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fentlichung eines ähnlichen Briefes und eines Artikels mit genauer Beschreibung ei- ner wissenschaftlichen Falsi- fikation wurde von der Zeit- schrift „Archiv Patologii“ oh- ne sachlichen Grund abge- lehnt. Eine öffentliche Be- sprechung des Missstandes wird stets vermieden.
Die Mitglieder der ehemali- gen Parteinomenklatur rei- sen oft ins Ausland und ver- treten unser Land. Dieser Missstand darf nicht weiter toleriert werden. Deswegen ist es jetzt an der Zeit, über die echte Sachlage zu berich- ten.
Dr. med. Sergej V. Jargin, Klimentovskij per. 6/82, 113184 Moskau, Russland
Ernährung
Zu der Meldung „Frauen leben unge- sund“ in Heft 36/2000:
Die Dosis macht es
Jetzt platzt mir der Kragen!
Ausgerechnet die Zeitschrift
„Brigitte“ will bei Frauen die Lust am Essen fördern. Die- se Zeitschrift fördert seit Jah- ren einen geradezu parado- xen Diätwahn und eine unge- sunde Schlankheit. Es gibt aus diesem Hause mehrere Bände Brigitte-Diät, unzähli- ge Abbildungen von super- dünnen jungen Mädchen, die von der weiblichen Jugend als Vorbild begriffen werden.
Und nicht nur von der Ju- gend! Auch in meinem Freundeskreis – der Damen in bestem Alter – ist Konfek- tionsgröße 36 bis 38 zum Re- ligionsersatz geworden. Ich selbst, gesund, leistungsfähig und faltenfrei, habe Konfek- tionsgröße 42 bis 44, muss mich demnach als dick be- greifen.
Kein Mensch will Adipositas fördern. Aber die Dosis macht es, auch bei der Er- nährung. Wir sind als wenige Menschen auf unserer Erde in der glücklichen Lage, nicht hungern und dürsten zu müs- sen, gute Behausungen, ver- nünftige ärztliche Versor- gung und Hygiene zu haben,
und reden dann Wohlstands- krankheiten wie Bulimie und Anorexia in bunten Blättern herbei. Frau Ministerin Fi- scher vom BMG sollte sich einen anderen Mitstreiter su- chen.
Dr. med. Helga Becker,
Gartenpromenade 33, 82131 Gauting
Jahrelang durch
„Brigitte“-Diät genervt
Jahrelang wurde die Bevöl- kerung, nicht nur die Frauen, mit der „Brigitte-Diät“ ge- nervt, und nun soll die Bevöl- kerung an doch sicherlich nicht kostenlosen „Ge- schmacksseminaren“ teilneh- men. Unterstützt wird das Ganze noch vom Bundesge- sundheitsministerium, als ob unsere Frau Ministerin nicht Wichtigeres zu tun hätte, es sei denn BMG und „Brigitte“
konzentrieren sich auf die Patienten mit Anorexia ner- vosa, hier wären in der Tat
„Geschmacksseminare“ an- gebracht.
Nicht Geschmacksseminare, sondern ein Fastentag in der Woche weckt die Lust am Es- sen. Die Ernährung ist zwei-
fellos sehr wichtig, aber wir leben nicht nur von dem, was uns reift, sondern auch von den Erwartungen, von den Hoffnungen, von den ersten Zeichen, die andeuten, es ha- be Sinn, ja zu sagen zu dem Weg auf dieser Erde.
Die Zeitschrift „Brigitte“ soll endlich aufhören, der Bevöl- kerung vorzuschreiben, was und wie viel sie zu essen hat.
Ihre Karikatur zu dem Bei- trag war entzückend. So viel Fettleibigkeit gibt es doch en masse in der Bevölkerung.
Wenn der Rest der Bevölke- rung auch noch so aussehen soll, dann wird unsere Ge- sundheitsministerin noch we- niger mit unseren Kranken- kassen auf einen gemeinsa- men Nenner kommen.
Anne Kunze, Brombeerweg 71, 22339 Hamburg
Leistungsvergleich
Zu dem Beitrag „Krankenhaus-Eva- luierung: Stimme des Patienten“ von Dr. med. Nikolaus Matthes und Dr.
med. Axel Wiest in Heft 31–32/2000:
Falscher Eindruck erweckt
In Baden-Württemberg, Nordrhein und Westfalen- Lippe wird auf dem chirurgi- schen Gebiet eine externe Qualitässicherung seit 1987
beziehungsweise seit 1990 durchgeführt, und alle Klini- ken dieses Landes werden einem Vergleich unterzogen.
Auch Schleswig-Holstein hat sich dieser externen Qua- litätssicherung angeschlossen und darüber hinaus im Rah- men der inneren Medizin und Gynäkologie das gleiche Verfahren entwickelt. Dieser jährliche Krankenhausver- gleich ist für alle Kliniken der beteiligten Länder der Ausgangspunkt für eine in- terne Qualitätskontrolle und eventuelle Qualitätsverbes- serung. Die im Artikel von der Joint Commission für die USA geplante Einführung, unter Zugrundelegung einer Risikobereinigung, ist in die- sen Ländern für die Chirur- gie und in einem Land für Gynäkologie und innere Me- dizin bereits Routine. Jähr-
lich drei- bis viermal werden in den jeweiligen Kammer- bereichen Sitzungen aller be- teiligten Kliniken durchge- führt und die Differenzen besprochen. Am Jahres- durchschnitt der Kliniken lässt sich ablesen, dass die Rate an Infektionen und die Rate an unnötigen Append- ektomien – um nur einige Beispiele zu nennen – im Laufe der Jahre deutlich ab- genommen haben.
Ein Handicap ist der Zeit- punkt der Erfolgsmessung.
Dieser ist bis jetzt nur am Ende der stationären Be- handlung möglich und kann über Langzeitergebnisse nichts aussagen. Hier ist eine Späterhebung notwendig, über die sich die Verantwort- lichen für den stationären und ambulanten Bereich ei- nigen müssen. Ein weiterer
Punkt, der bisher nicht berücksichtigt wurde, ist die Meinung des Patienten.
Auch diese sollte mit einer Nachuntersuchung anhand bereits vorhandener Frage- bogen erforscht und in das Ergebnis eingearbeitet wer- den.
Eine Verbesserung der Kom- plikationsrate und eine Ver- ringerung der stationären Liegedauer wurden durch die externe Qualitätssicherung in den oben genannten Ländern bereits erreicht. Obiger Arti- kel lässt die Meinung auf- kommen, dass in Deutsch- land qualitätssichernde Maß- nahmen, einschließlich der externen Vergleiche zwi- schen Kliniken, nicht existie- ren. Dies ist rundweg falsch.
Prof. Dr. med. O. Scheibe, Thüringer- Wald-Straße 33, 70469 Stuttgart
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