicht zum Chauvinismus aufgeru- fen werden, allerdings sollte vor einem einseitig be- triebenen Aufputschen von Gefühlen gewarnt wer- den, die mit Sicherheit weder in bundesdeutschem noch in d ä n i s c h e m Interesse sein kann. Die Lösung der Minderheitenfrage zwischen Bonn und Kopen- hagen i m Jahre 1955 ist seither als so mustergültig bezeichnet worden, d a ß sie auch als M o d e l l für an- dere Staaten mit vergleichbaren Minderheitspro- blemen gelten k ö n n t e . So konnte der Vorsitzende des deutschen Grenzfriedensbundes, Thomsen, kürzlich auf einer grenzpolitischenTagung feststel- len, d a ß es seit Napoleons Zeiten „wohl noch nie so friedlich und freundlich zwischen Deutschen und D ä n e n zugegangen ist wie heute". Dieses Kapital der Freundschaft zwischen beiden L ä n d e r n sollte

nicht verspielt werden. K . H .

Arbeitskreis Mittel- und Ostdeutschland

Berufspolitische Anliegen der Autoren bedürfen besonderer Diskussion

„Bis ich dein Profil richtig sitzen habe, J o c h e n . . . vielleicht sollten wir gar nicht so auf den 6. M ä r z d r ä n g e n . . . " Zeichnung aus „Kölner Rundschau"

Innere Sicherheit:

Der „Freie Deutsche Autorenverband, Schutz- verband Deutscher Schriftsteller e. V." (FDA) be- schloß auf seinem diesjährigen Bundeskongreß, einen „Arbeitskreis Mittel- und Ostdeutschland"

ins Leben zu rufen. Der neue Arbeitskreis soll neben den bereits bestehenden westdeutschen Landes- v e r b ä n d e n und der „Arbeitsgruppe Exilschriftstel- ler im F D A " mit gleichen Rechten und Pflichten i m F D A versehen sein. Die Einrichtung des „Arbeits- kreises Mittel- und Ostdeutschland" wurde vom F D A damit begründet, d a ß die berufspolitischen und literarischen Anliegen der Schriftsteller aus der

„DDR" und Ostdeutschland „vielfach besonderer Diskussion und Behandlung im eigenen Kreis" be- dürften.

Der F D A mit seinem freiheitlich-konservativen Geist war Mitte der sechziger Jahre entstanden, nachdem damals der inzwischen unter der Führung Bernt Engelmanns völlig linkslastig gewordene

„Verband deutscher Schriftsteller" (VS) den Beitritt

Wahre Entschlossenheit bringt den Erfolg

In die Amtszeit des neuen Innenministers fällt ein entscheidender Schlag gegen RAF-Spitze

Es wäre sicherlich übersteigert, wollte man be- haupten, nach Dienstantritt des neuen Bundesin- nenministers Zimmermann, also nach dem W e c h - sel in diesem für die innere Sicherheit so wichtigen Ressort, sei es nun möglich geworden, drei der

Zeuge der Zeit

Erich Mende über 1921 bis 1945

Im Verlag Langen-Müller/Herbig in M ü n c h e n er- scheint in diesen Tagen unter dem Titel „Zeuge der Zeit" ein Buch aus der Feder des früheren Bundes- ministers Dr. Erich Mende, in dem auch dessen Kriegserlebnisse behandelt werden. Mende, Major und Ritterkreuzträger, behandelt in diesem Buch auch den Weg, den die 102. Inf.-Div. vom 16. Januar bis 17. A p r i l 1945 über Nikolaiken, Sensburg, Heils- berg, Mehlsack, Braunsberg, Heiligenbeil, Rosen- berg und Pillau genommen hat. V o n Pillau wurde ein Teil der Division über See nach Heia verbracht, w ä h r e n d ein weiterer Teil über das Haff bis nach Kahlberg kam. Das Buch (399 Seiten, 16 Bildtafeln, 38,— DM) wird sicherlich für die Ostpreußen — und insbesondere für die Landsleute aus den genannten Städten und Kreisen — von besonderem Interesse

meistgesuchten vermutlichen Terroristen, nämlich Klar, Schultz und Mohnhaupt dingfest zu machen.

W i r m ö c h t e n vielmehr annehmen, d a ß die zustän- digen Polizeidienststellen seit Monaten bereits damit befaßt waren, den Kreis um die Gesuchten, die für schwere Kapitalverbrechen, für verschiede- ne Morde und Raubüberfälle in Frage kommen, enger zu schließen. Der jetzt 30jährige Christian Klar war im Sachsenwald, unweit Hamburgs, über- rascht worden, als er eines der angelegten Depots aufsuchte; vermutlich, um sich mit Geld für eine Flucht ins A u s l a n d zu versehen. Denn die vorher- gegangene Verhaftung der Terroristinnen Adelheid Schultz (27) und Brigitte Mohnhaupt (33) dürfte das Bundeskriminalamt in die Lage versetzt haben, den Code der R A F zu „knacken" und folglich auch jene

„Depots" beobachten zu lassen, die als Anlaufstel- len für die Mitglieder der „Rote Armee Fraktion"

galten. Christian Klar mag dabei angenommen haben, daß man die Lagepläne im Frankfurter resp.

hessischen Raum erkannt habe, aber der Sachsen- wald noch sicher sei.

Man erinnert sich bei der Festnahme der genann- ten Terroristen, daß sie vor Monaten schon einmal den Fahndern durch die Netze gingen. Damals, als Klar und Genossen nach ihren Hubschrauberflügen der Polizei ebenso entkommen konnten wie in einem TEE, obwohl sie dort erkannt und sogar foto- grafiert worden waren. Es stellt sich die Frage, ob die damalige Führung zu zögernd reagiert hat. Jeden- falls weiß die Polizei heute, d a ß bei dem neuen Bun-

desinnenminister die innere Sicherheit „groß" ge- schrieben wird und er die polizeilichen M a ß n a h m e n deckt, die zu einem Erfolg führen. Diese ersten Er- folge haben bei der Bevölkerung jedenfalls eine große Befriedigung insofern ausgelöst, als man davon ausgehen kann, d a ß alle notwendigen Maß- nahmen gegen möglichen Terrorismus unternom- men werden.

W e n n der frühere FDP-Innenminister Burkhard Hirsch (NRW) Kritik an dem neuen Bundesinnen- minister ü b t e mit dem Hinweis, d a ß dessen W a r - nungen vor der Gefahr des Terrorismus diesen Per- sonenkreis in „Handlungszwang" versetzen könn- ten, dann hat die breite Öffentlichkeit für derart „li- berale" Vorstellungen wirklich kein Verständnis.

Der jetzige Fahndungserfolg ist unzweifelhaft darauf zurückzuführen, d a ß Bund und Länder ohne Konkurrenzgerangel zusammenarbeiten konnten und vor allen Dingen die Geheimhaltung gewahrt wurde. Zimmermanns Verdienst in diesem Falle dürfte zumindest darin liegen, d a ß er im Vorfeld der Ermittlungen die persönliche Weisung gegeben hatte, alle notwendigen Polizeikräfte bereitzustel- len, eine strikte Geheimhaltung zu gewährleisten und den sofortigen Zugriff zu sichern.

Es bedarf keines besonderen Hinweises, daß, so- lange noch Terroristen auf freiem Fuß sind, Rache- akte nicht ausgeschlossen werden k ö n n e n . Der Schlag gegen die Spitze der R A F e r h ä r t e t die A n - nahme, d a ß sich seit dem Regierungswechsel doch einiges geändert haben muß. Hans Ottwell

zur DGB-Einzelgewerkschaft „IG Druck und Papier"

beschlossen hatte und dies zahlreiche früher dem V S a n g e h ö r e n d e Schriftsteller nicht mehr mit ihrer geistigen und organisatorischen U n a b h ä n g i g k e i t vereinbaren konnten.

In gewisser Kampfrichtung i m H i n b l i c k auf die linke Konkurrenzorganisation V S konnte auch das Bekenntnis des w i e d e r g e w ä h l t e n F D A - V o r s i t z e n - den Hubertus Prinz zu L ö w e n s t e i n gesehen werden, der unter großer Zustimmung der Teilnehmer ein Bekenntnis zur Einheit und Freiheit Deutschlands ablegte. W e r die Haltung zum unteilbaren Deutsch- land als „Nationalismus" bezeichne, der k ö n n e nicht unterscheiden zwischen Patriotismus und Chauvinismus. Bernt Engelmann hatte vor einigen Monaten in Ost-Berlin das Streben nach deutscher Einheit als friedensgefährdend denunziert, worauf es heftige Reaktionen i m V S gab.

F D A - P r ä s i d e n t zu L ö w e n s t e i n e r k l ä r t e in seiner Eröffnungsansprache des FDA-Kongresses, der in diesem Jahr unter dem Motto „Jugend und Literatur in Europa" stand, d a ß die „Freiheit des Geistes, der allein wir uns verpflichtet fühlen, nur in einem freien Staat" gewährleistet sei. „Um aber frei zu bleiben, m u ß dieser Staat bereit sein, sich zu verteidigen."

W e n n bundesdeutsche Schriftsteller gegen das westliche Bündnis aufträten, „dem wir Freiheit und Schaffensmöglichkeit verdanken", dann sei dies ein Angriff gegen die Freiheit und die Menschenrechte selber.

L ö w e n s t e i n empfahl den Schulen in der Bundes- republik einen „gründlicheren Geschichtsunter- richt" zu pflegen, der „auf die gemeinsame abend- l ä n d i s c h e Kunst, auf die Literatur der Völker, auf ihre christliche Grundanschauung W e r t legt".

Mit großer Aufmerksamkeit wurde auch die Rede des russischen Exilschriftstellers W l a d i m i r M a x i m o w (Paris) verfolgt. Der Dissident rief die Schriftsteller Europas auf, „endlich die fruchtlosen Versuche zu verkneifen", das „soziologische Perpe- tuum mobile des Sozialismus in die Bahn der menschlichen Existenz zu schleudern". In Ost wie West sei das „Scheitern radikaler Experimente durch die gesamte Praxis des Westsozialismus endgültig bewiesen". U n d weiter: „Die jüngste Ge- schichte hat gezeigt, d a ß die Umverteilung der ma- teriellen G ü t e r nicht nur die Fragen nach dem Sinn und Ziel menschlichen Lebens nicht beantworten kann, sondern auch die materiellen Probleme in nach wie vor u n l ö s b a r e m Zustand beläßt." Seine Hoffnung sei es allerdings, d a ß es inzwischen „eine neue Generation von Menschen" gäbe, die „frei sind von ideologischen Vorurteilen und globalen A n - s p r ü c h e n . Polen sei ein Beispiel dafür, dort werde möglicherweise „das Schicksal der christlichen Z i - vilisation entschieden".

Der Kongreß lehnte in einer Resolution die Schaf- fung einer ..Mammut-Mediengewerkschaft" ab, da eine so che Organisation „die publizistische Unab- hang.gkei und A n l i e g e n von Minderheiten unter den Schriftstellern und Publizisten schwerwiegend

b e e i n t r ä c h t i g e n könnte". S.P.

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