• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Kashmir die Schweiz Asiens" (13.03.1975)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Kashmir die Schweiz Asiens" (13.03.1975)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen REISE

Kashmir

die Schweiz Asiens

Delhi liegt in flimmernder Son- nenglut. Indien wird von einer großen Trockenheit heimgesucht.

Beim Anflug sieht man meist nur braune, verbrannte Erde und trok- kene Wasserläufe. Verläßt man das kühle Flugzeug, schlägt einem hei- ßer Wind entgegen. Wir steigen um, denn unser Ziel ist das wohltempe- rierte Kashmir im nördlichen Teil Indiens,am Rande des Karakorums.

Schon beim Einchecken des Ge- päcks umfängt uns das Politikum Kashmir. Da die Fluglinie Delhi- Srinagar durch kashmirische Frei- heitskämpfer bedroht ist, wird das Gepäck viel gründlicher als sonst üblich nach Explosivstoffen und Waffen durchsucht. Die Koffer wer-

den auf dem Flugfeld nochmals kontrolliert und müssen vor dem Einladen von den Fahrgästen iden- tifiziert werden.

Bereits der Anflug verrät, Kashmir ist ein anderes Land als Indien ge- meinhin. Abgetrennt durch eine südliche Bergkette des Himalaya, zeigt es sich als grüne Fläche;

wasserreiche, breite Flüsse durch- ziehen das Land, im Hintergrund die Schneekuppen des Karako- rums. Indiens Dürre und Trocken- heit sind vergessen. Kashmir ist wie eine Oase.

Srinagar, die Hauptstadt, liegt auf 1600 Meter Höhe inmitten eines Seengebietes. Trotz Sonnen- scheins empfängt uns herrliche Fri- sche. Eine Wohltat nach Indiens Hitze. Ein Plakat und Lautsprecher warnen am Flughafen vor Taxifah- rern, Hausboot-Anbietern und vor Händlern, die mit ungerechtfertigt hohen Preisen arbeiten. Ein Bus des Touristenbüros bringt die Gä- ste stadteinwärts, und jedermann kann die Vermittlung des Büros ko- stenlos in Anspruch nehmen.

Das Problem Unterkunft wird schnell gelöst. In Srinagar kein Hausboot zu beziehen hieße sich

eines besonderen Vergnügens zu berauben. Die schwimmenden Ho- tels sind geräumig und mit Holzschnitzereien hübsch verziert.

Sie liegen an den malerischen Ufern der Seen Srinagars und wer- den wie Häuser vermietet. Ein gan- zes Boot mit Eßraum, Wohnraum, zwei Schlafräumen, zwei Badezim- mern — fließend Warm/Kaltwasser

— und Küche, mit hauseigenem Koch und Bediensteten kostet samt Vollpension (drei Mahlzeiten, indi- viduelle Essenswünsche werden erfüllt) je nach Ausstattung 15 bis 25 Dollar pro Tag, gleichgültig, ob man das Boot allein oder zu viert mietet, das heißt, zwei Personen bezahlen zusammen maximal 75 DM.

Srinagar, von vielen Kanälen durchzogen, gilt als „Venedig des Ostens". Leider werden immer mehr Kanäle zugeschüttet und in Straßen verwandelt. Seine 300 000 Einwohner machen die Stadt zum wichtigsten Handelszentrum des indischen Staates „Jammu und Kashmir". Srinagar ist weiter Sitz der Regierung und Ausgangspunkt aller Unternehmungen in Kashmir.

Es liegt in einer fruchtbaren Hoch- ebene, umgeben von Reisfeldern, Obstbaumhainen und üppigen Ge- müseanbaugebieten. Ein ausgeklü- geltes Kanal- und Grabensystem bringt das Wasser der Bergflüsse zu den Feldern. Kashmir kennt kei- ne Wassernot — unvorstellbar fast nach Indiens Dürre, Armut und Hoffnungslosigkeit, hier plötzlich auf den Märkten ein überreiches Angebot an Lebensmittel zu sehen, dazu gesunde, wohlgenährte Men- schen, kaum Bettler.

Den besten Überblick bietet ein 300 Meter hoher Hügel vor den To- ren der Stadt, genannt „Salomons Thron", auf dem ein Hindutempel aus dem 8. Jahrhundert n. Chr. zu

Ehren der Gottheit Vishnu steht.

Häuser und Straßen, Kanäle und Hausboote flimmern tief unten in der Sonne. Keine Dunstglocke zer- stört das Bild. Der Blick geht weit über Srinagar und das Hochtal bis zu den Schneebergen ringsum.

Ein Rundgang durch die enge, winkelige, schattige Altstadt macht den Einfluß des Islam sichtbar.

Jama Masjid, die „Freitagsmo- schee" aus dem 15. Jahrhundert dominiert. Ihr mächtiges Geviert beherrscht den Marktplatz, dessen Treiben den Besucher gefangen- nimmt. Auge, Ohr und Nase sind extremen Reizen ausgesetzt. Die Stille des Innenhofes der Moschee steht im krassen Gegensatz dazu:

Gläubige knieen, den Rücken ge- beugt, am Boden, den Kopf nach Südwesten, nach Mekka gewendet, heben und senken rhythmisch den Oberkörper. Tauben fliegen umher, Kinder spielen am Wasserbecken, die untergehende Sonne taucht die Anlage in goldgelbes Licht. Eine Festung hoch auf einem Hügel scheint die Moschee zu bewachen.

Neben vielem anderen beeindruckt die Shah-Hamadan-Moschee am Jhelum-Fluß — sie ist aus reinem Holzschnitzwerk — am meisten.

Shah Hamadan, ein Priester aus Hamadan/Persien, brachte im 12.

Jahrhundert den Islam in das da- mals hinduistische Kashmir. Seit- her beeinflußt der Koran das Le- ben: am bekanntesten ist das Verbot des Schweinefleischgenusses; am sichtbarsten das Gebot der Keuschheit der Frau. Etwa die Hälfte geht noch verschleiert; wie Mumien wandeln sie durch die Straßen, das Gesicht hinter schwarzer Gaze versteckt. Ein spit- zes Dach ohne Minarett unter- scheidet die mit kunstvollem, bunt bemaltem Holzschnitzwerk überzo- gene Shah-Hamadan-Moschee von den üblichen arabischen Mosche- en. Der Innenraum erhält durch die kleinen Fenster kaum Licht, ein dickflauschiger Teppich schluckt jedes Geräusch, Stille umgibt die Betenden. Am Fenster hocken zwei Gestalten, in den Koran vertieft — es sind überdimensionalgroße Foli- anten mit kunstvollen handge- 782 Heft 11 vom 13. März 1975 DEUTSCHES ARZTEBLArr

(2)

Leserdienst

Hinweise • Anregungen ANZEIGE

Mauritius-Reunion

Exklusiver Badeurlaub für Ärzte im November 1975

• Entfliehen Sie dem tristen Monat November.

• Fliegen Sie mit uns zu den son- nigen Inseln des Indischen Ozeans.

• Tropenvegetation, Zuckerrohr- felder, Teeplantagen, Wasserfälle, Seen und vulkanische Berge be- stimmen das Bild der Landschaft.

• Durch Korallenriffe geschützte Lagunen gelten als Paradiese für Wassersportler.

• Das Wasser leuchtet tintenblau, türkisfarben, golden und orange:

• Flüge mit Linienmaschinen der Air France ab und bis Frankfurt;

Unterbringung in sehr guten Ho- tels; Halbpension; örtliche eng- lisch sprechende Reiseleitung; Rei- sedauer 16 Tage.

hier abtrennen einsenden an ÄRZTE-REISE-ZENTRUM HAPAG-LLOYD REISEBÜRO GmbH

5 Köln 1, Hohenzollernring 1-3 Telefon 02 21 /2 00 21 Ich interessiere mich für die No- vember-Flugreise nach Mauritius und Reunion.

Arztstempel/Telefon schriebenen arabischen Buchsta-

ben. Die religiösen Kashmiri, sonst nur der indischen Schrift mächtig, haben gelernt, sie zu lesen.

Die Bewohner der Stadt sind freundlich, entgegenkommend, ge- sprächig und aufgeschlossen.

Schon die Kinder sprechen eng- lisch. Verständigungsschwierigkei- ten gibt es kaum. Unser Taxifahrer Achmed, sehr gebildet und sehr in- formiert, erzählt uns vieles. Er selbst wurde 1965 während des Indien/Pakistan-Konfliktes mit 19 Jahren von Indien gefangengenom- men, gefoltert und saß vier Jahre in Gefängnissen. 3000 seiner Lands- leute sollen noch immer in Gefan- genschaft sein. Die 500 000 indi- schen Soldaten an der pakistani- schen Grenze werden als Besat- zung empfunden.

Indien will sich verständlicherweise seinen fruchtbaren Appendix im Norden nicht nehmen lassen. Wie unglaublich fruchtbar das Land ist, beweist eine Fahrt in den Süden Kashmirs zum 96 Kilometer ent- fernten, in den Bergen liegenden Ort Pahalgam. Es geht über eine gute Landstraße — Linksverkehr

— vorüber an endlosen Reisfel- dern, durch ausgedehnte Walnuß- baum-Haine — das Holz wird zum Schnitzen verwendet —, vorbei an Obstplantagen — vor allem Kir- schen, Pfirsiche — und an Safran- feldern. Immer wieder fasziniert das unbeschreibliche satte Grün der Reisfelder, auf denen ständig gear- beitet wird, immer wieder über- quert der Wagen kleine Gräben, Bäche und Kanäle.

Die Südroute bringt uns zu den Ruinen vergangener Hindu-Epo- chen: in Avantipura und Martand sind Tempelreste zu finden, die stark an den griechischen Tempel- bau erinnern. Alexander der Große drang bis hierher vor — der hel- lenische Einfluß auf die Kultur in diesem Teil des indischen Konti- nents ist bekannt.

Der Wagen klettert höher und bringt uns entlang einem Gebirgs- fluß, der zur Rast einlädt, in Land- schaften, die an die Schweiz erin-

nern. Pahalgam, ein beliebter Aus- flugsort, liegt in 2200 Meter Höhe im Schutz schneebedeckter Berge, an einen Hang geschmiegt. Die kleinen Holzhäuser passen sich der Landschaft an, manchmal tra- gen die Dächer winzige Holzhütten, die der Taubenzucht dienen. Ande- re Dächer sind mit Erde bedeckt und von Pflanzen überzogen: Senf- gras soll hier die übliche Dach- pflanze sein. Hier heroben sind Po- nys praktischstes Fortbewegungs- mittel. Man kann sie für Tagesaus- flüge mieten. Pahalgam ist auch Ausgangsort für Trekkingtouren bis 4000 Meter Höhe. Kashmirs be- rühmte Wolle stammt aus dieser Gegend.

Auch wenn man für Kashmir nur wenig Zeit mitbringt — weniger als vier Tage sollte man niemals ein- planen —, darf eine zweite Auto- fahrt, die nach Norden, nicht feh- len. Das Bergdorf Gulmarg ist in zwei Stunden zu erreichen. Man glaubt den südlichen Schwarzwald zu durchqueren, dabei ist man schon in über 3000 Meter Höhe. Im Winter, der mehr als zwei Meter Schnee bringt, laufen hier Skilifte.

Gulmarg, ein Hüttendorf mit einer kleinen Moschee, früher die Som- merfrische der britischen Kolonial- herren, gibt den Blick frei zu der westlichen Flanke des Karakorums, die der Nanga. Parbat (8125 Meter) überragt. Die Kashmiri tauften ihn

„nackter Berg", weil seine giganti- sche Größe ihn nackt und bloß in den Himmel ragen läßt. Bewundern kann ihn allerdings nur, wer früh genug vor der mittäglichen Wol- kenbildung Gulmarg erreicht, ein- gedenk vielleicht der Anstrengun- gen, die dieser Berg erforderte, bis Hermann Buhl 1953 den Gipfel be- zwang.

Reisen nach Kashmir haben eine Reihe von großen deutschen Rei- seunternehmen im Programm. Aus- künfte erteilen die entsprechenden Reisebüros, unter ihnen das Ärzte- Reise-Zentrum in Köln, und weiter das Staatliche Indische Verkehrs- büro, 6 Frankfurt/Main, Kaiserstra- ße 77/111. Claus-Peter Bach

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 11 vom 13. März 1975 78"

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In dem in der Interpellation angesprochenen Fall war der Einsatz des DSG erforderlich, weil die betreffende Person mit einer Pistole bewaffnet war und Drohungen

Hin- zu kommt: Wenn der Westen glaub- würdig bleiben und die Maßnahmen kritisieren will, die die Regierung seit dem Putschversuch ergriffen hat, dann muss sie ebenso prinzipientreu

Olaf Ihlau | Stimmen die Prognosen, wird Indien in etwa 15 Jahren an Japan und Deutschland vorbeipreschen und zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt werden – eine Entwicklung,

In den acht Jahren seit dem „Arabi- schen Frühling“ im Jahr 2011 haben die europäischen Regierungen die Entwicklung und Stabilität in Nordaf- rika durch mehr Entwicklungshilfe

Das Auftreten und die Ausbreitung der Epidemie wurden wahrscheinlich durch günstige Wetterbedingungen (Chen 2005) sowie das Auftreten eines neuen Pathogen- stamms und

Die Ergebnisse dieser mikroökonome- trischen Analyse für die Jahre 1991 bis 2008 in Wyss (2010) legen nahe, dass die Im- portkonkurrenz in der Schweizer Industrie keine

Nach alter Berechnungsmethode war die Schweiz eines der wenigen nicht-rohstoffexportierenden Länder mit einem Überschuss im Handel mit China (dazu zählen einige der

Je mehr es in Asien Unter- nehmen in Hightech-Branchen gibt, desto grös- ser wird auch die dortige Nachfrage nach High- tech-Komponenten aus der Schweiz sein.. Das steigende