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Archiv "Interview mit den KBV-Vorständen Andreas Köhler und Ulrich Weigeldt: „71 Prozent der niedergelassenen Ärzte wollen am KV-System festhalten“" (08.12.2006)

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A3302 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 49⏐⏐8. Dezember 2006

P O L I T I K

Das ist nachvollziehbar. Wir müssen das Vergütungsproblem lösen, um die Ärzte auch in dieser Frage wieder näher in die KVen zu bringen. Die Unzufriedenheit mit der Vergütungs- situation wird auf die KBV und die KVen projiziert und nicht auf die Po- litik und erstaunlicherweise auch nicht auf die Krankenkassen.

Das deutlich zu machen, ist Ihnen dem- nach nicht gelungen?

Köhler: Nein, nicht ausreichend. Wir werden künftig besser darüber infor- mieren müssen, welche Beweggrün-

INTERVIEW

mit den KBV-Vorständen Andreas Köhler und Ulrich Weigeldt

„71 Prozent der niedergelassenen Ärzte wollen am KV-System festhalten“

Die KBV-Vorstände Dr. med. Andreas Köhler und Ulrich Weigeldt im Gespräch

mit dem Deutschen Ärzteblatt zu den ersten Ergebnissen des vertragsärztlichen Referendums und dem weiteren Vorgehen in Sachen Gesundheitsreform

viele Aspekte der Interessenvertre- tung oder auch Lobbyarbeit bei der Politik eben nicht über die Zeitungen und auch nicht über den Marktplatz laufen. Wenn wir beispielsweise nach einem Gespräch mit einer Gruppe von Abgeordneten erklären, dass wir dieses oder jenes erreicht haben, dann war dies das letzte Gespräch.

Köhler: Es gibt ein paar Phänomene.

Am besten beurteilen uns die Psycho- therapeuten. Das mag damit zusam- menhängen, dass wir hier eine Vergü- tungsregelung haben, die den Psy- chotherapeuten eine angemessene Vergütung sichert. Wir sehen, dass äl- tere Kollegen uns besser bewerten als jüngere – wohl auch deshalb, weil es früher in Abhängigkeit von den Be- schäftigtenzahlen mehr Wachstum und damit auch eine höhere Vergü- tung gab. Offensichtlich korreliert die Zufriedenheit mit der KBV und den KVen unmittelbar mit der Vergütung.

Deustches Ärzteblatt: Die KBV hat 20 000 Ärztinnen und Ärzte im November befragt, wie sie es mit den KVen halten.

Was wissen die Ärzte von den KVen?

Köhler: Wir haben bis jetzt 17 000 Ärzte befragt. Daraus können wir Trends für die bundesweite Situati- on ableiten, regionale Unterschiede werden wir erst am Ende bewerten können. Zwischen 60 und 80 Pro- zent der Vertragsärzte haben detail- lierte Kenntnisse von Aufgaben und Funktionen der KVen, über Abrech- nung, Qualitätssicherung, Zulas- sung und Beratung.

Welche Aufgaben erfüllen die KVen zur Zufriedenheit der Ärzte?

Köhler: Nach Schulnoten schwan- ken die Bewertungen je nach Aufga- benbereich zwischen 2,8 und 4,1.

Das ist insgesamt noch ein Schnitt von 3,1, bei der KBV von 3,8. Wir kommen gut weg beim Kernge- schäft, nicht so gut bei der Interes- senvertretung der Ärzteschaft ge- genüber der Politik. Hier haben wir schlechte Noten.

Haben Sie dafür eine Erklärung?

Köhler: Dies ist einer Form von Lobbyismus geschuldet, die eine Körperschaft vor eine ganz schwie- rige Ausgangssituation stellt. Die Körperschaft ist bundesunmittelbar dem Gesetzgeber verpflichtet, muss aber gleichzeitig die Rechte der Ärzte wahren.

Weigeldt: Und es könnte auch ein Wahrnehmungsproblem sein, weil

Wir kommen gut weg beim Kerngeschäft, nicht so gut bei der Interessenvertretung gegenüber der Politik.

Fotos:Jürgen Gebhardt

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 49⏐⏐8. Dezember 2006 A3303

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de hinter den Entscheidungen stecken und wie die Zusammenhänge sind.

Einige ärztliche Verbände werben für die Rückgabe der Kassenzulassung. Haben sich die Ärzte auch zu diesem Thema beim Referendum geäußert?

Köhler: 70 Prozent der Ärzte haben das schon einmal erwogen. Bei der Frage, ob aber auch schon einmal ernsthafte Schritte in dieser Richtung unternommen worden sind – zum Beispiel eine Beratung beim Steuer- berater –, sind wir dann plötzlich bei nur 19 Prozent. Es gibt also diese Frustration, die die Ärzte veranlasst zu sagen, wir haben keine Lust mehr, aber es ist ein zweiter Schritt, konkret etwas zu unternehmen.

In welchem Umfeld würden die Ärzte am liebsten arbeiten?

Köhler: Für uns erfreulich: 71 Pro- zent möchten am KV-System fest- halten. Zwischen 15 und 20 Prozent sind für den freien Markt, und der Rest ist für die Staatsmedizin. Wir haben damit ein klares Votum: Die große Mehrheit unserer Ärzte will die KV und nichts anderes. Man er- wartet von uns, dass wir dieses Sys- tem erhalten. Auch hier zeigt sich, dass die Umfrage sehr wichtig war.

Ich halte sie für die wichtigste, die wir jemals gemacht haben.

Und wie sieht ’s mit der Kostenerstat- tung aus?

Köhler: Hier traut man den Verbän- den die effizientere Interessenver- tretung zu.

Weigeldt: Das Sachleistungsprinzip innerhalb der solidarischen Kranken- versicherung ist schon völlig in Ord- nung. Ich kann gut verstehen, dass die Verbände den Frust der Ärzte aufneh- men. Wenn ich dann aber sage: Ich lasse alles, wie es ist, und mache nur Kostenerstattung, dann ist das nicht bis zum Schluss durchdacht.

Vor dem Referendum war offen, ob die Ärzte die KBV und KVen überhaupt noch haben wollen. Wie sehen Sie das jetzt?

Welche Rolle wird ihnen zugewiesen?

Köhler: Als die ersten Arbeitsent- würfe zum GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz kamen, mussten wir uns fragen, ob es nicht an der Zeit ist, die Interessenvertretung und die

Wahrnehmung der Rechte der Ärzte auf andere Strukturen zu transferie- ren. Die Diskussion, ob aus der KV – durchaus auch vom Gesetzgeber gewollt – eine Regulierungsbehörde werden soll, ist noch lange nicht ab- geschlossen. Aber es gibt ein Votum aus dem Referendum, das, salopp ausgedrückt, besagt: Liebe KBV, jetzt stell dich mal auf die Hinterbei- ne, streng dich an, verändere dich und mach das für uns. In diesen Zei- ten noch ein solches Votum zu erhal- ten, finde ich sehr positiv. Das hat mich überrascht, und darüber freue ich mich. Manch einem wäre es vielleicht leichter gefallen zu sagen, ich gebe das alles ab und werde zur reinen Regulierungsbehörde, die In- teressenvertretung sollen andere machen, zumal man ja weiß, wie schwierig das heute alles ist. Aber aus dieser Verantwortung nimmt uns das Referendum nicht heraus.

Sie haben mehrfach angekündigt, das Gesetz, sofern es nicht noch grundle- gend geändert wird, nicht umzusetzen.

Wie soll das gehen?

Köhler: Indem man nicht aktiv Nor- men gestaltet, Beschlüsse vorberei- tet, Richtlinien entwickelt und opera- tive Umsetzungsmöglichkeiten im KV-System schafft. Wir können ganz bewusst den Gesetzgeber bitten, die Regelungen über Ersatzvornahmen zu treffen. Das ist die Alternative,

wenn man nicht mitwirken will. Wir können den Ärzten nicht vermitteln, bei einem Gesetz mitzuwirken, das die Unterfinanzierung dauerhaft fort- schreibt. Wenn Sie so wollen, will ich mir daran die Hände nicht schmutzig machen. Das soll der Gesetzgeber verantworten. Aber mir in einigen Jahren den Vorwurf machen zu müs- sen, du hast das alles akzeptiert, du hast akzeptiert, dass es Staatsmedizin gibt, dass der freie Beruf zurückge- drängt wird zugunsten der angestell- ten Ärzte in der ambulanten Versor- gung, du hast akzeptiert, dass auf Dauer eine Unterfinanzierung von 30 Prozent festgeschrieben worden ist, das alles will ich nicht. Das hat etwas

mit der persönlichen Überzeugung zu tun, das hat aber auch etwas mit der Überzeugung für diese Form der me- dizinischen Versorgung zu tun. Da wird im Moment die Axt ganz massiv angelegt.

Wird die Regierung noch einlenken?

Köhler: Bisher war das sowohl bei der Frau Ministerin als auch bei Herrn Zöller von der Union so, dass es hieß: Ihr könnt viel sagen, aber es interessiert uns nicht wirklich. Unse- re Gespräche im Bundeskanzleramt waren ähnlich gestrickt. Nett, dass wir uns getroffen haben, aber glaubt bloß nicht, dass wir das berücksichti- gen werden. Seit einigen Tagen ist aber spürbar, dass die Kritik zumin- dest überdacht wird. Und da ich ein unverbesserlicher Optimist bin, halte ich das für einen ganz wichtigen ers- ten Schritt. Ich habe noch die Hoff- nung, wenn man die Vielzahl von An- trägen sieht, die im Gesundheitsun- terausschuss des Bundesrates einge- laufen sind, dass sich an den für Ver- tragsärzten relevanten Stellen durch- aus noch positive Veränderungen er- geben könnten. Ob wir die grundsätz- liche Ausrichtung des Gesetzes jetzt noch verändern können, mag dahin- gestellt sein, aber wir hoffen, die schädigenden Regelungen speziell für die ambulante Versorgung noch beeinflussen zu können. I DÄ-Fragen: Josef Maus und Heike Korzilius

Lobbyarbeit bei der Politik läuft nicht über die Zeitungen und auch nicht über den Marktplatz.

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