• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Versorgungswerke: Altersversorgung sicher und verfassungsfest" (17.11.2000)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Versorgungswerke: Altersversorgung sicher und verfassungsfest" (17.11.2000)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

T H E M E N D E R Z E I T

A

A3072 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 46½½½½17. November 2000

Z

ur Arbeitsgemeinschaft berufsstän- discher Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) schlossen sich im Herbst 1978 37 der damals bestehenden berufsständischen Versorgungswerke der Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater beziehungsweise Steuerbevollmächtig- ten, Tierärzte, Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer sowie Zahnärz- te zusammen. Die ABV war zunächst als BGB-Gesellschaft gegründet wor- den, seit 1991 ist sie ein eingetragener Verein. Heute gehören der ABV alle 77 Versorgungswerke der Angehörigen der klassischen Freien Berufe an. Ziel des Zusammenschlusses der Versor- gungswerke in der ABV ist eine wirksa- me Interessenvertretung gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit und die Information der Versorgungswerke über die politischen Entwicklungen und Tendenzen. Zur Aufgabe der ABV gehört auch die Unterstützung derjeni- gen Kammern, die noch keine Versor- gungswerke gegründet haben, beim Aufbau solcher Einrichtungen. Wesent- liches hat die ABV auch für den Aufbau der Versorgungswerke in den neuen Bundesländern leisten können.

Die gemeinsame Interessenvertre- tung der Versorgungswerke ist notwen- dig, weil immer wieder dem Vorwurf begegnet werden muss, die Freien Be- rufe entzögen sich über die Versor- gungswerke der Solidarität in der ge- setzlichen Rentenversicherung. Festzu- stellen ist hierzu, dass die Ärzteschaft, wie die anderen klassischen Freien Be- rufe, die Versorgungswerke wesentlich nach der Adenauerschen Rentenre- form des Jahres 1957 aufgebaut hat, als klar war, dass der Staat die Freiberufler

und Selbstständigen aus der Rentenver- sicherung ausschloss. Konsequenz die- ses Ausschlusses war die Schaffung des Befreiungsrechts, damals § 7 Abs. 2 An- gestellten-Versicherungsgesetz (AVG), heute § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, mit dem der Staat unterstrich, dass die Freien Berufe ihre Altersvorsorge selbst organisieren sollten. Dieses Be- freiungsrecht war von der Ärzteschaft gefordert worden, es ist untrennbar mit den Namen von Prof. Dr. med. Hans- Joachim Sewering und Dr. med. Klaus Dehler verbunden. Gefordert worden war das Befreiungsrecht insbesondere deshalb, weil im Rentenreformgesetz

von 1957 – anders als heute – eine Versi- cherungspflichtgrenze bestimmt wor- den war. Wer mit seinem Einkommen diese Versicherungspflichtgrenze, die 1957/58 750 DM monatlich betrug und die bis Mitte der Sechzigerjahre auf 1 200 DM (1965) stieg, überschritt, konnte sich in der gesetzlichen Renten- versicherung nicht freiwillig weiterver- sichern, wenn er nicht zum Zeitpunkt des Überschreitens dieser Einkom-

mensgrenze bereits fünf Jahre versi- chert war. Dies bedeutete: Gerade jün- gere Ärztinnen und Ärzte hätten vor ei- nem versorgungspolitischen Nichts ge- standen, wenn ihnen nicht über die Befreiungsmöglichkeit ein frühzeitiges Zutrittsrecht zu den sich gründenden ärztlichen Versorgungswerken eröffnet worden wäre.

Bewährungsprobe bestanden

In den Jahren nach der Gründung der ABV war es vorrangige Aufgabe von Vorstand und Geschäftsführung, dieses Befreiungsrecht, das für die Finanzie- rungstechnik der Versorgungswerke konstitutiv ist, zu erhalten. Neben den Vorsitzenden Dr. med. Wilhelm Geist (Ärzteversorgung Westfalen-Lippe) und Dr. med. Klaus Dehler (Bayerische Ärzteversorgung) sowie Dr. med. Her- bert Micka (Versorgungswerk der Ärz- tekammer des Saarlandes) und Dr.

med. dent. Karl Winter (Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Versor- gungswerke für Zahnärzte) als stellver- tretende Vorsitzende waren es die Ge- schäftsführer mehrerer Versorgungs- werke, so zum Beispiel Walter Albrecht (Bayerische Ärzteversorgung), Dr. jur.

Ulrich Kirchhoff (Ärzteversorgung Niedersachsen) und die Geschäftsfüh- rer der ABV, zunächst Hans Hermann Reusch und seit 1993 Michael Jung, die das Befreiungsrecht, die Magna Charta der Versorgungswerke, gegenüber der Öffentlichkeit, der Politik und der Bun- desregierung vertraten.

Eine Bewährungsprobe bestand die ABV in den Jahren der Wiedervereini- gung der beiden deutschen Staaten. Mit

Versorgungswerke

Altersversorgung sicher und verfassungsfest

Die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V., Köln, sichert und stärkt die ärztliche Altersversorgung.

Rolf Bialas

Grafik

Altersversorgungswerke der Freien Berufe (alle)

Vermögensanlagen nach Anlageart in Milliarden DM (Stand 31. Dezember 1998)

51,494 47,7 %

31,315 29,01 %

1,133 1,05 %

8,312 7,7 % 10,314

9,55 % 5,380 4,98 % IAktien und FondsanteileIFestgelder

IImmobilien IFestverzinsliche Wertpapiere IHypotheken und Grund-ISchuldscheindarlehen und

schuldforderungen Namensschuldverschreibungen

(2)

enormem Einsatz arbeiteten sich die Ärztinnen und Ärzte in den neuen Län- dern in die für sie völlig neue Materie der Altersversorgung ein und schufen die Grundlagen für Versorgungsein- richtungen noch vor der Neubildung dieser Bundesländer. Basis war ein vom damaligen DDR-Gesundheitsminister Prof. Dr. med. Jürgen Kleditzsch in der Volkskammer eingebrachtes und von dieser verabschiedetes Kammergesetz.

Gefahr für Befreiungsrecht

Das Befreiungsrecht geriet in ernste Gefahr, als 1993 bis 1995 die Ingenieure Versorgungswerke gründen wollten.

Dies ist im Kern zulässig, brachte aber für die bestehenden Versorgungs- werke der Freien Berufe Gefahren, weil der Ingenieurberuf die Möglichkeit der freiwilligen Kammermitgliedschaft kennt und bei den politischen Institutio- nen der Eindruck entstanden war, man wolle allen 800 000 deutschen Ingenieu- ren über die freiwillige Kammermit- gliedschaft den Zugang zum Versor- gungswerk und damit zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzli- chen Rentenversicherung eröffnen. Die ABV hat diese Überlegungen immer entschieden abgelehnt, die das System der berufsständischen Versorgung über den Kreis der Pflichtmitglieder berufs- ständischer Kammern hinaus ausdehnen wollten. Die ABV hat deshalb bereits am 19. November 1994 in Dresden die

„Dresdner Erklärung“ beschlossen, in der versichert wurde, dass die Versor- gungswerke ihre Position und die Auf- gabenstellung im gegliederten System akzeptieren, mithin eine Ausdehnung der berufsständischen Versorgung über die klassischen verkammerten Freien Berufe hinaus weder erwünscht noch be- absichtigt ist. Der Deutsche Bundestag hat im November 1995 mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP sowie der Grünen eine Änderung der Befreiungs- vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI beschlossen. Diese Novellierung ver- langt neben der Pflichtmitgliedschaft in einem auf Landesgesetz beruhenden Versorgungswerk auch die Pflichtmit- gliedschaft in der Berufskammer, die schon vor dem 1. Januar 1995 bestand.

Diese Abgrenzung zwischen der Pflicht-

mitgliedschaft in der gesetzlichen Ren- tenversicherung und den berufsständi- schen Versorgungseinrichtungen wird jetzt als „Friedensgrenze“ zwischen die- sen Einrichtungen bezeichnet.

Verfassungsrecht schützt Versorgungswerke

Umso überraschender war es, dass die SPD-Bundestagsfraktion 1997 einen Antrag in den Bundestag einbrachte, in dem sie die Einbeziehung aller ange- stellt tätigen Freiberufler in die gesetzli- che Rentenversicherung forderte. Die ABV hat deshalb vor und insbesondere nach dem Regierungswechsel verdeut- licht, dass die Abschaffung des Be- freiungsrechts verfassungsrechtlich un- zulässig wäre. Prof. Dr. jur. Rupert Scholz (Berlin/München) hat dies für die ABV in einem Rechtsgutachten be- stätigt. Darüber hinaus hat die ABV verdeutlicht, dass die Einbeziehung der angestellten Mitglieder der berufsstän- dischen Versorgungswerke für die Bei- tragsentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung nichts bringen würde, der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung würde nämlich an- fänglich nur um 0,01 Prozentpunkte niedriger liegen können, wenn man die angestellt tätigen Freiberufler, die bis-

her in den Versorgungswerken versi- chert sind, in die Rentenversicherung einbezieht.

Gesehen werden muss aber auch, dass diese Neumitglieder bereits nach weni- gen Jahren Ansprüche an die Renten- versicherung hätten. Wesentlich würden sie in der Spitze der demographischen Belastung, also im Jahr 2030, in Rente gehen und damit das System der gesetz- lichen Rentenversicherung erheblich be- lasten. Ergebnis der Bemühungen ist, dass Gerhard Schröder bereits vor der Bundestagswahl erklärte, die Freien Be- rufe bräuchten sich keine Sorge um den Bestand ihrer Versorgungswerke zu ma- chen und dass die Versorgungswerke von der gegenwärtigen Rentenreform- Diskussion nicht betroffen seien.

Gleichwohl ist die ABV weiter wach- sam; sie hat alle Vorbereitungen getrof- fen, um das Befreiungsrecht, sollte es im Verlauf der Rentenreform-Diskus- sion noch thematisiert werden, wirksam vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verteidigen zu können.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 3072–3074 [Heft 46]

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Rolf Bialas Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft

berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) Diekbarg 13 c, 22397 Hamburg

T H E M E N D E R Z E I T

A

A3074 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 46½½½½17. November 2000

´ TabelleCC´

Mengengerüst der 18 ärztlichen ABV-Mitgliedseinrichtungen (1997/1998)

1997 1998

Anwartschaftsberechtigte Mitglieder 305 202 312 543

davon beitragleistende Mitglieder 291 935 298768

Beiträge in Milliarden 4,697 4,894

Monatlicher Durchschnittsbeitrag in DM 1 340,63 1 365,08

Vermögensanlagen in Milliarden 61,860 68,964

Vermögenserträge in Milliarden 4,479 5,159

Zahl der Rentenempfänger 58997 60 981

Jahresbetrag der Renten (einschließlich Kinderzuschuss) in Milliarden 2,243 2,388

Zuschüsse zu Reha-Maßnahmen in Milliarden DM 0,010 0,011

durchschnittliche monatliche Berufsunfähigkeitsrente

(ohne Kinderzuschuss) in DM 4 259,53 4 296,86

durchschnittlicher monatlicher Kinderzuschuss in DM 469,03 493,40 durchschnittliche monatliche Witwen-/Witwerrente in DM 2 121,282 192,05 durchschnittliche monatliche Waisenrente in DM 628,05 651,15 durchschnittliche monatliche Altersrente (ohne Kinderzuschuss) in DM 4 135,89 4 204,81 Quelle: Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV), Köln

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

alles läßt sich aber nicht mit den vielfältigen Aufgaben der Rentenversicherung verglei- chen, der vom Staat eine Viel- zahl zusätzlicher und nicht ren- tenspezifischer Aufgaben

Nicht die Art ihrer Finan- zierungssysteme ist wichtig — also ob mehr Kapitaldeckung oder mehr Umlageverfahren —, sondern die Tatsache, daß sie ohne finan- zielle staatliche

Diese berufsständische Selbsthilfe wird für die Angehöri- gen der Freien Berufe um so be- deutsamer, bedenkt man die Ein- griffe, die in das Recht der Berufs-

Berlin hat einen gangbaren Weg gewiesen, wie die finanzielle Be- vorzugung des stationären gegen- über dem ambulanten Sektor ab- gebaut werden kann, gleichzeitig die

Sie haben laut Ihrer Aussage Freunde in Israel, aber noch besser wäre es, Sie würden sich darum bemühen, Freun- de auf beiden Seiten zu ge- winnen, dann würden Sie er- fahren, dass

Eine Einbeziehung der vollen Verantwortung des Pa- tienten für sich und seine Ge- sundheit wird auch zu erheb- lichem Einsparpotenzial

Diese Zeit fehlt bei der Patientenbetreuung oder muss in die späten Abend- stunden verlegt werden.Wenn nun diese Arbeit auch wirk- lich eine Qualitätssicherung mit der Perspektive

Damit bleiben die Bezieher von Renten der Versorgungswerke von der KVdR ausgeschlossen, es sei denn, sie bezögen daneben noch eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung..