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■ Auf die Bindung kommt es an

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B R E N N P U N K T

24 Physik Journal 15 (2016) Nr. 7 © 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

ausreichend starker magnetischer Wechselwirkung verschwindet.

Dann stellen sich die beiden Spins auf den Molekülen so ein, dass sich ihre magnetischen Momente entweder zu Null kompensieren und ein Singulett-Zustand (S = 0) entsteht oder sich durch Addition ein Triplett-Zustand bildet (S = 1).

Ein freies Elektron kann dann nur streuen, wenn es genügend Energie mitbringt, um den Energieunter- schied zwischen beiden Zuständen zu überwinden. Daher verschwin- det die Resonanz an der Fermi- Kante. Solche Quantenphasenüber- gänge wurden schon früher, z. B. an einzelnen Kobaltatomen, beobach- tet. Dabei wurde die magnetische Kopplung entweder über den Ab- stand zwischen den Kobalt atomen an der Spitze des Rastertunnelmi- kroskops und der Probe eingestellt [3] oder durch den Abstand auf der Oberfläche [4].

Auch in den Experimenten mit den PTCDA-Dimeren änderte sich die Resonanz in den Spektren.

Inter essanterweise war dabei aber Zuständen „up“ und „down“ be-

schreiben. Der Spin kann nun mit den Elektronen des unterliegenden Metall kristalls wechselwirken.

Dabei koppeln die quasi-freien Elektronen im Leitungsband des Metalls, die ebenfalls einen Spin

½ besitzen, antiferromagnetisch mit dem molekularen Spin und bilden einen verschränkten Viel- teilchenzustand. Darin stellen sie sich so ein, dass sie das Moment des Moleküls kompensieren [2]. Dieser Kondo-Zustand erlaubt es den Lei- tungselektronen, ohne Energiever- lust am Molekülspin zu streuen und dadurch den eigenen magnetischen Zustand zu ändern. Dieser Effekt zeigt sich im Spektrum der diffe- renziellen Leit fähigkeit durch ein charakteristisches Signal direkt an der Fermi-Kante (Abb. 1).

Interessante Effekte traten auf, als die Wissenschaftler zwei dieser Kondo-Systeme miteinander inter- agieren ließen. Bekanntlich bleiben die Systeme bei schwacher Kopp- lung in ihren individuellen Zustän- den, während der Kondo-Effekt bei

D

ie bekannte Zustandsände- rung von flüssigem Wasser zu gefrorenem Eis oder der Verlust ferromagnetischer Eigenschaften magnetischer Materialien beim Er- hitzen über die Curie-Temperatur hinaus sind typische Beispiele klas- sischer Phasenübergänge. Sie beru- hen auf dem Wettbewerb zwischen der Gesamtenergie des Systems und der Entropie thermisch erzeugter Fluktuationen. Wenn die Tempera- tur sinkt, werden klassische Fluk- tuationen immer kleiner, und die Entropie geht gegen null. Deshalb kann es bei Temperaturen nahe des absoluten Nullpunkts keine klas- sischen Phasenübergänge geben.

Dort ist das System in seinem Zu- stand eingefroren, auch wenn sich äußere Parameter wie Druck oder Magnetfeld ändern.

Ziehen wir aber Quanteneffekte in Betracht, ändert sich die Situa- tion. Insbesondere verbietet es die Heisenbergsche Unschärferelation, dass die Fluktuationen vollständig

„ausfrieren“. Statistische Ände- rungen zwischen verschiedenen quantenmechanischen Grundzu- ständen (Quantenfluktuationen) sind auch am absoluten Nullpunkt möglich. Quantensysteme können dort ihren Zustand sprunghaft ändern, wenn die Grundzustände, beispielsweise durch ihre Symme- trie, topologisch verschieden sind.

Wissenschaftler vom Peter Grünberg Institut in Jülich haben nun ein besonders interessantes Beispiel für einen solchen Quan- tenphasenübergang gefunden [1].

Für ihr Experiment brachten sie organische PTCDA-Moleküle (3,4,9,10-Perylenetetracarboxylic- Dianhydride) auf eine Goldober- fläche, wo diese eine monoato- mare Schicht bilden. An einzelne Moleküle haben sie zusätzlich ein Goldatom gebunden (Abb. 1). Durch diese Bindung erhält das norma- lerweise unmagnetische Molekül ein magnetisches Spinmoment, das über eines der π-Orbitale des Moleküls delokalisiert ist. Es hat die Stärke S = ½ und lässt sich mit den

Auf die Bindung kommt es an

Quantenphasenübergänge lassen sich mittels chemischer Bindungen steuern.

Abb. 1 Das Rastertunnelmikroskop macht Goldatome sichtbar, die auf einer Monolage PTCDA an einzelne Moleküle binden (rechts). Misst man an einzelnen Au-PTCDA-Komplexen die differenzielle Leitfähigkeit als Funktion der Spannung, zeigt sich der Vielteilchen-Kondo-Zu- stand als starke Erhöhung bei der Span-

nung 0 V (blaue Kurve). Koppeln aber zwei benachbarte Komplexe stark ge- nug, verschieben sich die Resonanzen zu Werten endlicher Spannung (gelbe und grüne Kurve), kennzeichnend dafür, dass sich der Grundzustand geändert hat. n11, n12 und n32 geben die Bindungsposition der Goldatome am Molekül an.

n32

10 Å

10 Å

10 Å n12

n11

einzelnes Monomer

Spannung in mV

differenzielle Leitfähigkeit in bel. Einheiten

–40 –30 –20 –10 0 10 20 30 40

Dr. Markus Ternes, Max-Planck-Institut für Festkörperfor- schung, Heisenberg- straße 1, 70569 Stutt- gart

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© 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 15 (2016) Nr. 7 25 nicht der Abstand der Moleküle

entscheidend. Alle untersuchten Dimere hatten, abgesehen von den Positionen der angebundenen Gold atome, die gleiche Grund- struktur. Auch der Abstand zwi- schen den Goldatomen spielte kei- ne Rolle für die Änderung in den Spektren.

Erst mit einer Kombination aus Dichtefunktionalrechnung (DFT) und einem quantenmechanischen Störstellen-Modell (Two-Impurity Anderson Model, TIAM); durch- geführt von Wissenschaftlern an den Universitäten Dortmund und Müns ter, gelang es, den zugrunde- liegenden Mechanismus zu ent- schlüsseln. Da es an jedem Molekül genau vier Absorptionspositionen für ein Goldatom gibt (Abb. 2), er- laubte es die DFT-Rechnung, die Dimere anhand der verschiedenen Positionen der Goldatome an den PTCDA-Molekülen zu klassifizie- ren. Abhängig von der Position des Goldatoms ändert sich die che- mische Bindungsstärke zwischen den beiden Valenzorbitalen der Molekülkomplexe. Die Rechnungen zeigten, dass der energetisch güns- tigere bindende Zustand eine anti- symmetrische Wellenform besitzt, der energetisch ungüns tigere nicht- bindende Zustand jedoch eine sym- metrische (Abb. 2).

Detaillierte TIAM-Simulationen belegen, dass diese Symmetrie- brechung bei genügend starker

chemischer Bindung den Kondo- Zustand verhindert. Denn das gemeinsame, antisymmetrische Molekülorbital koppelt nicht an die symmetrische Wellenfunktion des metallischen Leitungsbandes, wodurch die Voraussetzung für die Kondo-Resonanz fehlt. Die Kopplung ist nur möglich mit dem energetisch höheren Zu- stand. Daher kann man durch eine endliche Spannung Übergänge eines Elektrons von der Spitze des

Mikroskops zwischen den beiden topologisch verschiedenen Zustän- den induzieren. Die Breite dieser Pseudolücke ist daher ein Maß für den Abstand vom Quantenphasen- übergang.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Welt der Spin-Wechsel wirkungen sich indirekt über chemische Kopp- lungen beeinflussen lässt. Schon sehr kleine Änderungen der che- mischen Bindung entscheiden, ob das System aus zwei magnetischen Momenten individuell mit dem Substrat verschränkt ist und sich ein Kondo-Zustand ausbildet oder ob die Momente einen lokalen Sin- gulett-Zustand bilden. Mit diesem Wissen eröffnet sich die Möglich- keit, magnetische Systeme zu kon- struieren, bei denen die Kopplung auf chemischer Wechselwirkung beruht. Im Umkehrschluss lassen sich kleinste Unterschiede in der chemischen Bindung ausmessen.

Markus Ternes [1] T. Esat et al., Nature Physics (2016),

doi:10.1038/nphys3737

[2] J. Kondo, Prog. Theor. Phys. 32, 37 (1964)

[3] J. Bork et al., Nature Physics 7, 901 (2011)

[4] A. Spinelli et al., Nature Communica- tions 6, 10046 (2015)

Abb. 2 Einzelne Au-PTCDA-Komplexe koppeln relativ stark an die Metallelek- tronen (rechts und links) und können da- durch einen Kondo-Zustand bilden. Die chemische Bindung in Dimeren hinge- gen führt, abhängig von der genauen

Position der Au-Atome (gekennzeichnet durch die Zahlen), zur Ausbildung eines antisymmetrischen Gesamtzustandes, der nur schwach mit dem Metall wech- selwirkt.

Metall Metall Metall

gebunden

1 2

3 4

1 2

3 4

φ1

φ1 +φ2

φ1 φ2

φ2

n12

ungebunden

Das Band der Milchstraße ist ein faszi- nierender Anblick in dunklen Nächten.

Doch rund 30 Prozent der Menschheit ist dieser aufgrund künstlicher Be- leuchtung verwehrt. Dies zeigt ein neuer Atlas zur „Lichtverschmutzung“.

In den letzten 50 Jahren hat die Licht- verschmutzung massiv zugenommen, in Nord amerika und Europa um rund

sechs Prozent pro Jahr. Bezogen auf die Fläche sind Italien, Südkorea und Deutsch land die Länder mit der höchs- ten Lichtverschmutzung. In den Bil- dern geben die Farben den Grad der Helligkeit bezogen auf die normale Himmelshelligkeit an.

F. Falchi et al., Science Advances (2016), DOI: 10.1126/sciadv.1600377

D A S E N D E D E R N A C H T

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